Die nennen sich „Islamkritiker“. Ich sehe auf diesen Seiten selten, dass über rechtsextremistische Anschläge gepostet wird und diese kritisiert werden. Gleichzeitig finde ich, dass auf den Seiten von linken Politikern sehr viel über Anschläge von Rechtsextremisten und sehr wenig über Straftaten von Ausländern gepostet wird. Das sind dann „Nazikritiker“. - Ich würde mich freuen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn wir uns hier im Hause gemeinsam darum kümmern würden, endlich einmal „Idioten-Kritiker“ zu werden. Unabhängig davon, ob sie von Rechten oder von Ausländern verübt werden, müssen Straftaten verfolgt werden.
Sehr geehrter Herr Ahrends, Sie haben in Ihrer Rede bereits aus der Anfrage meines Kollegen Konstantin Kuhle im Deutschen Bundestag zitiert, der gerade bei der Bundesregierung die Zahl der Gefährder und auch der Ausweisungen nach § 58 a des Aufenthaltsgesetzes abgefragt hat. Danach ergibt sich ein interessantes Bild. In der Tat steigt die Zahl der Gefährder. Es gibt also mehr Menschen, die sich radikalisieren. Das ist ein Problem, um das wir uns kümmern müssen, wo wir mit verschiedenen Maßnahmen der Prävention und der Repression ansetzen müssen.
Insgesamt 760 Gefährder und 500 relevante Personen im Bereich Politisch motivierte Kriminalität - religiöse Ideologie - machen auch uns Freien Demokraten Sorgen. Diese Zahl zeigt, dass dort zu lange weggeguckt wurde.
Man muss aber auch deutlich sagen, dass von diesen 1 260 Personen „nur“ 362 einen Asylantrag gestellt haben. Das sind etwa 25 %. Das heißt, drei Viertel dieser Personen haben mit Asyl überhaupt nichts zu tun. Die trifft man also überhaupt nicht an dieser Stelle.
Auch muss festgestellt werden, dass von den Gefährdern - wir kennen die Zahlen derjenigen, die ausgereist sind - etwa zwei Drittel die deutsche Staatsbürgerschaft gehabt haben, und zwar mehr als ein Drittel ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft. Ein knappes Drittel waren Doppelstaatler. Nur ein knappes Drittel hatte lediglich eine ausländische Staatsbürgerschaft.
Das zeigt uns doch, dass das nicht nur ein Problem von Nationalität ist, sondern insbesondere das Problem einer Ideologie unabhängig von der
Staatsangehörigkeit. Deswegen müssen wir, verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Ideologie bekämpfen und uns darum kümmern, dass sie sich nicht weiter verbreitet.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist schon angesprochen worden, dass das Land Niedersachsen zum ersten Mal den § 58 a des Aufenthaltsgesetzes angewendet hat. Ich sage offen, Herr Minister Pistorius, dass ich damals gezweifelt habe, ob diese Ausweisungen vor Gericht Bestand haben werden. - Es ist durchgezogen worden, und das ist gut, meine sehr verehrten Damen und Herren. Es ist gut, dass Niedersachsen an dieser Stelle bei zwei Personen gesagt hat: Es geht nicht mehr. Die müssen raus. Wir wollen nicht, dass es so weit kommt, dass hier durch diese Personen Anschläge verübt werden.
Es ist aber halt so, dass es bisher in ganz Deutschland erst 13 Anwendungsfälle des § 58 a des Aufenthaltsgesetzes gegeben hat. Erst 13! Von diesen 13 wurden nur 10 durchgeführt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Anwendung des § 58 a in nur zehn Fällen zeigt, dass dieses Instrument bisher zu wenig angewandt wurde.
