Protokoll der Sitzung vom 30.05.2013

Ihnen ist die Zwischenfrage gestellt worden: Hätten wir das denn damit überhaupt verhindern können? - Auch wenn Sie noch mehr Kontrolleure einstellen - auf Landesebene, auf kommunaler Ebene, auf Kreisebene -, werden wir erleben, dass es immer wieder zu Situationen kommen wird, auf die wir neu reagieren müssen.

Das, was Sie hier pauschal vorschlagen, geht so nicht. Das funktioniert nicht. Es funktioniert nur ein vernünftiges Miteinander der Kontrollinstitutionen und derjenigen, die heute noch wirtschaften.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Kollegin Staudte möchte antworten. Bitte!

(Ronald Schminke [SPD]: Auch 90 Minuten!)

Ja, auch 90 Minuten.

Ich bin erstaunt, was Sie meinen, hier gehört zu haben: ein Kontrolleur pro Landwirt.

(Clemens Große Macke [CDU]: Ja, möglichst viele!)

Ich muss sagen: Dazu gehört viel Fantasie.

(Ulf Thiele [CDU]: Aber wo ist denn Ih- re Grenze?)

- Wo die Grenze ist? Ich habe gesagt: Wir brauchen mehr Kontrolle.

(Clemens Große Macke [CDU]: Wie viel denn?)

Was Sie hier transportieren, ist doch Folgendes: Die derzeitige Situation ist eigentlich ganz in Ordnung. Man muss mit den Aflatoxin-Fällen zurechtkommen. Das ist schon immer so gewesen. - Das ist wirklich der falsche Ansatz.

(Clemens Große Macke [CDU]: Das hat doch kein Mensch gesagt! Das ist doch Unsinn!)

Ich finde das, was Sie hier vortragen, absurd.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank. - Für die SPD-Fraktion hat nun noch einmal Herr Kollege Siebels das Wort. Sie haben noch eine Restredezeit von 3:23 Minuten. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Angesichts der Äußerungen aus den Oppositionsfraktionen gibt es doch noch ein paar Punkte, die man gelegentlich geraderücken sollte.

Soeben war von der totalen Kontrolle die Rede. Davon kann ich in unserem Antrag nichts lesen. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass ich das gefordert hätte oder jetzt etwa Frau Staudte.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Sie hat von einem Systemwechsel ge- sprochen!)

Ich glaube, wir haben von mehr, besseren und effizienteren Kontrollen gesprochen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meines Erachtens könnte sich auch logisch erschließen, wenn man denn wollte, dass das Misserfolgsrisiko, also das Risiko, aufgedeckt und erwischt zu werden, wenn man so etwas macht, dann steigt, wenn wir die Kontrolldichte verstärken. Das ist unser gemeinsames Ziel, meine Damen und Herren.

„Verunsicherung von Verbrauchern“ konnte ich gerade hören. Das impliziert, diese Verunsicherung der Verbraucher gehe von der Landesregierung, der SPD-Fraktion oder der Grünen-Fraktion aus.

Meine Damen und Herren, die Verunsicherung von Verbrauchern besteht deshalb, weil es einige wenige - einige wenige; das will ich deutlich sagen - schwarze Schafe in der Branche gibt.

Herr Kollege, von einem Generalverdacht habe ich nicht gesprochen. Das weise ich deutlich zurück. Meine Kollegin Staudte hat, jedenfalls soweit ich das verfolgen konnte, auch nicht davon gesprochen. Hier geht es in der Tat darum, vernünftig miteinander darüber zu reden, wie wir die Kontrollen effizienter und besser gestalten können. Demgegenüber sollten Sie sich aufgeschlossener zeigen, als Sie das bisher getan haben.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat nun der Landwirtschaftsminister das Wort. Herr Minister Meyer, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich vorweg festhalten: Wir wollen den Verbraucherschutz mit dem Ziel stärken, unsere Bauern und Bäuerinnen und die Verbraucher vor solchen kriminellen Futtermittelpanschern zu schützen. Denn die zurückliegenden Skandale bei der Futtermittel- und Lebensmittelsicherheit sind erneut ein Beleg dafür, dass vor allem globale agrarindustrielle Strukturen von der Primärproduktion bis zur Ladentheke letztlich die Qualität, Nachhaltigkeit und Sicherheit der Lebensmittel gefährden.

Herr Calderone und Herr Grupe, der AflatoxinSkandal wurde nicht etwa durch die Eigenkontrollen der Futtermittelwirtschaft aufgedeckt. Obwohl 50 000 t stark mit Schimmelpilz belasteter Mais eingeführt wurden, haben sie uns nicht eine Probe gemeldet oder etwas entdeckt. Vielmehr war es am Ende eine Rohmilchuntersuchung einer Molkerei in Ostfriesland. Daraufhin haben unsere staatlichen Kontrolleure vom LAVES in mühsamer Arbeit - - -

(Clemens Große Macke [CDU]: Einer Molkerei!)

