Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

(Christian Grascha [FDP]: Abkassie- ren und schröpfen!)

Daher bin ich als Finanzpolitiker unserer Fraktion sehr dankbar, dass gerade die Mitglieder der Niedersächsischen Landesregierung keine leeren Versprechen machen. Im Gegenteil: Sie schauen sich im Dialog mit allen Beteiligten nach tragfähigen Lösungen um, die dazu führen, dass wir auch in Zukunft Straßen bauen und instand halten können, die Schuldenbremse im Blick haben und die kommunalen Krankenhäuser am Leben halten können, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Gestatten Sie mir abschließend noch eine Bemerkung. Solidarität im Kontext des Solidaritätszuschlags: Solidarität ist nicht nur für mich persönlich

eine Eigenschaft, die es in unserer Gesellschaft zu bewahren gilt.

(Dr. Gero Hocker [FDP]: Durch Geld- zahlungen!)

Solidarität, meine Damen und Herren, ist ein Grundsatz meiner Partei, der neben Freiheit und Gerechtigkeit dazu führt, dass ein faires und friedliches Zusammenleben in der Gesellschaft ermöglicht wird. Eine Ellenbogengesellschaft lehnen wir ab. Deshalb lehnen wir auch Ihren Antrag ab.

Herzlichen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine Rede, in dieser Form vorgetragen, fordert die Zwischenrufe natürlich heraus. Das ist völlig klar, und Zwischenrufe sind die Würze des Parlaments. Sie hatten zwar nicht die Chance, die Rede zu unterbrechen, aber Sie können auf sie in gleicher Weise antworten. Diese Chance, Herr Kollege Mohr, haben Sie jetzt. Es spricht für die CDU-Fraktion der Kollege Adrian Mohr. Bitte schön!

(Beifall bei der CDU - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Das biegen Sie jetzt mal zurecht! Er macht eine Schlingerbewegung mit der Hand)

Vielen Dank. - Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Heymann, in der Tat ist Solidarität ein wichtiger Wert unserer Gesellschaft, insbesondere zwischen den Menschen. Ob man Solidarität dauerhaft über Zwangszuschläge im Steuersystem generieren kann, ob das zwischenmenschliche Solidarität besonders gut zum Ausdruck bringt, erscheint mir allerdings fraglich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Grascha hat für die antragstellende FDP-Fraktion deutlich gemacht, dass der Soli seit 1991 eine zunächst befristete Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer in ganz Deutschland gewesen ist, also für Steuerpflichtige in West und Ost, und damit nicht nur eine Transferleistung von West nach Ost, sondern eben für alle Steuerpflichtigen in Deutschland. Seit zwei Jahrzehnten beträgt der Steuersatz 5,5 %.

Dieser Solidaritätszuschlag ist erfolgreich. Er ist eine Erfolgsgeschichte für den Aufbau Ost - dafür dient das Aufkommen ja im Wesentlichen - und für die Beseitigung der Folgen von 40 Jahren Sozialismus. Deshalb können wir auf die Erfolge, die wir in Deutschland damit gemeinsam erreicht haben, durchaus stolz sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Aber das Aufkommen des Solidaritätszuschlags und die Bundesleistungen für den Aufbau Ost driften auseinander. Da beginnt ein weiteres, massives Legitimationsproblem des Solidaritätszuschlages. Noch 2008 wurden für den Aufbau Ost 15 Milliarden Euro aufgebracht, und der Solidaritätszuschlag erbrachte ein Aufkommen von rund 13 Milliarden Euro. Im Jahr 2013 war das Verhältnis mit 10 Milliarden zu 14,4 Milliarden Euro schon anders. In diesem Jahr werden nur noch 8 Milliarden Euro an Bundesleistungen für den Aufbau Ost generiert, obwohl das Aufkommen aus dem Solidaritätszuschlag 15 Milliarden Euro beträgt. Dieser Trend wird sich bis zum Ablauf des Solidarpaktes II 2019 fortsetzen.

Mit Auslaufen des Solidarpaktes II muss deshalb auch eine Neuregelung für den Solidaritätszuschlag gefunden werden; denn der Förderbedarf ist inzwischen nicht mehr stur nach Himmelsrichtungen auszumachen, sondern an strukturschwachen Gebieten in ganz Deutschland. In diesem Punkt hat der Kollege Heymann sicherlich grundlegend recht.

Dazu kommen 2019/2020 die Neuregelungen der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern sowie der auf der Länderebene. Jetzt ist in diesem Kontext der Antrag der FDP-Fraktion zu sehen, den Soli 2019 ersatzlos abzuschaffen. In der Tat gibt es innerhalb der SPD in Deutschland, aber auch innerhalb der CDU-Fraktionen in Deutschland durchaus unterschiedliche Vorstellungen und Vorschläge, was die Möglichkeiten der Verwendung angeht. In der Tat positionieren wir uns so, dass wir diesem Antrag der FDP-Fraktion hier zustimmen, auch wenn es die Bundeskanzlerin in der jetzigen Gemengelage anders formuliert hat. Wir sehen uns hier durchaus an der Spitze einer Bewegung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD)

Allen ist klar: Der Solidaritätszuschlag hat seinen Zweck erfüllt. Sicher: Das Soli-Aufkommen mit rund 15 Milliarden Euro ist hoch, und die Frage,

wie man nach 2019 damit umgeht, muss besprochen werden. Aber rechtfertigen muss man doch weniger die Abschaffung einer Ergänzungsabgabe, zu der man den Menschen das Versprechen einer befristeten Ergänzung des Steuertarifs gegeben hat. Rechtfertigen muss die Politik doch eher die Überführung in eine Dauerbelastung der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Ideen und Wünsche sind vielfältig. Natürlich! Bevor der Politik, insbesondere rot-grüner Politik, die Ideen für Ausgaben ausgehen, fällt in Hannover im Juli Schnee.

