Die Diskussion über Labels sollten wir vielleicht an anderer Stelle führen. Dazu gab es in früheren Zeiten auch schon Vorschläge aus meiner Partei oder meiner Fraktion.
Diese Initiative Tierwohl hat gerade den Charme und den Riesenvorteil, dass sie sehr einfach ist und deswegen keine großen Kosten für Bewerbung und Bürokratie verursacht. Von den 4 Cent, die jeder Verbraucher zahlt, der bei den angeschlossenen Einzelhändlern kauft, kommt wirklich ein sehr hoher Anteil dem Tierwohl zugute.
Herr Siebels hat in allem recht, wenn er sagt: Es können nur 2 500 bis 2 600 Betriebe mitmachen. - Es ist eine positive Botschaft, dass in der Landwirtschaft große Bereitschaft besteht, an einem praktikablen Programm teilzunehmen. Dazu muss es erst einmal einfach sein.
Wir müssen nun wirklich dahintersitzen, den Umfang dieses Angebots zu erweitern. Statt 4 Cent müssen doch bitte schön 6 oder 7 Cent möglich sein. Dann könnte man alle dabei haben. Auch Sie haben es gesagt: Das Ganze müsste sich entwickeln. Auch 10 Cent müssten vielleicht möglich sein. Dann kann man sich überlegen, wie man das weiter ausgestalten kann.
Man kann ja abprüfen, wie weit der Verbraucher mitgeht. Dazu gibt es Untersuchungen der Wissenschaftler. Die sagen uns: Die Bereitschaft ist vorhanden, aber je nach Preis doch in sehr unterschiedlichem Maße.
Biofleisch kostet etwa das Dreifache. Nach meinen Kenntnissen sagen 6 bis 7 %, sie seien bereit, diesen Preis zu zahlen; 4 % tun es wirklich.
Aber bei dem Bereich, von dem wir hier reden - 6 bis 10 Cent; das ist ein ganz geringer Betrag -, sagt die große Mehrheit der Verbraucher: Jawohl, dazu sind wir bereit.
Deswegen sollten wir uns dahinterstellen und sollten das in Gang bringen. Wie Sie sagen - ich habe gar nichts dagegen -, geht es darum, das mit den Verbrauchern und den Landwirten zusammen weiterzuentwickeln. Das ist wirklich ein Prozess, der wachsen kann.
Aber das geht nicht, wenn wir es sofort überfrachten, wenn Sie sofort wieder Kennzeichnungen ins Spiel bringen. Es gibt schon so viele unterschiedliche Kennzeichnungen, dass kein Mensch da durchblickt und weiß, was sie wirklich bedeuten. Es gab den Vorschlag, es zu vereinfachen und eine Ampel einzuführen. Das hat sich in den letzten Jahren alles nicht bewährt.
Aber diese Initiative ist sofort überzeichnet. Sie läuft. Deswegen sollten wir sie hier doch nicht zerreden, sondern uns dahinterstellen.
Deswegen sehe ich im Grundsatz überhaupt keinen Dissens. Man sollte anfangen und sehen, wie es sich weiterentwickeln lässt. Aber satteln Sie bitte nicht durch einen Änderungsantrag schon wieder drauf! Machen Sie es bitte nicht schon wieder komplizierter!
Ich hoffe jedenfalls, dass wir bei diesem Thema vorankommen. Die beiden Anträge sind nicht weit auseinander. Es ist unschädlich, ob wir so oder so - - -
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich setze mir jetzt das ehrgeizige Ziel, wenigstens Hermann Grupe und die FDP für unseren Änderungsantrag zu gewinnen. Denn alles, was er gesagt und gefordert hat - dass man aufstocken muss, dass wir die Initiative Tierwohl unterstützen -, steht in unserem rot-grünen Antrag.
In ihm steht: „Der Landtag begrüßt, … dass die Landesregierung die Initiative Tierwohl unterstützt“.
Wir fordern die Selbstverständlichkeit - ich weiß nicht, warum die CDU damit ein Problem hat -, dass der Tierschutzplan Niedersachsen weiterhin umgesetzt wird. Das eine schließt das andere doch nicht aus!
Unsere Kritik an der Initiative Tierwohl wird übrigens vom Bauernverband geteilt. Sie betrifft genau das, was Sie sagen: Jetzt wollen ganz viele Landwirte mitmachen, aber Geld ist nur für ungefähr die Hälfte der Schweine- und Geflügelhalter da.
Gestern Abend habe ich eine junge Landwirtin getroffen, die gesagt hat: Ich wollte mitmachen und habe meinen Schweinestall umgebaut, bin dann aber nicht ausgelost worden. - Jetzt steht sie dumm da: Sie will Tierschutz machen, aber der Topf ist sozusagen alle. Deshalb bitten wir den Handel, doch noch einmal zu überlegen, ob man die 4 Cent nicht aufstocken kann. Dass das möglich sein sollte, haben Sie, Herr Grupe, auch gesagt.
