b) Reform der Erbschaftsteuer: Die Rückkehr der rot-grünen Steuererhöher? - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 17/2930
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Erbschaftsteuer beschäftigt Deutschland bereits seit Jahren, und sie wird uns auch in der Zukunft weiter beschäftigen. Erbschaftsteuer - das klingt zunächst einmal nach großen Vermögen, die im Privatbesitz von einer an die nächste Generation gegeben werden sollen. Da fragt man sich: Warum muss man sich damit eigentlich in der Wirtschaftspolitik im Zusammenhang mit der Frage von Arbeitsplätzen auseinandersetzen? - Gerade im Mittelstand, bei personengeführten Unternehmen, kommen hier natürlich Probleme für die Fortsetzung des Unternehmens und den Erhalt der Arbeitsplätze auf.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, um es konkret zu machen: Die IHKs haben ausgerechnet, dass bis zum Jahre 2018 in Niedersachsen hiervon 27 000 Firmen betroffen sind. Um es ganz deutlich zu machen: Es geht bis zum Jahr 2018 um 188 000 Arbeitsplätze in Niedersachsen.
188 000 Menschen, die vor der Frage stehen: Wird eigentlich bis zum Jahre 2018 wegen der Diskussion um die Änderung der Erbschaftsteuer mein Arbeitsplatz, meine Existenz wegfallen, sodass ich mir etwas Neues suchen muss?
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb brauchen wir hier schnelle Antworten. Wir brauchen Klarheit. Wir brauchen einen Einsatz für diese guten Arbeitsplätze in Niedersachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
„Vor allem die Familienunternehmen hängen in der Luft und halten Investitionen zurück, weil sie nicht wissen, welche Änderungen es geben wird und vor allem: ab wann diese gelten.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Bei allen IHK-Versammlungen - auch von Wirtschaftsminister Lies - wird immer gesagt: Wir als Landesregierung wollen wirtschaftsfreundlich sein. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass die Unternehmen hier erhalten bleiben können. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, dann sagen Sie bitte auch endlich einmal konkret, was das bedeutet. Wofür setzt sich diese Landesregierung bei der Erbschaftsteuer eigentlich ein?
Es reicht eben nicht aus, einfach zu sagen, dass das alles im Koalitionsvertrag steht, weil der Koalitionsvertrag bei der Steuererhöhungspolitik schon eine entscheidende Wende durch den Ministerpräsidenten bekommen hat. Ich zitiere hier, was er zur Vermögensteuer am 26. Juli letzten Jahres gegenüber dem Spiegel erklärt hat. Zitat aus dem Spiegel:
„distanzierte sich klar von der Vermögensteuer, welche die SPD im Wahlkampf noch vehement gefordert hatte.“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, also gilt für den Ministerpräsidenten hierzu nicht mehr das, was im Koalitionsvertrag steht. Also: Was gilt tatsächlich?
Die Grünen haben uns jetzt in Person des Kollegen Heere dankenswerterweise einmal gesagt, was sie sich hierzu vorstellen. Sie stellen sich vor, dass man bei familiengeführten Unternehmen Ausnahmen machen will, wenn es sich um „produktive Arbeitsplätze“ handelt. Wer soll das denn prüfen, Herr Heere? Kommt der Finanzbeamte und entscheidet „Der eine Arbeitsplatz ist produktiv genug und der andere nicht. Du bist jetzt arbeitslos und du nicht?“ - Ist das die rot-grüne Politik für Niedersachsen, meine sehr geehrten Damen und Herren? Das darf doch wohl nicht wahr sein!
Worum geht es Ihnen denn weiter? - Wollen Sie diese Unternehmen wirklich entlasten bzw. sie so weiterarbeiten lassen, wie sie heute dastehen, oder wollen Sie sie belasten und abzocken? - Sie wollen die Steuer nämlich bei kleinen und mittleren Unternehmen nicht aussetzen. Sie wollen stunden. Das heißt, Sie wollen die Steuer über mehrere Jahre strecken, mit der Folge, dass mehrere Jahre nicht investiert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ministerpräsident Weil fragt immer: Warum ist die Investitionsquote in Niedersachsen so niedrig? - Ich kann es Ihnen sagen. Wegen der Grünen ist sie so niedrig, meine sehr geehrten Damen und Herren.
