Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

(Zustimmung bei der CDU - Renate Geuter [SPD]: Und was ist in Ihrer Zeit in zehn Jahren passiert?)

Sie bewerten die - ich zitiere - „perspektivische Fachkräftesituation in ländlichen Gebieten wie im gesamten Landesgebiet als förderungsbedürftig“.

(Wiard Siebels [SPD]: Fachkräfteini- tiative! Nichts haben Sie gemacht!)

Die CDU erwartet von Ihnen die Finanzierung der Modellprojekte „AusbildungPlus“ und des Lebensmitteltechnikums. - Ich werde darauf achten.

Ich gebe zu - ausdrücklich bestätigt -, lieber Kollege Siebels: Die Fachkräfteinitiative ist eine gute Initiative. Sie geht in die richtige Richtung.

(Wiard Siebels [SPD]: Ja, Herr Große Macke, so wird das etwas!)

Sie, liebe Regierungsfraktionen, kündigen ein bedarfsgerechtes, ausgebautes Betreuungs- und Bildungsangebot vor Ort an.

Ich sage Ihnen: Dann fördern Sie auch die Oberschulen! Sie sind ein wichtiger Standortfaktor in unseren ländlichen Kommunen. Fördern Sie auch die Berufsbildenden Schulen, entwickeln Sie sie weiter zu Kompetenzzentren!

Ich sage Ihnen: Die Förderschulen werden unseren Kindern nicht gerecht, wenn die Ministerin in Quantität und Qualität nicht erheblich nachlegt.

(Wiard Siebels [SPD]: Wie viel Rede- zeit hat der denn?)

Wie kann es sein, dass eine Mutter, Elternratsvorsitzende einer Förderschule, heute in der Münsterländischen Tageszeitung schreibt, dass sie sich vor anderthalb Jahren an die Kultusministerin gewandt hat und bis heute keine Antwort gekriegt hat? - Das ist für mich ein Skandal.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Warum küm- mern Sie sich denn nicht einmal da- rum?)

Meine Damen und Herren, Sie kündigen in der Beantwortung der Großen Anfrage eine Flurbereinigung für Umwelt und Klima an, die die Wiedervernässung von Hochmooren zum Ziel hat. - Welch ein Affront gegenüber den Leuten, denen Sie erst vor Kurzem gesagt haben, dass es dazu nicht kommen wird!

(Wiard Siebels [SPD]: Das ist doch abenteuerlich!)

Sie loben die Förderung der Landwirtschaft, aber, lieber Herr Minister, Sie verschweigen, dass die Anzahl der Anträge von über 800 zu Regierungszeiten von FDP und CDU auf 69 zurückgegangen ist. Das hat seine Gründe.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Das ist Ihr Dilemma. Liebe Regierungsfraktionen, Sie haben in zwei Jahren der Verantwortung das Vertrauen der Menschen verspielt. Sie sind wortbrüchig geworden. 1 000 oder 2 000 Einwendungen beim Landes-Raumordnungsprogramm, eine Panne nach der anderen bei der Aufstellung im Genehmigungsverfahren der wichtigen operationellen Förderprogramme. Der Schulfriede: nicht

vorhanden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LGLN brüskiert.

(Wiard Siebels [SPD]: Das ist ja aben- teuerlich! - Renate Geuter [SPD]: In welcher Welt leben Sie denn? Kom- men Sie zur Realität zurück!)

Es ist an der Zeit, die Reset-Taste zu drücken. Nutzen Sie die Zahlen der Großen Anfrage, beenden Sie den Standby-Modus, und fangen Sie an, den ländlichen Raum zukunftsorientiert weiterzuentwickeln! Wenn es Ihnen wirklich um Niedersachsen, meine Heimat, geht, können Sie mit meiner Unterstützung rechnen. Niemand von uns sollte sich dieser Verantwortung entziehen.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: Bei dem einen Punkt war das auch okay!)

