Vielen Dank, Herr Minister. - Herr Focke hat für die CDU-Fraktion um zusätzliche Redezeit gebeten. Da der Minister seine Redezeit überschritten hat, haben Sie sechseinhalb Minuten. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Pistorius, zum Schluss Ihrer Rede haben Sie viel Richtiges gesagt. Sie haben über die Menschen in Not gesprochen, Sie haben über Notwendiges gesprochen, und Sie haben von unserer Seite des Hauses Applaus für das bekommen, was Sie gesagt haben, für das, was jetzt notwendig ist und gemacht werden muss. Von der Koalition, die Ihre Regierung trägt, haben Sie keinen Applaus mehr bekommen. - So.
Weil Sie hier von Märchen gesprochen haben, haben Sie mich zwischendurch an den Onkel erinnert, der im Stuhl sitzt und erzählt, wie es früher war, wie wir alles vorgefunden haben und wie schlecht jetzt alles ist. Ich sage Ihnen einmal etwas, Herr Minister: Herr Innenminister Pistorius, Sie sind seit zwei Jahren Innenminister. Die Flüchtlingsproblematik ist nicht neu. Wir haben uns gemeinsam für die Menschen eingesetzt, die unsere
Hilfe brauchen. Jetzt kommt ein zusätzliches Problem aus den Balkanstaaten. Was Sie aber immer gemacht haben, ist: Immer dann, wenn ein Problem hochkam, sind Sie auf einen Zug aufgesprungen, haben etwas in der Presse gesagt, aber haben nichts gemacht. Sie haben gesagt: Das müsste man machen. - Haben aber nichts getan. - Das ist ein Problem; müsste man machen, soll doch der Bund tun. - Sie haben nie geliefert.
In diesem Herbst haben Sie angekündigt, einen Flüchtlingsgipfel zu veranstalten. Dieser findet aber erst ein halbes Jahr später statt, während die Situation in den Kommunen schon lange am Brennen ist. Der Flüchtlingsgipfel kommt ein Jahr zu spät. Sie haben kein Gesamtkonzept. Das geben Sie hier nicht zu. Deswegen beantragt die CDU-Fraktion für die nächste Sitzung des Innenausschusses, das Flüchtlingsgesamtkonzept des Landes Niedersachsen einmal in aller Deutlichkeit vorgestellt zu bekommen. Das, was Sie hier so sagen und im Hintergrund machen, wollen wir als Abgeordnete wissen. Da wollen wir Ihnen doch mal auf den Zahn fühlen.
Vielen Dank, Herr Kollege Focke. - Wir fahren nun fort mit Herrn Oetjen, FDP-Fraktion. Sie haben noch eine Restredezeit und auch zusätzliche Redezeit. Viereinhalb Minuten, bitte!
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich beim Herrn Innenminister ganz ausdrücklich für das bedanken, was er hier zum Schluss gesagt hat. Es ist nämlich auch sehr, sehr wichtig, dass wir in dieser Frage einen Konsens in diesem Hause haben. Ich habe gesehen, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Grünen angesichts dessen, was Sie hier gesagt haben, nur zum Teil geklatscht haben.
(Helge Limburg [GRÜNE]: Gibt es hier jetzt eine Klatschpolizei? - Weitere Zurufe - Glocke der Präsidentin)
Sehr geehrter Herr Innenminister, Sie müssen dabei Folgendes bedenken: In den vergangenen Legislaturperioden herrschte in diesem Hause immer dann, wenn hier über Asylbewerber diskutiert und gesagt wurde, wir müssen uns auf die Hilfe für diejenigen konzentrieren, die unsere Hilfe brauchen, und die Verfahren für diejenigen, die keine Chance auf einen positiven Abschluss ihres
Asylverfahrens haben, schnell abarbeiten und die betreffenden Personen auch schnell in ihre Heimatländer zurückzuführen, wie Sie das jetzt ja für den Kosovo mit dem Turboasylverfahren modellhaft umsetzen, eine sehr, sehr aufgeheizte Stimmung. Insbesondere von den Kolleginnen und Kollegen der Grüne-Fraktion gab es immer wieder Anwürfe in unsere Richtung dahin gehend, dass das alles undemokratisch, unmenschlich und nicht mit dem Menschenrecht zu vereinbaren sei. Ich möchte Ihnen jetzt ersparen, noch einmal anzuhören, was dem Kollegen Schünemann, der damals Innenminister war, immer vorgeworfen wurde.
