Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den darf ich bitten, sich wieder zu erheben. - Auch dieses Gesetz ist einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 8: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes über die kommunale Neuordnung der Landkreise Göttingen und Osterode am Harz - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 17/4109 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 17/4528 - Schriftlicher Bericht - Drs. 17/4562

Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Christian Grascha.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Über die Fusion der Landkreise Osterode am Harz und Göttingen kann man hier sicherlich vieles berichten und vieles diskutieren. Ich möchte mich zur Begründung der Ablehnung meiner Fraktion auf den Punkt der Bürgerbeteiligung konzentrieren.

Im Jahr 2012 haben sich viele Bürgerinnen und Bürger in einer Bürgerinitiative zusammengetan und dafür geworben und gekämpft, einen Bürgerentscheid durchzuführen. Das ist glücklicherweise gelungen. Die von Rot-Grün im Kreistag von Osterode beschlossenen Bedingungen allerdings, unter denen der Bürgerentscheid in die Realität umgesetzt wurde, waren aber sehr dubios.

Ich nenne nur einige Beispiele. Man hat einen Termin gefunden, den 2. Dezember 2012. Man hat also bewusst nicht den Termin der Landtagswahl - ich erinnere daran: das war der 20. Januar 2013 - genommen, weil man hierbei offensichtlich Angst vor dem Votum der Bürgerinnen und Bürger hatte. Der Termin wurde also auf den Tag 49 Tage vor der Landtagswahl festgesetzt.

Das hatte automatisch zur Folge, dass man natürlich doppelte Kosten hatte. Die Wahlhelfer mussten doppelt eingesetzt werden. Man hatte weniger Wahllokale zur Verfügung als am Landtagswahltermin. Das alles hatte dazu geführt, dass die Bürgerbeteiligung an der Stelle eindeutig eingeschränkt worden ist.

Offensichtlich hatte Rot-Grün Angst davor, dass die Bürger dem ideologischen Ziel, einen Großkreis zu schaffen, Grenzen setzen und diese Fusion ablehnen. Dieses Vorgehen bei der Bürgerbeteiligung ist aus unserer Sicht überhaupt nicht tragbar. Das hat überhaupt nichts mit vernünftiger Bürgerbeteiligung zu tun.

(Christian Dürr [FDP]: Sehr richtig!)

Ich möchte an der Stelle Ihre eigenen Ansprüche für die Bürgerbeteiligung zitieren. Sie schreiben z. B. in Ihrem Koalitionsvertrag auf Seite 20:

„Wir werden in Niedersachsen eine neue Kultur direkter Bürgerbeteiligung etablieren.“

Meine Damen und Herren, wenn man die Erfahrungen aus dem Landkreis Osterode am Harz mit Ihrem Koalitionsvertrag vergleicht, muss man sagen, dass dieser Koalitionsvertrag in diesem Punkt scheinheilig ist.

(Beifall bei der FDP)

Offensichtlich - deswegen werden wir heute den Gesetzentwurf ablehnen - kommt für Sie Bürgerbeteiligung nur dann infrage, wenn es Ihnen in den Kram passt. Deswegen sagen wir heute Nein zu dieser Fusion.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Christian Grascha. - Es hat sich jetzt Bernd-Carsten Hiebing von der CDU-Fraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Hiebing!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem wir eben ohne Aussprache und Debatte hier vier Gemeinden gleichsam neu gebildet haben, geht es jetzt um die bisherigen Landkreise Göttingen und Osterode am Harz, die sich zu einem neuen Landkreis Göttingen zusammenschließen möchten.

Das sieht nach einer simplen Angelegenheit aus: ein anderer Gebietszuschnitt, nur noch eine Verwaltung mit einer weiteren Nebenstelle, letztendlich eine ganze Reihe von Synergien und Einsparungen. Das möchte man meinen! Aber ich glaube, es ist sehr viel schwieriger. Ich glaube, dass gerade Landkreisfusionen eine sehr anspruchsvolle Aufgabe sind.

Dass es in der Realität nicht ganz einfach ist, wissen wir. Ich glaube schon, dass das gerade die Politikerinnen und Politiker vor Ort in den Kreisen Göttingen und Osterode am besten wissen. Sicherlich können auch die Verwaltungen einschätzen, wie schwierig das alles ist. Es handelt sich um gewachsene Strukturen und Identitäten. Trotzdem haben sich die jeweiligen Kreistage im Jahre 2013 für eine Fusion entschieden.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich finde, das ist bemerkenswert und auch eine Grundvoraussetzung, dass man diesen Weg gemeinsam gehen will. Ich glaube auch, dass das Prinzip der Freiwilligkeit wichtig ist. Natürlich besteht in Zukunft die Aufgabe, die Bevölkerung - da kann man durchaus Bedenken haben - bei diesem Zusammenwachsen mitzunehmen.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist nicht passiert!)

Wenn das nicht gelingt, wird auch eine solche Fusion nicht gelingen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nichtsdestotrotz ist es eine Mammutaufgabe, die Verwaltungen so zu gestalten, dass sie spürbar schlanker werden, aber gleichzeitig den Erfordernissen beider Partner und der gesamten Bevölkerung gerecht werden.