Vielen Dank, Herr Kollege Große Macke. - Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu der Besprechung der Großen Anfrage liegen nicht vor. Die Behandlung der Großen Anfrage ist damit abgeschlossen.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 23: Abschließende Beratung: Die finanziellen Risiken der Atomkraft dürfen nicht auf die Allgemeinheit abgewälzt werden - Vorsorgeleistungen für Atomkraft reformieren - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/1334 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Umwelt, Energie und Klimaschutz - Drs. 17/2528

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen jetzt zur Beratung. Frau Staudte, Bündnis 90/Die Grünen, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir beraten heute das letzte Mal über den Antrag „Die finanziellen Risiken der Atomkraft dürfen nicht auf die

Allgemeinheit abgewälzt werden - Vorsorgeleistungen für Atomkraft reformieren“. Das ist ein Thema, das aktuell sehr intensiv diskutiert wird. Es geht in diesem Antrag nicht um all die Schadensersatzklagen, über die wir gestern schon debattiert haben,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Die legitim und legal sind!)

sondern es geht letztendlich um die Frage: Sind eigentlich die Kosten für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung des Atommülls gedeckt?

Man muss sagen, im März des vergangenen Jahres, als wir - Rot-Grün - den Antrag eingebracht haben, war das Thema in der Öffentlichkeit bei Weitem noch nicht so präsent. Man kann fast sagen, wir waren unserer Zeit etwas voraus. Besonders Fahrt aufgenommen hat die Thematik, als im Mai letzten Jahres bekannt wurde, dass EnBW, RWE und E.ON Gespräche mit der Bundesregierung führen, Stichwort „Bad Bank“. Sie alle haben davon gehört und wissen, worum es geht: um dieses Grundprinzip, dass die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert werden.

Es gab einen großen Schrei der Empörung in der Gesellschaft und auch in der Politik. Ich fürchte, dass diese Gespräche aktuell weitergeführt werden. Nichtsdestotrotz ist die neueste Entwicklung seit Ende des vergangenen Jahres, dass E.ON von sich aus das Unternehmen in den regenerativen, zukunftsorientierten Teil und in die Abwicklung der Atombranche und der fossilen Energien aufspalten möchte. Das Grundprinzip ist leider, dass die Haftung nur auf den Geschäftszweig übertragen wird, der sich sozusagen dem Ende entgegen entwickelt. Dem muss Einhalt geboten werden, und dazu haben wir Punkte in unserem Antrag genannt.

Im September letzten Jahres haben wir eine Unterrichtung gehabt, zu der wir breit eingeladen hatten. An dieser Stelle einen großen Dank an diejenigen, die gekommen sind, die sehr umfangreich schriftlich und mündlich vorgetragen haben! Die Atomwirtschaft ist leider nicht gekommen, obwohl die CDU sie eingeladen hatte; darauf kann man sich ja auch seinen Reim machen.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Unerhört! Ignorant!)

Jetzt liegt ein leicht modifizierter Antrag vor. Die Kernforderungen bleiben bestehen: öffentlichrechtlicher Fonds für Rückstellungen, Transparenz bei den Kosten, Haftungsverschärfung, Insolvenz

sicherung und Festhalten an der Kernbrennstoffsteuer über 2016 hinaus. Wir haben einige Aktualisierungen vorgenommen und z. B. den Hinweis auf den Bundesratsbeschluss im Oktober vergangenen Jahres aufgenommen. Ich denke, das war an der Stelle sehr richtig. Der Bundesratsbeschluss zeigt ja erst einmal auf: Wir haben hier eine Problematik. - Er gibt aber noch keine fertigen Lösungen vor. Ich denke, das wird ein Thema sein, das uns weiterhin beschäftigt. Wir geben mit unserem Antrag eine Richtung vor.

