Der zweite Punkt, meine Damen und Herren: Ich kann die einzelnen Beispiele, bei denen es zu verhaltensauffälligen Situationen gekommen ist und bei denen sich der Wolf den Menschen angenähert hat, gar nicht beurteilen. Das kann, glaube ich, niemand in diesem Hause, weil niemand wirklich dabei gewesen ist. Ich finde es aber beschämend, wie im Ministerium und auch von Teilen
dieses Hauses systematisch versucht wird, die Glaubwürdigkeit der Betroffenen zu diskreditieren, indem gesagt wird, der Wolf sei ja gar nicht so nah herangekommen, oder einer Frau, die mit ihrem Hund unterwegs war, unterstellt wird, sie habe die falschen Fotos gemacht, weswegen man ihr nicht glaube, dass sich der Wolf ihr genähert hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist genau das falsche Verhältnis zwischen Regierung und Politik auf der einen Seite und der Lebenswirklichkeit der Bürger auf der anderen Seite.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ob der Wolf ins Jagdrecht kommt, werden und müssen wir im Ausschuss klären.
Ich sage noch einmal: Ist das Tier auffällig? - Wenn es auffällig ist, wird es a) vergrämt und ist b) die Entnahme, also das Erschießen des Tieres, durchaus möglich.
Danke schön. - Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache beendet. Sie erinnern sich: Herr Minister Wenzel hatte hier kurz das Wort genommen, um einen Verfahrensvorschlag zu machen. Das hatte diese Aussprache ausgelöst.
Es steht noch der sicherlich weitergehende originäre Antrag der Fraktion der CDU im Raum. Ich weiß nicht, ob sich die FDP diesem Antrag anschließen möchte.
CDU und FDP beantragen also eine umfassende Unterrichtung des gesamten Parlamentes durch die Landesregierung zu diesem Thema, und zwar unverzüglich, d. h. sofort. Habe ich das so richtig zusammengefasst?
Wer diesem Antrag von CDU und FDP Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Zweite ist die Mehrheit. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Meine Damen und Herren, bevor wir mit den Dringlichen Anfragen beginnen, darf ich auf die Aktuelle Stunde vom gestrigen Morgen zurückkommen. Da hat es zu TOP 2 b eine verbale Auseinandersetzung gegeben. Während der Rede von Herrn Ulf Thiele gab es auch Zwischenrufe. Im Hinblick auf eine Bemerkung bzw. einen Hinweis von Herrn Thiele hat Frau Polat dann gemeint: „Das ist gelogen!“
Man kann natürlich in der Sache unterschiedlicher Auffassung sein. Aber Begriffe wie „Lüge“, „Das ist gelogen!“ oder so ähnlich sind nun einmal unparlamentarisch. Deswegen muss ich Ihnen einen Ordnungsruf erteilen, Frau Kollegin.
a) Selbst ernannte „Bürgerwehren“ in Niedersachsen - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 17/5161
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbst ernannte „Bürgerwehren“ in Niedersachsen: Seit einiger Zeit wird bundesweit über sogenannte Bürgerwehren berichtet. Diese häufig von Rechtsextremen gegründeten oder gesteuerten Gruppen patrouillieren in der Öffentlichkeit und geben vor, die öffentliche Sicherheit gewährleisten zu wollen. Häufig treten sie im Umfeld von Flüchtlingsunterkünften auf.
Im Dezember 2015 berichtete die Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung der Abgeordneten Brunotte und Dr. Pantazis mit dem Titel „Bürgerwehren vor Flüchtlingsunterkünften in Niedersachsen - welche Erkenntnisse hat die Landesregierung?“ über ihr bekannte Bürgerwehren in Schwanewede, Hildesheim, Hameln und Braunschweig. Die Landesregierung erklärte außerdem:
„Den in der Vorbemerkung der Abgeordneten genannten ‚Bürgerwehren‘ und den hieran beteiligten Personen geht es offensichtlich nicht um Hilfeleistungen und Unterstützungshandlungen, sondern vielmehr darum, Flüchtlinge zu diskreditieren, zu verunglimpfen, einzuschüchtern und zu verängstigen. Ebenso geht es ihnen darum, Ängste in der Bevölkerung zu schüren und die positive Haltung zur Bereitschaft, Flüchtlinge in Niedersachsen aufzunehmen und diesen offen zu begegnen, nachhaltig negativ zu beeinflussen.
Aus diesem Grund ist aus Sicht der Landesregierung das Verhalten der sich an den sogenannten Bürgerwehren beteiligenden Personen in dieser aktuellen Situation als widerwärtig und abscheulich zu bezeichnen.
