Protokoll der Sitzung vom 17.07.2015

gibt Hinweise, die man einfach nicht ignorieren kann.

Aber einen hundertprozentigen Beweis, Herr Dr. Birkner, werden Sie natürlich nicht bekommen. So etwas gibt es nur in den allerwenigsten Bereichen. Deshalb handeln wir ja in fast allen gesellschaftlichen Bereichen auch auf der Grundlage von Wahrscheinlichkeiten. Und danach - die Wissenschaftler sind in diesen Netzwerken immer gehalten, möglichst belastbare Aussage zu treffen - haben wir beim Meeresspiegelanstieg, bei Extremwetterereignissen und bei verschiedenen anderen Faktoren, die hierbei eine Rolle spielen, mit solchen Erwartungen zu rechnen.

Verantwortliches staatliches Handeln bedeutet, darauf zu reagieren und nicht auf denjenigen zu hören, der glaubt, dass das alles ein Irrtum ist. Ich glaube das nicht und verlasse mich dabei auf die Wissenschaftler, die diese Fragen sehr lange und sehr intensiv bewogen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ebenfalls die zweite Zusatzfrage: Herr Kollege Dr. Hocker, FDPFraktion!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Herr Minister, vor dem Hintergrund, dass Sie eben geantwortet haben, dass das beste Instrument, um andere zum Mitmachen zu animieren, das eigene gute Beispiel ist, möchte ich von Ihnen gerne wissen, mit welchen anderen Ländern Sie konkret in Gespräche eingetreten sind, die gleichzeitig signalisiert haben, dass sie dem niedersächsischen Beispiel folgen werden.

Vielen Dank. - Herr Minister Wenzel, bitte!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Hocker, wir stehen z. B. in einem intensiven Dialog mit den vier nordniederländischen Provinzen. Mit ihnen haben wir uns mittlerweile bei drei oder vier Besuchen ausgetauscht. Dabei haben wir uns angeschaut, wie sie den Umbau der Energieversorgung vorantreiben und was man dort in diesem Zusammenhang tut - um z. B. Ingenieure auszubilden - und wie man dort die Abfallversorgung oder die Gezeitentechnologie nutzen will.

Letzte Woche hatten wir eine Delegation aus der Schweiz zu Gast, und zwar aus dem dortigen Beirat für Energienetze und dem Bundesamt für Energie. Wir haben den Schweizer Kolleginnen und Kollegen zweieinhalb Tage lang gezeigt, was wir im Nordwesten Niedersachsens in den vergangenen Jahren - auch noch während Ihrer Regierungszeit - an Investitionen getätigt haben. Wir waren bei 3N. Wir waren in dem Audi-Forschungszentrum in Werlte. Wir waren in Dörpen und haben das Umspannwerk besichtigt, in dem Offshorestrom umgespannt wird. Wir waren bei den Stadtwerken in Emden. Wir waren bei NextEnergy in Oldenburg. Wir haben uns das alte Druckluftspeicherkraftwerk in Huntorf angeguckt.

Wir haben mit den Schweizern einen interessanten Austausch gepflegt und werden das auch in Zukunft dort tun, wo es aus niedersächsischer Sicht Sinn macht, um voneinander zu lernen und gemeinsam Projekte voranzutreiben.

Das waren nur zwei Beispiele. Ich könnte Ihnen noch weitere nennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Ich stelle fest, es liegen keine weiteren Wortmeldungen für Zusatzfragen mehr vor.

Damit ist die Fragestunde für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Die Antworten der Landesregierung zu den Anfragen, die jetzt nicht mehr aufgerufen werden konnten - der Präsident wies schon darauf hin -, werden nach § 47 Abs. 6 unserer Geschäftsordnung zu Protokoll gegeben. Sie stehen Ihnen in Kürze im

Intranet und Internet als unkorrigierte Drucksache elektronisch zur Verfügung.1

Ich kann dann aufrufen den

Tagesordnungspunkt 47: Erste (und abschließende) Beratung: Realisierung der Elbbrücke zwischen Darchau und Neu Darchau vorantreiben - Zusagen der Landesregierung einhalten - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/3826

