Sie müssen sagen, was Sie wollen. Wenn Sie die Politik des Weltökonomen Heere auf dem GrünenParteitag beschließen und in Niedersachsen umsetzen, dann - das sage ich Ihnen - wird das Arbeitsplätze kosten, dann wird das Prosperität kosten, und dann wird das unser Land nicht nach vorn bringen, meine Damen und Herren.
Danke schön, Herr Kollege Hilbers. - Jetzt spricht für die Fraktion der SPD die Kollegin Renate Geuter. Bitte sehr! Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wenig hilfreich, jetzt auf die wortreiche Rede des Generalisten Hilbers einzugehen.
Bei der notwendigen Reform der Erbschaftsteuer reden wir, meine Damen und Herren von der FDP, eben nicht von der Rückkehr angeblicher rotgrüner Steuererhöhungen, sondern von der Rückkehr zur Verfassungsmäßigkeit bei der Erhebung der Erbschaftsteuer.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jörg Bode [FDP]: Sie wol- len die Steuern erhöhen! - Christian Grascha [FDP]: Sie nehmen das Urteil als einen Vorwand, um die Steuern zu erhöhen!)
Wenn Sie, meine Damen und Herren von der FDP, Probleme damit haben, dass eine Steuer auf der Grundlage der Regeln der Verfassung erhoben wird, dann sollten Sie das hier benennen und keine Nebelkerzen werfen.
Es kam nicht unerwartet, dass das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 17. Dezember 2014 festgestellt hat, dass die Regelungen zur weitgehenden oder vollständigen Verschonung beim Erwerb von Unternehmensvermögen gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Diese umfangreiche Begünstigung von Vermögen ist nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigt und stellt damit eine verfassungswidrige Überprivilegierung dar - so das Gericht.
Mit dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz - es ist uns auch in anderen Zusammenhängen noch gut in Erinnerung - hat die
schwarz-gelbe Bundesregierung die damals schon bestehenden Erbschaftsteuergestaltungsmöglichkeiten noch einmal deutlich ausgeweitet. Schon damals ist in der Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages von Fachleuten darauf hingewiesen worden, dass sich mit dieser Änderung die Gefahr der Verfassungswidrigkeit der Erbschaft- und Schenkungsteuer verdichtet. Aber alle diese Warnungen hat man damals in den Wind geschlagen.
Wir lassen uns daher jetzt auch nicht auf Ihre Ablenkungsversuche und auch nicht auf die Horrorszenarien ein, die Sie an die Wand zu malen versucht haben. Es kann nicht angehen, jetzt ausschließlich auf den Druck einer starken Lobby zu reagieren. Vielmehr geht es uns, den Regierungsfraktionen, um eine verfassungsfeste Ausgestaltung der Erbschaftsteuerregelung auf der Basis der Aussagen des Bundesverfassungsgerichtsurteils.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Sie verstecken sich doch nur hinter diesem Urteil!)
Es ist sehr wichtig, dass die Verfassungsrichter bekräftigt haben, dass der Schutz von Familienunternehmen und der Erhalt von Arbeitsplätzen grundsätzlich einen legitimen Sachgrund dafür darstellen, Betriebe teilweise oder vollständig von der Steuer zu befreien. Auch bei der neuen Erbschaftsteuerregelung werden der Erhalt von Familienunternehmen und die Sicherung von Arbeitsplätzen eine wesentliche Rolle spielen. Dafür werden wir uns einsetzen.
Gleichzeitig werden wir aber sicherstellen - und damit aus den Fehlern der Vergangenheit lernen -, dass diese Regelungen nicht missbräuchlich angewendet werden können. Ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, dass schon die schwarzgelbe Landesregierung zu ihrer Zeit festgestellt hat, dass die Regelungen der sogenannten CashGmbHs zu erheblichen Missbräuchen geführt haben.
