Aus Ihren Büros heraus ist es überhaupt nicht möglich, eine ordnungsgemäße Landwirtschaft zu betreiben. Das muss man schon vor Ort machen, zusammen mit den Menschen, die auf den Äckern und in den Ställen sind. Anders geht das nicht. Aber darin unterscheiden wir uns fundamental.
Im Übrigen ist es nicht die FDP, die bestimmt. Wer bestimmt, sind die Grünen, die auf Parteitagen darüber beschließen, was richtig und falsch ist - weil sie in der Praxis nicht zu Hause sind.
Lieber Kollege Janßen, das, was Sie alles gesagt haben, kann man nicht wieder aufarbeiten. Es mag sein, dass es den von Ihnen geschilderten Zusammenhang zwischen der Stallgröße und dem Antibiotikaeinsatz gibt, einfach weil die neuen modernen Ställe meistens etwas größer sind.
Es gibt diesen Zusammenhang aber sicherlich zwischen modernen Tipptopp-Ställen und alten Ställen. In den neuen Ställen kommt man mit wesentlich weniger Antibiotika aus. In den Fällen wird der Antibiotikaeinsatz in größeren Ställen geringer sein. Darin kann ich Ihnen, wenn Sie das meinten, zustimmen.
Und was Ihre Aussagen zur Beschleunigung des Strukturwandels angeht: Da sind Sie wirklich mutig. Im Biolandbau hatten wir zehn Jahre lang Aufschwung, aber seit zwei Jahren geht es bergab. Mit den Maßnahmen, die dieser Minister veranlasst, trifft er die kleinen Betriebe jeden Tag. Wenn Sie so weitermachen, werden Sie einen Strukturwandel und ein Höfesterben ohnegleichen auslösen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Miriam Staudte [GRÜNE]: Das liegt an den gestiegenen Pachtpreisen!)
Herr Grupe, es wäre schön, wenn Sie zur Realität zurückkehren würden. Wir machen Politik mit den Landwirten, wir machen Politik für die Landwirte, wir machen auch nicht Politik nur für einzelne Landwirte, sondern wir machen Politik für die Landwirtschaft insgesamt.
(Jörg Bode [FDP]: Ihr macht Politik gegen die Landwirte! Das ist das Problem! Ihr sei die Bauernhasser!)
Wenn Sie „Diskurs“ so definieren, wie Sie es eben getan haben, dann sind wir da gar nicht weit auseinander, und dann können wir beide mit diesem Diskurs ja schon einmal anfangen.
Damit komme ich zur Stallbauförderung. Um es noch einmal deutlich zu machen: Uns geht es genau darum,
die Vorreiter im Bereich des Tierschutzes bei der Ausgestaltung ihrer Ställe zu fördern. Genau darauf ist die AFP-Förderung im Moment ausgerichtet.
(Christian Dürr [FDP]: Also darauf, Stallneubauten zu verhindern! Aber das macht doch keinen Sinn! Sie brauchen doch Stallneubauten für den Tierschutz! Alles andere ist doch Quatsch!)
Es geht uns also nicht darum, lediglich die zunehmenden Bestände zu fördern; denn das machen wir in anderen Rubriken auch nicht. In diesem Bereich wäre das zudem auch noch kontraproduktiv, und genau das wollen wir nicht.
Vielen Dank. - Jetzt liegt mir die Wortmeldung von Otto Deppmeyer, CDU-Fraktion, vor. Bitte, Herr Deppmeyer, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen, meine Herren! Wieder eine gesellschaftlich akzeptierte Nutztierhaltung zu erreichen, wollen, wie ich eben gehört habe, doch eigentlich alle. Aber dass das nicht ohne finanziellen Einsatz möglich ist, wird nicht überall zur Kenntnis genommen.
Das bei der Bundesregierung angesiedelte Gremium hat festgestellt, dass man dafür mindestens 5 Milliarden Euro benötigt. Aber gleichzeitig wird die Förderpolitik in Niedersachsen so verändert, dass sie praktisch nicht mehr stattfindet.
Die Programme werden so gestaltet, dass sie niemand annimmt, und dann heißt es auf einmal: „Das Geld reicht ja aus, wir brauchen nicht mehr.“ - Aber das ist natürlich völlig verkehrt.
Meine Damen, meine Herren, ich möchte einmal darauf zurückblicken, wie man diese Problematik zu der Zeit betrachtet hat, als ich in der Ausbildung war. Das haben andere hier ja auch schon getan.
Damals war die Sichtweise ähnlich unterschiedlich wie heute. Schauen wir einmal, wie die Wissenschaft, wie die Politiker der unterschiedlichen Parteien, wie die Wirtschaft oder wie die Gesellschaft und auch die Kirche das Problem gesehen haben. Damals wurde immer wieder festgestellt, dass die Landwirtschaft nicht fortschrittlich genug ist, dass sie zu klein strukturiert ist und dass sie sich nicht vernünftig in die Zukunft bewegt.
Das hat sich geändert, weil die Landwirte sehr wohl an der Zukunft interessiert sind, weil sie sich darauf vorbereitet haben, weil sie investiert haben. Aber das hat sich auch geändert, weil die Politik diesen Prozess vernünftig begleitet hat.
Das begann bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, wie sie damals noch hieß, mit Kommissar Mansholt, der übrigens der sozialdemokratischen SDAP angehörte. Er hatte seinen Plan aufgestellt. Dafür wurde er zunächst stark kritisiert, aber das war sozusagen der Beginn der Förderung der Landwirtschaft, wie sie auch hier in Niedersachsen stattgefunden hat - bis Herr Meyer kam und das alles wieder abgeschafft hat.
