Nur so, meine Damen und Herren, kann Niedersachsen diese Situation professionell und menschlich meistern. Wir Freie Demokraten wollen den Menschen helfen, die zu uns kommen. Wir wollen ihnen aber auch Chancen geben. Denn deren Chance ist unsere gemeinsame Chance.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Minister Stefan Wenzel spricht mit Meta Janssen-Kucz [GRÜNE])
Herr Minister Wenzel, vielleicht können Sie das Reden an der Regierungsbank einstellen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits in meiner Plenarrede zum ersten Nachtragshaushalt 2015 im Juli habe ich auf die wirtschaftlichen, ökologischen und humanitären Krisen der vergangenen Jahre und die daraus entstandenen Fluchtbewegungen verwiesen.
Diese Bewegungen haben sich über den Sommer in einer dramatischen Form zugespitzt. Ich habe vor acht Wochen auch auf unsere Mitschuld und Mitverantwortung für die genannten Krisen verwiesen - bedauerlicherweise unter Protest der Opposition.
Auch wenn Sie das negieren, für uns Grüne ist jedenfalls klar, dass wir in Deutschland und somit auch in Niedersachsen aufgrund unserer Mitverantwortung auch eine große moralische Verpflichtung haben, umfangreich zu helfen.
Mit dieser Verpflichtung gehen große finanzielle Folgen einher: Transport, Erstaufnahme, Unterbringung in Kommunen, Antragstellung und Entscheid, Gesundheitskosten, Unterhalt, Sprachförderung, Sozialarbeit und gesellschaftliche Unterstützung. Diese Aufzählung lässt sich fast beliebig erweitern.
Man kann in all diesen Bereichen, die ich aufgezählt habe, eigentlich nie genug tun. Nur kurz ein Beispiel zum Thema Transport: Müssen die Flüchtlinge quer durch Europa, in Ungarn, Dänemark, den Niederlanden, Nordfrankreich, zu Fuß laufen, um den Ort zu erreichen, an dem sie Asyl beantragen wollen? Oder müssten wir nicht eigentlich sogar so weit gehen und aus Europa Busse nach Bodrum in der Türkei schicken, um zu verhindern, dass die syrischen und irakischen Flüchtlinge in klapprige Ruderboote in Richtung der griechischen Insel Kos steigen? - Wissen Sie, was die Differenz zwischen dem Ruderboot und dem Bus aus Europa ist? - Die Differenz ist: tote Flüchtlinge.
Nicht erst das Bild des toten dreijährigen Jungen Aylan am Strand von Bodrum macht uns deutlich, dass es unsere europäische, moralische und somit auch finanzielle Verantwortung ist, so etwas nicht weiter zuzulassen.
Die genannten riesigen Herausforderungen in allen Bereichen gehen mit großen finanziellen Bedarfen einher. Diese finanziellen Bedarfe müssen wir gesamtgesellschaftlich tragen. Dabei tragen die Kommunen bisher schon anerkennenswert große Lasten, die sie absolut an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gebracht haben.
Wir haben in den vergangenen Monaten immer gesagt, dass die Kommunen hierbei strukturell entlastet werden müssen. Genau dies werden wir auch tun.
Ganz im Gegensatz dazu hat der Bund seine dauerhafte Verantwortung lange zurückgewiesen. Es ist bedauerlich, dass diese Verantwortung nun erst langsam akzeptiert wird. Um dies glaubhaft zu unterlegen, müssen Herr Schäuble und Frau Merkel am 24. September auf dem Flüchtlingsgipfel endlich die klare Ansage machen, dass sich der Bund umfangreich und dauerhaft finanziell engagiert. Und das bedeutet sicherlich mehr als 3 Milliarden Euro pro Jahr.
Die finanziellen Herausforderungen sind natürlich auch - das ist berechtigt - mit unserem Anteil auf Landesseite zu bewältigen. Die rot-grüne Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben deutlich gemacht, dass wir diese finanzielle Verantwortung umfangreich wahrnehmen. Bereits vor acht Wochen haben wir hier einen ersten Nachtragshaushalt auf der Basis von nur halb so hohen Prognosezahlen beschlossen. Nun bedanke ich mich ausdrücklich bei der Landesregierung, die angekündigt hat, vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Herausforderungen einen zweiten, nun 300 Millionen Euro schweren Nachtragshaushalt vorzulegen.
