Protokoll der Sitzung vom 17.09.2015

- Ich komme noch näher zu diesem Thema, Herr Grascha. Sie dürfen ja gleich auch noch reden.

(Christian Grascha [FDP]: Gott sei Dank!)

- Das wird dadurch aber auch nicht besser!

(Jens Nacke [CDU]: Nicht nervös werden, Frau Kollegin! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

- Das bin ich überhaupt nicht! Sie können mich gewiss nicht nervös machen. Dann würde es mir schlecht gehen, wenn Sie mich nervös machen könnten.

(Heiterkeit und starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das zeigt, wie verzweifelt die CDU-Fraktion sein muss, wenn sie jetzt mangels eigener inhaltlicher Positionierung versucht, ein abgeschlossenes Thema für eigene parteitaktische Zwecke zu instrumentalisieren.

Ich will darauf aber noch näher eingehen. Ich darf daran erinnern, dass der Landesrechnungshof bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2012 das Thema der Geltungsdauer von Kreditermächtigungen aufgeworfen hat. Die derzeitige Vorgehensweise bei der Übertragung von Kreditermächtigungen wird seit 2006 praktiziert, stammt also noch aus der Zeit von Minister Möllring. Wieder einmal haben Sie jetzt also schon Probleme mit der eigenen Vergangenheitsbewältigung!

Bei der Frage, wann denn tatsächlich eine Kreditermächtigung realisiert, d. h. ein Kredit aufgenommen wird, geht es immer darum, einen möglichst wirtschaftlichen Weg zu gehen. Solange ausreichend Liquidität vorhanden ist, werden keine Kredite aufgenommen. Das ist bewährte Praxis seit Jahrzehnten nicht nur im Land Niedersachsen. Im Rahmen des sogenannten Kontenclearings verschafft sich das Land ein Maximum an liquiden Mitteln, indem Geldbestände u. a. von Sondervermögen, Fonds, Abrechnungskonten, aber auch von regulären Einnahmen wie Gebühren und Steuern an jedem Abend konsequent eingezogen werden. Diese Mittel werden zwar kurzfristig zur Finanzierung von Ausgaben herangezogen,

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

können aber natürlich für den Haushaltsausgleich nicht herangezogen werden. Spätestens dann ist die Kreditermächtigung für die reguläre Kreditaufnahme heranzuziehen.

Streitig zwischen dem Landesrechnungshof und der Landesregierung ist jetzt die Auslegung der Regelungen in § 13 und § 18 der Landeshaushaltsordnung. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob mit der Bezeichnung „Ende des Jahres“ der 31. Dezember oder der Termin der Buchung im Rahmen des Jahresabschlusses gemeint ist, wie es das Finanzministerium sieht.

(Christian Grascha [FDP]: Also ist doch nicht alles geklärt!)

In diesem Zusammenhang ist auch streitig geblieben, ob die Landeshaushaltsordnung so auszulegen ist, dass dabei Kreditermächtigungen für Deckungskredite und für Tilgungskredite einheitlich oder getrennt zu beurteilen sind.

Unstreitig zwischen Landesrechnungshof und Landesregierung war, dass der Dissens ausschließlich in der Auslegung der Regelungen der Landeshaushaltsordnung besteht und keinerlei verfassungsrechtliche Grundlage hat. Zu diesem Thema hat es intensive und konstruktive Gesprä

che gegeben mit der Folge, dass es jetzt im aktuellen Bericht des Landesrechnungshof ein Einvernehmen zwischen Landesregierung und Landesrechnungshof gibt, das da lautet, dass der Landesrechnungshof keinerlei Notwendigkeit mehr sieht, die aufgeworfenen Fragen einer verbindlichen Klärung zuzuführen.

In der Vorstellung des diesjährigen Jahresberichts hat der Landesrechnungshof das Problem des Jahresabschlusses als gelöst bezeichnet. Meine Damen und Herren, Sie versuchen wieder einmal, ein totes Pferd zu reiten!

(Björn Thümler [CDU]: Falsch!)

Das kann nicht klappen; denn es hilft nicht, zu versuchen, das tote Pferd mit einer stärkeren Peitsche wieder zum Leben zu bringen.

(Beifall bei der SPD - Christian Grascha [FDP]: Sie wollen nur jeden Schulden-Euro retten! Das ist Ihre Po- litik! Maximale Schulden!)

Genauso wenig wird es Ihnen mit diesem Versuch gelingen, wieder ein Thema in die Diskussion zu bringen, das zwischen den Beteiligten längst abgeschlossen ist.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Geuter. - Es gibt eine Kurzintervention auf Ihren Beitrag. Herr Kollege Hilbers, bitte!

(Unruhe)

- Ich darf Sie alle noch einmal um etwas mehr Ruhe bitten!