Wir wollen, dass Menschen, die unser Land gefährden, ausgewiesen werden. Deswegen ist es gut, dass die Landesregierung sagt: Wir wollen dies stärker anwenden. - Allein es fehlt bisher die tatsächliche Umsetzung. Auch ist es schön, Herr Kollege Holsten, dass Sie ankündigen, was Sie denn alles im Polizeigesetz umsetzen wollen. Wir sind darauf gespannt, wann es denn endlich vorliegt, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, damit wir das hier in diesem Sinne debattieren können.
In diesem Sinne: Kümmern wir uns darum, dass sich radikale Ideologie nicht weiter verbreitet, und kümmern wir uns darum, dass dort, wo wir ausweisen können, auch tatsächlich ausgewiesen wird! Lassen Sie uns aber nicht alle Themen miteinander vermengen und so tun, als sei das ein Problem, das generell auf alle Ausländer zutrifft!
Vielen Dank, Herr Kollege Oetjen. - Jetzt spricht für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Watermann. Bitte sehr!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu Beginn, Herr Kollege Holsten, gratuliere ich Ihnen zu Ihrer Jungfernrede, in der Sie einem Thema, das niveaulos angesetzt worden ist, mit Niveau begegnet sind. Herzlichen Glückwunsch dazu!
Meine sehr verehrten Damen und Herren, „Abschiebung kann Leben retten!“ lautet die Überschrift des Antrages der AfD. Die Fragestellung ist ja: Wo wird Leben gerettet? - Es wird suggeriert, dass es hier bei uns gerettet wird. Dem Thema wird man ja nicht gerecht, wenn man wirklich Leben retten will. Will man ihm gerecht werden, muss man sich damit befassen, dass es weltweit Auseinandersetzungen, Terror sowie Anschläge gibt. Sie werden von Menschen verübt, die das aus religiösen, aber auch aus anderen - z. B. politischen - Gründen tun. Es gibt eine vermehrte Anzahl von Menschen, die Amok laufen. Das passiert weltweit. Es ist selbstredend, dass wir uns hier in unserem Land schützen. Dafür müssen wir dieser kriminellen Gewalt bzw. dem Terror begegnen, indem wir alle Maßnahmen, die wir in unserem Rechtsstaat haben, anwenden - und zwar vollkommen gleichgültig, vor welchem Hintergrund jemand solche Gewalt ausübt. Das müssen wir konsequent tun.
Wir müssen aber auch - das ist uns auferlegt, weil so etwas weltweit vorkommt - mit anderen Staaten zusammenarbeiten. Es nützt uns nichts, wenn wir einen Gewalttäter nach Tunesien ausweisen und er dort Anschläge verübt. Vielmehr müssen wir mit diesen Staaten zusammenarbeiten und darauf hinweisen, welches Potenzial an Gewalt vorhanden ist. Weiter müssen wir alle Möglichkeiten, die wir jetzt anwenden, um Menschen von diesem Weg, gewalttätig bzw. so niveaulos zu werden, wegzubekommen, ganz konsequent weiterentwickeln.
Wir müssen uns auf der einen Seite schützen, indem wir eine konsequente Anwendung unseres Rechtssystems vollziehen und unsere Sicherheitskräfte stärken.
Daneben müssen wir andererseits den Menschen, die in diese Gewaltsituation durch die Medien - vor allen Dingen auch durch soziale Netzwerke - hineingetrieben worden sind, einen Weg aufzeigen, wie sie da wieder herauskommen können.
Das nützt uns aber nicht, wenn wir nicht auch die europäische Zusammenarbeit stärken. Wir müssen - das haben wir bei den Anschlägen in Paris und an vielen anderen Orten gesehen - diese Zusammenarbeit stärken, um weltweit in die Lage versetzt zu werden, uns gegen diese Gewalt zu schützen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer dieses Thema der Radikalisierung und der Gewalt so niveaulos behandelt, der will kein Leben retten, sondern er will einfach nur populistisch bei sich eingezahlt bekommen.