Wir haben diese Förderpolitik in Niedersachsen in den 70er-Jahren sehr intensiv aufgenommen. Damals wirkte hier Landwirtschaftsminister Bruns aus Gleichen. Von den 70er-Jahren bis vor Kurzem bestand darüber eine große Einigkeit aller Parteien und der interessierten Wirtschaftsgruppen. Man hat gemeinsam an diesem einen Strick in dieselbe Richtung gezogen und dafür gesorgt, dass die niedersächsische Landwirtschaft in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung den Stand erreicht hat, den Frau
Geuter geschildert hat und womit sie der der zweitwichtigste Wirtschaftsbereich in Niedersachsen geworden ist.
Mit der Beendigung dieser Förderpolitik durch Herrn Meyer wird es in Zukunft mit Sicherheit schwieriger, diesen Stand zu halten.
Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten war auch deshalb notwendig, weil es in den 50er- und 60er-Jahren nicht möglich war, die Bevölkerung aus eigener Produktion zu ernähren - und schon gar nicht zu günstigen Preisen. Damals musste eine Durchschnittsfamilie ungefähr 45 % des Einkommens für Ernährung aufwenden. Heute sind es nur noch 10 %.
Außerdem ist völlig unbestritten, dass die Qualität der Nahrungsmittel heute weitaus höher ist, als es noch vor sechs Jahrzehnten der Fall war.
Die Entwicklung verlief für die Landwirtschaft und vor allem auch für die Verbraucher also außerordentlich positiv: Die Qualität der Nahrungsmittel konnte gesteigert werden, und die Kosten sind gesunken.
Dies alles wurde, wie ich schon sagte, durch die Agrarförderung begleitet, die nun beendet wird. Aber warum wird sie beendet? - Ich bin sicher, dass dies weniger sachlich begründet ist, sondern dass es mehr darum geht, politische Einzelinteressen der Grünen durchzusetzen. Die Grünen brauchen ja ein neues Wahlkampfthema; denn die Atomkraft scheidet demnächst aus.
Dieser Kurs wird hier im Landtag bedauerlicherweise durch die SPD und die Landesregierung unterstützt. Ministerpräsident Weil und Wirtschaftsminister Lies halten gegenüber der Wirtschaft zwar immer schöne Vorträge. Aber im Kabinett werden dann die umgekehrten Beschlüsse gefasst, und das natürlich einstimmig. Damit geht die Entwicklung in die völlig verkehrte Richtung - zum Nachteil der Landwirtschaft, zum Nachteil der gesamten Wirtschaft und damit am Ende auch zum Nachteil der Verbraucher.
Klar ist: Wenn dieser Kurs weitergefahren wird, wird die niedersächsische Agrarwirtschaft im Wettbewerb schlechter gestellt sein. Anteile werden verlorengehen, die Produktion wird unser Land verlassen, es wird schlicht und einfach wieder zu schlechteren Bedingungen produziert. Und damit
wird genau das Gegenteil dessen erreicht, was eigentlich angestrebt wird. Auch deshalb ist das Vorgehen von Rot-Grün von großem Nachteil.
Ich komme zum Schluss noch auf die Probleme zu sprechen, die unbestreitbar vorhanden sind. Schließlich hat niemand gesagt, dass alles immer bestens und in Ordnung ist.
Alles ist im Fluss, und alles kann in die richtige Richtung verändert werden. Dass die Haltungsbedingungen heute nicht mehr dem entsprechen, was sich die große Mehrheit der Bevölkerung wünscht, ist unbestreitbar. Unbestreitbar ist aber auch: Wenn man das ändern will, braucht man Mittel dafür, dann braucht man eine Förderpolitik, wie sie bis vor wenigen Jahren hier im Lande üblich war, und dann muss das in diesem Sinne betrieben werden.
Eine Anmerkung zu Frau Geuter: Mit der Gießkanne ist hier noch nie gefördert worden. Im Gegenteil: In Niedersachsen wurde schon immer auf der Grundlage besonderer Ziele gefördert. Diese Ziele haben sich mit den Jahren zwar verändert, aber es hat sie ganz konkret gegeben.
Die Landwirtschaft in Niedersachsen wird sicherlich bereit sein, die Herausforderungen anzunehmen und sich auf die Zukunft einzustellen. Es ist aber nun einmal nicht so, dass große Ställe per se schlechtere Bedingungen aufweisen. Ich würde sogar das Gegenteil behaupten: Nur in großen Ställen kann man vernünftige Bedingungen für die Tierhaltung erreichen. In kleinen Ställen ist das nicht möglich. Wer sich einmal Ställe anschaut, die vor 50 Jahren errichtet wurden - mancherorts gibt es sie ja noch -, der wird mir das bestätigen.
Der Tierschutzplan des Bundes sieht hierfür klare Vorgaben vor. Diese unterstützen wir. Mit der Ringelschwanzprämie, wie sie hier in Niedersachsen beschlossen worden ist, werden wir das Ziel eines erweiterten Tierschutzes jedoch nicht erreichen. Vielmehr wird das Leid der Schweine im Stall zunehmen. Wir werden es in Kürze erleben, und dann geht das Gejammer los.
Meine Damen, meine Herren, die AFP-Mittel müssen wieder aufgestockt werden. die Förderbedingungen müssen vernünftig ausgerichtet werden, damit wir die gesellschaftliche Akzeptanz für die Tierhaltung wieder stärken können. Ich bin sicher, dass die Landwirte da mitmachen. Ich bin mir auch sicher, dass wir uns hier im Landtag einig werden können - wenn die strategischen Parteiziele der Grünen keine Rolle mehr spielen.