Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Will, ich habe die Prognosezahlen für 2015 vorhin genannt und darauf hingewiesen, dass sie stetig erhöht worden sind. Zusätzlich sind weitere Einrichtungen geschaffen worden. Es sind ja weitere Bundeswehrkasernen hinzugekommen. Vor diesem Hintergrund werden wir als Landesregierung prüfen, inwieweit eine Ausweitung des besagten Projektes möglich und sinnvoll ist. Das hängt sicherlich damit zusammen, welche Einrichtungen zu welchem Zeitpunkt in Betrieb sind.
Wichtig ist dabei ein geordnetes Verfahren, weil wir mit den Informationen über die Flüchtlinge und die Asylsuchenden verlässlich und vertrauensvoll umgehen müssen. Das wird also in die Planung mit einbezogen. Also kein Aktionismus; denn der wür
de uns, glaube ich, nicht helfen. Es geht nicht darum, möglichst schnell und möglichst intensiv an allen Standorten etwas zu machen, sondern das, was wir machen, muss am Ende einen hohen Qualitätsmaßstab erfüllen, damit wir das an die Agenturen, an die Jobcenter und an die aufnehmenden Kommunen weitergeben können und daraus ein Mehrwert entsteht. Wir werden intensiv prüfen, ob wir dieses Projekt auf weitere Standorte ausdehnen können.
Erfreulicherweise - das will ich an dieser Stelle sagen - hat das niedersächsische Beispiel auch schon Schule gemacht. Es gibt andere Bundesländer, die sich über das Projekt, das wir hier gestartet haben, informieren. Sachsen-Anhalt ist dabei, sich sehr intensiv über das niedersächsische Projekt zu informieren. Wichtig dabei ist auch das Signal, das wir vom Bund bekommen haben. Auch vom Bund gibt es mittlerweile klare Signale dahin gehend, dass die Kompetenzerfassung durch die Bundesagentur - wir als Land haben dies in Partnerschaft mit der Bundesagentur ja gefördert - in Erstaufnahmeeinrichtungen vorzunehmen ist. Wir werden in intensiven Gesprächen gerade auch mit dem Bund und dem BMAS darüber diskutieren, wie wir eine solche Beratung qualifiziert und den Ansprüchen der Menschen, die hier her kommen, gerecht werdend ausbauen können.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung, ob sie bereits über Informationen über die Qualifikationen, die die Asylsuchenden mitbringen, verfügt - wenn möglich, differenziert nach Herkunftsländern und vielleicht auch nach Altersgruppen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Vizepräsidentin, da wir das Projekt noch nicht so intensiv ausgewertet haben, da wir es erst im Juli gestartet haben, kann ich jetzt sozusagen nur einen ersten Überblick geben. Gerade bei denen, die jetzt in den Erstaufnahmeeinrichtungen an der Kompetenzfeststellung teilgenom
men haben, stellen wir einen hohen Bildungsstand, auch einen hohen Grad an akademischen Abschlüssen fest.
Ich bitte nur um Verständnis: Wir haben noch keine große und breite statistische Grundlage, um signifikant sagen zu können, wie groß der Anteil des besagten Personenkreises ist. Wir schlüsseln das gerade auf, um eine herkunftslandbezogene Aussage treffen zu können. Das kann man, glaube ich, sehr früh sagen. Gerade unter den Flüchtlingen und den Asylsuchenden aus Syrien haben wir einen sehr hohen Anteil an Menschen mit einem hohen Bildungs- oder Ausbildungsgrad oder einem akademischen Grad - in den Beratungen jetzt sogar mit einem extrem hohen Anteil.
Zu Beginn - das will ich auch sagen - sind immer wieder zwei Größenordnungen genannt worden. Da hieß es nämlich, dass die Menschen, die als Flüchtlinge oder Asylsuchende zu uns kommen, zu einem Fünftel einen Hochschulabschluss besitzen und zu einem Drittel ein z. B. mit der dualen Ausbildung oder einer entsprechenden Qualifizierung vergleichbares Niveau haben. Angesichts solch hoher Zahlen wäre ich sehr vorsichtig, anzunehmen, dass das sozusagen auf die Menge übertragbar sei. Davor würde ich warnen. Ich glaube, dass diese Grundlage aus einer Zeit stammt, in der wir sehr intensiv auf eine geringere Zahl von Flüchtlingen und Asylsuchenden geblickt haben - gerade was Flüchtlinge und Asylsuchende aus Syrien angeht.
