Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

Ich will kurz auf die Worte des Kollegen Kortlang eingehen. - Ja, genau in dem Breitbandausbau steckt die große Herausforderung, und im Kern könnten wir uns vielleicht sogar zügig darauf verständigen, dass der FTTB-Ausbau, also Glasfaser bis ins Haus, der richtige Weg ist. Wir sehen ja

auch, dass eine ganze Reihe von Landkreisen diesen Weg gehen.

Der Landkreis Uelzen ist hier im Moment am weitesten. Er hat bereits den Antrag mit über 60 Millionen Euro Invest gestellt - ich finde, das ist schon einmal ein gutes Signal -, und zwar in der Erkenntnis, dass wir, wenn wir in der Lage sind, den Breitbandausbau voranzutreiben, im demografischen Wettbewerb und im Wettbewerb um die Zukunft einfach einen Vorteil haben werden. Das ist, glaube ich, genau die Diskussion.

Nur, die Telekommunikationsunternehmen ziehen sich natürlich immer auf das zurück, was gerade wirtschaftlich ist. Deswegen wird vor allem die Frage ganz spannend sein, welches Modell am Ende gewählt werden wird. Im Moment diskutieren wir über das Thema „Vectoring im Nahbereich“. Das zeigt, an welchen Stellen versucht wird, das Thema Glasfaser hinauszuzögern und nicht beschleunigt anzugehen. Aber im Kern sind wir uns einig. Es wäre der konsequent richtige Weg. Aber an dieser Stelle liegt eben noch eine Herausforderung vor uns.

Der digitale Binnenmarkt, meine Damen und Herren, bietet eine riesige Chance, und ich bin mir sicher, dass auch wir davon erheblich profitieren können. Es ist eigentlich schon eine verrückte Geschichte, dass - hoffentlich wird das auch so bleiben - die Zäune zwischen den Ländern gefallen sind, dass sozusagen der praktische Übergang möglich ist, aber dass auf der digitalen Seite die Grenzen eigentlich noch immer in starkem Maße bestehen und damit die Aktionsradien, die für den globalen Markt innerhalb Europas notwendig sind, nicht da sind.

Dazu nur ein paar Zahlen: Nur 7 % der KMUs in Europa verkaufen grenzüberschreitend, dagegen würden 57 % der Unternehmen den grenzüberschreitenden Onlinehandel aufnehmen oder verstärken. Der Wille ist also da, aber die Rahmenbedingungen passen nicht. In 2014 kauften nur 15 % der europäischen Bürgerinnen und Bürger grenzüberschreitend online, 44 % national.

Also, da ist ein Markt, und ich glaube, dass von ihm alle Seiten dann, wenn er vernünftig organisiert ist, profitieren können. Deswegen ist es wichtig, den EU-Binnenmarkt für das digitale Zeitalter fit zu machen. Darin steckt ein enormes Potenzial. Die regulierungsbedingten Barrieren müssen abgebaut werden. Auch dazu nur zwei Zahlen: Wenn wir die 28 nationalen Märkte zu einem europäischen Binnenmarkt zusammenfassen könnten,

könnten dadurch 415 Milliarden Euro erwirtschaftet werden und 3,8 Milliarden neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Selbst, wenn diese Zahlen zu hoch gegriffen erscheinen mögen, steckt darin ein Potenzial an Arbeitsplätzen und Wertschöpfung. Dieses Potenzial müssen wir einfach sehen. Die Zahlen stammen aus dem EU-Papier. Deswegen habe ich sie hier an der Stelle einmal genannt.

Dafür brauchen wir aber Rahmenbedingungen. Ich will jetzt gar nicht noch einmal alle nennen, aber der rechtliche Rahmen muss weiterentwickelt werden. Das Thema Netzneutralität spielt eine besondere Rolle. Das muss man einfach sagen. Hier - das haben wir auch gemerkt - liegt der Kern der Konfrontation oder der Auseinandersetzung. Denn im Hinblick auf die Netzneutralität ist eigentlich das Ziel der Verordnung, die wir auf europäischer Ebene haben, den Zugang zu einem offenen Internet zu gewährleisten. Das muss die Zielsetzung sein, und zwar mit der Gleichbehandlung der Datenpakete ohne Berücksichtigung des Absenders, des Empfängers oder der Art des Inhalts. Das ist eigentlich der Grund.

