Protokoll der Sitzung vom 22.01.2015

Damit unsere Schulen der Aufgabe gerecht werden können, Flüchtlingskinder angemessen zu fördern, braucht es erstens ein differenziertes Angebot - siehe der erwähnte Erlass -, zweitens Lehrerinnen und Lehrer, die diese Aufgabe kompetent wahrnehmen können - das heißt, um diesen Bereich müssen wir uns natürlich in Zukunft noch verstärkter kümmern -, und drittens brauchen wir Beratungs- und Unterstützungsangebote. Das heißt, in der Debatte wird es für uns wichtig sein, stärker auf eine differenzierte inhaltliche Ausgestaltung zu achten.

Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben eine hohe Aufmerksamkeit für die Situation der Flüchtlingskinder. Seien Sie gewiss: Wir werden unserer Verantwortung gerecht werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Scholing. - Für die Landesregierung hat nun Frau Kultusministerin Heiligenstadt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

„Die gleichberechtigte Teilhabe und Förderung von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache sind Bestandteil des Bildungsauftrages und deshalb in das pädagogische Konzept und in das Curriculum der Schule aufzunehmen. Im Sinne der Sprachförderung als Teil durchgängiger Sprachbildung ist die Aufgabe der Förderung von sprachlicher Handlungsfähigkeit in Mündlichkeit und Schriftlichkeit mehr als bisher Aufgabe jeden Unterrichts über den Deutschunterricht und den additiven Sprachförderunterricht hinaus.“

Das ist ein Zitat, meine Damen und Herren, aus dem Erlass des Kultusministeriums zur Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache, der am 1. August 2014, also Mitte letzten Jahres, in Kraft getreten ist und der bedeutende Verbesserungen vor allem im Bereich der Sprachförderung und der interkulturellen Bildung auf den Weg gebracht hat. Das zeigt, meine Damen und Herren, dass wir nicht wegen eines Antrages der FDP - bei aller Wertschätzung, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP - über das Thema „Sprachförderung“ reden.

(Jörg Hillmer [CDU]: So ein Erlass ist doch schnell geschrieben! Aber was machen Sie konkret? Wie unterstüt- zen Sie die Lehrkräfte?)

Wir reden auch nicht erst seit der Haushaltsplanaufstellung und den nicht seriös finanzierten Anträgen der CDU über Sprachförderung. Nein, wir reden über Sprachförderung, weil es ein Mittel ist, um zum Bildungserfolg der nicht deutschsprachigen Kinder beizutragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Es ist ein Erfolg, Chancengleichheit in der Bildung herzustellen. Deshalb ist uns das ein besonderes Anliegen, und deshalb sind wir dauerhaft - seitdem diese Landesregierung die Verantwortung übernommen hat - an dem Thema „Sprachförderung“ dran, meine Damen und Herren. - Das nur einmal zur Klarstellung.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Hillmer [CDU]: Sie müssen doch die Schulen dabei un- terstützen! Das können die doch allein nicht!)

Frau Ministerin, lassen Sie eine Frage des Kollegen Dammann-Tamke zu?

Nein, ich möchte ganz gerne im Ganzen vortragen.

Bitte!

Sie sehen also, dass die Landesregierung sehr frühzeitig Maßstäbe zur Förderung von Schülerin

nen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache gesetzt hat. Wir haben die qualitative Weiterentwicklung der Sprachförderung als wichtiges bildungspolitisches Ziel angenommen und dann eben auch diese entsprechenden Maßnahmen auf den Weg gebracht.

Dabei verstehen wir Sprachförderung auch als Teil eines Gesamtkonzepts, meine Damen und Herren, das jedem Kind gute Bildungs- und Zukunftschancen eröffnet und damit den immer noch bestehenden engen Zusammenhang zwischen Bildungserfolg und sozialer Herkunft stärker in den Blick nimmt. Als Maßnahmen zu einer höheren Bildungsbeteiligung zählen z. B. neben der Erweiterung und Anzahl der Sprachlernklassen auch die Qualität von Ganztagsschulen oder auch innovative Ansätze zur Stärkung der sprachlichen Schlüsselkompetenzen, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Die Landesregierung hat hierzu wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht, z. B. die Einführung eines deutschen Sprachdiploms für junge Schülerinnen und Schüler, die ohne Deutschkenntnisse oder nur mit nur sehr geringen Deutschkenntnissen nach Niedersachsen gekommen sind. Sie können das deutsche Sprachdiplom Stufe I entsprechend dem europäischen Referenzrahmen erwerben. Ich, meine Damen und Herren, war wirklich sehr beeindruckt, wie die jungen Menschen, die gerade erst ein oder eineinhalb Jahre in Niedersachsen sind, sich mit entsprechendem Mut und mit großem Engagement auf den Weg gemacht haben, um sich einer solchen Prüfung zu unterziehen, und diese Prüfung tatsächlich bestanden haben.

