Protokoll der Sitzung vom 14.07.2015

Wenn wir z. B. für EU-Beitrittskandidaten wie die Republik Serbien - das darf gar keine Schwierigkeit darstellen; denn Serbien ist ja schon fast in der EU - ein ordentliches Einwanderungsgesetz hätten, das legale Möglichkeiten der Einwanderung bietet, dann wären wir ganz klar auf einem Weg, auf dem wir einen Beitrag zur Entspannung der Problematik bei Flüchtlingen aus diesen Ländern leisten könnten. Anders als Sie - das tut mir wirklich leid - sind wir auf diesem Auge nicht blind.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Abschließend zum Thema Flüchtlinge: Mit diesem Nachtragshaushalt sorgen wir eben nicht nur für eine finanzielle Unterstützung der Kommunen, sondern auch für mehr Kapazitäten in den Landesaufnahmebehörden - das haben Sie bislang auch nicht erwähnt - und für mehr Richterstellen, sodass die Verwaltungsverfahren - anders als auf Bundesebene; der Bund schläft da - in Niedersachsen beschleunigt werden können. Wir sorgen auch für mehr Sprachförderung für Erwachsene und Kinder. Das ist der richtige Weg.

Kommen wir nun zu den anderen Bestandteilen des Nachtragshaushalts. Erstens zu den Konsequenzen, die sich aus dem OVG-Urteil ergeben: Wir akzeptieren dieses Urteil, um diesen Konflikt beizulegen.

(Christian Grascha [FDP]: Großzügig! - Christian Dürr [FDP]: Sie akzeptie- ren die Rechtsprechung! Das ist was Besonderes bei den Grünen!)

Dafür brauchen wir mehr Lehrerstellen an Gymnasien; das ist einer der Bestandteile dieses Nachtragshaushalts. Wir sorgen mit diesem Nachtrag dafür, dass auch unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen das Ziel hoher Qualität im Bildungssystem gesichert bleibt.

Zweitens ziehen wir in Bezug auf das Thema Krippenstellen die notwendigen Konsequenzen. Keine Frage: Das Verfahren ist suboptimal gelaufen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Jens Nacke [CDU]: Verfas- sungswidrig! - Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

Natürlich müssen daraus Lehren gezogen werden. Aber unter dem Strich steht doch eine erfreuliche Nachricht: Wir können mehr Betreuungsangebote unterbreiten als ursprünglich geplant.

Es sind übrigens Ihre schwarz-gelben Planungen gewesen, die an der Stelle nicht ausreichend waren. 2009 sind Sie davon ausgegangen, dass 43 000 Plätze ausreichen, um den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz umzusetzen.

(Christian Grascha [FDP]: Sie regie- ren seit zweieinhalb Jahren!)

Und was zeigt sich nun? - 43 000 Plätze reichen vorne und hinten nicht! Wir brauchen 50 000 Plätze. Die zusätzlichen Plätze werden mit diesem Nachtragshaushalt nachfinanziert.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Damit leisten wir auch einen echten Beitrag zur frühkindlichen Förderung und zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Rot-Grün zeigt mit diesem Nachtrag, dass es auf akute Bedarfe flexibel, entschlossen und konsequent reagieren kann, und zwar alles seriös gegenfinanziert und nicht so, wie Sie das in Ihren Änderungsanträgen machen. Sie entnehmen einfach mal 500 Millionen Euro aus der Rücklage. Eine einmalige Rücklagenentnahme! Sie haben immer noch nicht verstanden, dass der Ausgleich des Haushalts strukturell erfolgen muss, dass wir die Nettoneuverschuldung kontinuierlich strukturell absenken müssen.

(Zurufe von der CDU und von der FDP)

Wenn wir in einem Jahr die Mittel aus der Rücklage entnehmen, ist sie weg. Und was passiert dann in dem Jahr danach? Darauf haben Sie keine Antwort.

(Christian Grascha [FDP]: Dann muss man weiterarbeiten!)

Insofern sind Ihre Anträge zum Nachtragshaushalt der falsche Weg. Wir haben das alles seriös gegenfinanziert und bitten daher um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Heere.

Es folgt jetzt für die FDP-Fraktion Kollege Grascha. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sollten bei diesem Nachtragshaushalt ehrlich sein.

(Johanne Modder [SPD]: Genau! Wo- rum geht es?)

