Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

- Auf das Aber wurde dann ausführlich geantwortet, auch auf die Fragen von Frau Joumaah. Eigentlich sind keine Fragen offen geblieben.

Das Einzige, was deutlich wurde, ist „work in process“. Wir haben innerhalb kürzester Zeit 60 Notunterkünfte aufgebaut. Es ist sichergestellt, dass die Kosten übernommen werden, auch für die fachärztlichen Untersuchungen, je nachdem, ob es eine Erstaufnahmeeinrichtung oder eine Notunterkunft ist. Dass in der Kürze der Zeit nicht alles sofort reibungslos läuft, wissen Sie alle, die vor Ort in den einzelnen Unterkünften engagiert sind.

Zu Ihrem Änderungsantrag, in dem Sie eigentlich nur den aktuellen Stand aufgegriffen haben, muss ich sagen, dass das, was Sie wollen, bereits passiert. Insofern ist der Antrag zwar okay, aber er ist redundant, weil die Punkte alle schon erfüllt werden. An der einen oder anderen Stelle hat Herr

Dr. Feil gesagt: Geben Sie uns Rückmeldung, wo es holprig ist. - Das mache auch ich bei meiner Erstaufnahmeunterkunft in Bramsche. Das Ziel ist klar formuliert. Auch wird nichts ignoriert, wie Frau Schwarz es gesagt hat. Es ist auch niemandem egal, ob die Flüchtlinge erstuntersucht werden oder nicht. Wir haben heute noch einmal deutlich gemacht, dass niemandem die Aufnahme und Versorgung von Flüchtlingen egal ist.

Frau Polat, ich möchte Sie einmal unterbrechen. Eigentlich ist Ihre Redezeit schon abgelaufen.

Ich bin schon am Ende.

Von daher: Wir lehnen den Antrag ab.

Aber Frau Pieper möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen, wenn Sie erlauben.

Nein, danke.

Okay.

(Zustimmung von Miriam Staudte [GRÜNE])

Danke schön. - Dann hat sich Sylvia Bruns, FDPFraktion, gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass wir jetzt einmal in Ruhe über dieses Thema sprechen können. Im Ausschuss war die Diskussion zeitweise etwas erhitzt. Ich habe mich immer gefragt, warum die Stimmung so umschlägt.

Wenn man sich den Antrag einmal genauer anschaut, dann stellt man fest, dass Sachen darin stehen, denen man ruhig zustimmen kann. Frau Polat hat gesagt: Das alles sind Sachen, die schon passieren, die gemacht werden. Das ist der aktuelle Stand.

Wir finden trotzdem, dass es in einigen Bereichen noch nicht so gut läuft. Wir haben das Ganze im Ausschuss um die Notunterkünfte ergänzt. In den Erstaufnahmeeinrichtungen ist die Lage mittlerweile etwas besser geworden. Das liegt zum Teil auch daran, dass zurzeit weniger Flüchtlinge in den

Erstaufnahmeeinrichtungen sind. Das sind nicht mehr so viele wie noch vor einem halben Jahr. Da hat sich die Situation verbessert. Das erkennen wir an. Wir haben das auch im Ausschuss besprochen.

Handlungsbedarf besteht aber bei den Notunterkünften und bei den Unterkünften im Rahmen der Amtshilfe. Deswegen haben wir diesen Punkt neu in den Antrag aufgenommen. Wir halten dies für gut und richtig.

Auch die Gesundheitsversorgung ist wichtig. Die Kommunen machen das schon zum Teil. Die Nr. 3 ist ja nicht bindend für die Kommunen, sondern sie können dies machen. Aber wenn sie es schon machen, dann sollen sie auch die Kosten hierfür erstattet bekommen. Kommunen übernehmen das zum Teil, andere hingegen wieder nicht. Ich weiß, Hannover macht das schon.

Wenn das, was darin steht - auch das mit den Ärzten -, auch Ihr Ziel ist, dann gibt es doch eigentlich überhaupt keinen Grund zu sagen: „Wir finden das doof. Wir wollen das nicht“, sondern dann kann man doch eigentlich zustimmen. Mir ist nicht ganz klar, warum man das dann ablehnt. Machen wir uns doch gemeinsam auf den Weg. Dann kann man auch zustimmen. Deswegen: Geben Sie sich einen Ruck, und stimmen Sie dem Änderungsantrag zu! Denn es scheint ja auch Ihr Weg zu sein.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Bruns. - Jetzt hat sich Frau Dr. Thela Wernstedt gemeldet. Sie haben das Wort für die SPD-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit ihrem Antrag „Übertragung ansteckender Krankheiten verhindern - Gesundheitsversorgung für Asylbewerber nach rechtsstaatlichen Grundsätzen sicherstellen“ hat die CDU-Fraktion Anfang September dieses Jahres ein wichtiges und zum damaligen Zeitpunkt angstbesetztes Thema angesprochen. Der Antrag war einer von vielen, die zur Begründung der Einberufung des Sonderplenums gedient haben.

