muss ein öffentlich-rechtlicher Fonds gebildet werden. Gleichwohl wollen wir die Betreiber nicht aus der Verantwortung lassen, sondern es soll Nachschusspflichten geben, wenn es zu einer Kostenerhöhung kommt. An dieser Stelle muss - das halte ich für vernünftig und für wirklich richtig; das sage ich aus tiefster Überzeugung - das Verursacherprinzip gelten.
Natürlich schlafen die Betreiber von Atomkraftwerken nicht auf den Bäumen. Frau Staudte hat es schon angesprochen. Der erste Plan gleich nach der Bundestagswahl war: Alle Atomkraftwerke
wandern in eine Stiftung, die der Bund samt der gesamten Rückstellung verwaltet. Das klingt zunächst richtig verlockend. Doch ich sage: Vorsicht an der Bahnsteigkante! Die Folgekosten wären nicht absehbar. Das wäre ein billiger Jakob für die Energieunternehmen gewesen. Der Bund wäre auf den Kosten sitzengeblieben. Wir wissen heute: Der Bund hat das dankend abgelehnt. - Gut so an der Stelle!
Wir müssen aber auch weiterhin gewarnt sein. Der zweite Coup: E.ON will und wird sich in zwei Teile spalten. Ein Teil soll in die Zukunft der erneuerbaren Energien investiert werden. Das ist gut, und das ist vernünftig. Der andere Teil soll sich mit der Historie beschäftigt, also mit Kohle, Gas und vor allen Dingen auch mit Atom. Das soll abgewickelt werden.
Wir alle wissen: E.ON wird eine Gesellschaft gründen, die sich der konventionellen Kraftwerke annimmt. Wir wissen genau: Diese Kernkraftwerke werden in den nächsten Jahren dramatisch an Wert verlieren. Das Restrisiko für den Staat wird an der Stelle immer, immer größer.
Mit den Rückversicherungen bestehen durchaus Versicherungssummen von deutlich oberhalb von 2,5 Milliarden Euro. Das ist in etwa der Deckungsring, den es abzuschließen gilt. Da muss nun endlich eine angemessene Vorsorge kommen, um sicherzustellen, dass nicht am Ende die öffentliche Hand zahlen muss, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Frau Staudte sagte es: Dieser Antrag ist in der Tat zum richtigen Zeitpunkt gekommen; denn wir müssen jetzt darüber nachdenken, wie wir mit diesen Altlasten umgehen und wie wir sicherstellen, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass am Ende diejenigen, die über Jahre hinweg hohe Erträge erzielt haben, bis zum letzten Moment die Kosten tragen, die z. B. für die Beseitigung und Lagerung des Mülls anfallen, was noch lange, lange viel, viel Geld kosten wird. Es kann und darf nicht richtig sein, dass hierdurch der Steuerzahler belastet wird.
Ich sage es an dieser Stelle ganz deutlich: Gerade wir Niedersachsen - insbesondere diejenigen, die im Asse-Untersuchungsausschuss gesessen haben und sich tief in das Thema eingearbeitet ha
ben, wissen es - sind doch an dieser Stelle die Hauptbetroffenen. Wir sind an dieser Stelle auch die Sensibelsten. Dort trägt der Steuerzahler die gesamten Nachsorgekosten, für die bis zu
3 Milliarden Euro aufzubringen sind. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf uns in der Zukunft nicht mehr passieren. Darum bitte ich Sie ausdrücklich: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Wir würden uns sehr freuen. Ich hoffe auf Ihr Verständnis.
Vielen Dank, Herr Bosse. - Es hat sich jetzt Dr. Gero Hocker, FDP-Fraktion, zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte in einem Punkt meinen beiden Vorrednern ganz ausdrücklich zustimmen.
Risiko und Rendite dürfen in einer sozialen Marktwirtschaft nicht auseinanderfallen. Das ist ganz klar. Wer einen überproportionalen Gewinn erzielen möchte, der muss logischerweise auch das Risiko für sein Investment - für was auch immer - tragen.
Wer ein Risiko trägt, hat natürlich auch Anspruch darauf, dass eine bestimmte, vielleicht den Marktzins übersteigende Rendite erzielt werden kann. Sie haben Recht, dass dieses Prinzip im Energiemarkt aus den Fugen geraten ist und nicht wirklich stringent eingehalten wird. Dazu gehört selbstverständlich auch, dass die Rückstellung der Kernkraftwerksbetreiber nicht ausreichen würde, um Schäden aus einem Super-GAU abzudecken.
