Ich will nicht verschweigen, dass auch die GrüneFraktion beim Endlagersuchgesetz noch offene Fragen sieht. Diese können am Ende aber nicht allein in Hannover von Stephan Weil und Stefan Wenzel gelöst werden, sondern müssen in Berlin beantwortet werden: Jetzt müssen Kanzlerin Merkel und Umweltminister Peter Altmaier liefern.
Ich bin es auch leid, dass sich die Frage des Verbleibs der letzten Castoren so organisiert, als ginge es um ein Meldekonzert, als wenn Bundesländer, die von Rot-Grün regiert werden, als Erste in der Pflicht wären - während sich Altmaier und die großen Energiekonzerne, die aus dieser Risikotechnologie in beispielsloser Weise den maximalen Profit gezogen haben, aus ihrer Verantwortung verabschieden. Ich bin es leid, dass es nicht möglich ist, ein Konzept für den Verbleib dieser letzten 26 Castoren vorzulegen, die nun wirklich nicht mehr nach Gorleben dürfen.
Aber weil wir so viel über Laufleistung und Tempo gesprochen haben: In den kommenden Wochen bis zur Sommerpause wird es vor allen Dingen darum gehen, einen Haushalt aufzustellen, der unser schönes Niedersachsen fit für die Zukunft macht. Dass hier eben so viel über Regionalentwicklung gesprochen wurde, zeigt einmal mehr deutlich, dass auf der rot-grünen Seite diejenigen sitzen, die sich sehr wohl klar sind, welches die Regionen im Land sind, für die etwas getan werden muss, und die nicht erst die Gerechtigkeitsfragen definieren müssen, die sich in diesen Regionen stellen.
Ich persönlich bin mit diesen ersten 100 Tagen sehr zufrieden und danke im Namen der GrünenFraktion der SPD-Fraktion für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit, in der wir unsere ersten Ideen und ersten Projekte gemeinsam entwickelt haben.
Aber auch für uns gilt: Das Bessere ist der Feind des Guten. Trotz aller aufmunternden Anfeuerungsrufen von den Kollegen der CDU und der FDP: Wenn es nach mir geht, werden die Fraktionen von SPD und Grünen der Versuchung widerstehen, ihre Kräfte in einem Sprint zu vergeuden. Ich hatte nämlich schon als Schülerin wenig Freude an kurzen Sprints auf den staubigen Aschenbahnen unseres Sportplatzes. Mir hat es viel besser gefallen, in meiner Heimatstadt Lübeck die langen Wege entlang der Trave und der Wakenitz durchs Grüne zu laufen und dabei darauf zu achten, dass der Atem reicht.
Meine Damen und Herren, wir haben eine Strecke vor uns, die zurückzulegen mindestens fünf Jahre dauern wird. Jeder Langstreckenläufer, jede Langstreckenläuferin weiß: Das Wichtigste ist es, sich die Kräfte gut einzuteilen. Ich verspreche Ihnen: Das werden wir tun.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Art und Weise, wie Sie gerade Ihren eigenen Politikstil beschrieben haben, zeigt das Problem, das wir hier in Niedersachsen haben. Herr Limburg hat gesagt: Wir sind nicht der ICE, wir sind die S-Bahn. - Meine Damen und Herren, die S-Bahn fährt nur im städtischen Raum, nicht aber im ländlichen Niedersachsen! Und das genau ist die Perspektive von Rot-Grün.
Herr Tanke hat gesagt: Wir werden fünf Jahre durchhalten. - Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Menschen erwarten von einer Landesregierung nicht, dass sie fünf Jahre durchhält. Sie soll regieren!
Frau Piel, Ihre Politik des Dialogs haben die betroffenen Verbände bei der Änderung des Niedersächsischen Schulgesetzes live und in Farbe mitbekommen. - Meine Damen und Herren, der Satz, den die heutige Ministerin Heiligenstadt im Landtagswahlkampf gesagt hat -„Niemand hat die Absicht, die Gymnasien abzuschaffen“ -,
gewinnt vor dem Hintergrund Ihrer Politik eine neue Bedeutung. Die Frage ist doch, ob das am Ende alles glaubwürdig ist.
Ich will jetzt auch noch ein Zitat des gerade von den Grünen so viel gelobten Ministers Meyer bringen.
