Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

Ich bitte, die Namen der Kollegen richtig auszusprechen. Es antwortet der Kollege Henning.

(Beifall bei der SPD)

Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Dr. Siemer, wir kennen uns doch schon sehr lange. Sie sollten wissen, dass ich Henning heiße. Aber beim nächsten Mal kriegen Sie es sicher richtig hin.

Um Ihnen noch einmal auf die Sprünge zu helfen, Herr Dr. Siemer: Den Unterschied zwischen der Vermögensteuer und der Erbschaftsteuer haben Sie offensichtlich immer noch nicht begriffen, weil Sie beides stets in einen Topf schmeißen.

An Erbschaftsteuer wird dieses Land keinen Cent einnehmen, wenn kein Todesfall da ist. Die Erbschaftsteuer ist eine einmalige Anfallsteuer, wenn in diesem Land gestorben wird.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe von der CDU - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)

- Wenn Sie zuhören könnten, Herr Dr. Siemer, dann könnte das für Sie eine Lehrstunde sein.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Vermögensteuer hingegen ist eine laufend veranlagte Steuer. Sie fällt jährlich an und ist jährlich aus den Erträgen und zum Teil auch aus der Substanz des Unternehmens zu bezahlen. Sie haben recht: Das hat das Bundesverfassungsgericht damals auch für verfassungswidrig erklärt.

Aber wie gesagt: Die Erbschaftsteuer ist eine einmalige Anfallsteuer. Wenn Sie sterben, müssen Ihre Erben die Steuer zahlen. Das ist ein großer Unterschied. Um es einmal so zu sagen: Der Landeshaushalt hat nichts davon, wenn nicht gestorben wird. - Das ist das eine.

Das Zweite, um Ihre Frage zu beantworten. Sie tischen ja ständig das Ammenmärchen auf, dass die Unternehmen so hoch belastet wären. Da kann ich Ihnen nur entgegnen: Schauen Sie sich doch einmal an, wie viele Unternehmen tatsächlich Erbschaftsteuer auf ihr Betriebsvermögen zahlen! Das ist ein verschwindend geringer Anteil. Und wenn Sie sich ferner anschauen, wie viele Unternehmen unter die Bedürfnisprüfung fallen, dann wissen Sie, warum der Fall, den Sie geschildert haben, bei den

kleinen und mittleren Unternehmen in den meisten Fällen überhaupt nicht anfallen wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen halte ich Ihre Frage, die eine rein rhetorische Frage ist, für beantwortet.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ohne Zweifel: Kurzinterventionen beleben die Debatte. Aber die 90 Sekunden sind um.

Nun geht es in der Debatte mit dem Beitrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen weiter. Der Kollege Gerald Heere hat das Wort. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil im Dezember 2014 diskutieren wir heute zum wiederholten Mal über die Zukunft der Erbschaftsteuer.

Herr Bode, wenn Sie bemängeln, dass Sie nicht genau wissen, wofür wir stehen, dann finde ich es sehr bedauerlich, dass Sie offensichtlich nicht zugehört haben. Denn das, was ich jetzt sage, kann ich inzwischen fast auswendig. Ich hätte vermutet, dass auch Sie es können.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir Grüne halten die Erbschaftsteuer für ein zentrales Element eines gerechten Steuersystems. Leider ist dieses Element zurzeit die einzige Möglichkeit in Deutschland, um hohe Vermögen zu besteuern. Denn auch diese sollen ihren solidarischen Beitrag zu unserem Gemeinwesen leisten.

Herr Siemer, Sie sprachen von Doppelbesteuerung: Wenn jemand erbt, dann hat er dafür vorher nichts getan. Das ist genau der Unterschied! Genau deshalb ist es richtig, dass Erbschaften noch einmal besteuert werden, damit sie beim Unternehmensübergang oder beim Übergang von privatem Vermögen - das ist ja egal - noch einmal zur solidarischen Finanzierung unseres Gemeinwesens beitragen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Kollege Heere, von Herrn Dr. Siemer gibt es den Wunsch, eine Zwischenfrage stellen zu dürfen.

Nein.

Gilt das jetzt grundsätzlich? Dann weiß ich Bescheid.

Okay. Bitte!

