Auf der anderen Seite muss man sich aber auch fragen: Erstens. Welche rechtlichen Auswirkungen hat eine jagdrechtliche Regelung des Landes im Konkurrenzverhältnis zu europarechtlichen Vorgaben und auch zum Bundesrecht? - Zweitens sollte man sich, bevor man eine neue gesetzliche Regelung trifft, auch vergegenwärtigen, wie die aktuelle Rechtslage ist.
Zu dem letzten Punkt ist darauf hinzuweisen, dass wir gerade mit Blick auf die Gefährdung von Menschen schon eine Rechtsgrundlage haben. Es ist möglich, Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot zu machen, kann den Wolf in letzter Konsequenz töten oder anderweitig verbringen. Ausnahmen sind konkret dann möglich, wenn Wölfe an Tierseuchen leiden, wenn sie Menschen angegriffen oder sich in sonstiger Weise gegenüber Menschen aggressiv verhalten haben. Nicht möglich ist es aber bei Nutz- und Wildtieren.
Ich glaube, den ersten Punkt, dass wir nämlich eine Regelung haben, um Menschen Schutz zu gewähren, wenn es zu Übergriffen durch den Wolf kommt, müssen wir ganz deutlich nach außen kommunizieren.
Bislang wird auch in den Medien zum Teil der Eindruck erweckt, dass Politik und Verwaltung letztendlich handlungsunfähig sind. Das ist aber in keinster Weise der Fall. Wir sehen das auch im
Fall des Waldkindergartens so, wo es diese Gefährdungssituation gibt. Wir haben das zur Kenntnis genommen. Aufgrund der DNA-Analysen, die jetzt vorliegen - auch ich hätte mir gewünscht, dass sie früher vorgelegt werden; ohne Frage -, ist inzwischen geklärt, dass es dort den Wolf gibt. Dann muss jetzt des Weiteren eruiert werden, ob es diese Gefährdungslage konkret gibt und ob man nicht schon auf der Grundlage des geltenden Naturschutzrechts intervenieren kann.
Der zweite Punkt betrifft die Frage: Was würde sich aktuell ändern, wenn wir den Wolf in die Liste des § 5 des Niedersächsischen Jagdgesetzes aufnehmen würden? - Ich glaube, de facto würde sich nichts ändern. Man kann darüber streiten, wie es mit der Population aussieht. Das sind ja immer die Argumente, über die auch in Sachsen diskutiert worden ist. Im Wesentlichen soll die Wolfspopulation durch die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht kontrolliert werden können. Verhaltensauffällige Wölfe - sogenannte Problemwölfe - sollen getötet werden können. Und der Wolf soll von der Verpflichtung zur Hege profitieren.
Zu dem ersten Punkt: Wolfspopulation kontrollieren. Man kann lange darüber streiten, wie groß die Population ist. Hierzu gibt es unterschiedliche Zahlen. 50 ist, glaube ich, die aktuelle Zahl. Es gibt auch Streit unter den Experten über die Frage: Ist das schon ein hinreichend großer Bestand? - Das muss man sich sicherlich im Einzelnen anschauen. Wir werden das im Ausschuss auch tun. Wir müssen aber zur Kenntnis nehmen, dass sich der rechtliche Umgang mit dem Wolf an seinem Schutzstatus zu orientieren hat. Der ist rechtlich so normiert, dass selbst dann, wenn man eine solche Regelung hätte, nicht in die Population eingegriffen werden könnte.
Die Tötung verhaltensauffälliger Wölfe - dazu habe ich eben schon Ausführungen gemacht - ist auch nach geltendem Naturschutzrecht möglich. In Einzelfällen kann der Wolf aus der Wildbahn entnommen werden. Auch eine Eliminierung ist als Ultima Ratio möglich. Von daher haben wir bereits hinreichend rechtliche Möglichkeiten, um einzuschreiten.
Die dritte Frage lautet: Kommt der Wolf in den Genuss der Verpflichtung zur Hege? - Im Zusammenhang damit stellt sich die Frage - darüber sollte auch mit der Jägerschaft gesprochen werden -, ob die Jägerschaft überhaupt bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen, ohne davon - Ihr Vorschlag enthält ja auch eine ganzzeitige Schonzeit - einen Vorteil zu haben. Das wäre nicht der Fall. Das
Gegenteil ist sogar der Fall: Mittel aus der Jagdabgabe würden dann in Wolfsprojekte fließen und für andere Projekte nicht mehr zur Verfügung stehen. Auch das Konfliktfeld zwischen Naturschutz und Jägerschaft würde eher noch weiter negativ gestaltet. Ich glaube also nicht, dass das unbedingt etwas ist, was die Jägerschaft vorrangig intendiert.