Das, meine Damen und Herren, ist menschenverachtend und gehört nicht in einen demokratischen Staat. Vielmehr müssen wir hier um die richtigen Wege im Rechtsstaat streiten - und nicht über Populismus. Sie erkennen ja schon, wenn eine Tat mal eben gerade begangen worden ist, wer sich da im Hintergrund befindet. Das sieht man an dem Fall von Münster. Sie haben überhaupt kein Interesse an sachlicher Information oder Auseinandersetzung, sondern Sie wollen nur populistisch Häscherei betreiben. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das ist etwas, was wir nicht mittragen.
Wir sagen ganz deutlich: Stopp für eine solche Politik, Stopp für solche Aktuellen Stunden, Ja zum Leben, und zwar weltweit - und das mit unseren Sicherheitskräften!
Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Jetzt liegt eine Wortmeldung der Landesregierung vor. Herr Minister Pistorius, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema „Rückführung und Abschiebung“ ist seit einigen Jahren ein Reizthema in Deutschland - ein sehr komplexes, sehr vielschichtiges und oft auch hochemotionales, woran Sie,
- Das war nicht einmal eine Freud‘sche Fehlleistung. Also: Sie sind gemeint! Das wussten Sie aber auch so!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen ist bei diesem Thema Sachlichkeit geboten. Nicht geboten sind plumpe Parolen in Überschriften von Aktuellen Stunden.
Halten wir uns an die Fakten! Der weit überwiegende Teil der hier in Niedersachsen mit uns lebenden Menschen - Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund - lebt hier friedlich und gesetzestreu.
Das belegt die Statistik jedes Jahr aufs Neue außerordentlich eindrucksvoll. Daran gibt es nichts zu rütteln - es sei denn, man ist Trumpianer und glaubt an Fake News und alternative Fakten.
Ja, meine Damen und Herren, und dann gibt es fürchterliche Fälle wie den von Burgwedel, wo ein junger Flüchtling eine junge Frau lebensgefährlich durch Messerstiche verletzt hat. Das ist furchtbar, und das macht uns fassungslos.
Aber ich sage auch: Es ist völlig gleichgültig, wer wen niedersticht und aus welcher Motivation heraus. Ich erinnere an einen Fall aus Wiesbaden aus dem vergangenen Jahr, wo ein Deutscher ohne erkennbaren Anlass, aus Banalitäten heraus, eine albanische Familie attackierte und u. a. ein Kind tötete. Und ich erinnere an den Fall in Heilbronn, wo ein Russlanddeutscher in einem Streit einen Flüchtling niederstach. Ich will damit nur sagen: Messerstechereien sind kein Privileg von Flüchtlingen.
Die Zahl der Messerstechereien ist gestiegen, ja. Aber diese Steigerung geht lange nicht nur auf das Konto von Flüchtlingen. Also lassen Sie solche Hetzereien, meine Damen und Herren!
Für Verbrechen wie das in Burgwedel gilt: Jedes Verbrechen wird bestraft und verfolgt - ungeachtet der Herkunft, der Weltanschauung und der Religion.
Wir in Niedersachsen tabuisieren nichts, aber wir dramatisieren auch nichts. Das haben wir immer so gemacht. Wir waren das erste Bundesland, das einen Flüchtlingsmarker in die Kriminalstatistik eingeführt hat, um genau den Beweis führen zu können: Wie hoch ist denn der Anteil der Flüchtlinge an den Straftätern? - Jede Statistik beweist aufs Neue: Er ist nicht signifikant höher. Also hören Sie auf mit diesen Märchen!
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der AfD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dies ist die verantwortliche Art, mit diesem Thema umzugehen. Und dann gibt es die der AfD. Die AfD instrumentalisiert die Taten Einzelner, um ganz generell und pauschal Asylsuchende und Flüchtlinge als potenzielle Gewalttäter zu diffamieren.
Apropos Gewalt: Die AfD Salzgitter postet mit der Überschrift „Meine Damen, traut euch!!!“ ein Foto einer Frau mit Baseballschläger und der Aufschrift: „Patriotismus ist auch Frauensache!“