Deshalb bitte ich wirklich: Wir sollten diesen Maßstab, der oft noch kommuniziert wird, weil er natürlich auch im Raum stand, deutlich absenken. Ich gehe nicht davon aus, dass wir in Niedersachsen mit dem Blick auf das Qualifikationsniveau von Flüchtlingen und Asylsuchenden flächendeckend diese Zahl erreichen.
Trotzdem bin ich davon überzeugt - das zeigt sich schon jetzt -, dass wir einen großen Teil an hochmotivierten und hochqualifizierten Menschen haben, die nach Deutschland kommen, die dem Arbeitsmarkt in Deutschland - das gilt im gleichen Maße in Niedersachsen - mit Blick auf den Fachkräftebedarf hervorragend helfen können. Das kann - und das muss unser Ziel sein - eine WinWin-Situation für die Unternehmen und die Menschen, die in unser Land kommen, sein.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, welche Arbeitsmarktchancen für Flüchtlinge verspricht sich die Landesregierung von dem geplanten Projekt der Handwerkskammern?
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Herr Heymann, gerade die Handwerkskammern haben in den letzten Jahren schon intensiv deutlich gemacht, dass sie vor der großen Herausforderung stehen, die Ausbildungsplätze im Handwerk zu besetzen. Das ist nicht nur die Aussage der Kammern, sondern ist die Realität, wie wir feststellen, wenn wir uns die unbesetzten Stellen im Bereich des Handwerks genau ansehen. Es ist eine große Zahl von zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätzen statistisch erfasst. Ich glaube, die Zahl und die Bereitschaft, auszubilden, sind in der Realität noch viel größer.
Viele haben inzwischen resigniert und fast aufgegeben, überhaupt noch Auszubildende zu gewinnen. Deswegen war das Handwerk schon sehr früh dabei und hat sehr interessiert gefragt: Kann nicht die Situation, dass Menschen als Flüchtlinge und Asylsuchende nach Deutschland kommen, eine gute Perspektive auch für das Handwerk sein, den Fachkräftebedarf zu decken? Er ist schwerer zu decken als der in der Industrie. Wir erleben genau das: Die Ausbildungsplätze in der Industrie gerade bei großen Unternehmen sind deutlich leichter zu besetzen als jene im Handwerk, weil die Hemmschwelle vielleicht höher ist oder man auch nicht so genau weiß, was man sich unter Handwerk vorstellen muss, und - dies gehört ehrlicherweise dazu - die Bezahlung in der Industrie oft höher ist; auch das gehört natürlich zur Realität.
Deswegen versprechen wir uns davon eine ganze Menge und haben das auch intensiv mit der Handwerkskammer beraten. Wir werden dieses Projekt im November starten. In seinem Rahmen erfolgt die Kompetenzfeststellung nicht nur in Gesprächen, sondern in sechswöchigen Kursen in den Berufsbildungsstätten der Handwerkskam
mern. Dort wird eine wirklich detaillierte Kompetenz- und vielleicht auch Neigungsfeststellung vorgenommen. Daran schließen sich entsprechende Praktika an, sodass aus der Feststellung von Kompetenz und Neigung und den Praktika hoffentlich auch die Chance entsteht, in dem jeweiligen - oder einem vergleichbaren - Betrieb zu bleiben und eine duale Ausbildung zu beginnen. Dazu ist das Handwerk absolut bereit.