Die aktuellen Vorschläge des bayerischen Finanzministers, der die Begünstigungsregelungen noch weitgehend ausweiten möchte, sind für uns in dieser Hinsicht nicht zielführend. Ich kann Ihnen versichern, dass alle Versuche, die Regelungen so
auszuhebeln, dass die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer mittelfristig gar nicht mehr zur Verfügung stehen, von uns eine klare Absage bekommen.
Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht ganz hilfreich, dass die FDP bei der jetzt anstehenden gesetzlichen Neuregelung der Erbschaftsteuer keine Rolle mehr spielt.
Meine Damen und Herren, das Aufkommen aus der Erbschaftsteuer muss auch für Niedersachsen erhalten bleiben. Dabei reden wir nicht darüber, in welcher Höhe es erhalten bleibt. Wir wollen, dass die Steuer verfassungsmäßig erhalten bleibt, damit wir unsere Aufgaben erfüllen können und damit wir endlich Rechtssicherheit bekommen - nicht nur für die Unternehmen und die Menschen in diesem Lande, sondern auch für die Mitarbeiter in der Finanzverwaltung.
Da können wir die Horrorszenarien, die Sie hier an die Wand malen, nicht brauchen. Sie helfen uns nicht weiter. Aber die FDP hat offensichtlich keine andere Möglichkeit, sich bei diesem Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, weil sie, wie gesagt, bei diesem Gesetzesvorhaben keine Rolle mehr spielt.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Christian Grascha [FDP]: Warten Sie doch einmal ab! - Jörg Bode [FDP]: Wir kümmern uns halt um die betroffenen Menschen!)
Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung hat nun Herr Finanzminister Peter-Jürgen Schneider das Wort. Bitte!
(Reinhold Hilbers [CDU]: Schneider oder Heere, jetzt wollen wir es wissen! - Thomas Schremmer [GRÜNE]: Weltökonom Schneider!)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht eine kurze Vorbemerkung, Herr Hilbers: Es gibt Verfassungsorgane in diesem Land. Ich rede hier für die Landesregierung und stelle fest: Wie erwartet, hat das Bundesverfas
sungsgericht mit Urteil vom 17. Dezember einige Regelungen der derzeitigen Erbschaftsteuer, die den Übergang betrieblichen Vermögens betreffen und in den §§ 13 a und 13 b Erbschaftsteuergesetz niedergelegt sind, für verfassungswidrig erklärt.
Verschonungsregelungen - so der Tenor des Urteils - sind vom Grundsatz her mit der Verfassung vereinbar, wenn - dieses Wenn ist sehr bedeutsam - sie mit dem Erhalt der Wirtschaftsstruktur und damit der Arbeitsplätze begründet sind. Die aktuellen Privilegierungen sind jedoch „angesichts ihres Ausmaßes und der eröffneten Gestaltungsmöglichkeiten“ - so das Gericht - mit Artikel 3 des Grundgesetzes, dem Gleichheitsgrundsatz, unvereinbar.
Wenn bestimmte Personengruppen begünstigt werden, meine Damen und Herren, bedürfen - so führt das Bundesverfassungsgericht weiter aus - derartige Vorteile „stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind“. Die umfangreichen Privilegierungen in den erwähnten §§ 13 a und 13 b halten dieser Anforderung nicht stand.
Am Ende gern. Aber jetzt möchte ich doch erst einmal vortragen. Sie wollen mich vielleicht etwas fragen, was ich sowieso gleich sage.
(Jörg Bode [FDP]: Das kann passie- ren! - Christian Dürr [FDP]: Diese Ge- fahr droht immer im Verlaufe der Ge- schichte! - Weitere Zurufe von der FDP - Unruhe - Glocke der Präsiden- tin)
Erstens. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens ist unverhältnismäßig, soweit die Verschonung über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen - also der sogenannten KMU - hinausgeht, ohne dass das Bedürfnis - also eine besondere Rechtfertigung - gesondert geprüft wird. Es kann also - so das Gericht - nicht pauschal unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer grundsätzlich und typischerweise alle Betriebsfortführungen,
Zweitens. Die im Grundsatz mit Artikel 3 vereinbare Lohnsummenregelung - der Erhalt der Arbeitsplätze wird an dem Erhalt der Lohnsumme gemessen - ist insoweit nicht verfassungsgemäß, als die Freistellung von der Mindestlohnsumme den steuerfreien bzw. weitgehend steuerfreien Erwerb von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten - die Zahl ist hier bedeutsam - unverhältnismäßig privilegiert. Mit dieser Regelung, meine Damen und Herren, waren über 90 % der deutschen Betriebe von der Erbschaftsteuer befreit, und zwar unabhängig davon, ob Arbeitsplätze erhalten werden oder nicht.
