Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Vielen Dank, Herr Kollege Will. - Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Toepffer zu Wort gemeldet. Bitte, Sie haben das Wort.

Kollege Will, zu Beginn Ihres Redebeitrags habe ich noch gedacht, dass wir tatsächlich eine sachliche Diskussion hinbekommen könnten. Darin sehe ich mich leider getäuscht. Das tut mir leid.

Ich will ganz kurz auf zwei Dinge eingehen: Es ist mitnichten unser Ziel, Arbeiternehmerrechte zu schwächen. Aber eines muss man doch auch einmal deutlich, offen und ehrlich ansprechen: Wenn bei der Deutschen Bank den Topmanagern das 300-Fache eines Durchschnittseinkommens gezahlt wird, dann werden dem auch - ich war nicht dabei, aber ich gehe davon aus - die Arbeitnehmervertreter zugestimmt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Björn Thümler [CDU]: So ist es!)

Das muss man selbstkritisch ansprechen, auch ohne dass man dadurch zum Verräter wird.

Zum Zweiten: Sie sprachen eben davon, dass Aktionärsversammlungen keine demokratischen Bürgerversammlungen sind. Also, Bürgerversammlungen sind das mitnichten. Aber wir wollen ja auch nicht, dass alle Bürger über die Einkommen bzw. die Unternehmenspolitik in Aktiengesellschaften entscheiden. Das soll schon den Aktionären vorbehalten bleiben. Nur, dass wir uns da nicht missverstehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu dem alt belegten Vorwurf, dass die großen AGs allesamt von Hedgefonds gesteuert würden und die kein Interesse daran hätten, die Bezüge der Topmanager einzuschränken, lese ich Ihnen einfach einmal etwas aus dem Handelsblatt vom 10. April vor. Unter dem Titel „Hauptversammlung Julius Bär - Aktionäre stimmten gegen Vorstand“ steht - ich zitiere -: Die größten sieben Aktionäre mit einem Anteil von insgesamt 40 % sind US-Finanzinstitute wie z. B. BlackRock. Diese orientierten sich offenbar an den Empfehlungen des US-Aktionärsberaters ISS, der die Ablehnung des Vergütungsberichts empfohlen hatte. - So weit zur Wirklichkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Will möchte antworten. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Töpfer, Sie haben gerade selbst moniert, dass die

Gehälter insbesondere in den USA exorbitant hoch sind und dass trotzdem noch ein ständiger Abkauf von qualifizierten Fachkräften stattfindet. Ich habe nicht den Eindruck, dass die USA insofern Vorbild für Deutschland sein kann. Es wäre schon wünschenswert, wenn man sich auf EU-Ebene auf ein abgestimmtes Verhalten einigen würde.

Allerdings ist eines auch klar. Hätten wir 2009 in der Großen Koalition ein weitergehendes Gesetz hinbekommen, dann müssten wir heute nicht nachbessern. Dass dies nicht gelungen ist, haben Sie sich anzurechnen, weil Sie gebremst haben. Wir wollten detailliertere und verbindlichere Regelungen für die Aufsichtsräte. Aber weil Sie das verhindert haben, ist das Ganze aus dem Ruder gelaufen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Nun hat Frau König für die FDPFraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Aktionärsrechte stärken!“ bedeutet nicht weniger, als dass die Eigentümer einer Firma über die Höhe der Gehälter, insbesondere der Geschäftsführergehälter, entscheiden sollen. Das ist auch genau der richtige Weg; denn niemand anders sollte sich in privatwirtschaftliche Belange einmischen. Wer, wie die SPD, politisch motiviert Mindest- und Höchstlöhne festlegen will, legt Hand an die soziale Marktwirtschaft und an das Funktionieren des Wettbewerbs.

(Zuruf von der SPD: Das ist Ihre Ideo- logie!)

Sie, das linke Parteienspektrum, schaffen - anders als es Ihre Aufgabe in der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik wäre - keinen Rahmen. Sie pfuschen der Tarifautonomie ins Handwerk. Die SPD gefährdet die Gewährleistung des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs und somit die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Meine Damen und Herren, ich kann dem Antrag der CDU sehr viel abgewinnen. Die Stärkung der Aktionärsrechte und damit der Eigentümer sorgt für eine gerechte und leistungsbezogene Entlohnung der Manager und Geschäftsführer, und das ganz ohne staatliche Eingriffe.

Die Schweizer Volksabstimmung über ausufernde Managergehälter und -boni hat uns gezeigt, dass es richtig ist, auf diesem Feld zu handeln. Allein die Tatsache, dass bislang nur der Aufsichtsrat über die Gehälter, Boni, Tantiemen und Abfindungen zu entscheiden hatte, war unzeitgemäß.

Meine Damen und Herren, was einmal ein ausgewogenes und in der Gesellschaft verankertes System war, in dem Gewerkschaften, Aktionärsvertreter und Geschäftsleitungen zu befinden hatten, ist heute mehr und mehr einer Selbstbedienungsmentalität gewichen. Niemand bestreitet, dass gute Führungskräfte für ihre Leistungen auch überdurchschnittlich gut entlohnt werden müssen. Leistung muss sich weiterhin lohnen!

(Zuruf von der SPD: Sagt die FDP!)

Ohne diese Anreize bekommt man keine Spitzenkräfte.

