Die Schülerinnen und Schüler in Sprachlernklassen werden im Primarbereich mit 23 Wochenstunden und im Sekundarbereich mit 30 Wochenstunden gefördert. Das ist zumindest ein Anfang, reicht aber nicht aus.
Wir müssen natürlich auch die Stichtagsregelung in den Blick nehmen bzw. im Blick behalten, sehr geehrter Herr Thiele.
Sie rücken mit Ihrem Antrag das Schicksal der Flüchtlinge ins Zentrum. Das ist gut, und das ist richtig. Aber weder mit Ihren Haushaltsanträgen noch mit Ihrem derzeit vorliegenden Antrag gehen Sie über ein Bekenntnis hinaus. Ihr politisches Handeln sieht ganz anders aus. Das zeigt sich, wenn man sich den Blick zurück zu den Haushaltsanträgen gönnt. Die Opposition hat mit ihren Anträgen einen Kahlschlagansatz im Einzelplan 05 vorgeschlagen, um ihre Maßnahmen zu finanzieren, und das zulasten der Kommunalpolitik vor Ort, die Sie gerade zitiert haben, meine sehr geehrten Damen und Herren.
- Sie können ruhig den Kopf darüber schütteln. Das ist Ihr politischer Offenbarungseid, meine sehr geehrten Damen und Herren. Machen Sie nicht das Leid und Schicksal der Flüchtlinge zum Spielball Ihrer politischen Interessen! Das hilft weder den Flüchtlingen noch in der Sache weiter.
Wir appellieren an Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, der gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden, eine ordentliche Debatte darüber zu führen, wie wir die Mittel sinnvoll einsetzen können, aber keine unsoliden Debatten zu führen.
Vielen Dank, Herr Kollege Politze. - Auf Ihre Rede gibt es zwei Kurzinterventionen. Zunächst Herr Kollege Seefried, CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Politze, ich gebe Ihnen insofern recht, als Sie gesagt haben, es gebe vor Ort in den Schulen sehr viele engagierte Lehrkräfte, die sich für die Flüchtlinge einsetzen. Viele von diesen engagierten Lehrkräften gehen aber mittlerweile über ihre Arbeitszeit hinaus und setzen sich auch ehrenamtlich ein. Das, was ich vorhin beschrieben habe, was vor Ort funktioniert, ist auch wieder nur mit vielen Lehrkräften möglich, die mittlerweile pensioniert sind und wieder ehrenamtlich einsteigen, um den Flüchtlingen Unterstützung zu geben.
Sie haben die Zunahme der Zahl der Sprachlernklassen noch einmal dargestellt, wie sie auch - rein zufällig - am Montag vor diesem Plenarabschnitt in einer Pressemitteilung veröffentlicht worden ist. Es ist ja richtig, dass sie zunehmen, auch vor dem Hintergrund, dass wir alle wissen, dass die Flüchtlingsströme weiterhin rasant zunehmen.
Niedersachsen hat im Jahre 2014 61 % mehr Anträge von Asylsuchenden bekommen als im Jahr zuvor. An diesem Beispiel sieht man die Dimension. Wenn man diese Dimension der Flüchtlingsströme hierher und in jedem Jahr betrachtet - auch dieses Jahr erwarten wir eine weitere Zunahme -, dann frage ich ganz konkret: Wie hat sich denn der Haushalt in diesem Bereich entwickelt? Ist er tatsächlich auch in diesem Maße angewachsen, oder ist er so, wie es im Haushaltsplan steht, in dieser Position tatsächlich unverändert? Das ist nicht vorausschauendes Regierungshandeln, wie Sie es beschrieben haben, sondern das ist ein Hinterherlaufen hinter der Realität.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Politze, das war nun wirklich kein Beitrag, der uns in der Sache irgendwie weiterbringt.
Wir haben versucht, das Thema dazu zu nutzen, um hier einmütig die Entwicklung in den Sprachlernklassen voranzubringen. Sie aber ziehen hier so eine Polemik ab
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anträge von CDU und FDP gab es Ende November/Ende Dezember zum Haushalt. Da haben Sie es noch abgelehnt, im Kultusetat gezielt in der Sprachförderung umzuschichten. Dann haben wir das Thema zwischen Weihnachten und Neujahr in die Zeitungen gebracht. Dazu hat sich der Kollege Scholing noch dahin geäußert, der Vorschlag der FDP sei zwar gut, aber man müsse eben auch schauen, ob das zu finanzieren sei.