Insoweit stellt sich jetzt für die anstehenden Beratungen die Frage, wie klein ein Unternehmen sein darf, um von der Lohnsummenregelung, also dem Überprüfen des Erhalts der Arbeitsplätze, ausgenommen zu werden.
Drittens. Darüber hinaus ist die Regelung über das Verwaltungsvermögen nicht mit Artikel 3, dem Gleichheitsgrundsatz, vereinbar, weil sie den Erwerb von Unternehmensvermögen selbst dann uneingeschränkt verschont, wenn es bis zu 50 % aus Verwaltungsvermögen besteht, auf der anderen Seite diese Vergünstigung aber vollständig verwehrt, wenn diese Grenze auch nur minimal überschritten wird. Um es einmal plastisch darzustellen: 49 % Verwaltungsvermögen oder 51 % Verwaltungsvermögen. Das ist eine Fallbeil-Lösung, die das Gericht für nicht sachgerecht hält.
Viertens. Letztlich ist das Erbschaftsteuergesetz deshalb verfassungswidrig, weil es Gestaltungen zugelassen hat, mit denen Steuerentlastungen erzielt werden können, die nicht bezweckt sind: Umgehung der Lohnsummenpflicht durch Aufspaltung in Betriebs- und Besitzgesellschaft oder Umgehung der Verwaltungsvermögensgrenze durch mehrstöckige Konzernstrukturen. Frau Geuter hat schon auf die Cash-GmbHs hingewiesen. Das hat der Gesetzgeber bereits in 2013 korrigiert.
Ziel der Landesregierung ist es nun, meine Damen und Herren, nach den Vorgaben des Gerichts eine verfassungsfeste Erbschaftsteuer auszugestalten, wobei wir großen Wert auf die nachhaltige Sicherung von Arbeitsplätzen legen. Um es noch einmal klar zu formulieren: Diese Landesregierung wird bei der Reform den Bestandsschutz mittelständischer sowie familiär geprägter Unternehmen nicht aus den Augen verlieren. Wir werden dafür Sorge
tragen, dass die Unternehmensfortführung nicht durch eine zu hohe Erbschaftsteuerlast gefährdet wird.
Nach Aussage von Bundesfinanzminister Schäuble soll das Urteil zur Erbschaftsteuer so schnell wie möglich umgesetzt werden. Das ist auch notwendig. Darauf hat Herr Bode mit Recht hingewiesen. Ich sehe es auch so, dass es so schnell wie möglich umgesetzt werden muss. Das Ziel ist deshalb - Zitat Bundesfinanzminister -, „minimalinvasiv und zügig“ vorzugehen. Das bedeutet: Noch in diesem Frühjahr will der Bund einen Gesetzentwurf vorlegen. Seit Januar 2015 arbeitet eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der wir natürlich vertreten sind. Die Finanzminister des Bundes und der Länder werden sich Anfang März treffen, um die Grundsätze zu diskutieren.
Sie wissen - das ist auch erwähnt worden -, dass die Erbschaftsteuer eine Ländersteuer ist. Das Aufkommen von rund 300 Millionen Euro im Jahr ist für Niedersachsen bedeutsam. Insofern ist es ein großes Anliegen der Landesregierung, das Steueraufkommen in verfassungskonformer Art und Weise zu sichern - nicht mehr, aber auch nicht weniger.