Die neue Landeszentrale muss sich diesen veränderten Lebenswelten stellen. Es ist keine belehrende politische Bildung gefordert, sondern eine mitnehmende, eine partizipative. Wir setzen damit auch ein Zeichen für eine neue Beteiligungskultur.
Das ist auch ein Angebot an die Menschen, die in einer Zeit ständiger, immer schneller werdender Veränderungen das Gefühl haben, nicht mehr mithalten zu können oder zumindest nicht mehr gefragt zu sein.
Die Tatsache, dass wir hier und heute über einen gemeinsamen Antrag befinden und beraten, ist, finde ich, ein gutes Beispiel für eine gelebte und funktionierende Demokratie. Es ist die Suche nach der besten Lösung auch über die Parteigrenzen hinweg. Das zeigt: Politische Bildung ist ein Anliegen aller demokratischen Kräfte dieses Landes. Für dieses zentrale Ziel ziehen wir an einem Strang. Daher freue ich mich auf eine neue Dynamik für die politische Bildung in Niedersachsen.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, sodass ich die Beratung schließen kann.
Bevor wir zur sofortigen Abstimmung kommen, frage ich der guten Ordnung halber, ob eine Ausschussüberweisung beantragt wird. - Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir jetzt über den Antrag ab.
Wer den gemeinsamen Antrag aller Fraktionen des Hauses in der Drucksache 17/5549 annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das war einstimmig. Großartig!
(Starker, nicht enden wollender Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Tagesordnungspunkt 19: Besprechung: Wachsende salafistische Gefahr in Niedersachsen - Was unternimmt die Landesregierung? - Große Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 17/4808 - Antwort der Landesregierung - Drs. 17/5492
Wir verfahren so, wie es in unserer Geschäftsordnung vorgesehen ist. Zur Besprechung wird zunächst einer der Fragestellerinnen oder einem der Fragesteller das Wort erteilt. Danach erhält es die Landesregierung.
Für die CDU-Fraktion, die die Anfrage gestellt hat, liegt mir die Wortmeldung des Abgeordneten Nacke vor. Bitte schön, Herr Nacke!
- Einen Moment, bitte! - Die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt nicht der Debatte folgen möchten, bitte ich, den Plenarsaal zu verlassen, sodass wir in Ruhe die Große Anfrage besprechen können. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegt die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage zur salafistischen Gefahr in Niedersachsen vor. Wir haben dieses Thema bereits gestern im Rahmen der Beratung über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses besprochen, der sich genau mit diesen Fragestellungen befassen soll.
Wenn es eines letzten Beleges bedurft hätte, dass der PUA richtig und notwendig ist, um diese Fragen zu beleuchten, dann sind es die Antworten, die wir in dieser Großen Anfrage seitens der Landesregierung erhalten haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Denn wenn man alles weglässt, was in dieser Großen Anfrage an Nebelsätzen immer wieder platziert worden ist - wie wichtig das ist, wie aufmerksam man da sein muss, wie entscheidend das alles ist und wie sehr man sich darum kümmern muss -, wenn man alle diese Sätze herausstreicht - tun Sie sich das vielleicht einmal an -, dann werden Sie feststellen, dass das, was übrig bleibt, deutlich zu wenig ist, um der Gefahr durch den Salafismus in Niedersachsen tatsächlich wirksam zu begegnen.
Man fragt sich ja: Wie ist das möglich? - Es kann ja eigentlich nicht daran liegen, dass uns die Gefahr nicht bewusst ist. Ich glaube, man kann insgesamt vier Kernbereiche, vier Fehlerbereiche ausmachen, warum diese Landesregierung sich so schwer damit tut, im Bereich des Salafismus tatsächlich wirksam aktiv zu werden.
Der erste Fehler, den Sie in diesem Zusammenhang machen, ist, dass Sie die Sicherheitsbehörden bei diesen Dingen im Wesentlichen außen vor lassen wollen. Den Grund dafür schreiben Sie schon in Ihre Vorbemerkung. Denn auch jetzt noch, im Jahr 2016, stricken Sie weiter an dieser Mär, die Sie seinerzeit, vor der Landtagswahl - ich habe das gestern schon ein wenig ausgeführt -, schon vorbereitet haben, es fehle an dem Vertrauen in die niedersächsischen Sicherheitsbehörden. Sie machen das mit dem Satz in der Vorbemerkung auf Seite 2 Ihrer Antwort fest:
„Die Landesregierung stellt sich daher nicht nur der Herausforderung der Salafismusbekämpfung mit aller Konsequenz“
„sondern auch der Rückgewinnung des Vertrauens aller Bevölkerungsgruppen in die Sicherheitsbehörden.“
Wer natürlich bereits in einer solchen Vorbemerkung den Sicherheitsbehörden unterstellt, es fehle an Vertrauen in der Bevölkerung oder zumindest in Teilen der Bevölkerungsgruppen, der muss sich nicht wundern, wenn diese Sicherheitsbehörden dann auch Schwierigkeiten haben, sich in die Dinge ordnungsgemäß einzubringen.
Das ist eben auch der Grund, Herr Minister, warum Sie - auch das habe ich gestern schon kurz angerissen - das Handlungskonzept zur Antiradikalisierung und Prävention im Bereich des islamistischen Extremismus und Terrorismus einfach kurzerhand gestrichen haben.