Jetzt muss man aber auch sagen - das darf man auch gerade für ein Flächenland wie Niedersachsen sagen -, es wird davon Ausnahmen geben. Ich nehme einmal die praktische Ausnahme des medizinischen Dienstes. Gerade bei Telemedizin, medizinischen Anwendungen im ländlichen Bereich schaffen wir es über die Digitalisierung, Distanzen zu überwinden. Daran sind wir, glaube ich, natürlich alle interessiert, dass das funktioniert und dass das auch Vorranginformationen sind.

Ich glaube auch, dass wir uns schnell bei der intelligenten Infrastruktur verständigen könnten, also Straßeninfrastruktur. Es kann natürlich nicht sein, dass die wichtigen Informationen auf sich warten lassen, während andere Daten übertragen werden.

Also, es gibt Bereiche, in denen wir uns sehr zügig einig werden könnten. Die Sorge ist nur, dass die Verordnung, die auf europäischer Ebene auf den Weg gebracht wird und rechtstechnisch gleich in unmittelbar geltendes Recht umgewandelt wird, so viele Türen öffnen wird, dass der eigentliche Kern der Netzneutralität, den wir für einen fairen Wettbewerb brauchen, nicht gewährleistet ist.

Deswegen ist, glaube ich, der Ansatz, richtig, dass wir in verstärktem Maße darauf achten. Wir wollen die Digitalisierung der Wirtschaft, wir wollen einen EU-weiten Binnenmarkt, aber wir wollen auch eine Netzneutralität. Ich würde mich freuen, wenn wir in

diesem Sinn weiter gemeinsam an diesem Ziel arbeiten würden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Minister. Auch in dieser zweiten Beratung liegen dem Sitzungsvorstand - - - Ich sehe gerade, der Minister möchte noch einmal kurz das Wort ergreifen. Bitte schön!

In großer Begeisterung habe ich eben von 3,8 Milliarden Arbeitsplätzen gesprochen. Aber es sind 3,8 Millionen Arbeitsplätze. Ich bitte um Entschuldigung. Das andere wäre doch ein bisschen zu viel erwartet.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Und wir hatten gedacht, jetzt hättest du ei- nen großen Wurf geschafft!)

Wir waren noch nicht in der Abstimmung. Jetzt kommen wir aber dazu.

Ich stelle fest, dass in der zweiten Beratung keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen und wir damit zur Abstimmung kommen können. - Nehmen Sie bitte Platz. - Meine Damen und Herren, wenn Sie mit abstimmen wollen, dann sollten Sie sich alle hinsetzen.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit dem Antrag der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Ich frage nach Gegenstimmen. - Stimmenthaltungen? - Dann ist das mit Mehrheit so, wie vom Ausschuss empfohlen, beschlossen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu dem

Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: Diskurs über den Weg zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung in Niedersachsen ermöglichen - Ideologische Kampfrhetorik beenden - Modernen Stallbau fördern - Antrag der

Fraktion der FDP - Drs. 17/3832 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 17/4683

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Da wir jetzt einen Tagesordnungspunkt aus dem Bereich der Landwirtschaftspolitik beraten, möchte ich aus gegebenem Anlass und aufgrund der Erfahrungen aus früheren Sitzungen folgenden Hinweis geben: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben bisher 20 Minuten Redezeit eingespart. Dem Wunsch, zur Grünen Woche zu fahren, können Sie selber entsprechen, wenn wir uns jetzt an die Redezeiten halten.

Es beginnt für die FDP-Fraktion als antragsstellender Fraktion der Abgeordnete Herrmann Grupe. Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, Herr Präsident: Das war wirklich ein sehr schlagkräftiges Argument, eines der stärksten, die ich hier je gehört habe. Ich werde mich also redlich bemühen, den zeitlichen Rahmen einzuhalten.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Nicht nur den zeitlichen Rahmen, Herr Kollege, auch den Stilrahmen, bitte!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landwirtschaft steht seit einigen Jahren sehr im Zentrum der öffentlichen Diskussion. Das sehen wir sehr positiv. Das bietet Chancen. Denn wenn sich die Menschen für die Art und Weise interessieren, wie wir auf unseren Höfen wirtschaften, wie wir unsere Lebensmittel produzieren, wie wir Pflanzenbau betreiben und wie wir mit den Tieren umgehen, dann ist das sehr positiv.

Auch die Wissenschaft äußert sich dazu, z. B. der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung, der eine intensive Diskussion zwischen Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik unter Einbeziehung der Wissenschaft einfordert. Das sehen wir haargenau so. Das ist der genau richtige Weg, sich damit auseinanderzusetzen.

