Protokoll der Sitzung vom 18.04.2013

Und was machen Sie heute? - Sie verweigern sich einer Diskussion über die Aufgaben des Landesjugendhilfeausschusses.

(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Da ging es um die Zusammen- setzung der Gremien!)

In der Diskussion im Ausschuss stellten Regierungsvertreter als wichtigstes Argument heraus: Der Jugendhilfeausschuss steht im Koalitionsvertrag, und den wollen wir. - Hier frage ich mich ernsthaft: Ist das der von Ihnen beschworene neue Politikstil? - Ich hoffe, nicht. Denn hier geht es um die Hilfen für Kinder und Jugendliche, und es sollte nicht um politische Vorstellungen von vorgestern gehen.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich mit den kommunalen Beamten über die damalige Arbeit des Landesjugendamtes oder des Landesjugendhilfeausschusses unterhält, so hört man fast immer, dass diese Einrichtungen orts- und bürgerfern sowie dogmatisch statt pragmatisch waren und eine zusätzliche, überflüssige Instanz zwischen den Jugendämtern und dem Ministerium gewesen sind.

(Beifall bei der CDU - Norbert Böhlke [CDU]: Hört, hört! - Zurufe von den GRÜNEN)

Auch erfahrene Politiker bestätigen diese Bewertung und haben diese Erfahrungen gemacht.

Übrigens wurde Ihnen bereits im Jahr 2002 durch den Landesrechnungshof ins Stammbuch geschrieben, dass es erhebliche Überschneidungen zwischen der Arbeit des Ministeriums und des damaligen Landesjugendamts gab. Bereits damals forderte der Landesrechnungshof, die Aufgaben auf einer Behördenebene zu konzentrieren, und eine stärkere Steuerung des Landes durch die Ebene des Ministeriums. Genau diese Fehlstrukturen wollen Sie heute wieder einführen. Aus unserer Sicht ist das absolut nicht erforderlich, weil sich die derzeitigen Strukturen der Kinder- und Jugendarbeit absolut bewährt haben.

(Beifall bei der CDU)

Weiterhin meinen Sie, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen, mit einer solchen Einrichtung die kommunalen Träger der Jugendhilfe unterstützen zu können. Ich kann Sie nur eindringlich auffordern: Reden Sie mit kommunalen Vertretern; sie werden Ihnen genau das Gegenteil erzählen.

Wenn man dann noch sieht, dass es zwischen den beteiligten Ministerien keine Abstimmung zu diesem Thema gegeben hat, geschweige denn etwas zu Personal-, Verwaltungs- oder Geschäftskosten gesagt werden kann, so fragt man sich: Warum diese Eile und diese Hast?

Mit Ihrem Antrag leisten Sie jedenfalls keinen Beitrag zur Modernisierung Niedersachsens. Das ist ein Rückschritt in die Verwaltungsstrukturen der 90er-Jahre. Dies behindert nicht nur die Arbeit von Jugendämtern, sondern schadet vor allen Dingen auch den in der Jugendarbeit ehrenamtlich Engagierten.

(Beifall bei der CDU - Norbert Böhlke [CDU]: Sehr richtig! - Miriam Staudte [GRÜNE]: Jetzt wird es absurd!)

Ich bitte Sie: Lassen Sie diese Hast, und kommen Sie endlich zu einer sachlichen Auseinandersetzung in diesem Punkt. Zum jetzigen Zeitpunkt kann man den von Ihnen gestellten Antrag nur ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Meyer. - Zu einer Kurzintervention hat sich für die SPD-Fraktion Herr Kollege Schwarz gemeldet. Er hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Meyer, wenn Sie meinen, Sie hätten noch etwas benötigt, um noch stärker über die Position der Fachwelt informiert zu sein, dann hätten Sie eine Anhörung beantragen können. Das haben Sie nicht gemacht.

Sie fragen, welches die Aufgaben sind, die der Landesjugendhilfeausschuss zukünftig erledigen soll. Ganz einfach: Lesen Sie im SGB VIII nach. Dort ist das lückenlos aufgeführt.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie fragen, wie sich der Landesjugendhilfeausschuss zukünftig zusammensetzen wird. Ganz einfach: Lesen Sie im SGB VIII nach. Dort ist das komplett aufgeführt.

Man sollte sich ab und zu einmal mit einer Rechtsgrundlage beschäftigen, bevor man hier solche Aussagen trifft.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie haben - das haben Sie auch gesagt - den Landesjugendhilfeausschuss abgeschafft, weil die Mittel durch die jeweilige Ministerin nach Gutsherrenart vergeben werden sollten. Genau dieses Verfahren werden wir beenden, meine Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Volker Meyer möchte antworten. Herr Meyer, Sie haben das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schwarz, ich denke, in der Ausschusssitzung ist sehr deutlich geworden, dass es in diesen Fragen noch nicht einmal eine Abstimmung zwischen den Ministerien gegeben hat. Es ging auch in erster Linie darum, dass wir gesagt haben, wir wollten über die Inhalte diskutieren. Gerade Sie waren es, die, wie ich eben zitiert habe, gesagt haben: Wir brauchen nicht zu diskutie

ren; es steht im Koalitionsvertrag, und deswegen wollen wir es so.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Norbert Böhlke [CDU]: Genauso war es! - Uwe Schwarz [SPD]: Man kann doch unterstellen, dass er ein Gesetz lesen kann!)