- Frau Geuter! -, und dann fängt die Ministerin an zu handeln, schaut, wo sie im Kultushaushalt noch Reserven zusammenkratzen kann, und kratzt sie zusammen, um dann am Montag dieser Woche - zwei Wochen nach dem Datum unserer Drucksache - der Öffentlichkeit zu präsentieren, man komme jetzt auf 240 Sprachlernklassen. Das hat nichts mit vorausschauendem Regierungshandeln zu tun.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben eigentlich unterstrichen, dass diese Regierung vorausschauend handelt,
weil man 240 Klassen nicht mal so eben aus der Pleene stampft. Das ist in Vorbereitung gewesen, und zwar aufgrund der geltenden Haushaltsbeschlüsse. Ich habe Ihnen die Mittel daraus zitiert. Das zeigt, dass wir der Verantwortung gerecht werden. Wir werden natürlich auch mit den weiteren Haushalten entsprechend den Flüchtlingszuzügen nachsteuern. Man kann das natürlich nicht von jetzt auf gleich machen und dann sofort mit einem Nachtragshaushalt hinterhersteuern, sondern wir werden das aus dem vorhandenen Etat hinbekommen, weil wir die Flüchtlingsproblematik vorausschauend im Blick gehabt haben. Wir werden uns aber nicht darauf einlassen, eine Debatte auf dem Rücken der Flüchtlinge hier im Landtag auszutragen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das ist doch Quatsch! - Ulf Thiele [CDU]: Das tut doch überhaupt keiner! Es ist eine Unverschämtheit, dass Sie im- mer mit der Nummer kommen!)
Danke schön. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Scholing. - Auch für Herrn Kollegen Scholing bitte ich hier um Ruhe und Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Försterling, man sollte der Landesregierung nicht zum Vorwurf machen, dass sie auf Notwendigkeiten reagiert. Das mache ich ihr nicht zum Vorwurf.
Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen stehen für einen Paradigmenwechsel in der Flüchtlingspolitik. Dazu gehört natürlich auch eine gute Situation in unseren Schulen. Auf einen
guten Start kommt es an. Das ist - Herr Försterling, das haben Sie hier sehr gut dargestellt; ich fand Ihre Beispiele auch sehr eindrücklich - tatsächlich eine große Herausforderung, und es braucht differenzierte Maßnahmen.
Es gibt auch einen Erlass im Hintergrund. Aus diesem Erlass kann man gut ersehen, welche Differenzierung notwendig ist. Insofern habe ich an dieser Stelle auch eine Kritik an Ihnen und der hier geführten Debatte. Sie reduzieren es eindeutig und viel zu sehr auf eine Ressourcendebatte und reduzieren es viel zu sehr auf den Punkt Sprachlernklassen. Das Angebot in dem Erlass ist sehr viel breiter. Es ist gut, dass das so ist. Denn wir brauchen gerade im Flächenland Niedersachen ein viel differenzierteres Angebot. Natürlich gehören die Sprachlernklassen dazu - gar keine Frage!
Quantitativ - es wurde schon dargestellt, wie die Landesregierung auf die Notwendigkeiten richtigerweise reagiert hat; ich sage es noch einmal ganz kurz: 2013/2014 61 Sprachlernklassen und nun 240. - Es kann sich jetzt jeder ausrechnen, was das prozentual heißt. Auf jeden Fall zeigt das, dass natürlich die Notwendigkeit erkannt wird und wir reagieren.
Ganz kurz zu dieser Debatte um die 500 000 Euro. Das war eine politische Botschaft, die wir damit gesetzt haben. In der Presse ist es auch genauso angekommen. Es ist angekommen: Rot-Grün kümmert sich um dieses Thema.
Das ist ja on top. Das muss man auch immer wieder sagen. In den Debatten höre ich dann: 4 Millionen! Da wolltet ihr nicht mitziehen! - Da frage ich mich: Bin ich eigentlich der Einzige hier im Haus, der noch nie eine Haushaltsaufstellung im Landtag mitgemacht hat?
Es reicht nicht, zusätzliche Klassen einzurichten. Wir brauchen ein sehr viel breiteres Angebot. Wir müssen die Lehrkräfte qualifizieren. Das Kultusministerium und das Ministerium für Wissenschaft und Kultur haben bereits 2013 das Projekt „Umbrüche gestalten“ gestartet. Das ist eine Maßnahme zur Qualifizierung von Lehrkräften - ein nächster wichtiger Baustein, der uns nicht entgleiten darf.
Das Projekt „DaZNet“, Deutsch als Zweit- und als Bildungssprache. In diesem Rahmen sind 35 Fachberaterinnen und Fachberater für interkulturelle Bildung ausgebildet worden, die den Schulen als Berater zur Verfügung stehen - ein nächster wichtiger Baustein, wenn ich immer wieder nur auf die Ebene der Ressourcen und Sprachlernklassen abhebe. Das darf uns nicht verlorengehen.
Damit unsere Schulen der Aufgabe gerecht werden können, Flüchtlingskinder angemessen zu fördern, braucht es erstens ein differenziertes Angebot - siehe der erwähnte Erlass -, zweitens Lehrerinnen und Lehrer, die diese Aufgabe kompetent wahrnehmen können - das heißt, um diesen Bereich müssen wir uns natürlich in Zukunft noch verstärkter kümmern -, und drittens brauchen wir Beratungs- und Unterstützungsangebote. Das heißt, in der Debatte wird es für uns wichtig sein, stärker auf eine differenzierte inhaltliche Ausgestaltung zu achten.