Ich hoffe, dass Sie nach den breiten Diskussionen, die wir im Ausschuss dazu geführt haben, Ihr Abstimmungsverhalten noch einmal überdenken. Ich denke, im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wäre es richtig, wenn Sie heute unserem Antrag zustimmten. Denn wenn die Politik heute nicht handelt, werden wir in Zukunft umso mehr zahlen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Staudte. - Jetzt hat sich Marcus Bosse, SPD-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Bosse!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das sind eigentlich ganz normale Marktregeln: Wenn man ein Geschäft oder ein Unternehmen betreibt, dann muss man dafür Sorge tragen, dass niemals ein Dritter den Schaden tragen muss. Wenn in diesem Unternehmen ein Unfall passiert - das ist ja bei Unternehmen manchmal so -, ist es selbstverständlich: Kein Dritter darf den Schaden tragen müssen.

Bei Atomkraftwerken ist es etwas anders. Hier gibt es eine Rücklage, die jedoch - das wissen wir nicht erst seit Fukushima - bei Weitem nicht ausreicht. Ich denke, Fukushima, das menschliche Leid, die Tragödie, die sich dort ereignet und die Industrienation Japan bis an die finanzielle Belastungsgrenze getrieben hat, hat uns alle aufgeschreckt. Enorm hohe Kosten sind angefallen. Der Konzern TEPCO ging in die Knie. Die Folgekosten sind nur schwer absehbar.

Eines möchte ich deutlich machen: Mit diesem Antrag geht es uns darum, wie wir Möglichkeiten schaffen, dass der Staat und die Gesellschaft nicht für die fehlgeleitete Atompolitik geradestehen müssen und dass sich die Konzerne nicht zur Hintertür

hinausschleichen. Darum geht es, um nichts anderes.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht also nicht um Vergangenheitsbewältigung. Das sage ich hier ganz deutlich. Es geht uns darum, gemeinsam zu überlegen und einen Beschluss dazu zu fassen, wie wir aus dieser Geschichte wieder herauskommen, ohne dass am Ende die öffentliche Hand die gesamten Kosten tragen muss.

Ich möchte kurz ein Beispiel nennen und schildern, wie das ist, wenn man ein Windkraftrad genehmigen lassen will. Da muss man ein Sparbuch hinterlegen. Auf den Cent genau muss sichergestellt werden, dass das Windkraftrad zurückgebaut wird, dass der Betonklotz im Boden entfernt wird. All das ist eine Selbstverständlichkeit. Dass der Betreiber eines Atomkraftwerks doch bitte eine Versicherung abschließt, um dafür Sorge zu tragen, dass er im Zweifel alle entstandenen Schäden bezahlen kann, halte ich eigentlich für eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Atomkraftwerksbetreiber müssen zwar haften, aber die Frage ist, ob sie es überhaupt können. Man muss bedenken, dass die Marktkapitalisierung der Energiekonzerne heute bei nur etwa 50 Milliarden Euro liegt. Der Schaden in Fukushima betrug aber ein Vielfaches dieser Summe. Wir mussten in der Anhörung auch erfahren, dass dieses Geld überhaupt nicht verfügbar ist. Zum Teil ist es in Projekten angelegt, meine sehr verehrten Damen und Herren. Auch die dahinter stehenden Kostenschätzungen sind nicht klar. Ferner gibt es keine Transparenz bezüglich der sogenannten Entsorgung, da für die langfristige Sicherung des radioaktiven Materials noch kein Konzept vorliegt.

Für die mittel- und langfristigen Rückstellungen, insbesondere die Entsorgungsrückstellungen,

muss ein öffentlich-rechtlicher Fonds gebildet werden. Gleichwohl wollen wir die Betreiber nicht aus der Verantwortung lassen, sondern es soll Nachschusspflichten geben, wenn es zu einer Kostenerhöhung kommt. An dieser Stelle muss - das halte ich für vernünftig und für wirklich richtig; das sage ich aus tiefster Überzeugung - das Verursacherprinzip gelten.