Protokoll der Sitzung vom 13.05.2015

Danke schön. - Herr Nacke, die ersten beiden Fragen von Ihnen habe ich als eine Frage gewertet, weil sie doch etwas verschachtelt war. Diese Frage werte ich als zwei Fragen.

(Jens Nacke [CDU]: Als zwei Fragen? Wieso das denn? - Petra Tiemann [SPD]: Das waren eindeutig zwei Fra- gen!)

Für die Landesregierung antwortet die Frau Justizministerin. Bitte sehr!

Danke schön. - Zunächst: Diejenigen, von denen die Niedersächsische Landesregierung wusste, dass sie positiv Kenntnis hatten, sind in der Liste aufgeführt. Diejenigen, die theoretisch davon Kenntnis hätten nehmen können, d. h. von denen wir wussten: die E-Mail war geöffnet worden, sie hatten Zugang dazu, bis zu den IT-Mitarbeitern, sind in der zweiten Liste aufgenommen worden.

(Jens Nacke [CDU]: In der zweiten? In der fünften, in der sechsten oder ach- ten! Irgendwann wird es schon kom- men! - Zurufe von der SPD: Das ist al- les schon erklärt worden! - Einfach mal zuhören!)

Danke schön, Frau Ministerin. - Herr Nacke, die nächste Zusatzfrage stellen Sie ebenfalls.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass in der von der Polizei eingeholten schriftlichen Einwohnermeldeauskunft zu Edathy im Adressfeld dieser Auskunft der Name und die Anschrift von Sebastian Edathy enthalten sind, dass sie also an Edathy adressiert war und mit den Worten „In Beantwortung Ihrer Anfrage“ beginnt und damit unklar ist, ob Herr Edathy die Auskunft des Einwohnermeldeamts erhalten hat, frage ich die Landesregierung: Wo befand sich eigentlich das Original der Einwohnermeldeamtsauskunft zwischen dem 16. Oktober 2013 und heute? Warum sind das Original und eine Ablichtung des Originals dem Untersuchungsausschuss nie zur Verfügung gestellt worden, sondern lediglich eine Faxkopie?

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Nacke. Ihre Frage vorhin hatte ich zunächst als zwei Fragen gewertet. Wir sind uns nicht ganz einig. Aber wir haben einen generösen Vormittag und werten es als eine Frage. Sie haben also noch eine Frage gut.

(Jens Nacke [CDU]: Ich habe schon gemerkt, wie generös Sie heute sind!)

Jetzt die Landesregierung. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann Ihre Frage nicht beantworten. Es ergibt sich aus den mir vorliegenden Unterlagen nicht. Ich habe davon keine positive Kenntnis. Ich bin gerne bereit, das aufzuklären und es Ihnen im Nachgang zur Verfügung zu stellen. Wenn es aus unseren Unterlagen rekonstruierbar ist, dann tun wir es sehr gern.

(Jens Nacke [CDU]: Es darf aber nicht wieder vier Wochen dauern! - Gegen- ruf von Petra Tiemann [SPD]: Sie ha- ben doch nicht zu entscheiden, wie lange das dauert! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Wer sind Sie noch mal?)

Danke schön, Frau Ministerin. - Herr Nacke, Sie sind schon wieder dran. Das ist dann die fünfte und letzte Frage für die CDU-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass Sie diese Frage nicht beantworten konnten, frage ich die Landesregierung: Sind denn die Mitarbeiter des Einwohnermeldeamtes, die davon erfahren haben - wenn die Polizeibehörden solche Anfragen einholen, geht es in der Regel um Strafverfahren -, im Rahmen des Ermittlungsverfahrens befragt und über ihre Auskünfte und vielleicht auch wegen der Frage des Geheimnisverrats vernommen worden? Wenn nein: Warum hat man davon abgesehen?

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Frau Ministerin Niewisch-Lennartz, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch diese Frage kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten. Allerdings erschließt sich mir auch nicht, ob aus solch einer Anfrage im Einwohnermeldeamt auf einen Zusammenhang mit einem Ermittlungsverfahren wegen kinderpornografischer Schriften geschlossen werden kann. Aber wir prüfen das gerne nach und liefern es natürlich nach.

(Ulf Thiele [CDU]: Es geht um die Fra- ge, wann wer wem was gesagt hat!)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt der Abgeordnete Christian Dürr für die FDP-Fraktion. Bitte sehr! - Herr Thiele, ich bitte um Ruhe.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor dem Hintergrund, dass es langsam schwerfällt, nachzuvollziehen, wie viele Listen von Personen, die von dem Fall Kenntnis gehabt haben, es insgesamt gegeben hat, frage ich die Landesregierung: Wie viele waren es denn? Kann die Landesregierung ausdrücklich zusagen, dass diese letzte, fünfte, sechste - ich bin mir unsicher - Liste abschließend ist? Kann die Frau Ministerin vor allem das, was sie selber eben eingeführt hat,

noch einmal erklären, was genau „positive Kenntnisnahme“ der Person auf der Liste bedeutet?

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Belit Onay [GRÜNE]: Sind das drei Fragen? - Gegenruf von Christian Dürr [FDP]: Es war ein Komplex! - Heiterkeit - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Kurz müssen die Fragen sein, nicht kom- plex!)

Danke schön. Bei aller Heiterkeit ist klar, dass alles mit allem zu tun hat. - Die Frau Ministerin möchte antworten. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Positive Kenntnis“ heißt z. B. bei einer E-Mail, dass man den Inhalt tatsächlich zur Kenntnis genommen hat, d. h. dass man weiß, dass es ein Verfahren gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy gibt. Das ist positive Kenntnis.

