Protokoll der Sitzung vom 04.05.2016

Für das niedersächsische Kultusministerium ist die Maßgabe zur Erfassung und Förderung der Schülerinnen und Schüler deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache der beobachtbare und beschreibbare Sprachförderbedarf, also der bildungspolitische Auftrag, der sich aus dieser Zuwanderung ergibt.

Genau aus diesem Grund haben wir mit den bislang durchgeführten Webabfragen alle Schülerinnen und Schüler erfasst, die über geringe oder keine Deutschkenntnisse verfügen, und zusätzlich diejenigen, die im Zeitraum vom 15. März 2015 bis 15. März 2016 neu an die niedersächsischen Schulen gekommen sind.

Insgesamt sind in diesem Zeitraum 27 594 Schülerinnen und Schüler ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen neu an die öffentlichen allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen gekommen.

Zum Stichtag der Webabfrage vom 15. September 2015 haben wir 32 716 Schülerinnen und Schüler ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen regis

triert; zum Stichtag der jüngsten Webabfrage zum 15. März 2016 nun 42 991 Schülerinnen und Schüler.

Fest steht, meine Damen und Herren: Erstens. Diese Anzahl an neu hinzukommenden Schülerinnen und Schülern wird sich weiter verändern. Zweitens. Alle Schülerinnen und Schüler deutscher und nichtdeutscher Herkunftssprache sollen ihr Recht auf Bildung und auf schulische Sprachförderung verwirklichen können.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Dies vorausgeschickt, beantworte ich für die Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt.

Zu 1.: Zunächst ist deutlich zu machen, dass der Aussagewert der Prognosewerte zum Prognosetermin 1. August 2016 sehr begrenzt ist. So kann es sein, dass von der Niedersächsischen Landesschulbehörde beispielsweise Personalveränderungen bei Lehrkräften, schulorganisatorische Maßnahmen wie Errichtung, Zusammenlegung und Aufhebung von Schulen, Einrichtung neuer Ganztagsschulen sowie Veränderungen der Anzahl der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler am Ganztagsbetrieb nicht oder zumindest nicht vollständig in das Programm eingepflegt worden sind bzw. aktuell noch gar nicht abschließend bekannt sind. Die Datengrundlage ist in laufender Anpassung und daher ständig im Fluss.

Dem Bezugswert für die Personalplanung - BPP - ist daher keine Aussage über den Wert der Unterrichtsversorgung zu entnehmen. Der BPP unterliegt in Bezug auf den landesweiten Durchschnitt, auf Schulformen, Regionen und einzelnen Schulen noch stärkeren Veränderungen.

Viele Daten - wie z. B. die schülerbezogenen Daten - lassen sich erst zu Beginn des Schuljahres verifizieren. Mit dem BPP kann daher allenfalls eine ganz aktuelle Momentaufnahme wiedergegeben werden.

Wenn insofern der Aussagewert des BPP sehr begrenzt ist, werde ich dennoch, weil das explizit angefragt wurde, die Werte an den öffentlichen allgemeinbildenden Schulen - ohne Schulen im Geschäftsbereich des MS - zum Prognosetermin 1. August, erstes Schulhalbjahr 2016/2017, sowie der einzelnen Schulformen mit Stand 2. Mai 2016 mitteilen.

Ich weise allerdings deutlich darauf hin, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass bei den Wer

ten, die ich Ihnen mitteile, die 930 zusätzlichen Stellen, die wir in dieser Woche an die Landesschulbehörde herausgegeben haben, noch nicht enthalten sind. Also noch einmal: Diese Stellen sind noch nicht enthalten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Werte lauten wie folgt: bei den Grundschulen 98,8, bei den Hauptschulen 103,3, bei den Realschulen 100,0, bei den Förderschulen 94,9, bei den Oberschulen 90,9, bei den Gesamtschulen 94,6, bei den Gymnasien 96,9; Summe über alle Schulformen 96,9.

Ich weise nochmals darauf hin, dass der Prognosewert nicht dem Wert der Unterrichtsversorgung entspricht. Der Prognosewert ist ein Einstellungshilfsinstrument.

Um die Unterrichtsversorgung vor dem Hintergrund des hohen Zuwachses bei den Schülerzahlen der vergangenen Monate zu gewährleisten, hat die Landesregierung reagiert und für das laufende Einstellungsverfahren zum ersten Schulhalbjahr 2016/2017 an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen rund 930 Stellen zusätzlich zur Verfügung gestellt.

Nach dem aktuellen Stand würde der landesweit durchschnittliche BPP mit den weiteren 930 Stellen um rund 2 % steigen. Auch dies stellt allenfalls eine Momentaufnahme dar.

Die Landesschulbehörde nimmt momentan die Aufteilung der Einstellungsermächtigung auf die einzelnen Schulformen vor. Daher sind schulformgenaue Aussagen hinsichtlich der Verteilung augenblicklich noch verfrüht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will Ihnen an dieser Stelle ein Beispiel dafür geben, dass die Bezugswerte für die Personalplanung „gesamt“ und für die einzelnen Schulformen nur bedingt aussagekräftig sind. Das wird etwa deutlich anhand der Schülerzahlen in der Qualifikationsphase des Gymnasiums und der Gesamtschule. Hier hat sich bereits in der Vergangenheit gezeigt, dass die von den Schulen in der Prognose gemeldeten Zahlen regelmäßig im landesweiten Durchschnitt deutlich über den dann tatsächlich zum Stichtag in der Statistik gemeldeten Zahlen lagen.

