Protokoll der Sitzung vom 14.12.2015

Drittens - der Kollege Pantazis hat es vorausgeschickt - liefert die Entweichung aus Brauel überhaupt keinen Beleg dafür, dass wir Polizeiarbeit im Maßregelvollzug brauchen, z. B. die erkennungsdienstlichen Maßnahmen, die Sie wollen.

Es ist klar geworden, dass ein solches Gesetz an diesem Ausbruch überhaupt nichts geändert und auch die Ergreifung nicht beschleunigt hätte, weil Fotos aktuell waren und weil relativ schnell klar war, wie sich die Polizei und die Staatsanwaltschaft verhalten. Das ist im Ausschuss berichtet und klar festgestellt worden. Fragen Sie einmal die Experten, die in der Republik unterwegs sind! Zum Beispiel Dr. Heinz Kammeier von der Uni Witten/Herdecke sagt - ich zitiere -: Die Mitarbeiter im Maßregelvollzug sind mindestens so gut ausgebildet wie Justizvollzugsbeamte. - Er geht sogar noch einen Schritt weiter und sagt: Das Personal in Niedersachsen ist nach seiner Einschätzung besonders gut qualifiziert. Es besteht also keine Veranlassung, an dieser Stelle zu weiteren Änderungen zu kommen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Schluss sagen: Ich glaube, es ist eindeutig klar geworden, auch durch die Unterrichtung im Ausschuss, dass wir keine weiteren Ermittlungsparagrafen im Maßregelvollzugsgesetz brauchen.

Wir als Regierungskoalition werden stattdessen im Haushalt die Mittel für die Weiterentwicklung der Arbeitsabläufe im Maßregelvollzug um 150 000 Euro erhöhen und die Mittel für die der Personalqualifizierung und -gewinnung in diesem Bereich um 600 000 Euro. Das eignet sich nach meiner Einschätzung wesentlich besser zur Qualitätssicherung als dieser Gesetzentwurf, und deswegen werden wir ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schremmer. - Es hat sich zu Wort gemeldet von der FDP-Fraktion Sylvia Bruns. Frau Bruns!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe dem gar nicht mehr viel hin

zuzufügen. Ich denke, wir sind uns einig, dass die Sicherheit der Bevölkerung auf jeden Fall im Vordergrund stehen muss. Da gibt es keinen Dissens, auch nicht jenseits der Diskussion.

Den gesetzlichen Handlungsbedarf, der in diesem Gesetzentwurf gesehen wird, sehen wir nicht. Das betrifft vor allen Dingen zwei Punkte: Alle sich im Maßregelvollzug befindlichen Personen - ich hatte das schon bei der Einführung des Gesetzentwurfs gesagt - sind durch richterlichen Beschluss dort und erkennungsdienstlich behandelt, und die Polizei hat alle Daten.

Eine Zeit lang ging es um die aktuellen Daten. Ich habe mich dann gefragt: Wie oft sollen denn Fotos gemacht werden? Man verändert sich ja regelmäßig. Ich halte das nicht für zielführend, weil es bei den Entweichungen überhaupt kein Problem damit gab. Es war nie ein Thema, dass man die Personen aufgrund fehlender Bilder oder Daten nicht gefunden hätte.

Ein für mich bestimmendes Argument ist: Es geht beim Maßregelvollzug um Krankenhäuser. Der Maßregelvollzug ist ein Teil der forensischen Psychiatrie und damit ein Teil der Medizin. Wir haben es mit psychisch Kranken und mit Patientinnen und Patienten zu tun. Es gibt auch kein Ermessen, wo diese Menschen untergebracht werden müssen, sondern sie gehen in den Maßregelvollzug.

Ein wichtiger Punkt für mich ist auch, dass es ein Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient geben muss. Wenn die Personen im Maßregelvollzug gleich zwangsuntersucht und zwangsbehandelt, zwangsgemessen und zwangsfotografiert werden, glaube ich nicht mehr an die Erreichung des Vollzugsziels.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In allererster Linie steht beim Maßregelvollzug wie beim normalen Vollzug immer noch die Rehabilitation im Vordergrund. Wir haben darüber auch bei der Neuregelung des Gesetzes gesprochen. Es sind ganz viele Vorschläge bearbeitet worden, und wir waren uns einig, das Gesetz einvernehmlich so zu verabschieden. Ich war relativ irritiert, dann einen neuen Vorschlag zu bekommen, weil auch die Stellungnahme des GBD - diese wurde ja mehrfach angesprochen - zu diesem Punkt eindeutig war, in der die Verfassungskonformität angezweifelt wurde.

