Protokoll der Sitzung vom 16.09.2015

Federführend soll der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur sein, mitberatend der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Vielen Dank.

Wir treten nun in die Mittagspause ein und sehen uns hier um 15.15 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.52 Uhr bis 15.15 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich begrüße Sie nach der Mittagspause.

Die Tagesordnungspunkte 5 und 6 rufe ich vereinbarungsgemäß zusammen auf, also

Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2016 (Haushaltsgesetz 2016 - HG 2016 -) - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/4093

Tagesordnungspunkt 6: Erste Beratung: Haushaltsbegleitgesetz 2016 - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/4188

Zur Einbringung des Haushaltsplanentwurfes hat sich der Finanzminister zu Wort gemeldet. Herr Minister Schneider, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung legt Ihnen heute den Haushaltsplanentwurf 2016 zur Beratung vor. Zusammen mit dem Haushaltsplanentwurf liegt Ihnen die Mittelfristplanung 2015 bis 2019 vor.

Bevor ich darauf zu sprechen komme, möchte ich aus gegebenem Anlass einiges zum laufenden Jahr sagen, meine Damen und Herren.

Aktuell - das ist heute Morgen ausgiebig beraten worden - sehen sich Bund, Länder und Kommunen einer enormen Flüchtlingszahl gegenüber. Die weitere Entwicklung dieser Zahlen ist im Moment überhaupt nicht vorhersehbar. Alle unsere Aufnahmesysteme sind auf das Äußerste strapaziert, zum Teil auch über die Grenzen hinaus.

Ministerpräsident Stephan Weil hat das in seiner Regierungserklärung in der vergangenen Woche völlig zu Recht als eine Notsituation bezeichnet. In dieser Notsituation müssen wir reagieren. Wir haben bereits vor den Sommerferien reagiert. Ich darf noch einmal in Erinnerung rufen: Wir haben in der letzten Sitzung vor den Sommerferien den ersten Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht, der ein Bündel von Maßnahmen vorgesehen hat, um die außergewöhnlichen Belastungen der Kommunen im Zusammenhang mit der Aufnahme von Flüchtlingen abzufedern. Mit dem ersten Nachtrag haben wir den Kommunen über die sogenannte Kopfpauschale - 6 200 Euro pro Kopf und Jahr - 120 Millionen Euro als Soforthilfe - teils aus eigenen Mitteln, teils aus Mitteln des Bundes - zur Verfügung gestellt. Damit beläuft sich bereits heute die für 2015 etatisierte Kostenerstattung der Kommunen auf rund 240 Millionen Euro. Das ist auch eine ganz interessante Zahl.

Das war die Situation zur Mitte des Jahres, also im Juli. Basis war zu der Zeit die Ansage des Bundes: 400 000 Flüchtlinge bundesweit, davon über den breiten Daumen 10 % - also 40 000 - für uns.

Nach der Verabschiedung dieses ersten Nachtragshaushalts hat sich die Lage bekanntlich massiv verschärft. Sie kennen die Bilder von den Grenzen und von den Bahnhöfen. Wir reden jetzt von 800 000, also dem Doppelten, oder gar mehr.

In der vergangenen Woche hat der Herr Ministerpräsident deshalb in der Debatte hier angekündigt, dass wir einen zweiten Nachtrag zur Flüchtlingsthematik vorlegen wollen. Die Landesregierung wird Ihnen vorschlagen, den Kommunen rund 180 Millionen Euro, die Sie in dem vorgelegten

Entwurf für 2016 finden, bereits jetzt als Abschlagszahlung zulasten des Haushalts 2015 auszuzahlen. Fragen zur künftigen Finanzierung des kommunalen Anteils, also der Finanzierung für das Jahr 2016, können wir im Moment noch nicht abschließend beantworten. Dazu fehlt die Information über das, was noch beim Flüchtlingsgipfel beraten werden muss, nämlich in welcher Form sich der Bund beteiligen wird.

Durch das zeitliche Vorziehen dieser erwähnten 180 Millionen Euro erhalten die Kommunen Liquidität und eine erhebliche Entlastung in der gegenwärtigen Situation.

Außerdem sollen mit dem zweiten Nachtrag - Sie erinnern sich - erhebliche Mittel für Sprachunterricht, für soziale Betreuung und für Baumaßnahmen bereitgestellt werden. Mit den 180 Millionen Euro zusammen sind es in der Summe rund 300 Millionen Euro.

(Das Handy von Minister Peter-Jürgen Schneider klingelt)

- Jetzt bitte ich um Nachsicht. Ich habe vergessen, es auszuschalten.

(Zurufe)

- Meine Damen und Herren, das sind die Geburtstagsanrufe.

(Heiterkeit und Beifall)

Das lassen wir jetzt durchgehen, Herr Minister. - Bitte schön!

(Zurufe)

Ich darf mich herzlich für die Glückwünsche bedanken.