Einig sind wir uns in diesem Haus nur über wenige Punkte, nämlich ganz ausdrücklich, familiengeführte kleine Unternehmen mit ihren Arbeitsplätzen durch die Erbschaftsteuer nicht in ihrer Existenz zu beschränken und nicht dafür zu sorgen, dass Arbeitsplätze abgebaut werden. An dieser Stelle sind wir uns völlig einig.

Aber das Problem ist: Wir haben eine große Differenz. Während wir die Erbschaftsteuer als wichtige Landessteuer erhalten wollen, haben Sie - da habe ich bei der FDP nichts anderes erwartet, aber leider auch die CDU - hier im Haus wohl nur das Ziel, diese Steuer im Kern abzuschaffen. Anders als Sie halten wir jedoch am Ziel der Steuergerechtigkeit bei dieser Steuer fest.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es ist schön, wie Sie sich hier bei Ihren Anträgen um die Details streiten. Ich kann Ihnen nur sagen: Beide würden im Kern am Ende wieder zur Verfassungswidrigkeit führen. Insofern macht es keinen Sinn, dass Sie sich darum streiten, sondern wir müssen uns mit realistischen Ansätzen auseinandersetzen und uns angucken, wie wir diese Steuer zukunftsfest und vor allen Dingen verfassungsfest ausgestalten. Genau da ist die Landesregierung mit Landesfinanzminister Peter-Jürgen Schneider auf der Bundesebene genau in den richtigen Diskussionen. Die wollen wir an dieser Stelle unterstützen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es geht ausdrücklich um 400 Millionen Euro. Zu den 300 Millionen Euro kommen 100 Millionen Euro aus dem Länderfinanzausgleich hinzu, die aus der Erbschaftsteuer resultieren. Damit investieren wir in diesem Land in Bildung, in Betreuung, in Forschung und in die Zukunftsfähigkeit dieses Landes. Auf solches Geld können wir nicht einfach verzichten. Deshalb ist es wichtig, dass bei der Neugestaltung der Erbschaftsteuer auch der Aspekt aufrechterhalten wird, dass die Einnahmen nicht zurückgehen. Genau dieses Element wird bei der Novellierung im Fokus stehen müssen - nicht als Einziges, aber auch.

Abschließend sage ich: Ich habe Hoffnung, dass wir auf der Bundesebene bei den Verhandlungen mit den anderen Bundesländern - wenn man sich anguckt, was in der nächsten Woche im Bundesrat zur Abstimmung ansteht - noch ein Stück weit vorwärts kommen und am Ende eine wirklich zukunftsfeste Ausgestaltung haben, die wirklich dauerhaft trägt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Heere. Auch Sie können gleich in der Nähe bleiben.

Diesmal kommen die Kurzinterventionen in anderer Reihenfolge, nämlich zunächst von der CDUFraktion. Herr Dr. Siemer, 90 Sekunden. Bitte!

(Detlef Tanke [SPD]: Jetzt aber nicht wieder Theorie, sondern aus der Pra- xis!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Tanke, ich bin Ihnen für Ihren Zwischenruf ausdrücklich dankbar. Das kommt selten vor.

Ich muss tatsächlich sagen: Herr Heere, Sie reden hier von der Erbschaftsteuer wie ein Blinder von der Farbe. Sie haben davon überhaupt keine Ahnung.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei den GRÜNEN)

Es geht hierbei um Familienunternehmen, in denen Familienmitglieder mitgearbeitet haben.

Herr Dr. Siemer, auch Sie möchte ich jetzt ermahnen. Ich glaube, das ist kein geeigneter Vergleich: „wie ein Blinder von der Farbe“. Das könnte man auch als diskriminierend auffassen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zurufe)

- Meine Damen und Herren, wenn wir die Anliegen von Menschen mit Handicaps ernst nehmen, dann sollten wir sie nicht herausfordern, indem wir sagen: Er redet wie ein Blinder von der Farbe. - Denken Sie einmal darüber nach!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Deswegen greife ich das als Appell an alle auf, bei der Wortwahl doch etwas nachdenklicher zu sein.

Herr Präsident, hätte ich denn sagen dürfen: Wie eine Kuh vom Fliegen? - Gut, wenn das irgendwem sauer aufgestoßen sein sollte, dann entschuldige ich mich ausdrücklich dafür.