Dass die CDU da nicht mitziehen kann, bedauere ich. Wahrscheinlich haben Sie gelesen, was der Bundesagrarminister gerade kürzlich - am 6. Januar - in meiner Lieblingszeitung top agrar gesagt hat. Die Überschrift lautet: „Initiative Tierwohl: Schmidt hält sich raus“. Er will sich da nicht einmischen, und er will sich den Forderungen des Bauernverbandes nicht anschließen.
Die Landesregierung macht das sehr gerne, und zwar - so sind wir - auf einem freundlichen Weg. Wir sind bereit, Unterstützung zu leisten. Wir haben in dem Gespräch, das der Ministerpräsident und ich im Beisein von Vertretern des Bauernver
bandes, der Schweinehalter und der Geflügelwirtschaft mit dem Handel geführt haben, angeboten, mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu helfen, um zu zeigen, dass das wirklich etwas für das Tierwohl bringt und - - -
Vielen Dank, Herr Minister. - Darf ich Ihren Worten entnehmen, dass Sie das Zitat aus dem tazInterview, das ich von Ihnen gebracht habe und das ca. ein Jahr zurückliegt, wonach Sie die Initiative Tierwohl für unzureichend halten, aus heutiger Sicht so nicht mehr aufrechterhalten?
Wenn Sie das Zitat genau gelesen hätten - das gilt für viele Zitate, die Sie hier vortragen; Sie haben ja z. B. ein „dennoch“ vorgelesen, als Sie den Ministerpräsidenten zitiert haben -, dann hätten Sie gesehen, dass ich gesagt habe: Vom Grundsatz her begrüßen wir das. Es ist ein guter Ansatz.
Aber noch einmal: Jeder Landwirt, jeder hier im Saal würde sagen, die Initiative Tierwohl ist unzureichend. Sie ist nämlich unzureichend ausgestattet, weil zu wenig Geld im Topf ist, sodass nicht alle, die mitmachen wollten, auch mitmachen können.
Wir haben hier auch gesagt: Wir begrüßen, dass der Handel bei der Initiative Tierwohl mitmacht. Aber gleichzeitig müssen wir auch gegen die Ramschmentalität vorgehen. Es kann doch nicht sein, dass wir sagen, wir wollen, dass mehr gezahlt wird, und gleichzeitig werden billige Milch und billiges Fleisch verramscht.
Diese Position hat übrigens auch das Landvolk Mittelweser eingenommen, indem es mit großen Plakaten „Wir verramschen Lebensmittel“ bei allen Einzelhandelsketten auf die Ramschmentalität des Einzelhandels aufmerksam gemacht hat. Ich zitiere einmal Herrn Göckeritz - bekanntermaßen ein engagierter Freund dieser Landesregierung - aus der Kreiszeitung Syke vom 7. September 2015: Milch und Fleisch werden zu Kampfpreisen verramscht. Da läuft doch etwas schief. Das zerstört landwirtschaftliche Betriebe und den ländlichen Raum.
Und ferner sagt Herr Göckeritz: Es kann nicht sein, Tierwohl zu fordern und gleichzeitig unsere wertvollen Lebensmittel zu vergeuden.
Ich finde, man muss auch sagen dürfen, dass der Handel wenig glaubwürdig ist, wenn er einerseits Tierwohl fordert und andererseits mit billigem Fleisch lockt.
Ich hoffe, dass der Handel in Zukunft bereit sein wird, auf billige Lebensmittel zu verzichten; denn es trägt ja auch zum Image bei, wenn man zeigt, dass Lebensmittel etwas wert sind. Das gilt gerade in den Zeiten, in denen Milch und Schweinefleisch billig sind. Deshalb werbe ich noch einmal dafür.
In diesem Punkt begrüßen wir die Initiative Tierwohl. Wir sagen ihr auch die Unterstützung zu, und wir wollen sie auch gern mit anderen Initiativen verknüpfen. Die Initiative Tierwohl hat ja gerade den Deutschen Tierschutzbund wieder in ihren Kreis aufgenommen, um die Label-Initiativen zu verknüpfen.
Gestern habe ich einen großen Schlachthofunternehmer getroffen, der mir sagte: In den Niederlanden wird jetzt alles Schweinefleisch mit „Beter Leven“ gelabelt. Das sind doch keine anderen Schweine als bei uns. Warum kriegen wir das in Deutschland nicht hin, und warum sind wir hier so langsam und zäh?
Deshalb sage ich noch einmal: Hier zeigen Bauernverband und Handel, dass sie weiter sind als die Bundespolitik. Das sollten wir unterstützen, und dann kriegen wir nicht nur glücklichere Tiere, sondern auch glücklichere Landwirte, weil sie für ihre Produkte endlich den Preis bekommen, den sie verdienen.
Vielen Dank, Herr Minister Meyer. - Es liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Dammann-Tamke vor. Herr Dammann-Tamke, Sie haben ein Restredezeit von 20 Sekunden. Aber weil der Minister minimal überzogen hat, bekommen Sie 30 Sekunden.