Frau Präsidentin! Frau Geuter, das, was Sie eben gemacht haben - ich weiß ja, dass Sie mich gemeint haben; das wird ja hier und da aus Ihren Reihen auch kolportiert -, halte ich für eine Ungeheuerlichkeit. Ich habe vor meiner Tätigkeit hier im Landtag für die Lebenshilfe Nordhorn gearbeitet, für eine Einrichtung, die nach Entgelt und nach der Eingliederungshilfe abrechnet.

Das ist ein völlig normaler Vorgang. Das können Sie nicht damit gleichsetzen, wenn sich Verbandsfunktionäre an der Spitze das Geld, das eigentlich für die Stärkung von sozialen Strukturen und für

soziale Infrastrukturen zur Verfügung steht, für ihre eigene Tätigkeit im Verband unter dem Deckmantel der Beratung einverleiben.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Vor- sicht, Vorsicht! - Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn eine Präsidentin eines Verbandes, der 800 Mitgliedsverbände hat, noch beratend tätig sein will, dann soll das derjenige glauben, der das glauben will. Ich jedenfalls glaube das nicht.

Meine Tätigkeit damit gleichzusetzen, Frau Geuter, ist eine Ungeheuerlichkeit. Ich habe auf der Grundlage eines ganz normalen Arbeitsvertrages in einer Einrichtung gearbeitet, die zum Teil aus Eingliederungshilfemitteln finanziert wird, deren Bewohnerinnen und Bewohner sowie deren Werkstattbeschäftigte daraus finanziert werden. Das gleichzusetzen, ist eine Ungeheuerlichkeit und falsch. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie das zurücknehmen. Das ist nicht in Ordnung, und das lasse ich mir auch nicht gefallen!

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie versuchen hier, einen Vorgang, den die Nachfolgerin von Frau Rundt klugerweise sofort abgestellt hat, als er an die Öffentlichkeit gekommen war - jeder hat sich gefragt: Wie kann ein Verband noch unabhängig sein, wenn er seine Spitze, die den Verband verkörpern soll, aus staatlichen Mitteln finanziert, die eigentlich für die soziale Wohlfahrt vorgesehen sind? -, mit einem Beschäftigungsverhältnis in einer Einrichtung gleichzusetzen, die auch aus öffentlichen Mitteln auf der Grundlage von Kostenvereinbarungen finanziert wird. Das ist eine Ungeheuerlichkeit. Das ist eine absolute Entgleisung. Ich erwarte, dass Sie sich dafür entschuldigen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Frau Kollegin Geuter antwortet auf die Kurzintervention. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich empfehle Ihnen, in aller Ruhe und Gelassenheit den Wortlaut des Protokolls nachzuvollziehen. Dann werden Sie feststellen, dass ich nichts zurückzunehmen habe.

Denn ich habe im Gegensatz zu Ihnen keine vagen Unterstellungen vorgenommen, sondern ich habe es sogar positiv gemeint, weil ich Ihnen positiv zugetraut habe, dass Sie aufgrund Ihrer Tätigkeit im Landtag und aufgrund Ihrer vorherigen Tätigkeit die gesetzlichen Regelungen zur Finanzierung der Wohlfahrtsverbände kennen. Wenn ich mich da getäuscht haben sollte, dann kann ich mich natürlich entschuldigen.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Wir setzen nun die Beratungen fort. Das Wort hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Twesten. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nicht leicht, nach dieser Debatte wieder zu dem eigentlichen Thema zurückzufinden.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Nach der Entgleisung, meinen Sie!)

- Nein.

Gestatten Sie mir an dieser Stelle ein Wort vorab: Sie verlieren sich in nebulösen Vorwürfen, wie wir eben wieder festgestellt haben. Manchmal reicht das Denken nicht. Da empfehle ich Nachdenken, Herr Hilbers.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich musste schon während der Beratungen im Ausschuss feststellen, dass Sie von strategischen Leitungsaufgaben tatsächlich nicht unbedingt so viel Ahnung haben, wie wir alle vermutet haben.

(Zuruf: Hilbers, nun sag doch mal et- was dazu! - Weitere Zurufe - Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie noch einmal um Ruhe bitten. Auch wenn wir am Ende der Beratungen sind, werden wir erst fortfahren, wenn hier im Plenarsaal Ruhe eingekehrt ist.

(Jens Nacke [CDU]: Wer technisch nicht mithalten kann, geht auf den Mann! - Weitere Zurufe - Anhaltende Unruhe)

- Das gilt für alle. Moment, Frau Twesten! Ihre Redezeit ist gestoppt, sodass dies kein Problem ist. - Bitte!

Wir stellen fest: Herr Hilbers hat Nachholbedarf, was Leitungsaufgaben anbelangt.