1993, im Zuge der Föderalismusreform, wurde - übrigens auch mit Blick auf den Solidaritätszuschlag - den Bundesländern ein Anteil von 7 Prozentpunkten am Aufkommen der Umsatzsteuer zugeschrieben. Wenn es nun um eine Überführung in den allgemeinen Einkommensteuertarif geht und die Länder - so wie das hier auch gesagt wurde - eine Beteiligung wollen, dann muss auch die Frage beantwortet werden - von Ihnen, Herr Schneider, und von Rot-Grün -, ob diese Beteiligung am Umsatzsteueraufkommen dann wieder gegengerechnet wird. Das ist bei dieser Diskussion bisher zu kurz gekommen.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Dazu schweigt der Finanzminister immer! - Gegenruf von Renate Geuter [SPD])

- Dazu schweigt der Finanzminister in der Tat.

Die ersatzlose Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist eine politische Maximalforderung. Ich finde es richtig, diese politische Maximalforderung zum jetzigen Zeitpunkt in die Debatte einzubringen. Wir haben das kürzlich schon diskutiert, erst gestern Mittag in der Jungen Gruppe der CDUFraktion. Die Gemengelage zwischen dem Bund und den Ländern und auch zwischen den Ländern untereinander ist sicherlich schwierig. Aber letztlich ist eine Lösung im Gesamtpaket sinnvoll und notwendig. Auch der Länderfinanzausgleich muss bekanntlich reformiert und neu verhandelt werden.

Betrachtet man die Historie des Länderfinanzausgleichs, ist Niedersachsen, kumuliert, das zweitstärkste Nehmerland. Der Länderfinanzausgleich ist ein wichtiges föderales Instrument. Noch 2001 hat Niedersachsen aus dem Länderfinanzausgleich 950 Millionen Euro empfangen. In den Folgejahren hat sich das verringert. Dieser Weg muss fortgesetzt werden. Das politische Ziel der CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag ist,

dass Niedersachsen Geberland im Länderfinanzausgleich wird.

(Zuruf von Renate Geuter [SPD])

Der Kollege Grascha hat angesprochen, dass es beim Soli nicht zum Wortbruch kommen darf, dass der Soli nicht zur zweiten Sektsteuer werden darf. Ich stimme ihm zu: Das ist auch eine Frage der politischen Ehrlichkeit.

Für uns ist es ein zentrales Anliegen, dass, weil der Soli, weil sein befristeter Grundzweck erfüllt ist, im Zuge der Gesamtverhandlungen 2019 abgeschafft wird. Das wäre ehrlich gegenüber den Menschen in Deutschland, die das auch in ganz großer Mehrheit wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Mohr. - Das Wort hat jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Gerald Heere. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Solidaritätszuschlag ist eingeführt worden, um den Solidarpakt zu finanzieren und die grundgesetzliche Aufgabe gleichwertiger Lebensverhältnisse auch in den neuen Bundesländern anzugehen.

Nach bald 30 Jahren besteht diese Aufgabe trotz unbestrittener Erfolge weiterhin, aber nicht mehr nur allein im Osten, sondern auch in bestimmten Regionen im Westen. Daher ist es richtig, die Umsetzung dieser schwierigen Aufgabe, aber auch anderer Zukunftsherausforderungen wie Bildung, Infrastruktur und Altschuldentilgung im Rahmen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu diskutieren und mit der Frage der fortgesetzten Finanzierung der Länder zu verbinden.

Als regierungstragende Fraktionen unterstützen wir daher die Bemühungen von Finanzminister

Schneider und Ministerpräsident Stephan Weil, Niedersachsen und unsere Kommunen zukünftig finanziell so auszustatten, dass wir diesen Zukunftsaufgaben vollständig gerecht werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wenn Sie, liebe Opposition, nun schon im Vorfeld der anstehenden Verhandlungen den Solidaritätszuschlag komplett abräumen wollen, dann schaden Sie willentlich dem Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse und den Interessen des Landes Niedersachsen. Gut, dass Sie keine finanzpolitische Verantwortung für dieses Land mehr tragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Adrian Mohr [CDU]: Schauen Sie sich einmal die mittelfristige Fi- nanzplanung des Bundes an!)

Sie behaupten im Titel des Antrags, die Einnahmen aus dem Soli beizubehalten, wäre eine Steuererhöhung. Das ist falsch. Wenn die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zukünftig nicht mehr bezahlen als bisher, wird das niemand als Steuererhöhung begreifen.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist aber anders versprochen worden! Das ist Wortbruch!)

Sie führen einfach nur eine Phantomdebatte, um ein Thema populistisch hochzuziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Heere, der Kollege Hilbers möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Der Kollege Hilbers hat noch eineinhalb Minuten Redezeit und kann hinterher noch reden.

(Zustimmung von Helge Limburg [GRÜNE] - Zuruf von Christian Dürr [FDP])

In diesem Kontext behaupten Sie zudem, der Soli würde eigentlich 2019 auslaufen. Auch das stimmt nicht. Anders als der Solidarpakt ist der Solidaritätszuschlag unbefristet.