Sie werden mit diesem Gesetz kein weiteres Maß an Sicherheit generieren. Wir werden den Gesetzentwurf auf jeden Fall ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Bruns. - Jetzt hat sich die Ministerin gemeldet. Bitte schön, Frau Ministerin!

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach den intensiven Beratungen im Sozialausschuss und in den begleitenden Ausschüssen wurde das jetzige Maßregelvollzugsgesetz am 12. Mai dieses Jahres im Plenum einstimmig beschlossen. Kern der Änderung waren die Umsetzung eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 23. März 2011 zur Zwangsbehandlung von psychisch Kranken sowie die Umsetzung der hierauf aufbauenden Folgebeschlüsse. Dies ist nach bisherigen Rückmeldungen auch gut gelungen.

Deutlich wurde in den Sitzungen des Sozialausschusses aber auch, dass einige Paragrafen nicht mehr den heutigen Erfordernissen entsprachen und daher angepasst werden mussten. Diskutiert wurde dabei auch, ob und inwieweit die Ergebnisse bereits im Vorfeld durchgeführter erkennungsdienstlicher Maßnahmen genutzt werden können. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eine eng am Zweck der Datenverarbeitung ausgerichtete Auslegung erfordert. Zum anderen handelt es sich bei den Personen - auch dies ist häufig genug betont worden - um Patientinnen und Patienten und nicht um Häftlinge. Von daher ist eine Übernahme der gesetzlichen Regelungen aus dem Niedersächsischen Justizvollzugsgesetz, wie Sie es in dem Gesetzentwurf fordern, nicht sinnvoll und nicht erforderlich.

Gestatten Sie mir die kleine Bemerkung: Immerhin ist die Forderung nach Fotos nicht so aberwitzig wie die medial groß inszenierte Forderung nach Schusswaffen, die nicht einmal im normalen Strafvollzug genutzt werden.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Bisher werden die Fotos auf freiwilliger Basis gemacht. Fast alle Patientinnen und Patienten lassen das zu, und da es sich eben auch um rechtskräftig verurteilte Straftäterinnen und Straftäter handelt, wurden im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung durch die Polizei in fast allen Fällen außerdem ohnehin schon entsprechende Maßnahmen durchgeführt. In der Regel liegen also bereits erkennungsdienstliche Unterlagen vor, sodass man sich im Maßregelvollzug auf veränderbare Merkmale wie aktuelles Aussehen, Größe und Gewicht beschränken kann. Der von der CDUFraktion vorgelegte Gesetzentwurf entspricht diesen Überlegungen insgesamt nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin Rundt. - Wir sind jetzt am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Meine Damen und Herren, wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion der CDU in der Drucksache 17/3762 ablehnen will, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Gesetzentwurf der CDU abgelehnt.

Ich rufe jetzt auf den

Tagesordnungspunkt 9: Abschließende Beratung: Einsetzung einer Enquetekommission „Zukunftsfähige kommunale Strukturen für Südostniedersachsen“ - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 17/2496 - Beschlussempfehlung des Ältestenrates - Drs. 17/4785

Der Ältestenrat empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen jetzt zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich Angelika Jahns, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, dass in Niedersachsen viele Kommunen finanzielle Probleme haben und dass es dringend erforderlich ist, die kommunalen Strukturen zu

kunftsfähig zu gestalten und den Kommunen auch bei den Strukturveränderungen, die einerseits durch den demografischen Wandel, andererseits aber auch durch viele wirtschaftspolitische Veränderungen eingetreten sind, Hilfe an die Seite zu stellen. Hier ist auf jeden Fall die Landesregierung gefordert, Unterstützung zu leisten.

In den vergangenen Jahren hat die CDU/FDPgeführte Landesregierung einen Zukunftsvertrag ins Leben gerufen, der den Kommunen bei der Entschuldung geholfen und ihnen finanzielle Unterstützung gegeben hat. Auch die jetzige Landesregierung hat von diesem Zukunftsvertrag profitiert. Sie hat bisher keine weiteren positiven Entwicklungschancen genutzt oder ins Leben gerufen.