Wir müssen jetzt aber auch für die rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen. Ich will noch einmal betonen: Am Ende reicht es nicht aus, dass wir dem Handwerk ermöglichen, dass die dreijährige Ausbildung dort erfolgen kann. Das Handwerk hat ja nicht nur Bedarf an jungen Menschen, die eine Ausbildung absolvieren, sondern hat genauso Bedarf an Fachkräften, die auch bleiben. Also muss unser gemeinsames Interesse sein, mindestens erst einmal diese zwei Jahre in Ergänzung auch rechtlich abzusichern. Ziel muss natürlich sein, dass diejenigen, die wollen, die eine qualifizierte Ausbildung im Handwerk haben, auch die Perspektive haben, hier weiterarbeiten zu können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat Kenntnisse über die berufliche und akademische Ausbildung der Asylbewerberinnen und -bewerber. Herr Minister, Sie haben vorhin ausgeführt, was Sie da zu tun gedenken. Können Sie schon eine Zahl oder eine Größenordnung der erfassten Bewerberinnen und Bewerber nennen, die infrage kommen, und gibt es auch Bewerberinnen und Bewerber, die schon vermittelt worden sind?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Heineking, jetzt müssen wir noch einmal unterscheiden - die Frage kam vorhin auch von Herrn Bley -: im Laufe der letzten Monate und
Herr Stietenroth hat in dem Gespräch, das wir zur Fachkräfteinitiative hatten, betont, dass es bisher ungefähr 300 intensive Gespräche in den Erstaufnahmeeinrichtungen gegeben hat, wie gesagt, immer auf der Grundlage hoher Bleibechancen und Freiwilligkeit.
Wir haben schon einige Daten. Wir können noch nicht alles sagen, können aber erfassen, woher sie kommen. Wir haben einen relativ hohen Anteil männlicher Asylsuchender jüngeren Alters. Wir haben die Aufteilung in männlich/weiblich, wissen aber noch nicht - das ist der Kürze der Zeit geschuldet, in der wir das Projekt durchführen -, wie der weitere Weg ist.
Dazu will ich sagen: Wenn wir die erste Beratung in den Erstaufnahmeeinrichtungen machen, dann bedeutet das nicht Vermittlung in den Arbeitsmarkt, sondern das ist sozusagen eine Kompetenzfeststellung, die dazu dienen soll, dass die Menschen, wenn der Weg in die Gemeinden oder die Städte vollzogen wird, dorthin, wo sie bleiben sollen, dort nicht in ein Loch fallen und erst einmal gar nichts passiert, sondern wir mit einer breiten Menge an Informationen kommen können, die direkt vom Jobcenter, von den Agenturen oder den Kommunen weiterverarbeitet werden können. Der seltenste Fall wird sein, dass man sozusagen den direkten Weg aus der Erstaufnahmeeinrichtung in die Qualifizierung oder den Job geht. Der normale Weg wird ein anderer sein. Er wird sein, dass wir diese Informationen als gute Grundlage nehmen, möglichst früh, zügig, schnell und kompetent eine Perspektive dort zu liefern, wo die Menschen am Ende sesshaft werden oder zumindest die nächsten Jahre bleiben werden.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung - auf der einen Seite gibt es also Gespräche, und Sie erfassen auch die Asylbewerberinnen und Asylbewerber; auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die, die Arbeit brauchen -: Gibt es da schon Aussagen? Spricht man mit Arbeitgebern über die Möglichkeit, Asylbewerberinnen und Asylbewerber einzustellen? Kann man eine Größenordnung
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Heineking, ich will es noch einmal betonen: Es ist ja nicht nur unsere Vorstellung, uns um Menschen, die hierherkommen, zu kümmern und zu schauen, welche Kompetenzen sie haben, und sie in Arbeit zu vermitteln. Es ist auch ein Ziel und ein Weg, der von den Unternehmen in unserem Land deutlich beschrieben wird.
Da muss man aber unterscheiden. Der größte Druck kommt aus dem Handwerk, weil es im Handwerk derzeit spürbar die größten Probleme gibt, sowohl die Ausbildungsstellen zu besetzen als auch qualifizierten Nachwuchs für bestimmte Berufe zu finden. Das heißt, das Handwerk ist dort sehr stark involviert. Ich bitte um Verständnis, dass wir in der Regel nicht mit den einzelnen Handwerksunternehmen sprechen - das ist eher der Fall, wenn es sich aus persönlichen Gesprächen ergibt -, sondern natürlich sind die Kammern und die Innungen unsere wichtigen Partner, um das im engen Dialog mit ihnen voranzutreiben. Sie tragen diesen Wunsch und dieses Ziel mit Nachdruck vor.