Von daher glaube ich: Ihr Antrag ist gut gemeint, angesichts der rechtlichen Situation, der höherrangigen bundes- und europarechtlichen Vorschriften letztendlich aber nicht umsetzbar.
Vielen Dank, Herr Prange. - Es liegt jetzt eine Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Hermann Grupe, bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Lieber Ulf Prange, als Erstes möchte ich Ihnen gerne bescheinigen, dass sich Ihre Rede sehr wohltuend von der des Kollegen Bosse heute Morgen unterschieden hat, der das Jagdrecht ja dahin gehend charakterisiert hat, dass man die Keule rausholen, draufschlagen und den Wolf vertreiben wolle. Meine Damen und Herren, da hat man wirklich gar nichts verstanden. Hinzu kam, dass der Landtag nicht im Handstreich entscheiden solle. In der Tat: Das soll er ganz bestimmt nicht, meine Damen und Herren.
Der Riesenvorteil besteht darin, dass dann, wenn der Wolf ins Jagdrecht aufgenommen wird, nicht mehr die Politik entscheidet aus welchen Gründen auch immer, sondern dass Fachleute entscheiden. Wenn diejenigen, die Hege und Pflege betreiben - wie schon beim übrigen Wild auch -, über Gegenmaßnahmen zu entscheiden haben, dann ist das wieder ein natürliches vernünftiges Verhältnis, das gewährleistet, dass der Wolf im Zweifelsfall nicht völlig frei handeln, sondern sich sicher sein kann - das beeinflusst ja das Verhalten von Tieren -, dass ihm nichts passieren kann, meine Damen und Herren.
Wenn ich die Diskussion hier verfolge, dann hat man doch den Eindruck, als wenn es sich um Streichelkätzchen handelte.
Es wurde darauf hingewiesen, dass Kollege HansHeinrich Sander sehr positiv darauf hingewirkt hat. Da gibt es auch überhaupt keine Abstriche zu machen.
Wenn jetzt aber die Wolfspopulation 50 Tiere beträgt und in Zukunft rasant zuzunehmen scheint, dann muss man die nächsten Schritte gehen und das einem natürlichen Regulierungsreglement von Fachleuten unterwerfen. Denn die Gefahren bestehen nicht nur darin, dass der Wolf vielleicht direkt Übergriffe auf Menschen unternimmt. Wenn Wölfe in Herden einbrechen, dort Panik auslösen - der Kollege Hocker hat es vorhin schon beschrieben - und die Tiere dann in den Straßenverkehr gelangen, ist das eine wirkliche Gefahr.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf versucht, mit einem Placebo Politik zu machen. Bis vor Kurzem bestand weitestgehend Einigkeit darüber, dass wir die Rückkehr des Wolfes im Grundsatz begrüßen.
Ich darf in diesem Zusammenhang z. B. an Äußerungen des damaligen Ministers Sander in der NOZ erinnern: „Der Wolf kommt zurück, und er ist uns herzlich willkommen.“ Herr Dammann-Tamke als Präsident der Landesjägerschaft sah damals in der Rückkehr des Wolfes laut diesem Artikel auch keine größeren Probleme.
Nun wird erkennbar, dass die Rückkehr des Wolfes doch nicht so ganz unproblematisch ist, und sofort wird zum Gegenangriff geblasen. Populistisch werden Unsicherheiten und berechtigte Sorgen instrumentalisiert. Der Wolf möge doch bitte ins Jagdrecht aufgenommen werden - mutmaßlich doch wohl, damit er alsbald auch bejagt werden kann. Nur das kann substanziell der Hintergrund sein, der mit diesem Ansinnen verbunden ist.
Durch die Aufnahme ins Jagdrecht bei ganzjähriger Schonzeit, wie von Ihnen beabsichtigt, meine Damen und Herren von der FDP, ändert sich nichts an dem Schutzstatus, den der Wolf europarechtlich hat. Als Anhang-IV-Art der FFH-Richtlinie ist er streng geschützt, und jedwede Form der Nachstellung, des Tötens ist ausdrücklich untersagt. Gleiches regelt übrigens die schon viel ältere Berner Konvention für wandernde Tierarten, in deren Anhang II der Wolf ebenfalls streng geschützt ist. Sie müssen also schon eine ganze Menge hier aus Niedersachsen, dem besonders durch den Wolf belasteten Land aufbohren, um das europarechtlich umsetzen zu wollen. Ich glaube, das ist der falsche Weg.
