Ich will für das Sozialministerium sagen, dass wir bei der Haushaltsaufstellung die entsprechenden Mittel bereits eingeplant haben und die Abstimmung mit dem Kultusministerium derzeit läuft.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Deswegen kann ich die Beratung schließen.
- Das tut mir leid. Das ist hier nicht angekommen, und Frau Rundt ist auch nicht mehr am Redepult. Ich kann das jetzt nicht noch einmal aufgreifen; denn ich habe die Beratung geschlossen. Tut mir leid.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/27 unverändert annehmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Gibt es Enthaltungen? - Dann ist dieser Antrag mit deutlicher Mehrheit angenommen.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Deutlich? Das ist immer sehr heiter hier!)
- Das war keine Wertung, Herr Kollege. Schauen Sie einmal auf den einen oder anderen Platz bei Ihnen; dorthin, wo Lücken sind. Dann war das eine deutliche Mehrheit. Ich kann das nur so feststellen.
- Vielleicht können wir nach dieser scherzhaften Feststellung, die einen ernsten Hintergrund hatte, dennoch ruhig weitermachen.
Tagesordnungspunkt 15: Erste Beratung: Prävention statt Verharmlosung des Cannabiskonsums - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/71
Zu diesem Antrag findet antragsgemäß die erste Beratung statt. Für die CDU-Fraktion wird dieser Antrag durch den Kollegen Norbert Böhlke eingebracht, dem ich das Wort erteile. Bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 600 stationäre Entziehungskuren in Niedersachsen wegen Cannabiskonsums - verbunden mit jährli
chen Steigerungsraten - machen deutlich: Cannabis ist keinesfalls eine weiche Droge mit geringen Gefahren.
Eine im letzten Jahr durchgeführte öffentliche Anhörung des Deutschen Bundestages kam zu dem unstrittigen Ergebnis, dass Cannabis in den unterschiedlichen Formen des Konsums für junge Menschen - insbesondere für Heranwachsende - erhebliche Gesundheits- und Suchtgefahren beinhaltet. Die dort versammelten anerkannten Suchexperten und Mediziner haben auf die gefährlichen Entwicklungen sehr ausdrücklich und überzeugend hingewiesen. Die sogenannte neue „Gewächshausgeneration“ von Haschisch und Marihuana weist einen zweistelligen Gehalt von Tetrahydrocannabinol - kurz und besser formuliert: THC - auf. Die Konzentration dieses psychoaktiven Hauptwirkstoffes beträgt bis zu 20 % und führt unstrittig zu vermehrten und früher einsetzenden Psychosen sowie zu kognitiven Störungen.
Aber nicht nur Mediziner und Suchtexperten äußerten sich. Wir haben auch Äußerungen von der Gewerkschaft der Polizei und - ganz aktuell, laut einer dpa-Meldung von heute - vom Berufsverband der Kriminalpolizei, dem Bund Deutscher Kriminalbeamter, erhalten, die mit Bezug auf den heutigen Beratungspunkt im Landtag darauf hinweisen, dass eine Erhöhung der Eigenbedarfsgrenze für Cannabis ein völlig falsches Zeichen darstellt.
Weitere Zahlen unterstreichen diese Aussage: Es gibt in Deutschland etwa 3 Millionen Personen, die regelmäßig oder gelegentlich Cannabis konsumieren. Nach vorliegenden Zahlen sind derzeit 30 000 Cannabiskonsumenten in Deutschland in ambulanter Entzugsbehandlung. Ebenso deutlich ist die deutschlandweite Anzahl der stationären Entzugsbehandlungen gestiegen. Das sind insgesamt 7 300, davon allein ca. 600 in Niedersachsen - ich erwähnte es bereits.
Auch wenn der überwiegende Teil der Cannabiskonsumierenden beim Probieren verbleibt bzw. mit dem Wachsen der Verantwortungsübernahme aus dem Kreislauf herauskommt, gilt unmissverständlich: Nach wie vor sind Cannabiskonsumenten in Behandlung. Diese Behandlungen werden nachgefragt; ihre Anzahl hat sich in den letzten Jahren erhöht. Die Kinder- und Jugendpsychiatrien und die Einrichtungen der Jugendhilfe sowie der Suchthilfe berichten über zunehmend jüngere Konsumierende und auffälliges Konsumverhalten.
Besonders bedenklich ist, dass aus der medizinischen Fachwelt zunehmend über gleichzeitige, auch durch Cannabis ausgelöste psychiatrische Erkrankungen berichtet wird. In den Einrichtungen der Jugendhilfe und der Suchthilfe, in den Schulen, aber auch - wie gesagt - in den Kinder- und Jugendpsychiatrien sind der Missbrauch von Drogen und Suchtmitteln und leider auch die Abhängigkeit davon in den unterschiedlichsten Facetten ein wichtiges und schwergewichtiges Thema.