- Ja. Die Futtermittelkontrollen haben völlig versagt und nicht eine Meldung gehabt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dann hat unser LAVES diese Spur entdeckt und herausgefunden, dass es am Futter lag.

Ähnlich war es bei der Überbelegung. Es war die Staatsanwaltschaft zusammen mit dem LAVES, die diese Überbelegung aufgedeckt haben - und nicht etwa private Kontrollsysteme.

Vielleicht noch zur Häufigkeit der Kontrollen: Ich habe einmal geschaut, was die alte Landesregierung nach dem großen Dioxinskandal in Niedersachsen gemacht hat. Sie hat die Anzahl der Stellen der Futtermittelkontrolleure im ganzen Land - bei über 50 000 Betrieben, die mit Futtermitteln zu tun haben - von 12 auf sage und schreibe 14 aufgestockt. Wer also jetzt von totaler Überwachung redet - man kann ausrechnen, wie oft Kontrollen stattfanden -, der sollte noch einmal darüber nachdenken, ob das der richtige Vergleich war.

Die offensichtlich notwendige Ausweitung staatlicher Kontrollen ist die zwangsläufige Reaktion auf die aufgetretenen Mängel und auf einen zu hohen Vertrauensvorschuss für die wirtschaftlichen Eigenkontrollsysteme. Eine Verstärkung amtlicher Kontrollmaßnahmen ist jedoch mit den bisherigen Ressourcen nicht leistbar. Dem öffentlichen Haushalt ist der erforderliche Zuwachs nicht zuzumuten. Dann würde nämlich der Steuerzahler - und damit wir alle - dafür bezahlen, dass einige die Regeln des Verbraucherschutzes nicht so einhalten, wie es vorgesehen ist.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Wer soll es denn bezahlen?)

Aufgaben, die eigentlich die Wirtschaft über die Eigenkontrollen zu erfüllen und zu finanzieren hätte, sollen nicht von der Allgemeinheit getragen werden. Unser Ziel ist daher die Deckung der entstehenden zusätzlichen Kosten mittels Gebühreneinnahmen. Den dafür erforderlichen Rechtsrahmen bereiten wir derzeit vor. Dabei wird die Zielstellung verfolgt, kleine bäuerliche Familienbetriebe weitgehend von Gebühren auszunehmen. Übrigens hat auch die EU in der letzten Woche vorgeschlagen, kostendeckende Gebühren einzuführen. Weiterhin soll darauf geachtet werden, dass kleine und mittelständische Unternehmen nicht existenzgefährdend belastet werden.

Herr Minister Meyer, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Dammann-Tamke zu?

Gerne.

Bitte schön!

Frau Präsidentin! Herr Minister, Sie haben gerade dargelegt, dass die Futtermittelwirtschaft die Finanzierung über Gebühren übernehmen soll. Gehen Sie mit mir darin konform, dass die Futtermittelwirtschaft diese Gebühren auf ihre Kundschaft - sprich: auf die Landwirte - abwälzen wird? Welche Mechanismen sollen aufgebaut werden, damit kleinere Betriebe von diesen Gebühren verschont werden?

Haben Sie schon einmal berechnet, wie teuer dieses Signal - das hat der landwirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wiard Siebels, dargelegt - der 200 zusätzlichen Stellen, umgerechnet auf die 40 000 landwirtschaftlichen Betriebe, im Sinne einer „sanfte Agrarwende“ dann den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb kommen wird?

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt Berechnungen vom Landesrechnungshof und vom Bundesrechnungshof, die besagen, dass das, was momentan über den Staat, über die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, finanziert wird, erhebliche Millionenbeträge kostet. Das müssen wir finanzieren.

Sie können in mehreren Pressemitteilungen nachlesen, dass Frau Bundesministerin Aigner gesagt hat - deshalb wundere ich mich darüber, dass Sie das kritisieren -, dass das, was wir in Niedersachsen vorhaben, nämlich Gebührenfinanzierung für mehr Verbraucherschutz, der richtige Weg ist. Sie aber kritisieren das hier in Niedersachsen. Auf der Agrarministerkonferenz hat uns die große Mehrheit der Bundesländer - auch die schwarzen - unterstützt, diesen Weg zu gehen; denn sie erkennen im Gegensatz zu Ihnen diese Notwendigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der FDP)

Zur Gestaltung der Gebühren habe ich Ihnen schon etwas gesagt. Wir verfolgen das Prinzip:

große Betriebe, große Gebühren - kleine Betriebe, kleine bzw. keine Gebühren. In jedem Bereich kann man von Ausnahmen reden. Sie kennen das bei den Kindergartengebühren. Wir werden einen ähnlichen Weg gehen. Es wird nicht zu einer erheblichen, existenzgefährdenden Belastung für Betriebe kommen.

Dazu werden wir jetzt mit den kommunalen Spitzenverbänden, mit den Kommunen und dem LAVES einen engen Dialog führen, so wie er im Antrag gefordert ist. Dabei wird es auch darum gehen, wie die Zusammenarbeit optimiert und den sich ständig verändernden Gegebenheiten angepasst werden kann.