Die Zahl der Betriebe, mit denen wir gesprochen haben, ist etwas schwer zu definieren. Die Frage wird eher sein: Wie viele Unternehmen in Niedersachsen aus den Bereichen Handwerk, Industrie und Dienstleistungen haben ihr Interesse bekundet? - Da ist mein Eindruck, dass das enorm viele sind, die großes Interesse an Fachkräften haben. Fachkräfte können auf der einen Seite diejenigen sein, die als Flüchtlinge und Asylsuchende hierherkommen. Dies sind auf der anderen Seite aber genauso diejenigen, die schon hier leben und arbeitsuchend sind. Wir müssen uns darauf konzentrieren, immer beide Gruppen zu nennen, um nicht zu einer Spannung innerhalb derer zu kommen, die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt suchen, was eher zu einer Spaltung führen könnte als zu dem Verständnis, dass wir hier für alle etwas tun können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Lies, vor dem Hintergrund, dass seit Beginn Ihres Projekts etwa 15 000 Asylbewerber in Niedersachsen angekommen sind: Wie wollen Sie sicherstellen, dass nicht nur, wie Sie es gerade gesagt haben, 300 Feststellungen erfolgen? 300 Feststellungen sind ja lediglich eine symbolische Größenordnung, und es ist doch unbestritten, dass die Feststellung der Kompetenz entscheidend für die Integration in den Arbeitsmarkt ist.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schünemann, das ist in der Tat unbestritten. Unser Ziel muss es sein, möglichst viele der Flüchtlinge und Asylsuchenden, die zu uns kommen, sehr früh, intensiv und kompetent zu beraten und ihnen die notwendigen Informationen zu geben.
Ich will es wiederholen: Entstanden ist das Projekt zu einem Zeitpunkt, als wir davon ausgegangen sind, dass ungefähr 230 000 Menschen als Flüchtlinge und Asylsuchende zu uns nach Deutschland kommen, davon ca. 23 000 nach Niedersachsen. Bei einer solchen Größenordnung können wir mit Blick auf die Verweildauer in den Erstaufnahmeeinrichtungen und mit Blick auf die Personalstärke, sage ich mal, einen großen Schritt vorankommen. Man darf nicht vergessen, dass das im Juli nicht gleich zu 100 % gestartet ist, sondern dass, wie es immer so ist, erst einmal geklärt werden musste, welche Räume zur Verfügung stehen, ob die EDV angebunden ist, um die Daten weiterzugeben usw.
Jetzt ist alles im Fluss. Wir hätten der Situation bei der damaligen Zahl mit den bestehenden Möglichkeiten sicherlich gerechter werden können, als es jetzt bei der hohen Zahl der Flüchtlinge der Fall ist. Jetzt gelingt das nur ansatzweise. Also muss es unser Ziel sein - deswegen bin ich auch ganz dankbar, dass Bundesministerin Nahles das Projekt, das wir hier angegangen sind, als richtigen Schritt und Weg sieht und es damit auch auf die Bundesebene hebt -, gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit und allen anderen Verantwortlichen daran zu arbeiten, die notwendigen räumlichen und personellen Rahmenbedingungen zu
schaffen, damit nicht nur in den bisherigen vier, sondern hoffentlich auch in weiteren Erstaufnahmeeinrichtungen möglichst viele Flüchtlinge beraten werden können - möglicherweise mehr, als wir heute finanzieren können, obwohl die Zahl der Flüchtlinge jetzt viermal höher ist, als ursprünglich gedacht. Das ist das eigentliche Ziel.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das eine Wichtige ist sicherlich die Feststellung der Kompetenz und der Qualifikation von Migranten, Einwanderern und Flüchtlingen. Das andere Wichtige ist natürlich, die bürokratischen Hürden abzubauen. Deswegen frage ich die Landesregierung, ob sie sich bisher gegenüber der Bundesarbeitsministerin für die Abschaffung der Arbeitsverbote und der Vorrangprüfung bei der Bundesagentur eingesetzt hat und, wenn ja, in welcher Form.