Es ist aber nichts an die Stelle getreten. Das kann man an verschiedenen Stellen in dieser Antwort sehr deutlich erkennen. Es fehlt an einem landesweiten Präventionsnetzwerk gegen Salafismus und Islamismus unter Einbindung aller zivilgesellschaftlich relevanten Akteure, wie es das beispielsweise in Hessen gibt. Das kann aber nur funktionieren, wenn man diejenigen, die für die Bekämpfung des Salafismus originär zuständig sind, nämlich die Sicherheitsbehörden, die Polizei und den Verfassungsschutz, in solche Dinge sehr unmittelbar einbindet.
Wenn man dann die Frage stellt - das haben wir ja in dieser Anfrage gemacht -, welche Beratungsangebote es gibt, kommen die entscheidenden Sätze, die deutlich machen, dass es in Niedersachsen eben nichts Vernünftiges gibt. Es heißt beispielsweise auf Seite 6 auf die Frage 8, welche Beratungsangebote es gibt:
„Die Entwicklung von effektiven Ansätzen und Strukturen, um dieser relativ neuen Herausforderung gerecht werden zu können, ist angelaufen.“
Gestern haben wir uns darüber gestritten, dass Sie gesagt haben: Ihr müsst doch unbedingt 2011 in den Untersuchungsauftrag mit aufnehmen, weil das doch das Jahr sei, in dem das alles besonders losgegangen sei. - Hier sprechen Sie von einer relativ neuen Entwicklung, der Sie jetzt mit einem anlaufenden Konzept begegnen wollen.
„Ressortübergreifend werden derzeit Gespräche geführt, um Ansätze zur Unterstützung der (Re-)Integration von Rückkehrern abzustimmen.“
Ein weiteres Beispiel. In der Antwort auf die Frage 9, welche Beratungsangebote geschaffen werden sollen, heißt es:
„Das im niedersächsischen Verfassungsschutz angesiedelte Aussteigerprogramm für Rechtsextremismus ‚Aktion Neustart‘ wird derzeit auf den Bereich des Islamismus/Salafismus ausgeweitet.
Das bezog sich auf die Frage, was geschaffen werden soll. Die beiden anderen Punkte, die ich gerade erwähnt habe, zu denen es dann heißt, das ist angelaufen, das wird gerade abgestimmt, schreiben Sie übrigens schon auf die Frage, was es schon gibt.
„zwischen August und November 2015 ein Konzept zur ‚De-Radikalisierung und Ausstiegsbegleitung im Justizvollzug des Landes Niedersachsen‘ erarbeitet. Das Konzept ist abgestimmt …“
Mit anderen Worten: Das Konzept wird noch nicht ausreichend umgesetzt, und seine Weiterführung - auch wenn sie als wünschenswert bezeichnet wird - ist nicht sichergestellt.
Nächstes Beispiel aus dem Bereich Schule: Über zweieinhalb Seiten wird in dieser Antwort ausführlich beschrieben, was in der Schule alles passiert. Weggelassen wird jedoch, dass es einen Erlass zu „Sicherheits- und Gewaltpräventionsmaßnahmen in Schulen in Zusammenarbeit mit Polizei und Staatsanwaltschaft“ gegeben hat. Warum wird das weggelassen? - Dieser Erlass war vom 9. November 2010, und er trat Ende 2015 schlicht und einfach außer Kraft. Nichts ist an seine Stelle getreten.
Hier lässt das Kultusministerium eine klare Lücke in der Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden, indem dieser Erlass nicht fortgesetzt, sondern einfach außer Kraft gesetzt wird, ohne dass etwas Neues in Kraft gesetzt wird. Das ist ein Skandal, wenn man bedenkt, welche Informationen und Zusammenarbeit im Bereich der Schule notwendig sind.
Letztes Beispiel zur Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden untereinander: Natürlich ist eine solche Zusammenarbeit zwingend erforderlich - es heißt hier ja auch, dass sie ganz prima zusammenarbeiten -, aber liest man genauer nach, dann findet man die Information, dass ein „Standardisierter Maßnahmenkatalog der niedersächsischen Sicherheitsbehörden im Zusammenhang mit salafistischen Brennpunkten sowie Jihad-Ausreisenden und -Rückkehrern“ erst seit Jahresbeginn 2016 verbindlich Anwendung findet. Erst jetzt erfolgt ein Fokussieren auf diese Fragestellung. Vorher gab es nichts. - Das heißt das ins Hochdeutsche übersetzt.
Daran können Sie sehen, dass es eben keine abgestimmte Initiative, kein abgestimmtes Konzept über die Häuser hinweg gibt. Es gibt hier mal ein bisschen und da mal ein bisschen; es heißt: Wir reden gerade darüber, wir wollen das machen, wir stimmen das noch ab. - In dieser Konzeption bewegen Sie sich. Damit bleiben Sie deutlich hinter den anderen Bundesländern zurück.
Ich führe diesen Fehler darauf zurück, dass Sie sich im Ergebnis weigern, die niedersächsischen Sicherheitsbehörden, die sich in zentraler Position befinden und eigentlich dafür zuständig wären, diese Dinge organisieren und koordinieren zu lassen und ihnen eine Führungsfunktion bei einer solchen Konzeption zuzusprechen. Das wollen Sie nicht. Deswegen klappt das nicht.
Sie glauben, Sie könnten dem mit der beRATenPräventionsstelle unter der Federführung des Sozialministeriums ausreichend begegnen. Aber diese Stelle ist für die Koordination unterschiedlicher Akteure überhaupt nicht zuständig.