Das war das mit der Kurzintervention. - Jetzt geht es in der Debatte weiter mit der Rede des Abgeordneten der FDP-Fraktion Jan-Christoph Oetjen. Sie haben das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich will das relativ kurz machen, weil die Position der FDP-Fraktion hier im Hohen Hause allgemein bekannt ist, da wir an verschiedener Stelle - auch in den vergangenen Wahlperioden - schon darüber diskutiert haben.
Die FDP-Fraktion ist der Meinung, dass ein Wahlrecht für Drittstaatenangehörige auf der kommunalen Ebene eine gute Bereicherung unserer kommunalen Demokratie wäre. Insofern finden wir den Antrag, der hier von Rot und Grün vorgelegt wurde, gut, auch wenn sich die Landesregierung natürlich auch ohne einen solchen Antrag in diesem Sinne einsetzen kann, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Auch wir empfinden es als nicht erklärlich, warum z. B. meine Frau, die Französin ist, nach drei Monaten hier in Deutschland auf der kommunalen
Ebene wählen durfte, aber unsere Nachbarn, die aus Nicht-EU-Staaten kommen und die zum Teil seit zehn Jahren hier sind - sie stammen u. a. aus der Schweiz oder auch aus afrikanischen Ländern -, bei der Gestaltung ihres unmittelbaren, kommunalen Umfeldes nicht mitwirken dürfen. Wir finden, dass das geändert werden sollte.
Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass ich persönlich die Frage der Einbürgerung dem nicht entgegenstehen sehe; denn ich glaube, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass vielleicht gerade dadurch, dass Mitwirkungsmöglichkeiten auf der kommunalen Ebene geschaffen werden, eine stärkere Identifikation mit Deutschland auf den Weg gebracht wird.
Um an den Wahlen für den Landtag und den Deutschen Bundestag teilnehmen zu dürfen, ist die deutsche Staatsbürgerschaft aber weiterhin notwendig. Insofern glaube ich, dass dem Ziel des Antrags nichts entgegensteht.
Liebe Kollegin Angelika Jahns, Sie wissen ja, dass ich Sie sehr schätze. Aber hier auf der einen Seite zu sagen, Sie wollten das Wahlrecht für Drittstaatenangehörige nicht, weil diese Einbürgerungskampagne gestartet worden sei,
aber auf der anderen Seite - ich meine, im letzten Plenarsitzungsabschnitt - gegen diese Einbürgerungskampagne zu stimmen,
Wenn Artikel 28 Abs. 1 des Grundgesetzes analog der Regelung zu den EU-Staatsbürgern geändert wird, dann gilt das übrigens unmittelbar. Dann ist keine Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes notwendig. Wenn eine zu den EU-Bürgern analoge Regelung kommt, sind danach alle Drittstaatenangehörigen nach der Definition - z. B. fünf Jahre gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland - unmittelbar in allen Bundesländern auf der kommunalen Ebene wahlberechtigt, und es sind keine Sonderregelungen in den einzelnen Bundesländern notwendig.
Insofern müssten die Fraktionen von SPD und Grünen noch einmal genau erklären, wie das gemeint ist. Zumindest gibt es in den Regelungen unseres Kommunalverfassungsgesetzes und im Niedersächsischen Kommunalwahlgesetz keine spezifischen Regelungen, die sich auf die EUBürger beziehen, sondern es wird immer nur auf das Wahlvolk Bezug genommen. Insofern gilt Artikel 28 Abs. 1 des Grundgesetzes unmittelbar. Aber das können wir in den Ausschusssitzungen gerne klären.
Und wenn die Kolleginnen und Kollegen jetzt eine Kurzintervention machen, können sie es mir auch schon hier im Hohen Hause erklären.
- Nein, zwei Wortmeldungen. Okay. Das war sicherheitshalber, bevor ich feststelle, dass es nur eine war.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Oetjen, Sie kennen mich schon eine ganze Weile. Ich erkenne demokratische Beschlüsse an. Deswegen habe ich selbstverständlich auch anerkannt, dass der Beschluss zur Einbürgerungskampagne gefasst worden ist, gegen die Stimmen der CDU.
Damit setze ich mich auseinander und finde, dass das Ergebnis, das jetzt durch diese Kampagne erwartet wird, erst einmal abgewartet werden sollte, damit wir uns ein Bild machen können, inwieweit diese Einbürgerungskampagne greift; denn es ist für mich ausschlaggebend, ob es überhaupt den weiteren Wunsch von anderen Menschen, die hier in Niedersachsen dauerhaft leben, gibt, die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen oder sich hier an der politischen Willensbildung zu beteiligen.
Das ist, denke ich, eine demokratische Arbeitsweise, die anerkannt ist und die wir insgesamt hier im Plenum anwenden sollten.