Wir sind dankbar, dass die damalige Landesregierung den Zukunftsvertrag ins Leben gerufen hat.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben ja auch heute gerade wieder Fusionen bzw. Gemeindestrukturveränderungen beschlossen. Auch daran kann man erkennen, dass sich der Zukunftsvertrag positiv ausgewirkt hat.

(Beifall bei der CDU)

Um aber gerade auch im Bereich Südostniedersachsen Unterstützung zu geben, um hier gemeinsam ein Zeichen zu setzen und den Kommunen dort zu helfen, die finanziell sehr schlecht gestellt sind, hat die CDU vor einem Jahr - vor genau zwölf Monaten, meine Damen und Herren - in der Dezember-Sitzung einen Antrag auf Einsetzung einer Enquetekommission gestellt.

Wir alle wissen, dass zwischen den Gemeinden im Landkreis Helmstedt und der Stadt Wolfsburg Fusionsgespräche stattgefunden haben, die sehr viel Unterstützung gefunden haben - sowohl bei den einzelnen Kommunen als auch im Regionalverband Braunschweig und am Anfang auch bei der Landesregierung und bei der Opposition. Die Kommunalpolitiker in Wolfsburg und im Landkreis Helmstedt sind aufeinander zugegangen und haben Zeichen gesetzt und Weichen gestellt, um diese Fusion zu ermöglichen.

Leider ist die Fusion dann gescheitert, weil die Landesregierung und der Innenminister gesagt haben, die kommunalpolitische, die regionalpolitische Balance mit Braunschweig sei dann nicht gewahrt. Das heißt, auch hier ist ein Zeichen unterblieben, sodass die Fusion nicht stattfinden konnte.

Daraufhin haben wir gesagt: Dann muss etwas anderes passieren! Wir möchten gemeinsam mit den Regierungsfraktionen etwas tun in den Bereichen der drei Großstädte Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie den sechs Landkreisen Peine, Helmstedt, Gifhorn, Wolfenbüttel, Goslar und Hildesheim. Hildesheim haben wir dazugenommen, weil die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen mit Hildesheim in Südostniedersachsen gegeben sind.

Wir haben aber dann erkennen müssen, dass die Regierungsfraktionen leider intern verschiedene Schwierigkeiten mit den eigenen Kollegen gehabt haben, die gesagt haben: Wir müssen nicht nur in dem Bereich, den die CDU in dem Antrag bezeichnet hat, Strukturveränderungen vornehmen und diese untersuchen, sondern wir müssen darüber hinaus andere Bereiche in Niedersachsen mit einbeziehen.

Aber leider haben Sie keinen Vorschlag gemacht, welche Bereiche das sein könnten. Wir haben uns offen gezeigt. Sie haben einerseits von LüchowDannenberg und andererseits von Cuxhaven gesprochen. Aber ein konkreter Vorschlag ist leider nicht eingebracht worden. Dann ist immer mehr Zeit verflossen. Sie haben die Zeit verstreichen lassen, ohne definitiv Vorschläge zu unterbreiten.

(Zustimmung bei der CDU)

Gerade vor dem Hintergrund, dass wir beabsichtigt hatten, bis 2021 gemeinsam vernünftige Strukturen für die dann stattfindenden Kommunalwahlen zu schaffen, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass Sie keinerlei Interesse daran haben, den Kommunen in Südostniedersachsen zu helfen.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Fusion zwischen Peine und Hildesheim, die angedacht war und zu der es einige Stimmen aus der SPD gab, die dies positiv unterstützt haben, ist leider auch gescheitert. Insofern kann man überall nur feststellen: Das ist eine einzige Blamage. In diesem Bereich hat sich überhaupt nichts bewegt.

Deswegen ist es jetzt natürlich schwierig, wenn die Kommunen mit ihren Wünschen an uns herantreten; Sie tun nichts dafür, um die Kommunen zu unterstützen. Gerade in Nordostniedersachsen ist das wirklich ein Problem; denn die finanzielle Situation beispielsweise des Landkreises Helmstedt hat sich noch immer nicht geändert.