Ich weise darauf hin, dass es dieses Prinzip, dass Risiko und Rendite auseinanderfallen, in jedem Bereich der Energiewirtschaft gibt. Das haben wir - mit Verlaub - auch bei den erneuerbaren Energien. Jawohl, es muss ein Sparbuch hinterlegt werden, sehr geehrter Herr Kollege Bosse, das bis auf den letzten Cent den Nachweis darüber erbringt, dass ein Investor in der Lage ist, für eine Windkraftanla
Aber Risiko und Rendite fallen übrigens auch bei den Erneuerbaren komplett auseinander. Wenn ich eine 20-jährige Einspeisevergütung habe, dann trage ich dafür kein Risiko mehr, sondern erziele nur eine Rendite, und zwar risikolos. Das Prinzip fällt also auch da auseinander. Es macht es nicht besser, dass die Rückstellungen nicht ausreichen. Ich will nur darauf hinweisen, dass wir in der Energiewirtschaft das, was in einer sozialen Marktwirtschaft eigentlich der Fall sein müsste, komplett nicht mehr haben.
Aber mal im Ernst: Sehr geehrte Kollegin Staudte, wenn Sie fordern, dass die Rückstellungen der Kernkraftwerksbetreiber quasi in einen öffentlichrechtlichen Fonds übertragen werden sollen, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich: Vielleicht hätten Sie erst einmal jemanden fragen sollen, der sich damit tatsächlich auskennt. - Mit der Übertragung der Rückstellungen auf die öffentliche Hand würden diese Summen nicht mehr in den Bilanzen erscheinen. Aber Sie würden gerade dadurch die Kernkraftwerksbetreiber aus der Verantwortung entlassen. Das genau ist doch das Problem. Wenn Sie die Rückstellungen auflösen - wie auch immer das rechtlich funktionieren soll - und in Staatshand überführen, dann würden Sie im Grunde den Kernkraftwerksbetreibern, die Sie eigentlich heranziehen wollen, einen Bärendienst erweisen;
denn die würden im Falle eines Falles dicke Backen machen und erklären, dass ihre Rückstellungen ja in Staatshand überführt wurden und sie deswegen für Schäden, die vielleicht existieren und herbeigeführt wurden, nicht leisten können. Deswegen geht Ihr Antrag in die völlig falsche Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich sage Ihnen auch ganz klar: Wer jetzt, sieben Jahre, bevor das letzte Kernkraftwerk in Deutschland vom Netz gehen wird, fordert, dass zusätzliche Rückstellungen gebildet werden müssen - wissend, dass wir in Deutschland die sichersten Kernkraftanlagen weltweit haben -, der verursacht nur eins: Der verursacht, dass die Energiepreise in Zukunft noch weiter steigen werden. - Auch das kann nicht im Interesse der Grünen sein; denn
diese Preissteigerungen der kommenden Jahre betreffen einerseits den Mittelstand und die Industrie, aber übrigens auch die privaten Haushalte. Wenn es Ihnen mit dem, was Sie sonst an anderer Stelle immer wieder sagen, wirklich ernst ist, nämlich dass auch Sie die Energiekosten sozusagen im Zaum halten wollen, dann dürfen Sie bitte die Entwicklung der Kosten für Strom und Energie mit solchen Anträgen nicht zusätzlich befeuern.
Vielen Dank, Herr Hocker. - Es hat sich Martin Bäumer zu Wort gemeldet. Herr Bäumer, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Kollegin der Grünen hat es vorhin gesagt: Wir haben diesen Antrag vor zehn Monaten zum ersten Mal hier im Landtag diskutiert. Ich denke, wir haben die Zeit genutzt, um über dieses Thema intensiv zu beraten. Ich habe es gestern schon gesagt: Die Diskussion über Kernenergie ist ein grünes Lieblingsthema. Aber ich habe schon vernommen, wie die Kollegin heute relativ ruhig und sachlich versucht hat, darüber zu sprechen. Vielleicht haben Sie damit die Hoffnung verbunden, dass die beiden Fraktionen von FDP und CDU diesem Antrag zustimmen werden. Ich werde Ihnen am Ende sagen, wie wir damit umgehen werden. Machen Sie sich keine Hoffnungen: Wir werden diesen Antrag ablehnen.
Denn Sie, Frau Kollegin, müssen eigentlich erkennen, dass die Strahlkraft dieses Themas - das zeigt auch die Debatte heute Abend - mit der Zeit immer kleiner geworden ist. Das ist in der Physik genauso. Bei mir zu Hause sagt man in solchen Fällen: Als sie die Ausweglosigkeit ihres Tuns erkannten, haben sie ihre Anstrengungen verdoppelt. - Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen. Sie sind eben nicht Ihrer Zeit voraus, sondern Ihre Halbwertszeit hat längst begonnen.