„Für den Mittelstand ist es von großer Bedeutung, dass es keine hohen bürokratischen Hürden und keine zusätzlichen steuerlichen Belastungen gibt“
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Wirtschaft sagt also: Was die Grünen auf ihrem Parteitag oder auf ihrer Landesdelegiertenkonferenz beschließen wollen, ist Gift für Niedersachsens Wirtschaft, ist Gift für die Arbeitsplätze in Niedersachsen und ist auch Gift für die SPD-Strategie, wie Scholz in Hamburg einmal wirtschaftsfreundlicher zu werden.
Herr Ministerpräsident Weil, ich möchte jetzt einmal wissen: Was will eigentlich Weil? Will er die Arbeitsplätze in Niedersachsen für den Koalitionsfrieden opfern, oder will er bei der Erbschaftsteuer tatsächlich nach vorne gehen - im Interesse der Arbeitsplätze in Niedersachsen, im Interesse der Menschen, die hier eine Zukunft haben wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Ich kann die Landesregierung nur auffordern: Setzen Sie sich für diese mittelständischen Unternehmen ein! Bei den 188 000 Arbeitsplätzen geht
es im Schnitt um sieben Mitarbeiter pro Unternehmen. Das sind kleine familiengeführte Unternehmen, die wegen des Betriebsüberganges vor der Existenzfrage stehen.
Da muss man wirklich sagen: Halten Sie bei der IHK nicht nur launige Reden, die dann natürlich Zustimmung auslösen, sondern passen Sie Ihr Handeln bei der Erbschaftsteuer tatsächlich an! Andernfalls ist diese Landesregierung nichts anderes als ein Wolf im Schafspelz, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Vielen Dank, Herr Kollege Bode. - Ich darf wiederum ermahnen, dass alle ihren Platz einnehmen - zumindest diejenigen, die der Debatte folgen wollen. Man kann auch nach draußen gehen, um sich zu unterhalten. Ansonsten muss hier Ruhe einkehren, damit die Rednerinnen und Redner auch verstanden werden.
Meine Damen und Herren, es folgt jetzt für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Kollege Heere. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die nach dem Verfassungsgerichtsurteil notwendige Reform der Erbschaftsteuer ist für Niedersachsen ein wichtiges Thema, geht es hier doch um mindestens 300 Millionen Euro an Einnahmen.
Sie, liebe FDP, gehen dieses Thema mal wieder von der falschen Seite an. Finanzpolitik ist kein Selbstzweck, wo man einfach pauschal sagen kann: „Runter mit den Steuersätzen! Weitere Ausnahmen! Weniger Einnahmen! Nach mir die Sintflut!“ So geht es nicht!
Stattdessen muss man vor der Frage über die Zukunft der Erbschaftsteuer - Gleiches gilt übrigens auch für die Vermögensteuer; Sie haben sie angesprochen - doch bitte zunächst die Frage nach den zu finanzierenden Aufgaben stellen. Ich nenne ein paar Beispiele aus verschiedenen Themenfeldern.
„Zugleich müssen die Sicherheitsbehörden den radikalen Kräften auf den Leib rücken, koste es, was es wolle. Personalnot darf nicht zum begrenzenden Faktor unserer Sicherheit werden.“
Oder ich nenne das Thema Flüchtlinge, für das wir uns alle gemeinsam mehr Geld für Sprachkurse, für Integrationsmaßnahmen, für eine menschenwürdige Unterbringung und für die Unterstützung der Kommunen für diese humanitäre Aufgabe vor Ort wünschen.
Ich nenne auch das Thema Infrastruktur, bei dem wir gigantische Investitionsbedarfe für den Erhalt, für Energiesparmaßnahmen, für die Energiewende sowie für den Ausbau des Breitbandinternets haben.
Ich nenne auch ganz besonders das Thema Bildung, in dem die entscheidenden Weichen für die Zukunft unseres Landes gestellt werden.
Wir müssen die Qualität für die Bildung auf allen Ebenen heben, wir brauchen mehr Engagement bei der Ganztagsschule, zusätzliche Stellen für Sozialpädagogen und Psychologen.
Der Krippenbereich ist weiter auszubauen ebenso wie Forschung und Entwicklung als entscheidende Faktoren für die zukünftige wirtschaftliche Dynamik.