Von daher bin ich froh, dass wir an dieser Stelle für uns einen Konsens definieren und sagen: Jawohl. Wir wollen Menschen, die vor Krieg flüchten und in ihren Ländern verfolgt werden, helfen. Für die wollen wir die erforderlichen Kapazitäten zur Verfügung stellen. Im Umkehrschluss gehört dazu aber auch, dass Menschen, die z. B. vom Balkan kommen - das ist immerhin ein Drittel der Asylbewerber, sehr geehrter Herr Innenminister; das wissen Sie - und keine Chance haben, ihr Asylverfahren positiv zu durchlaufen, schnell wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt werden, damit Kapazitäten für die Menschen frei sind, die wirklich unsere Hilfe brauchen.
An dieser Stelle würde ich mir jetzt auch die Unterstützung der Grünen wünschen. Ich habe, ehrlich gesagt, aber nicht den Eindruck, dass Sie die Grünen an dieser Stelle 100-prozentig an Ihrer Seite haben, sehr geehrter Herr Innenminister.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Christian Dürr [FDP]: Es wäre ja schön, wenn die Grünen mal sagen würden, was ihre Meinung ist!)
Vielen Dank, Herr Oetjen. - Herr Dürr, jede Fraktion entscheidet selbst, ob sie reden möchte oder nicht.
Jetzt wird für die SPD-Fraktion der Herr Kollege Watermann reden. Auch Sie haben noch eine Restredezeit und zusätzliche Redezeit. Neun Minuten, bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn ich meine Redezeit ausschöpfe, würde ich mich jetzt bei einigen so richtig beliebt machen.
Erstens brauchen Sie das, Herr Kollege Focke, nicht zu beantragen. Wir machen eine Anhörung aufgrund des FDP-Antrages. Deshalb muss man sich da nicht so anstrengen. Wir bearbeiten dieses Thema. Es ist in der Pipeline. Gelegentlich kann man den Überblick über die vielen Themen, die wir im Innenausschuss behandeln, verlieren. Deshalb werden wir genau das bekommen. Danach werden wir ausführlich darüber diskutieren können, wie sich die Entwicklung darstellt. - Das ist der eine Punkt.
Der zweite Punkt: Gelegentlich hilft es, wenn man mit dem Thema etwas differenzierter umgeht. Ich glaube, jedem ist klar, dass es hier - das habe ich schon vorhin angesprochen - um wirtschaftliche Notsituationen geht. Ich glaube, die richtige Antwort darauf ist, dass man breit gefächert damit umgeht. Zunächst einmal muss man dafür sorgen, dass die Perspektivlosigkeit im Kosovo und in anderen Balkanstaaten nicht wie bisher anhalten darf. Diese Länder brauchen ihre Bevölkerung, die sie haben, dort und nicht hier.
Dazu gehört aber noch ein weiterer Punkt: Wir müssen darüber reden und Menschen, die nicht aus Asylgründen kommen, einen vernünftigen Zugang zu unserem Land ermöglichen. Auch das gehört dazu. Wenn man darüber einmal etwas offener diskutiert, dann haben sicherlich andere noch einen Nachholbedarf. Deshalb glaube ich, dass man sich dem am Ende nähern muss.
Ich glaube, der größte Konflikt ergibt sich daraus, dass viele Menschen aufgrund der Tatsache, dass z. B. ihre Anträge nicht schnell bearbeitet worden sind, hier heimisch geworden sind und schon Wurzeln geschlagen haben. Das ist unser Problem. Auch damit müssen wir uns auseinandersetzen. Für diese Menschen müssen wir eine Lösung anbieten. Ich glaube, wenn wir das gemeinsam tun und gemeinsam an diesen Punkten arbeiten, dann sind wir auf dem richtigen Weg.
Deshalb kann ich meine Rede an dieser Stelle schon beenden und wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Noch ist es nicht so weit. Jetzt hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Polat. Bitte, Frau Polat, Sie haben drei Minuten Redezeit.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben letzte Woche eine intensive Debatte über die gestiegene Zahl der Zuwanderer insbesondere aus dem Kosovo und aus Serbien geführt. Sie kennen unsere Position, die wir unabhängig von CDU und analog zur FDP einnehmen. Herr Oetjen hat auch in einer Pressemitteilung deutlich gemacht, dass Minderheiten im Kosovo diskriminiert werden, weshalb für diese Personen eine andere Statusbehandlung zu erfolgen hat als z. B. für die albanische Mehrheit im Kosovo.
