Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute wollen wir also abschließend über den Antrag der FDP „Solidaritätszuschlag muss

2019 auslaufen“ beraten. Das kann man fordern, muss man aber nicht. Es wird Sie nicht verwundern, dass die Fraktion der SPD dies ausdrücklich ablehnt.

(Beifall bei der SPD - Jörg Bode [FDP]: Deswegen haben wir ja den Antrag gestellt!)

Meine Damen und Herren, es ist aber gut, dass wir schon heute über dieses wichtige Thema reden; denn in der bisherigen Form kann der Solidaritätszuschlag über 2019 hinaus schon aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht bestehen bleiben. Wenn die Bund-Länder-Finanzbeziehungen eh neu ausgehandelt werden, sollte man diesen Aspekt gleich mitbehandeln. Es ist ja auch Teil der Koalitionsvereinbarung, dies insgesamt als Paket zu behandeln.

Meine Damen und Herren der FDP, ich habe eine Frage: Wie wollen Sie denn die aus dem Solidaritätszuschlag generierten Einnahmen, die zurzeit ja noch komplett dem Bund zufließen, kompensieren? Wo ist Ihr Vorschlag der Gegenfinanzierung? Oder - anders - wo ist Ihr Vorschlag, etwas zu streichen?

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Und wie rechtfertigen Sie Ihren Wortbruch?)

Ich kann in Ihrem Antrag keine Idee dazu finden, wie es danach weitergehen soll. Kurzum: Sie reden davon, Steuern zu senken oder gar zu streichen, aber Sie sagen nicht, wie es weitergehen soll. Das ist mit uns leider nicht zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Gerade bei den vergangenen Haushaltsberatungen im Dezember-Plenum haben Sie, meine Damen und Herren von der FDP, mit großer Inbrunst dargelegt, was wir alles instand setzen, reparieren, fördern und investieren sollen. Ich frage mich nur: Wovon? - Das ist keine solide Haushalts- und Finanzpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Zum Thema der Fortführung des Soli gibt es Vorschläge über die Integration des Solis in die Einkommensteuer, über einen Altschuldentilgungsfonds, über die Verrechnung mit bestehenden Aufgaben der Länder, über Investitionen in Bildung, über die Kopplung an Infrastrukturprojekte und vieles mehr.

Unsere Fraktion kann sich verschiedene Modelle vorstellen. Der Wegfall der Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag kann von uns jedoch nicht akzeptiert werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist doch mal eine Aussage!)

Meine Damen und Herren, nicht zuletzt deshalb, weil Niedersachsen mit einem sachorientierten Finanzminister und einem angesehenen Ministerpräsidenten im Bund eine starke Stimme vertritt, werden im Ergebnis nicht nur der Bund, sondern auch die Länder profitieren können.

Kommen wir zu einem weiteren, sehr merkwürdigen Sachverhalt! Meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, ich komme zu Ihnen. Beginnen möchte ich mit einem Lob an die CDU.

(Ulf Thiele [CDU]: Dann haben wir ei- ne Mehrheit! - Heiterkeit bei der CDU)

- Hören Sie zu!

Beginnen möchte ich mit einem Lob an die CDU - leider an die CDU Schleswig-Holstein. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll aus dem schleswigholsteinischen Landtag vom 12. Dezember letzten Jahres. Damals sagte der CDU-Abgeordnete Daniel Günther:

„… wir sagen trotzdem, dass wir den Solidaritätszuschlag bzw. das Geld, das daraus kommt, auch nach dem Jahr 2019 brauchen, um es in Bildung und Straßen zu investieren. Wir sagen das trotzdem, weil wir die Leistungen ohne dieses Geld ab dem Jahr 2019 nicht erbringen können. Ich habe auch noch keine überzeugenden Vorschläge dazu gehört, wie wir das anders regeln könnten.“

Was für ein kluger Mann aus den Reihen der CDU! Aber was ist hier in Niedersachsen los?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe)

Meine Damen und Herren, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist ja auch Bundesvorsitzende der CDU. Wenn man mal nur die Begriffe „Merkel“ und „Solidaritätszuschlag“ googelt, dann erhalten Sie auf Anhieb folgende Ergebnisse:

„Merkel verteidigt Solidaritätszuschlag“ - Spiegel.de.

„Merkel schließt Auslaufen des ‚Soli‘ aus“ - N24.

„Merkel: Soli bleibt alternativlos“ - Handelsblatt.

„Merkel: Solidaritätszuschlag bleibt in den nächsten Jahren“ - T-online.

„Merkel: ‚Wir sind auf den Soli angewiesen.‘“ - Tagesschau.de.

Das waren nur einige Beispiele.

Herr Kollege, ich wollte Ihre Zitate der Bundeskanzlerin nicht unterbrechen. Aber jetzt muss ich es tun, weil der Kollege Dr. Hocker Ihnen eine Zwischenfrage stellen möchte. Lassen Sie diese zu?

Ich glaube, das ist zurzeit nicht zielführend. Deshalb leider Nein.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Dr. Gero Ho- cker [FDP]: Das weißt du doch gar nicht!)

Bitte, dann setzen Sie fort.

Meine Damen und Herren, da fragt man sich doch: Warum will die CDU Niedersachsen heute dem Antrag der FDP-Fraktion zustimmen?

(Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

Da mache ich mir wirklich große Sorgen: Wie wird Ihre Bundeskanzlerin reagieren?

Herr Hilbers, stellen Sie sich Folgendes vor: Wir haben hier gleich die Abstimmung, und Sie stimmen dem Antrag der FDP zu. Ich würde im Anschluss an die Abstimmung Ihre Kanzlerin und Bundesvorsitzende anrufen und sagen: Die CDU in Niedersachsen ist für eine völlige Aufhebung des Soli nach 2019.

(Zustimmung bei der CDU und Beifall bei der FDP - Zurufe)

Sie haben recht, wahrscheinlich wird sie erst einmal fragen: Herr Heymann, wer sind Sie eigentlich?

(Heiterkeit)

Aber auch das lässt sich ja relativ schnell erklären. Dann wird sie mir sagen: Herr Heymann, die CDU in Niedersachsen genießt mein vollstes Vertrauen. - Und spätestens da fängt es an, für Sie gefährlich zu werden, meine Damen und Herren!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Im Ernst! Die CDU in Schleswig-Holstein hat einen ähnlichen Antrag der FDP abgelehnt. Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat das auch so getan.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Hier ist die CDU schlauer!)

Und mir ist zurzeit nicht bekannt, ob es irgendwo eine CDU-Landtagsfraktion in Deutschland gibt, die den Wegfall der Einnahmen aus dem Soli befürwortet. Das gibt zu denken und zeigt eine gravierende Spaltung innerhalb Ihrer Partei auf, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die FDP spricht in ihrem Antrag davon, dass der „Solidaritätszuschlag auslaufen und ersatzlos entfallen“ muss.

(Christian Grascha [FDP]: So, wie es mal versprochen worden war!)

Das wird aber dazu führen, Herr Grascha, dass wir massiven regionalen Unterschieden nichts entgegenzusetzen hätten. Die aktuellen Einnahmen sind notwendig, damit schwache und verschuldete Regionen eine Chance bekommen, sich zu starken zu entwickeln, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sage ganz deutlich: Unser Land braucht die Einnahmen auch über das Jahr 2019 hinaus.

(Christian Grascha [FDP]: Abkassie- ren und schröpfen!)