Im Rahmen der Beratung hat nun als Letzte Frau Kollegin Meta Janssen-Kucz von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön, dass man als langjährige Sozial- und Jugendhilfepolitikerin heute hier stehen kann und Rot-Grün ein Gesetzgebungsverfahren zur Wiedereinrichtung des Landesjugendhilfeausschusses auf den Weg bringt. Es geht um ein Gesetzgebungsverfahren.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Nun zu all den Fragen, die Sie heute hier gestellt haben, von den Kosten über die Strukturen bis hin zum Personal. Erstens stehen die Antworten darauf im SGB VIII - in § 71 ist die Aufgabenstellung sehr klar formuliert -, und zweitens werden wir, wenn der Gesetzentwurf vorliegt, zeitnah mit der Fachwelt in eine Anhörung einsteigen und uns dort weiter austauschen. Dabei sind auch Sie mit Ihrer Fachlichkeit, die bis dahin hoffentlich wieder vorhanden ist, herzlich willkommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich will noch einmal ein Stück zurückgehen.

Frau Kollegin Janssen-Kucz, bevor Sie diesen neuen Gedanken aufgreifen: Herr Kollege Böhlke möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie sie zu?

Frau Kollegin, ich möchte fragen, ob es das übliche Vorgehen der neuen Mehrheit im Landtag ist, dass zuerst Gesetze beschlossen und dann Inhalte diskutiert werden.

Zweitens möchte ich gern wissen, warum Sie sich hier in dieser bewertenden Form äußern. Denn im Gegensatz zu anderen Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen waren Sie bei der entscheidenden Sitzung nicht dabei.

Herr Kollege Böhlke, ich antworte gerne. Noch einmal: Lesen Sie den Antrag. Wir stimmen heute nicht über ein Gesetz ab. In dem Antrag geht es um die Bitte an die Landesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen. Diesen werden wir dann intensiv mit der Fachwelt beraten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Norbert Böhlke [CDU]: Seit wann bitten Sie darum? Früher haben Sie es gefordert!)

Ich will aber noch einmal ein Stück zurückgehen. Ich erinnere mich an die Debatten im Jahr 2006 und daran, dass Sie schon im Jahr 2002 den Bericht des Landesrechnungshofs zum Anlass genommen haben, die Jugendhilfe Stück für Stück abzubauen. Wirklich erschreckend fand ich damals, dass das im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes stattfand, ohne Anhörung, ohne inhaltliche Diskussion. Wir werden diese Debatte führen. Wir wollen nicht, so wie Sie es gemacht haben, etwas ohne Debatte und im Handstreich weghauen. Das war schon sehr ärgerlich.

Ihnen wurde damals eine Möglichkeit eröffnet. Sie haben die Option im Jahr 2006 nicht im positiven Sinn genutzt. Sie haben sie nicht im Interesse der Chancengleichheit und -gerechtigkeit genutzt; Sie haben sie genutzt, um den Landesjugendhilfeausschuss zu zerschlagen. Damit haben Sie einen Ausschuss zerschlagen, der in Sachen Service und Vermittlerfunktion vorbildlich und vor allem ein wichtiges Bindeglied zwischen den Kommunen und den öffentlichen und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe im Land war. Diese Funktionen brauchen wir wieder; denn der Beirat hat nur eine Beratungsfunktion.

In nur sechs Jahren hat sich in der Kinder- und Jugendhilfepolitik in Niedersachsen etwas entwickelt, was traurig ist. Wir haben keine abgestimmte Jugendhilfeplanung mehr, es findet kaum ein fachlicher Austausch zwischen den Trägern statt. Die Fachleute treffen sich auf Fortbildungsveranstaltungen, aber nicht im Landesjugendhilfeausschuss, um auch das Land fachlich zu unterstützen.

Herr Ministerpräsident Weil hat darauf hingewiesen, wie unterschiedlich unser Land und auch die Entwicklung gerade im Hinblick auf die Kinder- und Jugendhilfepolitik ist. Deshalb ist es so wichtig, diesen Ausschuss auf den Weg zu bringen.

Verloren gegangen ist in der Vergangenheit auch ein wichtiges Instrument zur aktiven Gestaltung niedersächsischer Kinder- und Jugendpolitik. Verloren gegangen ist sehr viel Beteiligung, die Sie jetzt in der Opposition wieder einfordern. Wir werden die im Bundesjugendhilferecht normierten Mitbestimmungsrechte der Träger der öffentlichen und anerkannten Träger der freien Jugendhilfe gemeinsam mit den Mitgliedern des künftigen Kinder- und Jugendhilfeausschusses wieder aktivieren.

Dafür steht Rot-Grün: Erneuerung und Zusammenhalt, und das auch in der Kinder- und Jugendhilfe; denn es geht um Chancengerechtigkeit und Chancengleichheit in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Janssen-Kucz. - Jetzt liegt noch eine Wortmeldung der Landesregierung vor. Das Wort hat Frau Ministerin Rundt.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die neue Niedersächsische Landesregierung hat Kinder- und Jugendpolitik mit einem sehr hohen Stellenwert versehen. Es geht auch um Teilhabe, und es geht auch um eine Dialogkultur. Deshalb begrüßen wir die Neueinrichtung des Landesjugendhilfeausschusses.

Ich will für das Sozialministerium sagen, dass wir bei der Haushaltsaufstellung die entsprechenden Mittel bereits eingeplant haben und die Abstimmung mit dem Kultusministerium derzeit läuft.