Der Innenminister hat erklärt, dass man die Zahlen sachlich und fachlich analysieren muss. Es zeichnet sich ab, dass diejenigen, die zurzeit aus dem Kosovo kommen, mehrheitlich der albanischen Volksgruppe angehören. Von daher haben wir dasselbe Phänomen, wie es sich auch mit Blick EU-Staaten wie etwa Spanien und Italien darstellt. Das heißt, dass sich insbesondere die junge Bevölkerung des Kosovo - der Kosovo ist nämlich das jüngste Land Europas - angesichts einer Arbeitslosigkeit von 60 % auf den Weg macht.
Vor diesem Hintergrund vertreten wir seitens der Grünen die Auffassung, dass ein Systemwechsel im Denken stattfinden muss. Auf der einen Seite haben wir in den letzten zwei Wochen eine intensive Debatte über ein sinnvolles Einwanderungsgesetz geführt, in deren Rahmen der Innenminister erklärt hat, dass auch die SPD-Fraktion die Position vertritt, dass man einen Systemwechsel innerhalb des Rechts vornehmen kann. Wenn jemand als Asylbewerber kommt und deshalb das Asylrecht gilt, was aber eigentlich unlogisch ist, dann muss es Möglichkeiten geben, im rechtlichen System zu wechseln. Sie können nicht - und das ist das Problem bei der CDU -
(Jörg Hillmer [CDU]: Das ist es über- haupt nicht! - Weitere Zurufe von der CDU - Glocke der Präsidentin)
mit kurzfristigen Maßnahmen agieren. Sprich: Sie können nicht einfach abschieben. - Denn die Menschen kommen wieder. Sie kommen auch dann wieder, wenn Sie Staaten zu sicheren Herkunftsstaaten erklären. Und auch wenn Sie Europas Grenzen hochrüsten - die Menschen kommen
Vielen Dank, Frau Kollegin Polat. - Zu Wort gemeldet hat sich für die FDP-Fraktion nun Herr Kollege Dürr. Die FDP-Fraktion hat zwei Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Frau Kollegin Polat, Herrn Kollegen Watermann und auch dem Innenminister dafür dankbar, dass die Gemeinsamkeiten hier betont werden; denn sie sind doch da. Das ist doch unübersehbar.
Alle Fraktionen haben in den Debatten, die wir zu diesem Thema geführt haben - beispielsweise im Rahmen einer Aktuellen Stunde, die meine Fraktion beantragt hatte -, ausgeführt, dass Deutschland natürlich ein Einwanderungsland ist und wir entsprechende rechtliche Möglichkeiten auf Bundesebene brauchen. Das ist gar keine Frage.
Ich gehöre, wie andere Kolleginnen und Kollegen auch, diesem Landtag aber schon ein wenig länger an. Ich erinnere mich sehr gut daran, liebe Frau Kollegin Polat,
wie wir in den letzten beiden Legislaturperioden über die Themen Asyl und Flüchtlinge diskutiert haben. Auch da gab es Gemeinsamkeiten.
Und ich sage Ihnen, wo es noch Gemeinsamkeiten gibt, nämlich in der Asyl- und Flüchtlingspolitik von Uwe Schünemann und Boris Pistorius. Es gibt fast nur Gemeinsamkeiten -
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Helge Limburg [GRÜNE]: Werden Sie mal nicht frech! Das ist eine Unver- schämtheit!)
Der einzige Unterschied, den ich zurzeit erkennen kann, ist, dass dieser Innenminister - das hatte Uwe Schünemann bedauerlicherweise nicht mehr erreicht - auf der Innenministerkonferenz schnellere Asylverfahren für Asylbewerber aus sicheren Drittstaaten durchgesetzt hat, meine Damen und Herren. Das ist auch völlig richtig.
Ich frage noch einmal: Findet das die Unterstützung durch beide Regierungsfraktionen, Herr Pistorius, oder findet es sie nicht? - Diese Frage müssen die Grünen hier endlich mal beantworten.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht, sodass ich die Beratung schließen kann.
- Wir sind noch nicht am Ende der Sitzung, liebe Kollegen und Kolleginnen. Ich darf noch einmal um Ruhe bitten.