Ein weiteres Beispiel: Wir haben ein Projekt „Umbrüche gestalten“ mit allen lehrerbildenden Universitäten in Niedersachsen auf den Weg gebracht. Bundesweit einzigartig! Es geht darum, Sprachbildung und Sprachförderung in jedem Unterricht, in jedem Curriculum zu verankern und nicht nur im Deutschunterricht. Das ist die Sprachförderung der Zukunft. Es geht darum, die angehenden Lehrkräfte entsprechend auszubilden, und nicht darum, über eine Maßnahme aus einem Gesamtkonzept zu diskutieren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich nutze diese erste Beratung des Antrages ganz gerne, um den Schulen und den Lehrkräften, die sich der besonderen Herausforderung des sehr starken Zustroms von Flüchtlingen in diesem Jahr stellen, ganz herzlich zu danken. Unabhängig von

den zusätzlich erforderlichen Unterstützungsmaßnahmen kann man feststellen, dass die Schulen ohne Zweifel mit hohen Herausforderungen durch die an sie gestellten Aufgaben zu kämpfen haben und ihnen allerdings auch mit einem beeindruckenden Engagement begegnen. Hierfür an dieser Stelle ganz herzlichen Dank an alle Lehrkräfte und an alle in der Schule Tätigen! Es ist eine ganz große Leistung, die dort erbracht wird.

(Zustimmung bei der SPD)

- Ich denke, das ist in der Tat für die entsprechenden Lehrkräfte ein Applaus wert.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf Ulf Thiele [CDU])

- Ich weiß auch - ehrlich gesagt - nicht, Herr Thiele, was daran lustig ist, wenn ich sage, dass sich Lehrkräfte super engagieren, gerade im Bereich der Sprachförderung,

(Ulf Thiele [CDU]: Das ist witzig, weil es gerade die Lehrer sind, die Sie hängen lassen!)

und dass unsere Schulen im Bereich der Flüchtlingszuströme entsprechendes Engagement zeigen und großen Herausforderungen begegnen. Und wir sind die Landesregierung, Herr Thiele, die im Gegensatz zu Ihnen Entlastungsmaßnahmen beschlossen hat, während Sie immer nur obendrauf gelegt haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Schön wär‘s!)

Wenn wir die Zahlen der Sprachlernklassen in den Blick nehmen, dann haben wir in der Tat - meine Vorredner haben das bereits ausgeführt - vom 1. August 2013 bis zum 1. Februar 2015 insgesamt mit fast 240 Sprachlernklassen die Anzahl der Sprachlernklassen vervierfacht.

Mit Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, haben Sie die Forderung formuliert, die Zahl der Sprachlernklassen auf 160 zu erhöhen und nicht auf 240. Damit liegen Sie also weit unter dem, was wir schon jetzt umsetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Filiz Polat [GRÜNE]: Hört, hört! So ist das!)

Auch haben wir für das Jahr 2015 über die politische Liste von den Regierungsfraktionen zusätzlich 500 000 Euro für Sprachfördermaßnahmen zur Verfügung gestellt bekommen. Diese 500 000 Eu

ro setzen wir nicht etwa für 240 Sprachlernklassen ein - das wäre in der Tat dafür nicht möglich -, sondern wir setzen dieses Geld ein, um Schulen in besonders schwieriger Lage auch sehr kurzfristig helfen zu können. Für dieses Handeln im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens danke ich den beiden Fraktionen noch einmal.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Darüber hinaus werden wir Fortbildungsangebote zur Qualifizierung von Lehrkräften aller Schulformen im Bereich Deutsch als Zweitsprache auf den Weg bringen. Wir werden ein Curriculum sowie Materialien für die Arbeit in den Sprachlernklassen erstellen und veröffentlichen demnächst Informationsmaterialen zur Unterstützung der Eltern mit Migrationshintergrund.