Es ist die wichtigste Aufgabe der Opposition, dem Handeln der Regierung auf die Finger zu schauen und dies kritisch zu kommentieren. Zügiges Regierungshandeln zur Umsetzung bestehender Vorschriften soll angemahnt werden.

Soweit ist es richtig, mit einem Antrag auf wichtige Themen aufmerksam zu machen und gegebenenfalls mangelnde Ausstattung oder auch Regelungslücken anzumahnen.

Mit dem starken Anwachsen der Flüchtlingszahlen seit August waren die Verwaltungen des Bundes, der Länder und der Kommunen vor große Aufgaben gestellt, die alle Kräfte erfordert haben. Das hält bis heute an. Die Sicherstellung der Erstuntersuchung und der medizinischen Versorgung in Erstaufnahmeeinrichtungen, Notunterkünften und den Notunterkünften im Rahmen der Amtshilfe ist in sehr kurzer Zeit anhand bestehender Regelungen und Gesetze geschafft worden.

Angesichts einer Problemlage von Unterbringung, Versorgung und medizinischer Untersuchungen, die sich bundesweit innerhalb kürzester Zeit vervielfacht hat, war es nie sinnvoll, nur ein landesweites Impfkonzept zu entwickeln, wie Sie es gefordert haben, sondern dies die Fachleute vom Robert Koch-Institut machen zu lassen, die für genau diese Fragestellungen da sind. Es wäre epidemiologischer Unsinn gewesen, einen LänderFlickenteppich von Impfkonzepten zu entwickeln.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vom Robert Koch-Institut gibt es seit Oktober ein Konzept zur Umsetzung frühzeitiger Impfungen bei Asylsuchenden. Niedersachsen führt dieses Konzept seitdem durch. Im Epidemiologischen Bulletin, das Frau Schwarz auch schon angesprochen hat, wurden bereits im September akut behandlungsbedürftige Krankheiten von Asylsuchenden je nach Herkunftsländern und Fluchtrouten veröffentlicht als Hilfestellung für Ärztinnen und Ärzte, die im Bereich der Erstuntersuchungen und weiterer Behandlung von Asylsuchenden in Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünften arbeiten.

Diese Informationen werden regelmäßig aktualisiert und öffentlich zur Verfügung gestellt. Die gute Nachricht des RKI ist auch, dass keine Epidemien durch Flüchtlinge drohen. Die bislang diagnostizierten Krankheiten und ihre Vorkommen sind veröffentlicht. Wissen beugt der Legendenbildung vor. Die Interpretation dieser Zahlen, Frau Schwarz, sollten wir uns vielleicht noch einmal gemeinsam ansehen. Ich komme nämlich zu anderen Ergebnissen als Sie.

In Ihrem Änderungsantrag haben Sie vernünftigerweise die Forderung nach einem Impfkonzept spezifisch für Niedersachsen nicht mehr aufrechterhalten.

Die niedersächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen sind personell und sächlich weitgehend so ausgestattet, dass sie die vorgeschriebenen Erstuntersuchungen durchführen können. Wenn dies nicht durch den öffentlichen Gesundheitsdienst geschehen kann, leisten es Ärzte der Hilfsorganisationen oder auch niedergelassene Ärzte. Die KVN ist da ganz eng dran.

Während der Aufbauphase ist es in einigen Unterkünften zu Versorgungslücken gekommen, was sich aber nicht an jeder Stelle vor Ort vermeiden lässt. Besonders in der Phase, als die Erstunterkünfte völlig überfüllt waren und täglich Hunderte neuer Flüchtlinge kamen und ohne jede Registrierung an die Kommunen durchgereicht werden mussten, dauerte es in einigen Unterkünften länger als ein bis zwei Tage, um die Registrierung und die Erstuntersuchung durchzuführen.

Ich betone an dieser Stelle meine Sympathie für einen gut ausgestatteten öffentlichen Gesundheitsdienst für eben diese Erstuntersuchungen.

Zu Punkt 4 des Änderungsantrags: In Niedersachsen herrscht definitiv kein Ärztemangel, um Flüchtlinge zu untersuchen und akute Krankheiten oder Verletzungen zu behandeln. Daher werden auch Ärzte, die Asyl suchen oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention beanspruchen, nicht für ärztliche Tätigkeiten gebraucht, wenn man von Dolmetscherdiensten einmal absieht.