Vielen Dank. - Jetzt folgt der Kollege Onay von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für maximal 90 Sekunden.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Oetjen, wir hatten am Platz kurz versucht, darüber zu sprechen. Sie hatten auf die rechtliche Situation hingewiesen. Wir haben in unserem ersten Punkt eine möglichst weite - ich hatte versucht, das in meiner Rede auszuführen - Formulierung gewählt, um Lösungen zu finden, sodass die Länder selbst entscheiden. Deshalb ist der Hinweis auf das NKomVG nicht falsch, sondern es geht um die Regelung in § 28 Abs. 2 dieses Gesetzes. Die demnach Wahlberechtigten werden darin definiert.
Aber das können wir im Ausschuss gerne diskutieren. Wenn von Ihnen noch sachdienliche Hinweise zur Korrektur, wenn diese notwendig ist, kommen, stehen wir dem natürlich aufgeschlossen gegenüber.
Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst zu Frau Kollegin Jahns: Auch wenn ich Ihre Position nicht teile, respektiere ich sie selbstverständlich und erkenne an, dass die CDU-Fraktion diese Entwicklung abwarten möchte.
Aber ich wollte gerne zum Kollegen Onay sagen: Im NKomVG wird nicht definiert, wer wählen darf, sondern es wird nur gesagt: Bürger sind die wahlberechtigte Bevölkerung.
Insofern zielt das NKomVG auf die Regelung ab, in der die wahlberechtigte Bevölkerung definiert wird. Das ist eben das Grundgesetz mit der Bestimmung in Artikel 28 Abs. 1. Wenn man also diesen Absatz um einen Annex ergänzt, gilt diese Regelung unmittelbar, auch in Niedersachsen, und man braucht keine Regelung mehr im NKomVG.
Aber Sie hätten damit auch nicht die Möglichkeit, dass Länder wählen können, sondern dann gilt die Regelung unmittelbar in allen Ländern. Das halte ich persönlich nicht für falsch, um das ganz klar zu sagen. Aber das, was Sie ursprünglich mit diesem Entschließungsantrag vorhatten, ist, glaube ich, nicht erreichbar.
Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Ausschuss für Inneres und Sport mit diesem Antrag zu befassen. Eine Mitberatung durch die Kommission für Migration und Teilhabe ist sicherlich angezeigt, kann aber im federführenden Ausschuss geregelt werden; das müssen wir hier nicht beschließen.
Insofern lasse ich abstimmen. Wer diese Ausschussüberweisung unterstützt, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist nach der Geschäftsordnung ausreichend unterstützt worden, und so wird verfahren.
Tagesordnungspunkt 30: Erste Beratung: Fahrradland Niedersachsen stärken - Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/2886
Die erste Wortmeldung, die mir vorliegt, verbunden mit der Einbringung, stammt von der Kollegin Susanne Menge, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön!
Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Fahrradfahren ist ein Markt, der boomt. Rund 30 km radelt jeder Deutsche mittlerweile durchschnittlich in der Woche, was einer Strecke von 1 500 km im Jahr entspricht, und damit doppelt so viel wie noch im Jahr 2002. Jeder fünfte Bundesbürger fährt täglich Rad. Gerade in den Innenstädten ist das Fahrrad auf einem ungebremsten Siegeszug.
Was sich allgemeiner Beliebtheit erfreut, kurbelt auch den Markt an: Die Verkaufszahlen sind hoch. Im Jahr 2013 z. B. kauften die Deutschen rund 3,6 Millionen Fahrräder sowie 410 000 Pedelecs und E-Bikes. Für 2014 geht der Branchenkenner Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) von einem weiteren Absatzwachstum bei den E-Bikes aus. Der Bestand an Fahrrädern kletterte in Deutschland also von insgesamt 67 Millionen in 2005 auf 71 Millionen im Jahr 2013. Rund 8 Millionen Niedersachsen besitzen tatsächlich 8,5 Millionen Fahrräder.
Aus grüner Sicht könnte es nicht besser laufen: Das Fahrrad, das uns als bestes Fahrzeug überhaupt zur Verfügung steht, ist ein Selbstläufer. Es schont das Klima, es hält uns gesund, und sein Betrieb belastet kaum den Geldbeutel - abgesehen vielleicht vom Kauf und von ein paar Reparaturen.
Die Zunahme an Radverkehr ist eine durchweg positive und begrüßenswerte Entwicklung. Die zusätzlichen und die zunehmend auch spezialisierten Radverkehre stellen in einer autoorientierten Infrastruktur hohe Anforderungen an Verkehrspolitikerinnen, Stadtplanerinnen und all diejenigen, die interdisziplinär an einer Weiterentwicklung fahrradfreundlicher Kommunen arbeiten.