Protokoll der Sitzung vom 18.02.2015

Sie wissen - das ist auch erwähnt worden -, dass die Erbschaftsteuer eine Ländersteuer ist. Das Aufkommen von rund 300 Millionen Euro im Jahr ist für Niedersachsen bedeutsam. Insofern ist es ein großes Anliegen der Landesregierung, das Steueraufkommen in verfassungskonformer Art und Weise zu sichern - nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Es ist ebenso unser Anliegen, den Unternehmen im Lande eine gesicherte Perspektive zu geben. Dies möchte ich abschließend nochmals betonen und mich dafür bedanken, dass Sie meine „Beurlaubung“ für heute Nachmittag akzeptieren. Es gibt heute Nachmittag eine sogenannte Kaminrunde der zwölf A-Ministerpräsidenten - Entschuldigung; nicht A-Ministerpräsidenten, sondern natürlich AFinanzminister.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Wollen Sie Ministerpräsident werden? - Heiterkeit bei der CDU)

- Ja, wenn es nötig ist.

(Jens Nacke [CDU]: Wenn es besser werden soll! Wir wären dabei!)

Aber wir haben ja einen guten Ministerpräsidenten. Insofern ist es nicht nötig.

Die A-Runde - zwölf Bundesländer - will heute versuchen, noch eine Reihe offener Fragen im Verfolg der weiteren Dinge politisch abzuklären. Für die nächste Woche ist, wie ich höre, schon ein Koalitionsausschuss auf Bundesebene geplant. Dort will der Bundesfinanzminister unterrichten. Es geht also sehr schnell.

Ich bitte deswegen um Verständnis dafür, dass ich angesichts der Bedeutung dieses Themas, die auch in dieser Aktuellen Stunde deutlich geworden ist, dort dabei sein möchte, um die Meinung Niedersachsens - die ich für eine ausgewogene halte; sonst würde ich sie auch nicht vertreten - vorzutragen und einzubringen.

Im Übrigen habe ich den Wunsch von acht Unternehmensverbänden, die dringlich darum gebeten haben, morgen Nachmittag mit mir zu reden, abschlägig bescheiden müssen, weil ich dann wieder im Plenum gebraucht werde, um hier einen Punkt, der mich bzw. die Finanzseite unmittelbar berührt, zu behandeln. Für heute Nachmittag bitte ich aber um Verständnis. Es ist wirklich ein wichtiges Thema.

(Jens Nacke [CDU]: Herr Bode hat noch eine Frage!)

- Ja. Das hatte ich ja zugesagt - wenn ich darf.

Auf jeden Fall, Herr Minister. - Bitte, Herr Bode!

Danke, Frau Präsidentin. - Herr Minister Schneider, Sie haben eben die aktuellen Ausnahmetatbestände bei der Erbschaftsteuer aufgezählt. Ihr Koalitionspartner - ich nehme an, Herr Heere hat es geschrieben; Herr Wenzel hat es mit unterschrieben - hat sich dazu in einem Antrag für den Grünen-Parteitag wie folgt geäußert - ich zitiere jetzt aus diesem Antrag -:

„Es ist einfach nicht gerecht, wenn der Erbe eines milliardenschweren Aktienpakets keine Steuern zahlen muss, obwohl er die Steuer leicht aufbringen könnte, während der Immobilienbesitzer in voller Höhe herangezogen wird.“

Jetzt würde mich interessieren, von Ihnen zu hören: Entspricht es eigentlich der Wahrheit, dass aufgrund der Ausnahmetatbestände der Erbschaftsteuer heute milliardenschwere Aktienpakete steuerfrei vererbt werden können?

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das kann er doch so schnell gar nicht sagen! - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Wenn ein Finanzminister das nicht kann, weiß ich es auch nicht!)

Bitte, Herr Minister!

Herr Bode, ich werde mich jetzt natürlich nicht zu Parteitagsanträgen im Einzelnen äußern.

(Jens Nacke [CDU]: Als Ministerpräsi- dent kann man das!)

Es ist Sache der Partei der Grünen, sich in dieser Frage eine Meinung zu bilden.

Der Koalitionsvertrag - das will ich an dieser Stelle bemerken - ist natürlich in einigen Punkten durch die Bundestagswahl überholt worden. Darüber müssen sich alle klar sein.

Ich verfolge hier im Auftrag der Landesregierung eine Politik, die am Ende dazu führt, dass wir in absehbarer Zeit - - -

(Jörg Bode [FDP]: Aber ist denn die Behauptung nach geltendem Recht wahr?)

- Ich bin noch lange nicht fertig. Bitte lassen Sie mich doch ausreden!

Herr Bode, Sie hatten Ihre Chance und haben Ihre Frage gestellt. Jetzt ist der Minister dran.