Wie handhabt es nun eigentlich die sozialdemokratisch geführte Niedersächsische Landesregierung? - Dort, wo Sie, Herr Ministerpräsident - wenn er denn da wäre -, Verantwortung tragen - beispielsweise im Aufsichtsrat von VW -, werden Gehälter und Zuschläge genehmigt, die den Vorstellungen und Forderungen der Sozialdemokraten mehr als widersprechen.

(Jörg Bode [FDP]: Ach?)

Wie erklären Sie es eigentlich Ihren Genossen - die fordern, dass Bonuszahlungen nur in Höhe des Festgehaltes ausgezahlt werden -, dass Sie zusammen mit Herrn Lies, unserem Wirtschaftsminister, ein Vielfaches dessen, in diesem Fall mehr als das Dreifache genehmigen?

(Jörg Bode [FDP]: Ach? - Helge Lim- burg [GRÜNE]: Was hat denn Herr Bode damals bekommen?)

Sie zetteln eine Neiddebatte an, die dem Standort Deutschland schadet, und befeuern diese dann auch noch durch Beschlüsse in Aufsichtsräten, in denen Sie zusammen mit den Gewerkschaften sitzen. Das ist schon merkwürdig. Der Volksmund, meine Damen und Herren, nennt so etwas Doppelmoral mit Hang zur Schizophrenie.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

- So nennt man das, wenn man nicht mehr weiß, was man selbst entschieden hat.

Nach Ihrem Gorleben-Debakel zeichnet sich somit der nächste Vertrauensbruch gegenüber den Wählerinnen und Wählern ab.

Wir wollen die Rechte der Aktionäre und damit die Eigentümer stärken, so wie es die Schweizer vorgegeben haben. Dabei geht es uns nicht darum, eine gesellschaftliche Neiddebatte und die Spaltung der Gesellschaft hervorzurufen. Wir wollen ein verstärktes Mitspracherecht bei der Gehaltsfindung einräumen. Wir wollen, wie die Schweizer, auf starre Grenzen verzichten. Starre Grenzen sind vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Unternehmensstrukturen, Erfolgsbilanzen und der internationalen Verflechtung unklug. Und wir wollen differenzierte und anspruchsvolle Regelungen, die auch greifen. Das alles stärkt die soziale Marktwirtschaft, die wir ebenfalls wollen. Eigentum, Verantwortung und Vergütung stehen in einem inneren Zusammenhang.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank. - Frau König, können wir uns darauf verständigen, dass die Verwendung des Wortes „Schizophrenie“ in diesem Zusammenhang unparlamentarisch ist?

(Gabriela König [FDP]: Ja! - Beifall bei der SPD)

Ich bitte nun Frau Westphely für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen nach vorne. Sie haben das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium! Sehr geehrte Damen und Herren! Erst einmal finde ich es gut, dass wir uns politisch relativ einig darüber sind, dass wir für die Zukunft zu einem angemessenen gesellschaftlichen und gesetzlichen Umgang mit diesen ausufernd hohen Managergehältern, Abfindungen und Boni kommen müssen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich finde es gut, dass alle Parteien das als Problem ansehen. Denn genauso wie Dumpinglöhne widersprechen auch solche Abzockegehälter dem Gerechtigkeitsgefühl der Menschen und stören den sozialen Frieden in unserem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Gehälter, die das 100-, 200- oder, wie wir gerade gehört haben, sogar das 300-Fache des durchschnittlichen Lohnes ausmachen, lassen sich durch Leistung nicht mehr rechtfertigen. Hier ist die Lohnspreizung völlig aus dem Lot geraten.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Das müssen wir hier feststellen, auch wenn es nur einige Wenige am oberen Rand betrifft.

Die derzeitigen Regelungen sind nicht ausreichend. Nur bezweifeln wir, dass der Weg, den die CDU mit ihrem Antrag vorschlägt, der Richtige ist. Alleine auf die Aktionärsversammlungen zu setzen, wird die aktuellen Fehlanreize unserer Meinung nach nur ungenügend korrigieren. Das Problem liegt vielmehr darin, dass Hauptversammlungen im Wesentlichen aus Großaktionären und Fondsgesellschaften bestehen, wie Kollege Gerd Will vorhin schon ausgeführt hat. Und die werden wohl kaum Beschränkungen einfordern, die sie später selbst treffen könnten.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Auch wenn es mir als Grüne schwerfällt, diesen Vergleich zu ziehen, finde ich es als Bild einfach total passend: Wer einen Sumpf trocken legen will, der darf nicht die Frösche fragen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Deshalb führt nach unserer Meinung kein Weg an einer gesetzlichen Begrenzung vorbei, wenn man tatsächlich in der Sache weiterkommen will. Konkret treten wir - das werden wir auch weiterhin tun - auf Bundesebene für die Begrenzung der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Abfindungen und Gehälter auf 500 000 Euro ein.

Darüber hinaus wollen wir Anreize entwickeln, die die nachhaltige Wertsteigerung eines Betriebes entlohnen. Die derzeitigen Vergütungssysteme setzen auf kurzfristige Rendite und nicht auf langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und beständige Beschäftigung. Letzteres ist aber das, was wir für unser Land und unsere Wirtschaft wollen. Das aktuelle Vergütungssystem jedenfalls ist unserer Meinung nach weder volkswirtschaftlich noch sozialpolitisch sinnvoll.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)