Die Sicherheitsbehörden in Niedersachsen werden die Entwicklung daher weiterhin genau betrachten und, soweit sich Anhaltspunkte für von den sogenannten Bürgerwehren ausgehende Gefahren oder Straftaten ergeben, konsequent einschreiten.“
Abhängig von der konkreten Handlungsweise können sich Mitglieder von Bürgerwehren strafbar machen. Infrage kommen etwa: § 111 StGB „Öffentliche Aufforderung zu Straftaten“, § 127 StGB „Bildung bewaffneter Gruppen“, § 129 StGB „Bildung krimineller Vereinigungen“, § 132 „Amtsanmaßung“, § 185 StGB „Beleidigung“, § 223 StGB „Körperverletzung“, § 240 StGB „Nötigung“ oder
auch § 241 StGB „Bedrohung“. So hat die Polizei aus Langelsheim beispielsweise laut Aussage der Goslarschen Zeitung vom 22. Januar 2016 Ermittlungen gegen die Langelsheimer Bürgerwehr wegen Verdachts auf Nötigung und Amtsanmaßung eingeleitet, weil sie eine Frau durch „eigene Ermittlungen“ massiv bedrängt habe.
1. Hat die Landesregierung mittlerweile über die in der Vorbemerkung genannten Gruppen hinaus Erkenntnisse über „Bürgerwehren“ in Niedersachsen (nicht nur im Umfeld von Flüchtlingsunterkünf- ten)?
2. Hat die Landesregierung Erkenntnisse über Art und Ausmaß der von den oben oder in der Antwort zu Frage 1 genannten Gruppen bislang verübten Straftaten?
3. Welche aktuellen Erkenntnisse hat die Landesregierung über Verbindungen Rechtsextremer zu den oben oder in der Antwort zu Frage 1 genannten Gruppen?
Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die Landesregierung antwortet der Innenminister, Herr Pistorius. Bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt und befürwortet grundsätzlich bürgerliches Engagement und Zivilcourage in Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Was unsere Polizeiarbeit nämlich wirklich unterstützt, sind aufmerksame Bürgerinnen und Bürger, die verdächtige Feststellungen melden und sich bei Straftaten als Zeugen zur Verfügung stellen. Bürgerwehren hingegen braucht niemand.
Insgesamt wird derzeit deutlich, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger Gedanken über die aktuelle Flüchtlingssituation und die daraus resultierenden Folgen für die Zukunft machen. Das ist verständlich. Davon deutlich abzugrenzen ist aber, wenn es beteiligten Personen offensichtlich nicht um Hilfeleistungen, um Unterstützungshandlungen und um konstruktive Lösungsansätze geht, son
dern vielmehr darum, bestimmte Bevölkerungsgruppen und Flüchtlinge zu diskreditieren und zu verunglimpfen und die Mitmenschen zu verunsichern. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Tendenzen, die dieses Prinzip zu unterlaufen versuchen, müssen und werden von uns sehr genau beobachtet werden.
Es ist bekannt, dass Rechtsextremisten versuchen, die in weiten Teilen der Bevölkerung spürbare Verunsicherung für die Verwirklichung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele zu nutzen. Ziel ist es dabei, latent vorhandene Ängste vor Überfremdung in der Bevölkerung zu verstärken, zu missbrauchen und für die eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Diese Aktivitäten von Rechtsextremisten stehen im Fokus der Beobachtungen des Verfassungsschutzes.
Zu Frage 1: Der Duden definiert das Wort „Bürgerwehr“ als - ich zitiere - „Gesamtheit der von Bürgern einer Gemeinde gebildeten bewaffneten Einheiten“. Über die Bildung von sogenannten Bürgerwehren als verfestigte organisierte Strukturen, gegebenenfalls auch mit Bewaffnung oder Uniformierung, liegen bei der Polizei in Niedersachsen keine Erkenntnisse vor. Vereinzelte temporäre Zusammenschlüsse und Versuche, zu Bürgerwehren aufzurufen, sind natürlich bekannt. Diese Gruppierungen sind nach hiesiger Einschätzung keine Bürgerwehren im Sinne der Definition, sondern überwiegend - bislang jedenfalls - Foren bei Facebook, in denen Bürgerwehren thematisiert und virtuell gegründet werden.
Neben den in der Vorbemerkung benannten Bürgerwehren in Schwanewede, Hildesheim, Hameln und Braunschweig liegen Erkenntnisse zu 27 weiteren solcher Aufrufe oder losen Zusammenschlüsse vor. Diese möchte ich Ihnen gerne, aufgeteilt nach den Bezirken der Polizeidirektionen, nennen.
Im Bezirk der Polizeidirektion Oldenburg: „Bürgerwehr WHV e. V.“ - eine öffentlich agierende Gruppierung -, „Bürgerwehr Wilhelmshaven“, „Bürgerwehr Vechta“ - mittlerweile umbenannt: ‚Xxx haha xxx‘ -, „Vechta gegen Linke Gewalt“, „Oldenburg wacht!/Bürger in Oldenburg (B.I.O.)“, „Bürger aus der Mitte Oldenburg“.