(Jens Nacke [CDU]: Hätten Sie sich das als Richterin auch gefallen lassen? Sicherlich nicht! - Weitere Zurufe)

Liebe Kollegen, bitte keine Zwischenrufe! Hier stellt nur einer eine Zusatzfrage, und das ist der Kollege Dr. Genthe.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund der aufgezählten diversen Listen frage ich die Landesregierung, ob inzwischen alle, die sich auf diesen Listen befinden, dienstliche Erklärungen abgegeben haben, dass sie die Information nicht weitergegeben haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Frau Ministerin Niewisch-Lennartz, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nein, solche dienstlichen Erklärungen wurden nicht abverlangt, weil es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass diese Mitarbeiter gegen ihre Dienstpflichten verstoßen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage kommt wiederum von der Fraktion der FDP, und zwar vom Kollegen Dr. Birkner. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin, vor dem Hintergrund, dass der NDR und andere Medien über diese Listen berichten, frage ich Sie: Warum sind sie, wenn ich es richtig sehe, dem Landtag noch nicht zugänglich gemacht worden, und wann gedenken Sie - vor dem Hintergrund, dass die CDU-Fraktion Sie, wenn ich mich recht erinnere, vor einigen Wochen oder Monaten genau danach gefragt hat -, den Landtag darüber zu unterrichten?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Frau Ministerin, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bisher wurde die chronologisch sortierte Liste derjenigen, die möglicherweise Kenntnis erlangen konnten, noch nicht verlangt. Wir können sie sehr gern ganz zeitnah vorlegen.

Danke schön.

(Gabriela König [FDP]: Warum hat der NDR sie? - Christian Dürr [FDP]: Hier werden Namen von Generalstaatsan- wälten durch die Gegend posaunt!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen für Zusatzfragen liegen uns nicht vor, sodass wir jetzt übergehen zu der Dringlichen Anfrage

b) Das Recht auf ein faires Verfahren - welchen Wert hat es für die Landesregierung? - Anfrage der Fraktion der FDP - Drs. 17/3462

Die Dringliche Anfrage wird von Herrn Dr. Birkner eingebracht. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Recht auf ein faires Verfahren - welchen Wert hat es für die Landesregierung? - Am 20. Februar 2015 erklärte Frau Ministerin Niewisch-Lennartz:

„Ich möchte Sie wegen der besonderen Bedeutung der Sache darüber informieren, dass die ermittelnde Staatsanwaltschaft Göttingen nach umfangreichen Vorermittlungen nun zu dem Ergebnis gelangt ist, dass ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegen den Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Herrn Dr. Frank Lüttig, besteht. Ihm wird vorgeworfen, als früherer Leiter der Strafrechtsabteilung im Niedersächsischen Justizministerium sowie als Generalstaatsanwalt in acht Fällen in strafbarer Weise Geheiminformationen an Dritte weitergegeben zu haben. Sieben Fälle davon betreffen geheime Informationen aus dem Verfahren gegen Herrn Bundespräsident a. D. Christian Wulff; ein Fall betrifft das laufende Verfahren gegen Herrn Edathy. Die Ermittlungen richten sich darüber hinaus gegen eine zweite Person, deren Namen ich Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht nennen darf.“

Noch bevor Frau Ministerin Niewisch-Lennartz den Landtag auf diese Art und Weise über das Ermittlungsverfahren gegen den Celler Generalstaatsanwalt unterrichtete, berichteten bereits verschiedene Medien über das Ermittlungsverfahren unter Nennung des Namens des Beschuldigten.

In der 61. Plenarsitzung am 19. März 2015 antwortete Frau Ministerin Niewisch-Lennartz auf die Frage des Abgeordneten Christian Dürr (FDP), ob Herrn Generalstaatsanwalt Lüttig vor der Unterrichtung des Landtages durch Frau Ministerin Niewisch-Lennartz darüber, dass ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Geheimnisverrats gegen ihn eingeleitet worden ist, rechtliches Gehör gewährt worden sei, unmissverständlich: „Herrn Lüttig ist rechtliches Gehör gewährt worden.“ Später ergänzte die Ministerin ihre Antwort, indem sie ausführte: „Es ist ihm vorher mitgeteilt worden, dass es ein Ermittlungsverfahren gibt, und der Gegenstand der Vorwürfe gegen ihn ist ihm eröffnet worden.“

Auf die Frage des Abgeordneten Dr. Stefan Birkner (FDP) in derselben Sitzung, welche konkreten Maßnahmen sie ergriffen habe, um den die vorzei

tige mediale Berichterstattung über das Verfahren gegen den Celler Generalstaatsanwalt ermöglichenden Geheimnisverrat aufzuklären, antwortete die Ministerin:

„Welche Maßnahmen die Staatsanwaltschaft Göttingen, die zur Strafverfolgung in diesem Punkt berufen wäre, ergriffen hat, kann ich Ihnen nicht sagen. Da mir selbst leider keine konkreten Anhaltspunkte vorliegen, mit denen ich der Staatsanwaltschaft Göttingen hilfreich sein könnte, hat es weitere Erklärungen von mir dazu nicht gegeben. Sobald ich Kenntnis davon hätte, würde ich das unverzüglich tun.“

Das Recht auf ein faires Verfahren gehört zu den tragenden Säulen eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Dazu heißt es etwa in den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren, dass eine unnötige Bloßstellung des Beschuldigten zu unterlassen sei, um dessen Recht auf ein faires Verfahren nicht zu beeinträchtigen.