„Ausführlich dankte Meyer der Jägerschaft für ihr Engagement zum Schutz der Wölfe in Niedersachsen.“
- Schöner Satz. Aber wissen Sie noch, was er wenige Monate zuvor in einer Pressemitteilung der Landtagsfraktion der Grünen gesagt hat? - Dort heißt es:
„Die Waidmänner, die sich angesichts mehrerer illegaler Abschüsse u. a. im Wendland bekanntlich bisher nicht als die Freunde der Wölfe erwiesen haben, sollen in Niedersachsen das Wolfsmanagement übernehmen. Damit wird der Bock zum Jäger gemacht.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dank Ihrer Hilfe haben wir in Niedersachen leider den Bock zum Agrarminister gemacht. Das ist das Problem.
Und nun zu Herrn Weil und Herr Wenzel. Hier will ich noch einmal auf das Endlagersuchgesetz zu sprechen kommen. Ich erinnere mich sehr genau daran, wie Rot-Grün im letzten Plenum vor der Landtagswahl, nämlich im Dezember 2012, alle Eide geschworen hat: Mit uns wird es niemals ein Gesetz geben, in dem nicht in einem Paragrafen steht, dass Gorleben von Anfang an ausscheidet.
Wir haben das damals für falsch gehalten, aber das war nun einmal das Versprechen an die Wählerinnen und Wähler.
Dann fährt der Ministerpräsident nach Berlin und findet mit Herrn Altmaier einen Kompromiss - der als Gesetz übrigens schon vorher vorlag und der abgesehen davon auch unsere ausdrückliche Zustimmung findet. Meine Damen und Herren, das ist eine Rolle rückwärts in die andere Richtung, und damit haben Sie ein zentrales rot-grünes Wahlversprechen gebrochen.
Und im Mai dieses Jahres verkünden der Ministerpräsident und der Umweltminister dann öffentlich: Das war alles nicht so gemeint; die grüne Parteibasis ist bei diesem Thema jetzt doch zu anstrengend; wir wollen nicht mehr zu dem im April gefundenen Kompromiss stehen. - Das, Herr Tanke, ist doch kein Regieren! Das ist im wahrsten Sinne des Wortes Durchhalten.
Meine Damen und Herren, uns regt auf, dass es Ihnen erst einmal darum geht, Personal unterzubringen.
Ich will dazu übrigens noch einen Satz sagen, Frau Modder; denn es trifft Sie ja offensichtlich sehr, dass Sie den Vorsitzenden des SPD-Stadtverbandes Hannover in ein öffentliches Amt hieven wollen.
(Johanne Modder [SPD]: Nein, es trifft mich, dass Sie so etwas ansprechen! Gucken Sie einmal in Ihre FDP!)
Ich will Ihnen dazu eines sagen: Herr Kirci ist zwar von seinem Ratsmandat zurückgetreten. Aber er hat erklärt, er wolle weiterhin Vorsitzender des SPD-Stadtverbandes bleiben. Und insbesondere wolle er seine Anwaltskanzlei weiter führen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, rufen Sie einmal bei der Anwaltskammer an! Ein Amt im öffentlichen Dienst und das freie Mandat eines Anwalts schließen sich gegenseitig aus.
Herr Weil, die Landesregierung hat sich in der heutigen Aktuellen Stunde bisher nicht ein einziges Mal zu Wort gemeldet. Das ist echte Arbeitsverweigerung! Ich erwarte, dass Sie sich hier und heute auch zu diesem Fall äußern.
Zum Schluss: Denken Sie bitte einmal nur eine Sekunde lang darüber nach, warum sowohl die kommunalen Spitzenverbände als auch der niedersächsische Mittelstand durch die Bank gegen Ihr sogenanntes bürokratiearmes und mittelstandsfreundliches Landesvergabegesetz sind. Denken Sie darüber nach, warum Sie an dieser Stelle niemanden auf Ihrer Seite haben. - Der Grund ist ein ganz einfacher: Ihnen geht es nur um Strukturen,
um Personal, um neue Erlasse und um neue Verordnungen. Das wird an diesem Gesetz sehr beispielhaft deutlich.
(Johanne Modder [SPD]: Es geht um soziale Gerechtigkeit, Herr Dürr! Das ist bei Ihnen noch nicht angekom- men!)
Ich sage Ihnen deutlich: Schafft keine neuen Strukturen, sondern schafft Freiräume! Gebt den Menschen Möglichkeiten statt den Parteisoldaten neue Stellen!