Erstens. Sie beschränken sich in Ihrem Antrag ausschließlich auf den Cannabiskonsum. Der Konsum von Cannabis ist ein kleiner Ausschnitt aus der Drogenproblematik.
Links und rechts davon aber lese ich in Ihrem Antrag kein Wort. Das macht deutlich: Ihnen geht es nicht um das Thema Drogenpolitik, Sie haben sich nicht intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt
und legen dem Landtag kein abgestimmtes Konzept vor, sondern Ihnen geht es um das Aufgreifen von Presseberichten. Das aber ist nun einmal zu kurz gesprungen.
Zweitens. Sie wünschen sich eine wissenschaftliche Evaluierung des Cannabiskonsums in Niedersachsen. Mir erschließt sich, ehrlich gesagt, nicht, warum der Cannabiskonsum in Niedersachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern oder bundesweit wesentlich anders sein soll und warum man nicht auf vorliegende Studien zurückgreifen sollte. Aber sofort nach dieser Forderung der Evaluierung kommt der Hinweis, die Obergrenze dürfe man nicht anfassen. - Das ist ein Widerspruch!
Sie haben gerade ausgeführt, dass zu Ihrem Vorschlag gehöre, dass der Drogenkonsum durch die Grammzahl erhöht werden soll.
Wie stellen Sie eigentlich in Ihren eigenen Reihen die Zustimmung sicher, wenn Frau Schröder-Köpf die Schirmherrin von PRISMA, der AWO-Drogenberatung, ist und auf deren Homepage PRISMA explizit vor dem Konsum von Cannabis warnt?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie müssen sich entscheiden: Wollen Sie eine Evaluierung, oder wollen Sie ein Ergebnis im Vorfeld festlegen?
Das ist wieder ein Beleg dafür, dass es Ihnen nicht um eine ergebnisoffene Diskussion geht, sondern um Stammtischhoheit. Das war ja eben gerade auch Kern der Frage.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Editha Lorberg [CDU]: Sie lenken nur vom Thema ab! - Jens Nacke [CDU]: Jetzt sagen Sie einmal etwas zur Legalisierung, Herr Tonne!)
Drittens. Warum soll eigentlich nur die Prävention des Cannabiskonsums weiter vorangetrieben werden?
- Herr Kollege Nacke, ich konnte den Zwischenruf nicht verstehen. Vielleicht wiederholen Sie ihn in der Pause. Dann werde ich gerne darauf eingehen.
Wo ist eigentlich der genauso wichtige und notwendige Ansatz, Prävention gegen illegale wie auch legale Drogen insgesamt voranzutreiben? - Ja, wir wollen den Konsum von Cannabis so weit wie möglich reduzieren. Das gilt genauso für Heroin, das gilt für Amphetamine, Kokain, synthetische Drogen und vieles andere mehr, und es gilt übrigens genauso für legale Drogen wie Alkohol und Nikotin.
Wir werden die aufgemachte Diskussion, eine Differenzierung in vermeintlich gute und vermeintlich schlechte Drogen, nicht mitmachen, sondern werden eine Präventionsstrategie auf ganzer Breite vorantreiben.
Viertens. Es gipfelt in der Unterstellung, die Landesregierung bereite die Legalisierung von Cannabis vor. Das ist schlicht falsch. Frau Sozialministerin Rundt und Frau Justizministerin NiewischLennartz haben Derartiges nie geäußert. Ich zitiere aus der Welt vom 8. April 2013:
„Es geht nicht darum, Drogen generell zu legalisieren, sondern darum, sich auf die eigentlichen Kriminellen, nämlich die Dealer, zu konzentrieren.“
Sie, meine Damen und Herren von der CDU als antragstellender Fraktion, und insbesondere Sie, Herr Kollege Nacke, mit Ihren Stellungnahmen gegenüber der Presse, haben nachweislich die Wahrheit bewusst bis über die Grenze des Zulässigen strapaziert. Das ist Ihre Art, mit Sachthemen umzugehen. Wir gehen diesen Weg nicht mit.
Wir haben in Deutschland derzeit unterschiedliche Grenzen, wonach eingeleitete Strafverfahren automatisch eingestellt werden können. Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich die Niedersächsische Landesregierung für eine bundesweit einheitliche Obergrenze einsetzen will.
Das ist ein völlig richtiger Schritt. Wenn diese Ankündigung bundesweit ernst genommen werden soll, kann man sich nicht wie die Axt im Walde benehmen und sagen: Entweder sechs Gramm oder gar nichts. Man wird sich mit allen Beteiligten, mit allen Ländern, mit allen Experten, mit allen Kritikern und Befürwortern und allen Stellungnahmen auseinandersetzen müssen.
Genau das hat die Sozialministerin angekündigt. Genau darin haben sie und die Justizministerin unsere Unterstützung.
Zum Hickhack um die Zuständigkeit, zur Frage, wo der Antrag ressortieren soll. Im Ältestenrat hieß es erst: Innenausschuss. Auf Wunsch der CDU wurde es der Rechtsausschuss. Jetzt wurde uns gerade mündlich angekündigt, es soll der Sozialausschuss werden, wieder auf Wunsch der CDU. Vielleicht einigen Sie sich irgendwann einmal, ob und wo Sie das Thema bearbeiten wollen. Oder war es nur ein Popanz, weil man Presseberichte gelesen hat?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Rot-Grün steht für eine rationale Drogenpolitik. Wir laden alle ein, herzlich daran mitzuarbeiten. Aber von diesem Weg lassen wir uns auch durch einen solchen Antrag nicht abbringen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Tonne kritisiert, dass wir heute keinen entsprechenden Antrag für ein Drogenkonzept für das Land Niedersachsen eingebracht haben. - Das ist richtig.