Das Bundesnaturschutzgesetz setzt diese internationalen Regelungen in seinen Schutzbestimmungen für streng geschützte Tierarten um. Auch hier gilt das Tötungsverbot, das allerdings Ausnahmen zulässt, z. B. wenn das Leben oder die Gesundheit der Bevölkerung bedroht sind oder auch, wenn erhebliche wirtschaftliche Schäden drohen. Voraussetzung ist jedoch, dass andere Maßnahmen nicht möglich sind. - Das geht auch jetzt. Das können Sie in § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes nachlesen.
Konkret heißt das: Ein Wolf, der untypisches Verhalten zeigt, kann der Natur entnommen werden. Das kann z. B. Aggressivität gegenüber den Menschen sein. Mangelnde Scheu allein reicht allerdings nicht. Das ist für den Wolf, der an der Spitze der Nahrungskette steht, ein eher normales Verhalten. Insofern, Herr Dr. Hocker, war auch das Verhalten in Lopau gegenüber der Spaziergängerin aus Amelinghausen durchaus normal. Sie selbst hat in ihren Erklärungen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Wölfe dort keinerlei aggressives Verhalten gezeigt haben. Sie haben sich auf 15 bis 20 m genähert; das ist richtig. Scheu sind sie nicht unbedingt. Aber der Mensch gehört in aller Regel nicht zum Beuteschema - jedenfalls bislang nicht.
Meine Damen und Herren, ich bin u. a. mit Filmen von Bernhard Grzimek - „Serengeti darf nicht sterben“ - aufgewachsen. Auch Grzimek hat immer auf die Probleme mit großen Beutegreifern hingewiesen. Wie viele andere nach ihm hat auch er immer wieder betont, dass das Zusammenleben von Menschen mit großen Beutegreifern auch Probleme macht. Das gilt genauso für Löwen in Afrika oder Tiger in Indien.
Wir erwarten, dass die Menschen dort die Tierwelt als Teil des Naturerbes schützen. Diese Forderung müssen wir dann auch in Deutschland und in Niedersachsen für uns annehmen.
Im Gegensatz zu Angriffen von Tigern und Löwen auf Menschen gibt es nur sehr wenige Angriffe von Wölfen. Das habe ich und das hat vor allem auch Minister Wenzel in der Aktuellen Stunde ausgiebig ausgeführt.
Wir müssen - das tun wir, und das tut auch diese Landesregierung - die Probleme der Nutztierhalter ernst nehmen. Wir müssen sie bei Schutzmaßnahmen unterstützen. Es muss zu zügigen Ausgleichszahlungen für Wolfsrisse kommen. Und wir müssen die Bevölkerung für den Umgang mit Wölfen sensibilisieren.
Wir sollten alles dafür tun, dass Mensch und Wolf in unserer Landschaft gemeinsam existieren können. Das ist ein verantwortlicher Umgang mit dieser Problematik. Was wir von den Menschen in anderen Regionen der Erde im Umgang mit Großwild und Beutegreifern erwarten, nämlich dass sie die Probleme dort nicht mit der Flinte lösen, sollten wir hier in Niedersachsen auch beherzigen, und wir sollten eben nicht Stimmungen machen und Ängste schüren.
Meine Damen und Herren von der FDP, bei Ihrem Gesetzentwurf ist nicht erkennbar, dass er in irgendeiner Weise der Problemlösung dient, sondern er dient nur dazu, ein Thema populistisch zu besetzen. Das ist nicht zielführend.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Wir werden Ihre Worte hervorholen, wenn es soweit ist!)
Vielen Dank, Herr Janßen. - Es liegen zwei Kurzinterventionen vor. Herr Grupe, gleich! Erst kommt aber Herr Dammann-Tamke. Bitte schön!
Herr Kollege Janßen, Sie haben im Zusammenhang mit diesem Tagesordnungspunkt meinen Namen erwähnt, sind dabei aber relativ nebulös geblieben, warum Sie das getan haben. Da ich nicht zur Fraktion der Einbringer dieses Gesetzentwurfs gehöre, würde ich Sie bitten, das noch ein wenig zu erläutern.
Lieber Kollege Janßen, Sie haben davon gesprochen, dass Sie die Nutztierhalter nicht alleine lassen wollen. Ich will auf diesen Aspekt kurz eingehen. Vielleicht können Sie mir das noch einmal genauer erläutern.
Ich habe hier auch etwas von „wolfssicheren“ Zäunen gehört. Mich würde einmal brennend interessieren, wie so etwas funktioniert. Man sieht ja schon bei Hunden, durch welche Zäune manche gehen und manche nicht.
Welcher Nutztierhalter soll denn so verrückt sein, noch Tiere auf die Weide zu bringen, wenn ihm hinterher erzählt wird, dass sein Zaun nicht „wolfssicher“ war? Da gibt es doch immer irgendwelche Stellen. Es besteht immer die Gefahr, dass Kinder oder wer auch immer an Zäunen herummanipulieren usw.