Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es hier mit einem Antrag der AfD zu tun, der in seiner armseligen Schlichtheit Ihre wahre Gesinnung offenbart, meine Damen und Herren.
Sie schaffen es tatsächlich, in den drei Zeilen, die dieser Antrag umfasst, der Überschrift zu widersprechen. Vorgeschoben wird der Tierschutz; verfolgt werden von Ihnen ganz anderen Ziele.
Wir haben im Bereich des Tierschutzes Hunderte von Themen. Viele haben wir hier behandelt. Das geht von Haltungsbedingungen über unsägliche Verhältnisse bei Tiertransporten bis hin zu Machenschaften von sogenannten Tierschutzrechtsorganisationen wie PETA usw. Aber aus diesem unendlichen Spektrum greift sich die AfD ausgerechnet das Thema des rituellen Schächtens heraus. Was für ein Zufall!
(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: So ist es! Was für ein Zufall!)
Zugegeben, hier stehen nach unseren Werten zwei Ziele im Widerspruch: die Religionsfreiheit und der Tierschutz.
Das betäubungslose Schlachten von Tieren ist heute in ganz Europa aufgrund des Tierschutzes verboten, mit Ausnahme für Juden und Moslems aufgrund religiöser Bestimmungen. In Deutschland ist es seit 1933 verboten. Aber auch damals, liebe Kolleginnen und Kollegen, standen schon ganz andere Ziele im Raum, wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom Januar 2002 unter dem Vorsitz von Herrn Richter Papier festgestellt hat:
„Deutschlandweit wurde der Zwang, warmblütige Tiere vor der Schlachtung zu betäuben, durch das Gesetz über das Schlachten von Tieren vom 21. April 1933... eingeführt, das nach den Feststellungen des Bundesgerichtshofs das Ziel verfolgte, den jüdischen Teil der Bevölkerung in seinen religiösen Empfindungen und Gebräuchen zu verletzen.“
(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN - Wiard Siebels [SPD]: In exakt dieser Tradition!)
Jetzt komme ich auf meine Anfangsbemerkung zurück. In Ihrem Antrag heißt es, es sollen nur Angehörige islamischen Glaubens keine Sondererlaubnis mehr bekommen. Sie merken den Unterschied: 1933 waren es die Juden.
Haben Sie die nur vergessen, oder wollen Sie in dem Fall doch nicht so weit gehen, hier gegen Juden zu hetzen, meine Damen und Herren?
Dieser Antrag offenbart ausschließlich Ihre ausländerfeindliche Gesinnung. Er ist ein Frontalangriff auf die Religionsfreiheit.
Millionen Menschen islamischen Glaubens sollen, wie das Bundesverfassungsgericht gesagt hat, in ihren Empfindungen und Gebräuchen verletzt werden.
Herzlichen Dank, Herr Kollege Grupe. - Zu einer Kurzintervention auf Ihren Beitrag hat sich für die AfD-Fraktion Frau Guth gemeldet.
Vielen Dank, Herr Grupe. - Erwartbar! Aber es wäre schön, wenn Sie Ihre eigenen Dokumente läsen. Ich habe hier das Niedersächsische Ministerialblatt Nr. 5324. Auf dieses bezieht sich das. Hier steht: „Anforderungen an die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 4 a Abs. 2 Nr. 2 des Tierschutzgesetzes an Angehörige des islamischen Glaubens“ - So heißt Ihr Ministerialerlass.
Liebe Frau Guth, Sie können sich auch nicht mit irgendwelchen Dokumenten der Landesverwaltung herausreden. Die Frage ist: Geht es Ihnen um das betäubungslose Schlachten von Tieren? - Dann gilt das allumfassend und hat nichts mit dem Islam zu tun;
denn es gibt auch andere, die nach dem Gesetz aus Glaubensgründen berechtigt sind, diese Art des Schlachtens anzuwenden. Dass Sie hier ausgerechnet auf den Islam abheben, steht in der Tradition Ihrer Partei, die zum Glück noch nicht so lange dauert und hoffentlich bald beendet ist.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Déjà-vu, dachte ich. Das kommt mir irgendwie bekannt vor, waren meine ersten Gedanken, als ich den Antrag der AfD-Fraktion zu diesem Tagesordnungspunkt gelesen habe. Nach einer kurzen Recherche - das war gar nicht schwierig - wusste ich wieder, wann ich Bekanntschaft mit dieser Thematik gemacht hatte. Im September letzten Jahres gab es eine Debatte im Schleswig-Holsteinischen Landtag zu genau dem gleichen Thema.
Ihnen ist das friedliche Miteinander religiösen Lebens in Niedersachsen und in der Bundesrepublik ein Dorn im Auge, ein Stachel im Fleisch. Sie wollen Vorurteile schüren. Um etwas anderes geht es Ihnen mit diesem Antrag nicht.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Wiard Siebels [SPD]: So ist es!)
Ein Verbot betäubungslosen Schlachtens, wie Sie es fordern, wurde 1933 eingeführt - damals nicht um Muslime zu diskriminieren, sondern die jüdische Gemeinschaft.
Sie versuchen, Tierschutz gegen Religionsfreiheit auszuspielen, um Menschen zu diskreditieren und ihnen zu schaden. Das ist plump und perfide.