So wurden im Schuljahr 2015/2016 zum Prognosetermin 1. August 2015 landesweit insgesamt 60 147 Schülerinnen und Schüler für die Qualifikationsphase eingetragen, tatsächlich aber zum

Stichtag 15. September 2015 in der Statistik nur 57 522 Schülerinnen und Schüler gemeldet.

Die Sollbedarfe werden in der Qualifikationsphase schülerbezogen ermittelt. Daher ergibt sich eine entsprechende Differenz zwischen prognostizierten Lehrkräftesollstunden im Verhältnis zu den laut Statistik ermittelten Lehrkräftesollstunden von 4 463 Stunden. Dies entspricht einer landesweit durchschnittlichen Steigerung um 0,3 Prozentpunkte im Vergleich des BPP zum 1. August 2015 zur Unterrichtsversorgung vom 15. September 2015. Diese Zahl macht vielleicht auch noch einmal deutlich, wie unkonkret dieser Wert im Moment ist und wie er auch ständig schwankt.

Zu 2.: Die Landesregierung geht auf der Basis einer Modellberechnung unter Verwendung der 12. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung für die Schuljahre 2016/2017 bis 2020/2021 derzeit von folgenden Schülerzahlen an allgemeinbildenden Schulen aus:

Schuljahr 2016/2017: rund 836 000 Schülerinnen und Schüler,

Schuljahr 2017/2018: rund 825 000 Schülerinnen und Schüler,

Schuljahr 2018/2019: rund 815 000 Schülerinnen und Schüler,

Schuljahr 2019/2020: rund 809 000 Schülerinnen und Schüler,

Schuljahr 2020/2021: rund 828 000 Schülerinnen und Schüler.

Hierzu ist deutlich darauf hinzuweisen, dass insbesondere aufgrund der aktuellen Flüchtlingssituation Abweichungen von dieser Prognose auftreten können.

Im Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2016 sowie in der mittelfristigen Finanzplanung, der Mipla 2015 bis 2019, sind für allgemeinbildende Schulen nachstehende Beschäftigungsvolumen in Vollzeiteinheiten veranschlagt - das Haushaltsjahr ist gemäß Landeshaushaltsordnung das Kalenderjahr -:

2016: 60 186,33 Vollzeitlehrereinheiten,

2017: 59 736,59 Vollzeitlehrereinheiten,

2018: 59 736,83 Vollzeitlehrereinheiten,

2019: 60 104,66 Vollzeitlehrereinheiten.

Die Mipla für den kommenden Haushalt muss noch erstellt werden.

Zu 3.: Im Rahmen des Haushaltsaufstellungsverfahrens für das Haushaltsjahr 2016 wurden für die Umsetzung der inklusiven Schule für das Schuljahr 2016/2017 zusätzlich 360 Planstellen für Förderschullehrkräfte veranschlagt. Entsprechend der Unterrichtsverpflichtung von Förderschullehrkräften entspricht dies 9 540 Stunden zusätzlich.

Für 1 015 zusätzliche Lehrerstellen und Stellen für Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind rund 370 Millionen Euro im Kultusetat bis 2020 vorgesehen. Außerdem wurde der Ansatz für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen um 60 % erhöht. Seit 2014 werden jährlich 1,6 Millionen Euro im Haushalt eingeplant. Es stehen gegenwärtig und in Zukunft 1,6 Millionen Euro jährlich zur Verfügung; 8,0 Millionen Euro für den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung. Zusammengerechnet fließen damit insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro von 2016 bis 2020 in die inklusive Schule.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage für die FDP-Fraktion stellt Herr Kollege Försterling. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mit einer einfachen Frage an die Landesregierung beginnen: Wie viele Schülerinnen und Schüler sind zum heutigen Tag an Niedersachsens allgemeinbildenden Schulen?

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bitte, Frau Ministerin!

(Unruhe)

- Einen kleinen Moment, bitte! - Bitte, Frau Ministerin Heiligenstadt!

(Zurufe von der CDU)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, Herr Toepffer, das ist keine schwierige Frage. Ich wollte sie aber gern so umfassend beantworten, dass Ihnen klar wird, warum ich die Frage von Herrn Försterling, die sich auf den Stichtag von heute bezieht, nicht beantworten kann.

Es gibt nämlich keine stichtagsbezogene Zählung der Schülerinnen und Schüler.

(Kai Seefried [CDU]: Dann gestern oder vorgestern! - Björn Försterling [FDP]: Ich kann doch keine Prognose machen, wenn ich gar nicht weiß, wie viele Schüler aktuell da sind!)

Es gibt keine stichtagsbezogene Erfassung von Schülerinnen und Schülern. Schülerinnen und Schüler werden im Rahmen der Erhebung der Statistik zur allgemeinen Unterrichtsversorgung erfasst. Am 15. September 2015 hatten wir da rund 792 000 Schülerinnen und Schüler. Das ist die allgemeine Statistik. Das ist im Übrigen auch keine Erfindung von Rot-Grün, sondern das hat es auch in den Jahren davor schon immer gegeben.

(Björn Försterling [FDP]: Die Rah- menbedingungen sind heute aber wohl andere!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die erste Zusatzfrage für die SPD-Fraktion stellt der Kollege Strümpel. Bitte!