Ich verfolge die Linie, dass wir in absehbarer Zeit, in diesem Jahr, zu einem Gesetz kommen, damit alle, die davon betroffen sind, Klarheit haben. Das geht nur, indem wir die Positionen der Bundestagsfraktionen, die das natürlich in erster Linie zunächst einmal auf den Weg bringen müssen, untereinander abstimmen - auch mit Blick auf Bedenken in unserer Positionierung. Das ist Grundlage der Linie, die ich vertrete.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Tatsächlich haben wir - das ist ja die Schieflage, um die es geht - eine Privilegierung bei der Vererbung von Betriebsvermögen im Verhältnis zu sonstigem Vermögen, zu dem auch Aktienpakete zu zählen sind.

(Jörg Bode [FDP]: Also geht es auch umgekehrt?)

Sonstiges Vermögen wird normal besteuert. Betriebsvermögen werden in vielen Fällen - die Zahlen sind ja eindeutig - nicht besteuert. Das ist der Ungleichheitstatbestand, der das Gericht dazu

veranlasst hat, die Grenzen aufzuführen, die hier zu bedenken sind.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. - Zusätzliche Redezeit erhalten zunächst Herr Kollege Hilbers, nämlich zweieinhalb Minuten, und dann Herr Kollege Bode. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister Schneider, erstens stelle ich fest: Sie haben hier die Chance vertan, sich von der Wiedereinführung der Vermögensteuer zu distanzieren. Sie haben den Koalitionsvertrag angesprochen. Sie haben die Berliner Situation angesprochen. Sie haben sich aber nicht davon distanziert.

Zweitens stelle ich fest, dass es in der Regierungskoalition einen offenen Dissens gibt, ob man bei der Reform der Erbschaftsteuer zu mehr Aufkommen kommt oder nicht. Sie haben gesagt, Sie wollen die Einnahmen sichern, nicht mehr und nicht weniger. Sie wollen also den Status quo beibehalten. So habe ich Sie verstanden. Sie wollen sich nicht um zusätzliches Geld bemühen. Herr Heere möchte das Aufkommen aber ausdrücklich steigern. Insofern stelle ich fest: Sie können sich bei dem, was Sie heute Nachmittag dort verhandeln, nicht auf Ihre eigene Mehrheit hier verlassen. Wenn wir nicht mithelfen, werden Sie das Ergebnis, das Ihrer Linie entspricht, nicht erzielen können, Herr Minister Schneider. Das ist Fakt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von den GRÜNEN: Oh! - Jens Nacke [CDU]: Mit Grünen ist kein Staat zu machen!)

Herr Finanzminister, Sie haben ja recht damit, dass Dinge hier nachbessert werden müssen. Das will ich auch gar nicht in Abrede stellen. Es war übrigens ein sehr kompliziertes Gesetzgebungsverfahren, dahin zu kommen, dass man Arbeitsplätze bei der Erbschaftsteuer in besonderer Weise sichern und schützen konnte.

Dass dieser Tatbestand vom Bundesverfassungsgericht am 17. Dezember 2014 anerkannt worden ist, werte ich zunächst einmal als einen riesigen Erfolg für diese Regelung. Wir müssen lediglich an der Ausgestaltung der Regelung Änderungen vornehmen, nicht an der Regelung insgesamt, die ja

bei dem einen oder anderen durchaus umstritten war. Das ist ein Riesengewinn für unsere Möglichkeiten, die wir dort haben.

Jetzt gestalten wir es so aus, dass es a) nicht zu Mehreinnahmen kommt, also aufkommensneutral ist, und b) gerade mittelständischen Unternehmen hilft, ihre Unternehmen zu übertragen und weiterzugeben. Das betrifft in der Tat eine riesige Anzahl von Unternehmen in Deutschland. In Deutschland werden jedes Jahr 27 000 Unternehmen übertragen. Daran hängen 400 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Deswegen kann ich nur davor warnen, diesen Ideen der Grünen und von Herrn Heere nachzulaufen und hier einmal kräftig zuzuschlagen, wie er gesagt hat, damit man Bildung, Klimaschutz und Ähnliches besser bezahlen kann.

(Gerald Heere [GRÜNE]: Was ist denn Ihre Antwort auf diese Heraus- forderungen?)

Schaffen Sie Prioritäten im Haushalt, und sorgen Sie mit Blick auf die eigenen Prioritäten dafür, dass Sie Geld umschichten! Diese Kraft haben Sie aber nicht. Sie wollen neue Politikfelder immer nur mit neuen Steuern unterlegen und glauben, wenn der Staat das Geld habe, sei es am besten angelegt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Hilbers, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen!

Das komme ich.

Nein, der Staat muss sich schlank halten.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Das Geld ist am besten bei den Menschen aufgehoben. Wenn wir es ihnen wegnehmen, müssen wir dafür gute Gründe haben. Wir dürfen nicht die Leistungsträger, die morgens aufstehen, zur Arbeit gehen und sich auch ein Vermögen zulegen, weil sie wirtschaftlich arbeiten, dadurch bestrafen, dass wir Ihre Steuerpolitik machen, Herr Heere.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Hilbers. - Herr Bode, auch für Sie zweieinhalb Minuten.

(Unruhe)