Zudem haben wir in diesem Haushalt viel Geld zur Übernahme von Dolmetscherkosten eingestellt. Die Symptome, Nöte und Sorgen sprachlich und übrigens auch die Krankheitsmodelle von Menschen zu verstehen, ist unerlässlich, wenn man behandeln will. Da können medizinisch vorgebildete Landsleute viel helfen, aber das dürfen und tun sie auch schon längst. Übrigens haben Ärztekammer, KVN und sogar der Hausärzteverband Hilfen für Anamneseerhebungen und Behandlungen in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt.

Warum Sie Anfang Dezember einen Änderungsantrag einreichen, der nicht nur für die Erstaufnahmeeinrichtungen eine Kostenübernahme für die Erstuntersuchungen fordert, sondern auch für die Notunterkünfte, die im Rahmen der Amtshilfe seit Mitte Oktober erstellt wurden, ist mir rätselhaft; denn die Kostenübernahme durch das Land wurde bereits im Oktober beschlossen und durchgeführt. Dass sich die betroffenen Kommunen und Hilfsorganisationen kurz nach dem Amtshilfeersuchen die Frage gestellt haben, wer wann für erbrachte Leistungen zahlt, ist völlig klar. Dies ist aber innerhalb

kürzester Zeit zwischen dem Innenministerium, den Kommunen und den Hilfsorganisationen geregelt worden.

Es wäre vernünftig gewesen, wenn die Oppositionsfraktionen den Antrag zurückgezogen hätten. Richtig ist, als Opposition zu gegebener Zeit auf Mängel oder drohende Probleme hinzuweisen. Wenn sich aber zeitweilig und örtlich bestehende Mangelsituationen bereinigt haben, weil alle Akteure gut gearbeitet haben, kann man einen Antrag auch mal zurücknehmen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wir werden ihn heute ablehnen, weil er sich erledigt hat.

Zusammenfassend möchte ich an dieser Stelle sagen: Das Thema Infektionsprophylaxe, medizinische Versorgung und Erstuntersuchung bei Flüchtlingen ist wichtig und ernst. Wir leben in einem in vieler Hinsicht hoch regulierten und hoch entwickelten, sehr organisationstüchtigen Land. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass wir auch in Situationen wie seit dem Herbst vergleichsweise schnell eine leistungsfähige Struktur aufbauen können. Wir können uns dabei auf die Mithilfe vieler Akteure verlassen. Das betrifft die vielen Ehrenamtlichen, die schwierige Situationen gesehen und zugepackt haben. Das betrifft aber auch die vielen Beamten und Angestellten der öffentlichen Verwaltungen aller Ebenen und diejenigen, die im medizinischen System als Ärzte und in der Krankenpflege arbeiten.

Wir haben das auch 2011 schon eindrucksvoll erfahren, als während der EHEC-Infektionswelle Mitarbeiter von Kliniken sogar aus ihrem Urlaub zurückkamen, um die notwendigen Behandlungen dieser großen Zahl schwer kranker intensivpflichtiger Patienten sicherzustellen. Und wir erleben heute, wie in kurzer Zeit ein leistungsfähiges und praktikables Versorgungssystem für Flüchtlinge geschaffen worden ist.

Es ist ein Netzwerk vieler Akteure, das funktioniert. Die Bereitschaft vieler Ärztinnen und Ärzte, sich zusätzlich zu ihrem Berufsalltag einzubringen, ist ungebrochen. Ich empfehle allen, sich die Internetseiten der KVN, der Ärztekammer Niedersachsen und des Robert Koch-Instituts anzusehen. Die Ärztekammer hat eigens einen Ansprechpartner ernannt, der im Lande umherreist, gut Bescheid weiß und jederzeit Auskunft erteilen kann.

Die verlässliche Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung, den Hilfsorganisationen und der Selbstverwaltung ist sichergestellt. Situationen, die immer auftreten können, in denen es zu Problemen oder Mängeln kommt, können zügig bearbeitet und behoben werden. Wir können stolz sein auf das, was in den vergangenen Wochen geschaffen worden ist.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Dr. Wernstedt. - Es liegt seitens der FDP die Wortmeldung zu einer Kurzintervention vor. Frau Bruns, bitte schön!

Ich bin, leicht irritiert, über folgenden Satz gestolpert: „Wir brauchen die syrischen Ärzte nicht.“ - Zum einen finde ich das inhaltlich problematisch.

(Petra Tiemann [SPD]: Das hat sie so nicht gesagt!)

- Ja, als Ärzte nicht. - Das ist ganz spannend. Das hat etwas mit Integrationsleistung zu tun.

Zum zweiten finde ich es ganz spannend, dass es mehrere Sachen auch von der Ärztekammer und auch von Bundesgesundheitsminister Gröhe gibt, der letztens erst gesagt hat: Es gibt 1 500 syrische Ärzte. Wir brauchen mehr. Wir freuen uns über jeden, der kommt. Im Beschleunigungsverfahren sind beschleunigte Anerkennungsverfahren drin. Das passt überhaupt nicht zu dem, was sonst so passiert.