Dann komme ich dann aber auch schon zu den Fragen, die leider nicht sachlich, sondern eher polemisch diskutiert werden. Totschlagargumente

oder Kampfbegriffe wie „Massentierhaltung“ entsprechen dieser Forderung eben nicht. Die Wissenschaftler sagen uns dazu, dass die Betriebsgröße einen gegenüber anderen Einflussfaktoren vergleichsweise geringen Einfluss auf das Tierwohl habe. Wenn wir also das Tierwohl verbessern wollen, zusätzlich in das Tierwohl investieren wollen und das dann auch noch in kleineren Ställen machen sollen, dann wird das doppelt teuer, und dann überschreiten wir die Grenze, bis zu der die Menschen bereit sind, zusätzlich etwas für eine andere Landwirtschaft zu bezahlen.

Wenn wir z. B. in der Tierhaltung etwas verändern wollen, dann müssen wir, wenn es denn nachhaltig sein soll, Investitionen tätigen und z. B. Ställe anders gestalten. Das ist der größte Brocken, den die Betriebe zu schultern haben und der auf 20 bis 30 Jahre abbezahlt werden muss. Diesbezüglich hat diese Landesregierung allerdings keine Impulse gesetzt, sondern das AFP von 40 Millionen Euro auf 10 Millionen Euro gekürzt. Davon abgegriffen worden sind 8 Millionen Euro, die 35 Millionen Euro Investitionen ausgelöst haben. Vorher wurden durch die 40 Millionen Euro etwa 250 Millionen Euro Investitionen ausgelöst. Der Minister hat es also tatsächlich geschafft, die Investitionen in das Tierwohl auf 14 % des vorherigen Niveaus herunterzubringen. Das ist ein völliger Zusammenbruch der Investitionen in mehr Tierwohl!.

(Jörg Bode [FDP]: Das ist schon eine Leistung!)

Meine Damen und Herren, diese AgrarwendeRhetorik scheitert jeden Tag mehr. Wenn wir Fortschritte für das Tierwohl erreichen wollen, dann müssen wir dies zusammen mit den Betrieben tun, dann müssen wir dies mit den Beteiligten auf den Höfen erreichen. Ich möchte beispielhaft auf ein Projekt hinweisen, das wir zusammen mit der Initiative Tierwohl durchführen und bei dem wir sehr gut vorankommen: Da nimmt man 4 Cent pro Kilogramm Fleisch. Die Landwirte haben gesagt, sie machen gerne mit. Dieses Programm ist doppelt überbucht. Es wäre jetzt nur nötig, dass die Verbraucher 8 Cent oder 10 Cent geben, also keine Unsummen. Die Landwirte sind bereit, aber es scheitert daran, dass die Bereitschaft, Geld bereitzustellen, nicht ausreichend vorhanden ist.

Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Ankündigungen, sondern wir brauchen echte Taten. Wir brauchen einen vertrauensvollen Umgang und ein Zusammenwirken mit den Betrieben. Die Grundlage dafür aber wird durch den Minister, der

die Landwirtschaft immer wieder an den Pranger stellt, anstatt mit uns zusammenzuarbeiten, zerstört. Heute, bei der Kammer oder beim Landvolk sagt er uns relativ freundliche Dinge, aber wir wissen genau: Vor anderer Klientel werden wir dann wieder als diejenigen an den Pranger gestellt, die mit den Tieren nicht anständig umgehen.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Immer die- selbe Leier! - Gegenruf von Christian Grascha [FDP]: Immer dieselbe Poli- tik!)

Damit entzieht dieser Minister einer wirklichen Entwicklung jede Grundlage.

Sie haben, wie ich eben dargestellt habe, die Investitionen in das Tierwohl geradezu auf null gefahren. Sie haben zu einer vollständigen Lähmung beigetragen, und das in einer Situation, in der die Landwirtschaft in einer wirtschaftlich sehr schwierigen Krise steckt.

(Miriam Staudte [GRÜNE]: Und wer hat das verursacht?)

Die Politik behindert jeden Fortschritt, und das ist für die niedersächsische Landwirtschaft eine ganz schwierige Situation.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Grupe. - Das Wort hat jetzt für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Renate Geuter.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Agrar- und Ernährungswirtschaft ist für Niedersachsen nach der Automobilindustrie der bedeutendste Wirtschaftszweig, und es ist sicherlich unser gemeinsames Interesse, sie nicht nur auf diesem Niveau zu halten, sondern sie auch nachhaltig und zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Das Ziel dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen ist es daher, im Bereich der Nutztierhaltung gemeinsam mit den Landwirten die Entwicklung zu einer gesellschaftlich akzeptierten tierwohlorientierten Tierhaltung mit hoher Wertschöpfung zu unterstützen.

(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Die Betonung liegt auf „gemeinsam“!)