Dazu gehören - das ist schon mehrfach vorgetragen worden - sowohl die verstärkte Schaffung von Plätzen in den Landesaufnahmebehörden zur Unterbringung als auch die Sprachförderung, die Migrationssozialarbeit, die vorgezogene Verbundabrechung mit den Kommunen usw. Dieses Paket geht deutlich über das hinaus, was z. B. die FDP in ihrem Antrag zum Haushalt 2015 eingebracht hat.
Das ist ein starkes Signal dieser Landesregierung, das deutlich macht, dass die Landesregierung natürlich dauerhaft in der Lage ist, den mit der Flüchtlingsaufnahme verbundenen Herausforderungen gerecht zu werden.
Liebe Opposition, Sie behaupten - gestern im Haushaltsausschuss und heute auch -, Sie hätten zum ersten Nachtrag schon all das gefordert, was wir jetzt machen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Das stimmt so nicht! - Nehmen wir einmal das Vorziehen des Abrechnungszeitraums, also die Bezahlung der kommunalen Pauschalen für das Jahr 2014 bereits im Jahr 2015. Wie viel haben Sie in Ihrem damaligen Änderungsantrag zum Haushalt 2015 dafür veranschlagt? - 0 Euro!
In den Änderungsanträgen zum Nachtragshaushalt waren es bei der FDP 30 Millionen Euro und bei der CDU 47 Millionen Euro. Schon diese Differenz
Auch bei der FDP war vom Vorziehen des Abrechnungszeitraums nichts zu lesen. Schauen Sie einmal in Ihre PM!
Die Landesregierung hat jedenfalls angekündigt, die Kommunen mit 180 Millionen Euro zu unterstützen und dabei auch die Lasten von 2014 abzugelten. So geht die Entlastung der Kommunen richtig! Wir machen das alles im Gegensatz zu Ihnen vollständig und seriös gegenfinanziert. Genau das ist der richtige Weg.
Vielen Dank, Herr Heere. - Das Wort hat jetzt der Kollege Hilbers für die CDU-Fraktion. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben eben die inhaltlichen Belange der Flüchtlingspolitik ausreichend und sehr umfangreich diskutiert. Das alles hat natürlich finanzielle Auswirkungen. Deswegen ist es gut, dass wir auch diesen Punkt hier ansprechen.
Ich muss eindeutig beklagen, dass die vom Ministerpräsident und vom Finanzminister, der heute nicht hier sein kann, in den letzten Monaten und auch im letzten Jahr vorgelegten Zahlenwerke immer Flickwerk, Reparaturbetrieb und Zeichen hektischer Betriebsamkeit waren. Sie setzen eben keine Prioritäten. Sie sehen das in der Finanzpolitik eben nicht als die national große Aufgabe an, von der Sie immer reden. Sie bündeln auch nicht die Kräfte. Viele zu lange haben Sie sich auf alte Prognosen, alte Zahlen und auf die Hoffnung, der Bund würde Ihnen das Geld geben, damit Sie eigenes Geld dafür nicht einsetzen müssen, verlassen.
Noch im Juli haben Sie hier einen Nachtragshaushalt vorgelegt, in dem Sie lediglich 40 Millionen Euro Landesmittel bereitgestellt haben. Der Rest waren von Ihnen durchgeleitete Bundesmittel. Damals war noch von einer Vorfinanzierung in Höhe von 40 Millionen Euro und der Auszahlung der 40 Millionen Euro Bundesmitteln die Rede.
Am 21. Juli 2015, gerade einmal vor sieben Wochen, haben Sie die Mipla präsentiert und Ihre Finanzplanung auf den Tisch gelegt und beraten lassen. Im damaligen Haushaltsplanentwurf 2016, etatisiert im Nachtragshaushalt 2015, den Sie gerade eine Woche vorher haben verabschieden lassen, stehen 240,4 Millionen Euro für Flüchtlingsarbeit.
Im Haushaltsplan 2016 sind es dann noch 221,4 Millionen Euro. Sie sind vor dem Hintergrund der Diskussionen, die geführt werden, heruntergegangen, also noch einmal heruntergegangen.
Sie haben keinerlei Vorsorge getroffen. Sie haben keinerlei Schwerpunkte gesetzt. Es ist mir völlig unverständlich, wie unvorbereitet Sie in dieser Situation waren, wie unvorbereitet Sie in diese Sachen hineingegangen sind.