Ebenso - Herr Scholing hat es angesprochen - geht es um eine Verstetigung des Projektes DaZNet. Durch die Entwicklung nachhaltiger Strukturen zur durchgängigen Sprachbildung und zur interkulturellen Schulentwicklung wird auch hier die bedarfsgerechte Unterstützung der Schulen mit diesem Gesamtpaket an Maßnahmen deutlich verbessert.

Meine Damen und Herren, den Flüchtlingen hier in Niedersachsen eine Chance auf eine neue Zukunft zu geben, ist und bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir haben unverzüglich reagiert und sind durch die Einrichtung von zusätzlichen Sprachlernklassen den anstehenden Herausforderungen in einem ersten Schritt begegnet. Natürlich bedarf es weiterer Anstrengungen, um den Flüchtlingskindern in Niedersachsen einen guten Start zu ermöglichen. Wir werden weiterhin intensiv daran arbeiten. Das betrifft bei Weitem nicht nur die Sprachlernklassen.

In dem Runderlass, den ich am Anfang meiner Ausführungen zitiert habe, sind weitere additive Sprachfördermaßnahmen wie Förderkurse,

Deutsch als Zweitsprache oder auch Förderunterricht beschrieben, die sich in der Regel an den Besuch einer Sprachlernklasse anschließen sollen und die ebenfalls auszubauen sind. Herr Försterling hat auch darauf hingewiesen.

Auch die Situation der jungen Flüchtlinge, die nicht mehr schulpflichtig sind und für die wir trotzdem adäquate außerschulische Angebote zur Erlangung eines Schulabschlusses entwickeln müssen, ist zu beachten. Diese jungen Menschen dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.

Eines Entschließungsantrags in der von Ihnen, meine Damen und Herren von der FDP, gestellten Form, der dazu noch unzureichend ist und hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückbleibt, bedarf es daher nicht, wie die eben von mir aufgelisteten Maßnahmen deutlich zeigen. Wir haben schon längst gehandelt und die erforderlichen Schritte eingeleitet, weil uns dieses Thema ein ganz besonderes Anliegen ist. Es ist ein ganz wichtiger Beitrag zur Herstellung der Chancengleichheit auch für die jungen Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind.

Das ist seriöses Regierungshandeln: auf die Notwendigkeiten zu reagieren und die entsprechenden Haushaltsansätze im Bildungsetat mit der Prioritätensetzung im Kultushaushalt deutlich auszuweiten. Wir legen in vier Jahren über 1 Milliarde Euro mehr auf im Kultushaushalt und nicht weniger. Und Sie versuchen unseriös, den Anschein zu erwecken, als bedarf es eines 4-Millionen-Antrages, der dazu auch nicht seriös finanziert ist, um Sprachförderung in Niedersachsen durchzuführen.

(Zuruf von der FDP: Er ist sehr solide finanziert!)

Sie haben gegen den Haushalt gestimmt und damit gegen alle Maßnahmen, die ich eben aufgelistet habe, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die CDU-Fraktion hat noch einmal um Redezeit gebeten. Frau Ministerin hat um 7:15 Minuten überzogen. Mit der Restredezeit hat die CDU nun eine Redezeit von 8 Minuten. Bitte, Herr Dammann-Tamke!

Vielen Dank. Frau Präsidentin. - Bitte gestatten Sie, dass sich ein Nichtbildungspolitiker zu diesem Tagesordnungspunkt meldet. Manchmal schärft der Blick auf die konkrete Einzelsituation auch die Beurteilung des Ganzen.

Deshalb habe ich eine Frage an die Ministerin, aber auch an den Kollegen Scholing. Die Ministerin hat uns in Niedersachsen dafür gelobt, dass wir ein bundesweit einmaliges Projekt auf den Weg bringen. Es gibt auch in Niedersachsen ein einmaliges Projekt, und zwar in meinem Heimatlandkreis Stade. Dort hat man, getragen von allen Fraktionen, ein Projekt auf den Weg gebracht. Wir haben