Führen wir uns den Ursprungsgedanken des Zukunftsvertrags, der in der vorherigen, CDUgeführten, Landesregierung auf den Weg gebracht worden ist, und insbesondere die Situation der betreffenden Landkreise vor Augen! Es ist, glaube ich, angesagt, dass eine größere Gebietskörperschaft effizienter, auch wirtschaftlich stärker und insgesamt zukunftsfähiger sein sollte. Außerdem sollte sie auch finanziell bessergestellt werden. Ich glaube, das ist der einzige Weg, um aus der gegenwärtigen Situation herauszukommen.

Die Entschuldungshilfe in Höhe von gut 80 Millionen Euro durch das Land stellt, glaube ich, eine gute Voraussetzung und eine gute Mitgift dar, die ein Stück weit die Handlungsfähigkeit gerade im Raum Osterrode wiederherstellt. Ich glaube, dass die Fusion daher eher eine Vernunftsehe als eine Liebeshochzeit ist. Das kann man an dieser Stelle vielleicht so sagen.

Ohne Zweifel ist diese Fusion eine Reaktion auf den demografischen Wandel, der gerade im Raum Osterode deutlich zutage tritt. Ein neuer Landkreis Göttingen kann hoffentlich anders, gezielter und besser auf Problemstellungen in seinem Kreisgebiet reagieren, als es ein hoch verschuldeter Landkreis Osterode allein hätte tun können.

(Zustimmung von Angelika Jahns [CDU])

Meine Damen und Herren, ich bin persönlich davon überzeugt - ich komme aus dem Landkreis Emsland, einem etwas größeren Landkreis -: Man sollte nicht von „Großkreis“ sprechen. Das ist vielmehr eine Fusion, die durchaus angemessen ist. Ich hoffe, dass der neue Kreis von seiner Größe profitieren wird, die Potenziale vor Ort besser heben kann und Entwicklungen in der Zukunft anstoßen wird. Das hoffe ich.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, tragen wir als CDU-Landtagsfraktion diesen Gesetzentwurf mit dem Wunsch mit, dass der neue Landkreis die Zukunft erfolgreich - vielleicht erfolgreicher, als es die beiden Partner für sich tun können - für die Bürgerinnen und Bürger gestalten wird.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Hiebing. - Jetzt hat sich Julia Willie Hamburg von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet.

Sehr verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich sehr, heute hier stehen zu dürfen und zu diesem Gesetzentwurf einen Redebeitrag halten zu können.

Gerade für uns Grüne ist es eine besonders erfreuliche Situation, dass diese Fusion der Landkreise aus der Region erwachsen und von Akteuren vor Ort entwickelt wurde. Als ich damals zu den Grünen in Göttingen kam, gab es bereits einen jahrelangen und intensiven Austausch zwischen den Grünen in den Landkreisen Göttingen, Northeim und Osterode mit der Zielrichtung, eine Fusion dieser Landkreise zu forcieren. Es sind diese Grünen, aber auch rot-grüne Bündnisse gewesen, die den Nährboden für diese seit Jahren sich entwickelnde und gewachsene Fusion gelegt haben.

Herr Grascha, diese Fusion ist keineswegs eine Ideologie, sondern eine logische Konsequenz. Göttingen und Osterode laufen infrastrukturell aufeinander zu.

(Christian Grascha [FDP]: Dazu gab es unterschiedliche Meinungen!)

Es ist das Gebot der Stunde, diese Fusion jetzt endlich zum Abschluss zu bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der heutige Beschluss zur kommunalen Neuordnung ist ein großartiger, ein bislang einmaliger Vorgang. Er zeigt, wie kommunale Neuordnung auf freiwilliger Basis funktionieren kann und sollte.

Ich möchte an dieser Stelle allen Beteiligten für die jahre-, in Teilen jahrzehntelange Arbeit danken. Dieser Prozess zeigt, dass kommunale Neuordnungen im Sinne der großen Mehrheit der Bevölkerung funktionieren, wenn sie im breiten Dialog und in der Auseinandersetzung auf Augenhöhe entwickelt werden. Sie funktionieren, wenn die Akteure vor Ort solche Prozesse miteinander und mit der gebotenen Zeit entwickeln. Die sich im Prozess andeutenden Knackpunkte der Fusion konnten im Prozess gelöst werden. Gespräche vor Ort zeigen uns immer wieder deutlich: Diese Fusion ist breit getragen und von den Bürgerinnen und Bürgern gewollt.

(Christian Grascha [FDP]: Das ist ja wohl eine Farce!)

Auch wenn wir es bedauern, dass diese Fusionsgespräche nicht gemeinsam mit Northeim zu Ende gegangen sind - wir wissen, dass sowohl für den Raum Goslar als auch für den Kreis Northeim Per

spektiven der kommunalen Neuordnung weiterhin zu entwickeln sind; Herr Grascha, Sie wissen, dass es im Landkreis Northeim erste Entwicklungen in diese Richtung gibt -, halten wir dieses Gesetz für eine gute Grundlage für die Region in Südniedersachsen.

Unsere Fraktion freut sich sehr, heute die Hand für dieses Gesetz heben zu können.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)