Trotzdem bin ich Ihnen dankbar, dass wir im Umweltausschuss gemeinsam beschlossen haben, eine Anhörung durchzuführen. Das haben wir - Sie haben es erwähnt - am 15. September 2014 ge
Ich will meine heute noch bestehende Enttäuschung nicht verhehlen, dass nicht alle, die wir für diese Anhörung eingeladen hatten, gekommen sind. Ich hätte mich zu diesem Thema gerne ausgetauscht mit dem Deutschen Atomforum, mit der Steuerberaterkammer Niedersachsen, mit dem Bundesamt für Strahlenschutz oder auch dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Dass alle vier persönlich nicht gekommen sind, halte ich persönlich nicht für einen Zufall. Es zeigt, was für eine Stimmung bei diesem Thema vorhanden ist. Dass aus der Kernenergiebranche niemand gekommen ist, das hat mich sehr enttäuscht. Man muss ja nicht immer einer Meinung sein. Aber ich meine, dass man nicht darauf verzichten sollte, in aller Sachlichkeit miteinander zu reden. Vielleicht, Frau Kollegin, haben die Damen und Herren, die hätten kommen können, erwartet, dass Sie die Sachlichkeit nicht mitbringen.
Aber das war nicht der einzige Punkt, der mir aus der Anhörung in Erinnerung geblieben ist. Frau Kollegin und meine sehr geehrten Damen und Herren, ich fand es bemerkenswert, dass der Vertreter des Grünen Friedens in seiner vorab eingereichten Stellungnahme von „quasi korrupten Strukturen in der Politik“ gesprochen hat. Ich wiederhole es gerne: „quasi korrupte Strukturen in der Politik“. Das war und bleibt eine Unverschämtheit.
Es ist deutlich geworden, dass die finanzielle Vorsorge, die die deutschen Energieversorger für ihre Kernkraftwerke vorgenommen haben, schwerlich zu beanstanden ist. Professor Dr. Wolfang Irrek von der Hochschule Ruhr West hat Ihnen, Frau Staudte, und mir im Nachgang zu der Anhörung schriftlich mitgeteilt, dass seine Aussage zutreffend sei, dass nirgendwo auf der Welt so viel zurückgestellt wird wie in Deutschland. Und er hat dies mit einer Gegenüberstellung der Zahlen in Deutschland und in der Schweiz belegt. Danach haben die Kraftwerksbetreiber in Deutschland pro Kraftwerksblock ca. 1,1 Milliarden Euro Rückstellungen gebildet. In der Schweiz sind das nur 250 Millionen Euro.
Das Verhältnis betrug vor den Turbulenzen des Schweizer Franken ca. 4 : 1. Mittlerweile dürfte das ein wenig anders sein. Aber es bleibt dabei: Wir tun mehr als die Schweiz. Bei der Vorsorge für die Entsorgung liegen Deutschland und Schweiz zwar etwa gleichauf. Aber man kann immer noch sagen: Deutschland hat mehr Vorsorge getroffen als die Schweiz. Ich fordere Sie auf, das zur Kenntnis zu nehmen, zumal der Anhörungsteilnehmer, der dies gesagt und formuliert hat, von Ihnen benannt worden ist.
Ich bleibe dabei, dass die Überführung der Rückstellungen der Kraftwerksbetreiber gegen ihren Willen in einen öffentlich-rechtlichen Fonds falsch ist. Mit der gleichen Logik könnte man auf die Idee kommen, Rückstellungen von anderen Unternehmen zu verstaatlichen. Ein Mehr an Sicherheit, Frau Kollegin, muss mit einer Verstaatlichung nicht verbunden sein. Auch das war in den umfangreichen Unterlagen zu lesen. Selbst Staaten können finanzielle Probleme bekommen. Wir beide wissen nicht, was in den kommenden Monaten und Jahren noch passiert. Wichtig ist doch nur, dass die Rückstellungen an dem Tag, an dem sie benötigt werden, in ausreichender Höhe vorhanden sind.
Wenn Sie jetzt anfangen, die Haftungssummen zu erhöhen, dann kann sich das negativ auf die Höhe der Bildung dieser Rückstellungen auswirken. Auch wenn Sie das nicht gerne hören wollen: Es gibt Risiken oberhalb bestimmter Summen, die eben nicht versicherbar sind. Wenn Sie das fordern, dann bedeutet dies das sofortige Aus der Produktion von Kernenergie. Wenn das Ihr Ziel ist, dann sagen Sie das doch einfach ehrlich. Aber dieser indirekte Weg über die Haftungssummen - das finde ich persönlich - ist unehrlich.
Ich will Ihnen darlegen, dass reden und handeln bei Ihnen weit auseinanderliegen. Das Land Baden-Württemberg ist Großaktionär des Versorgers EnBW. In Baden-Württemberg regieren Grüne und SPD gemeinsam. Wenn es Ihnen ernst damit wäre, den Druck auf die Kraftwerksbetreiber zu erhöhen, dann könnte doch dieses von SPD und Grünen kontrollierte Unternehmen freiwillig seine Rückstellungen in einen öffentlich-rechtlichen