Vor dem Hintergrund des gesunkenen Einstiegsalters der Cannabiskonsumierenden, des gestiegenen Beratungs- und Behandlungsbedarfs insbesondere jüngerer Konsumenten, woraus sich ohne Zweifel ein gestiegener Problemdruck erkennen lässt, fordern wir in unserem vorliegenden Antrag die Landesregierung auf, wissenschaftlich zu evaluieren, welches Ausmaß und welche Folgen der Cannabismissbrauch in Niedersachsen hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind auch der Meinung, dass eine bundeseinheitliche Eigenverbrauchsgrenze für Cannabis notwendig ist. Es sollte nicht jedes Bundesland unterschiedliche Vorgaben haben. Eine Gesundheitsministerin darf sich als Fachministerin nicht insofern öffentlich äußern, als sie eine Erhöhung der Eigenbedarfsgrenze für Niedersachsen ankündigt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Da sind wir uns im Übrigen mit der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, einig. Eine solche Ankündigung ist auch in ihren Augen im Hinblick auf die vielfältigen Präventionsanstrengungen, die es in den letzten Jahren in Niedersachsen zu verzeichnen gab, kontraproduktiv. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, sich für eine bundeseinheitliche Verbrauchsgrenze für Cannabis einzusetzen, und zwar von 6 Gramm - und kein Gramm mehr, meine Damen und Herren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt gute Gründe, sich für eine bundeseinheitliche geringe Eigenbedarfsgrenze einzusetzen. Dies würde auch der fatalen Fehlentwicklung der letzten Wochen, die diese neue, rot-grüne Landesregierung eingeleitet hat, ein deutliches und unmissverständliches Ende setzen. Die Ankündigung der Sozialministerin, die nicht strafbare Eigenverbrauchsgrenze höher zu setzen, ist bekanntlich nicht der erste Sündenfall in Sachen Drogen dieser neuen Landesregierung.
Vor wenigen Wochen schlug die Gesundheitsministerin in einem öffentlich Rundschlag vor, ein vom Steuerzahler bezahltes - - -
Herr Kollege Böhlke, ich darf Sie kurz unterbrechen. Es gab eben einen Zwischenruf von der Tribüne. Ich darf alle Gäste darauf hinweisen, dass sie gerne bei den Debatten zuhören dürfen, dass es aber absolut unzulässig ist, sich in die Debatten einzumischen.
- Der Herr verlässt freiwillig auf Wunsch des Mitarbeiters die Tribüne. Ich muss also nicht weiter eingreifen. Aber ich weise noch einmal darauf hin, dass das nicht zulässig ist und die parlamentarischen Beratungen eindeutig stört. Bei so etwas müssen wir eingreifen.
Erst vor wenigen Wochen schlug die Gesundheitsministerin in Hannover mit einem öffentlichen Rundschlag vor, ein vom Steuerzahler bezahltes und somit für den Konsumenten kostenloses DrugChecking in Niedersachsen einzuführen. Was muss man sich darunter vorstellen? - Seit gestern wissen wir ja, bedingt durch den Vortrag der Kollegin Janssen-Kucz, dass man an diesem Redepult auch mit Metaphern arbeiten darf. Ich versuche es mal mit Bildern, um Ihre Fantasie entsprechend auf den Weg zu bringen.
Die Rechtslage ist eindeutig. Drug-Checking bedeutet, dass man z. B. in oder vor Discos, die bekanntermaßen mit Handel in diesem Bereich be
lastet sind, von Mitarbeitern oder Beauftragten des Sozialministeriums anonym die eingekaufte Drogenware auf die Qualität hin prüfen lassen kann.
Wie soll das denn funktionieren? Soll die Ware, wenn sie geprüft worden ist, zurückgegeben und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt werden? Wie handeln wir in den Fällen, bei denen die Qualitätsprüfung zu dem Ergebnis geführt hat, dass die Ware bedenklich ist? Geben wir sie zurück, behalten wir sie ein? Wie ist in diesem Fall die Haftungsfrage zu beantworten? - Das ist in einer besonderen Weise wichtig.
Wenn man sich dann noch vorstellt, dass das im Auftrag des Sozialministeriums passiert, dann muss man sich auch gleichzeitig vorstellen, dass es Mitarbeiter im Bereich des Innenministeriums gibt, die im Drogenbereich aktiv sind und dort Razzien durchführen. Kann man dann, wenn man erwischt wird, sein Zertifikat vom Sozialministerium vorzeigen und sagen: „Ich bin unschuldig.“?
Das liegt alles im Bereich der Fantasie, aber darüber muss man noch sehr genau reden. Bisher hat die Regierung dazu jedenfalls keine konkrete Stellung genommen. Das sind offene Rechtsfragen, die man nicht mal eben so beiseite wischen kann.
Deutlich ist in meinen Augen: Wer vernünftig und verantwortungsbewusst mit dem Thema umgeht, hat alle Möglichkeiten dieser Welt. Aber hier wird gerade für junge, unerfahrene Menschen ein Zeichen gesetzt. Es wird deutlich: Die Regierung spielt mit dem politischen Feuer. Hier wird mit politischen Ankündigungen wieder ein fatales Zeichen an junge Menschen gesendet, das die jahrelange erfolgreiche Präventionsarbeit in Sachen Sucht des Landes Niedersachsen konterkariert