Ich darf unter den Zuhörern unseren ehemaligen Kollegen Manfred Nahrstedt sehr herzlich begrüßen, der sicherlich auch in seiner Funktion als Landrat von Lüneburg an dieser Debatte ein besonderes Interesse hat. Herzlich willkommen, Herr ehemaliger Kollege!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir kommen zur Einbringung. Der Antrag der CDU-Fraktion wird durch die Kollegin Karin Bertholdes-Sandrock eingebracht. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir treten mit unserem Antrag für den Brückenbau über die Elbe nach Neuhaus ein. Ich begrüße in diesem Zusammenhang nicht nur den Landrat, sondern auch die engagierten Vertreter des Brückenfördervereins aus Neuhaus und Bleckede.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: So macht man das!)

Meine Damen und Herren, in drei Tagen will der Kreistag Lüneburg das endgültige planerische Aus beschließen. Dieser Brückenbau aber als Symbol der Deutschen Einheit - auch von der SPD immer so bezeichnet - braucht die Unterstützung des Landes Niedersachsen. Und es hat auch etwas Besonderes mit dem Amt Neuhaus auf sich, ist es doch der einzige Teil der ehemaligen DDR, der jetzt zu einem alten Bundesland gehört, und zwar seit seiner Rückgliederung 1993 wie vor dem Kriege wieder zum Landkreis Lüneburg. Er liegt rechts

1 Die Antworten zu den Anfragen 2 bis 48, die nicht in der 70. Sitzung des Landtages am 17. Juli 2015 behandelt und daher zu Protokoll gegeben wurden, sind in der Drucksache 17/3930 abgedruckt.

der Elbe und ist ohne feste Querung zum Rest des Landkreises. Neuhaus war seit 1952 Sperrgebiet an der innerdeutschen Grenze, und die Menschen dort waren viel mehr noch als in der übrigen DDR - und das reichte schon - Beobachtungen und Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit bis hin zur Zwangsumsiedlung ausgesetzt. Dazu in jeder Hinsicht abgeschnitten vom übrigen Land.

Umso mehr strebte Neuhaus, seit dem 17. Jahrhundert auch zum Hannoverschen gehörig, nach der Wiedervereinigung die Rückkehr zum Landkreis Lüneburg an. Die Zugehörigkeit zum Hannoverschen hat also historische Wurzeln und war nicht etwa Ausdruck von Großmannssucht, wie die Kollegin Staudte damals höhnte.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Höhnte? Das Wort kenne ich gar nicht!)

Ich zitiere aus der Großen Anfrage von 2008. Zitat von Frau Staudte:

„Man wollte staatsmännisch wie die da oben eine Wiedervereinigung im Kleinen feiern.“

Dazu sage ich Nein.

Und die Brücke begründete sie so:

„Ein monumentaleres Symbol für die Vereinigung musste her: die Brücke.“

Ja, so viel Arroganz tut weh. Aber da waren sich Linke und Grüne immer einig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Wen mei- nen Sie jetzt mit „Arroganz“? Reflek- tieren Sie bitte mal Ihre Auftritte hier!)

Aber vor Ort wollen alle die Brücke; denn ohne Brücke muss man von Neuhaus aus die Fähre nehmen, gebührenpflichtig, oft als Eintritt in den Landkreis empfunden. Außerdem verkehrt die Fähre - wir haben es heute Morgen in anderem Zusammenhang gehört - wasserbedingt nicht immer, abends nur bis 9 Uhr, und bei Reparaturen natürlich auch nicht. Dann sind Umwege von 40 km und mehr - je nachdem, wo man wohnt - nötig. Die vielen Pendler aus diesem extrem strukturschwachen Raum und auch die Schüler sind dann einer besonderen Härte ausgesetzt, weil noch eine Stunde Fahrtzeit hinzukommt. So sind die Schüler - gucken Sie sich den Notfallfahrplan des Landkreises Lüneburg vom letzten Winter an! - dann neun Zeitstunden für fünf Zeitstunden Unterricht unterwegs.