Zurück zu unseren 300 Millionen Euro: Nahezu innerhalb einer Woche - wenn man es zuspitzt: an einem Wochenende - haben sich die Planungen gegenüber der Ansage von 300 Millionen Euro nochmals überholt. Die Dynamik ist ungebrochen. Die von uns geplante Nachsteuerung der Bedarfe in dieser Größenordnung wird nicht ausreichen. Es taucht zunehmend die praktische Frage auf, wie und wo die Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Die Kapazitäten der Landesaufnahmebehörde sind erschöpft und die vieler Kommunen auch.

Die Landesregierung ist deshalb dabei, meine Damen und Herren, im großen Umfang Notauf

nahmeplätze zu schaffen, um die Flüchtlinge nach der Erstaufnahme in der Aufnahmebehörde unterzubringen. Notaufnahmeplätze! Darauf hat der Ministerpräsident heute Morgen hingewiesen. Aktuell haben wir zu den rund 5 000 Plätzen in den Erstaufnahmeeinrichtungen bereits jetzt zusätzlich 8 000 Notaufnahmeplätze. Diese Maßnahmen sind ein organisatorischer und natürlich auch ein finanzieller Kraftakt. Auf der anderen Seite entspricht dieses Vorgehen dem Wunsch der Kommunen. Es führt zu einer Entlastung. Jedenfalls verhindert es eine weitere kurzfristige ungebremste Belastung der kommunalen Ebene, und zwar sowohl in praktischer als auch in finanzieller Hinsicht.

An den Einzelheiten, an den genauen Zahlen arbeiten wir zurzeit noch. Es ist aber deutlich, dass es hier zusätzliche Finanzbedarfe gibt. Ich kann heute noch keine genauen Zahlen nennen; dafür bitte ich um Verständnis. Ich danke aber schon jetzt den Fraktionen für die erklärte Bereitschaft, diesen Nachtrag, abweichend von den üblichen formalen Vorgaben, sehr rasch zu beraten, damit wir gemeinsam im Oktober zu einer Entscheidung im Hause kommen können und die Mittel dann für die verschiedenen Zwecke, für die sie dringend benötigt werden, zur Verfügung gestellt werden können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Mehrausgaben des ersten Nachtragshaushalts haben wir mithilfe von Steuermehreinnahmen auf der Basis der Mai-Steuerschätzung decken können. Eine zusätzliche Schuldenaufnahme konnte unterbleiben.

Angesichts der erfreulichen Haushaltsentwicklung - der Istentwicklung - könnten wir auch den zweiten Nachtrag mit den ursprünglich ins Auge gefassten 300 Millionen Euro über zu erwartende Steuermehreinnahmen stemmen. Das wird nach dem derzeitigen Stand - bezogen auf die Notaufnahmeplätze, über die ich eben gesprochen habe - nicht ausreichen. Es zeichnet sich ein weiterer Bedarf ab. Zur Deckung - das kann Ihnen schon jetzt sagen - werden wir Ihnen vorschlagen, auf die allgemeine Rücklage zurückzugreifen. Dafür hat man eine allgemeine Rücklage: für Einnahmeeinbrüche aufgrund konjunktureller Veränderungen oder eben für unerwartete Ausgabensprünge, die es in diesem Fall gibt.

Ich darf die Bemerkung machen: Wäre ich den guten Vorschläge in der Vergangenheit immer gefolgt, dann wären wir schon jetzt am Ende. Wir

können froh sein, dass wir diese Rücklage haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Johanne Modder [SPD]: Ja, genau so ist das! - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig! - Zuruf von Christi- an Grascha [FDP])

Ich habe immer vor Konjunktureinbrüchen gewarnt und von der Vorsorge für Konjunktureinbrüche gesprochen. Das ist nun nicht geschehen. Auf der Einnahmeseite haben wir keine Probleme. Aber wir haben jetzt auf der Ausgabeseite Probleme, und zwar mit einer großen Problematik.

(Ulf Thiele [CDU]: Herr Schneider, Sie wissen, dass es völliger Nonsens ist, das, was Sie erzählen!)

Ich kann mich jedenfalls nach langen Jahren Landespolitik nicht erinnern, dass sich Haushaltsdaten in einer solch sprunghaften Entwicklung verändert haben, wie wir das zurzeit erleben.

(Das Handy von Minister Peter-Jürgen Schneider klingelt erneut)

Das ist ja - - -

(Ulf Thiele [CDU]: Man kann das Ding auch ausmachen!)

- Ja, dann muss ich das Ding zuerst einmal in Gang bringen.

(Heiterkeit)

Das ist die Schwierigkeit, die ich habe. Ich lege das jetzt dahin.

(Zurufe)

Das ist der Fluch, weil wir alle von der NSA abgehört werden.

(Heiterkeit)

Für den Fall, dass wir abgehört werden, haben wir Sperren. Es schaltet in drei Minuten aus.

(Zurufe - Minister Peter-Jürgen Schneider gibt sein Handy ab)

Herr Minister, ich unterbreche Sie, damit Sie das ausführen können. - Herr Thiele möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen. Vielleicht passt das ganz gut.