Der von Rot-Grün vorgelegte Nachtragshaushalt ist eine schlichte Pannenhilfe für Ihre politischen Unfälle, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von RotGrün, der größte Unfallschwerpunkt sitzt rechts hinter mir, nämlich die Kultusministerin. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Für das Zahlenwerk kann man vielleicht einen Nachtragshaushalt vorlegen. Für die politischen Fehler, Herr Ministerpräsident, müsste man eigentlich einen Nachtrag für das Kabinett vorlegen, nämlich eine Kabinettsumbildung. Sie müssten diese Kultusministerin vor die Tür setzen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der FDP)

Ein Bestandteil dieses Nachtrags ist die Unterstützung unserer Kommunen für die zu uns kommenden Flüchtlinge. Bei diesem wichtigen Thema ist es Ihnen nicht gelungen, einen parteiübergreifenden Konsens zu erreichen. Dabei war der möglich. Selbst den Minikompromiss der kommunalen Spitzenverbände haben Sie im Ausschuss eiskalt abgelehnt. Dabei wäre es notwendig gewesen, tatsächlich dauerhaft zu helfen und Planungssicherheit für unsere Kommunen zu schaffen. Das ist Ihnen nicht gelungen, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Stattdessen haben Sie in den ersten zweieinhalb Jahren Ihrer Regierungszeit den Fingerzeig nach Berlin perfektioniert. Das ist mit dem Verlust der Verantwortung hier im Land einhergegangen. Das ist keine vernünftige Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Wir Freien Demokraten bleiben bei unserer Forderung, dass wir eine Vollkostenerstattung für unsere Kommunen brauchen. Die Flüchtlinge, die zu uns kommen und unsere Hilfe brauchen, dürfen nicht in die Kompetenzmühle zwischen Kommune, Land und Bund geraten, sondern sie brauchen konkrete Hilfe vor Ort. Das ist unsere Verpflichtung, und das ist unsere Verantwortung als Land.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Bei aller Pannenhilfe für das eigene Regierungshandeln vergisst Rot-Grün allerdings eine ganz zentrale Herausforderung, nämlich den Schuldenabbau. Hier in Deutschland und in Europa tobt immer noch die Staatsschuldenkrise, und Sie haben nichts Besseres zu tun, als eine Kriegskasse für den Wahlkampf anzulegen. Seit der Regierungsübernahme haben Sie dafür mittlerweile 1,2 Milliarden Euro gesammelt.

(Christian Dürr [FDP]: Unglaublich!)

Herr Ministerpräsident, am 29. Juni haben Sie in einem Interview mit der Neuen Presse folgenden Wunsch geäußert: „Es wäre doch schön, wenn bald erstmals in der Geschichte des Landes Niedersachsen ein Haushalt ohne neuen Schulden auskäme.“ Sie haben vollkommen recht, Herr Ministerpräsident. Aber warum handeln Sie nicht so?

(Beifall bei der FDP - Christian Dürr [FDP]: So ist es! Handeln! Arbeiten! Das ist keine Freizeitveranstaltung, Herr Weil!)

Sie sind in dieser Frage doch total unglaubwürdig, meine Damen und Herren! Man kann ja froh sein, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, dass Sie heute eine Krawatte tragen. Sonst könnte es noch zu Verwechslungen mit der griechischen Regierung kommen.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben heute die Chance, dafür zu sorgen, dass Ihr Wunsch tatsächlich in Erfüllung geht. Deshalb sollten Sie den Änderungsanträgen von CDU und FDP zustimmen.

(Renate Geuter [SPD]: Das wäre un- verantwortlich!)

Die Vorschläge sowohl der CDU-Fraktion als auch meiner Fraktion haben ganz deutlich gezeigt, dass eine gute Flüchtlingsunterstützung, mehr Verlässlichkeit gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern sowie der Schuldenabbau kein Widerspruch sind.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Es geht, wenn man nur will. Sie wollen aber nicht.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU)

Ich komme zum Schluss. Wir wollen Ihnen bei dieser Panne nicht helfen. Wir können Ihnen auch gar nicht helfen. Denn in Wahrheit ist diese Panne ein politischer Totalschaden, den man nicht einfach mit ein paar Zahlen im Nachtrag reparieren kann. Was Sie brauchen, ist ein Neuwagen mit neuen Fahrern. Das wäre der richtige Weg für unser Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und Zustimmung bei der CDU - Grant Hendrik Tonne [SPD]: Sie müssten erst einmal den Führerschein machen!)

Vielen Dank, Herr Kollege Grascha. - Meine Damen und Herren, jetzt hat sich Herr Kollege Hilbers zu Wort gemeldet. Einen Moment aber bitte noch, Herr Hilbers!