Für Wirtschaft, Landwirtschaft und Tourismus bedeutet die fehlende Elbquerung immer einen hohen Zeit- und Geldverlust. Deswegen fordert die Industrie- und Handelskammer Lüneburg-Stade dankenswerterweise immer wieder sehr dringend die feste Elbquerung für wirtschaftliche Impulse beiderseits der Elbe. Außerdem verliert Neuhaus überproportional viele Einwohner, mehr als 10 % in sieben Jahren.

Wer da ständig - wie auch die Grünen - immer mit der Kosten-Nutzen-Analyse kommt und eigentlich auf die niedrige Bevölkerungszahl rekurriert, der sollte ehrlicherweise gleich den Neuhäusern sagen: Ihr seid abgeschrieben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Was wollen nun die Brückengegner? - Die Fähre ertüchtigen. Aber dankenswerterweise hat auch der Fraktionsvorsitzende der SPD im Lüneburger Kreistag gesagt, trotz höherer Zuschüsse wird es eine erhebliche Ausweitung der Fährzeiten gar nicht geben.

Folgerichtig hat Minister Lies - für diese offenen Worte danke ich Ihnen - an die Bürgermeisterin des Amtes Neuhaus im April 2015 geschrieben, die Landesregierung wolle - Zitat -, „dass Neuhaus durch die Brücke dauerhaft und wetterunabhängig an Lüneburg angebunden wird.“

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Brücke muss also her - das sieht auch die Landesregierung -, weil es keine Alternative dazu gibt. Deshalb wolle man auch die Realisierung weiterhin unterstützen.

Ja, das ist richtig und gut. Die Menschen im Amt Neuhaus können nämlich nicht ewig außen vor bleiben, zu DDR-Zeiten und jetzt wieder. Sie werden natürlich manchmal schon recht mutlos.

Doch man muss sagen: Seit der Rückgliederung 1993 ist schon eine Menge geschafft worden. Es wurden bürgerfreundliche Zuwegungen gefunden, dann eine naturfreundliche Streckenführung durch das Biosphärenreservat - das ist schon ein Kunststückchen für sich -, und es ist auch noch gelungen, den neuen Hochwasserschutz zu integrieren. Selbst der sperrige Landkreis Lüchow-Dannenberg - an mir lag es aber nicht - ist dafür gewonnen. Und ganz wichtig: Wir hatten ganz erhebliche finanzielle Zusagen: 75 % GVFG-Mittel ohne Kostenbeschränkung, 1,13 Millionen Euro vom Land. Minister Bode - damals noch Minister - gab noch

1 Million. Und wir waren uns einig: weitermachen bis zum Planfeststellungsbeschluss.

Deshalb muss diese Landesregierung den Landkreis Lüneburg - das ist auch Sinn meiner Rede - jetzt unterstützen.

Zur Erinnerung: Es hat ja immer Störfeuer von Grünen und Linken gegeben. Aber die SPD im Lüneburger Kreistag - ich erkenne das an - hat in ihrer Gruppenvereinbarung 2011 durchaus die Brücke eindeutig unterstützt

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und ausdrücklich ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten freigestellt, das wir uns jetzt auch erhoffen, Herr Landrat. Natürlich ist der politische Druck geblieben und die Störfeuer auch. Deswegen - so sah es schon damals die Koalitionsvereinbarung in Lüneburg vor - wollte man das Votum in die Hände der Bürger legen, und das sollte bindend sein. Man höre! Die Gegner hatten natürlich heimlich gehofft, dass damit das Aus der Brücke besiegelt wäre, und dann noch legitimiert durch einen Bürgerentscheid. Aber Pustekuchen: 49,5 % votierten für die Brücke ohne jede Kostendeckelung. Ein paar Hundert Stimmen mehr aus dem ganzen Landkreis Lüneburg, und wir hätten die absolute Mehrheit dafür gehabt. 22,4 % votierten für eine Deckelung der Zuschüsse des Landkreises auf 10 Millionen Euro. 28 % stimmten mit Nein. Das heißt, die Menschen wollen die Brücke, und sie ist nötig, wie wir eben festgestellt haben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Miriam Staudte [GRÜNE]: Ja, und was ist jetzt mit denen? Wozu muss man die jetzt zählen?)