Protokoll der Sitzung vom 18.04.2018

Also ist es doch allenfalls das politische Argument, dass man nicht jedes Gesetz vor dem Staatsgerichtshof haben möchte. Aber das müssen am Ende doch die klagenden Parteien rechtfertigen. Man macht sich doch lächerlich, wenn man mit jedem Gesetz vor den Staatsgerichtshof zieht. Es gibt doch auch eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit und die Medien, die so etwas entsprechend kommentieren. Insofern halte ich die Missbrauchsgefahr gerade in Bezug auf die Normenkontrolle für nicht gegeben.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für das Recht der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Wir haben in der letzten Legislaturperiode mehrere Untersuchungsausschüsse eingesetzt. Jede Fraktion weiß doch, was das bedeutet. Das ist doch nichts, was man leichtfertig macht.

(Johanne Modder [SPD]: Naja!)

Erstens hat man politische Risiken, weil man natürlich liefern will und liefern muss. Auch dabei unterliegt man einer öffentlichen Kontrolle. Zweitens sind die Ressourcen, die das bindet, doch gerade für die kleinen Fraktionen enorm. Kolleginnen und Kollegen sind in vollem Umfang über Monate oder Jahre durch so ein Thema gebunden, auch Mitarbeiter sind gebunden. Insofern überlegt man sich so etwas sehr gut.

Ich halte daher die Sorge, dass eine Landesregierung durch überbordende Ausübung von Untersuchungsausschussrechten, durch die Einsetzung Parlamentarischer Untersuchungsausschüsse, lahmgelegt wird, eher für eine theoretische Gefahr als für wirklich belastbar. Die parlamentarische Realität sieht doch anders aus; denn auch dann, wenn man hier die erforderlichen Quoren hatte, z. B. in der letzten Legislaturperiode, haben sich CDU und FDP sehr genau überlegt, bei welchen Punkten sie das gemacht haben, und es kam nicht zu einem Missbrauch. Zu diesem Missbrauch kam es übrigens auch nicht durch die CDU-Fraktion, die jederzeit locker das Quorum hierzu erreicht hätte.

Der Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist also eine sehr wohl überlegte Entscheidung. Und auch die Absenkung des Quorums führt nicht dazu, dass hierbei ein Missbrauch zu befürchten ist.

Unter dem Strich habe ich bisher - außer sehr allgemeinen Hinweisen - kein wirklich zwingendes Argument gehört, was konkret dagegen spricht. Deshalb wünsche ich mir von dieser Debatte, die wir jetzt in den Ausschüssen zu führen haben - vielleicht findet man auch Foren, um die Debatte darüber hinaus zu führen; denn das ist eine Debatte, die über Niedersachsen hinaus für alle Länderverfassungen Relevanz hat -, dass wir einmal darüber sprechen, worum es in der Sache wirklich geht und wie diese Rechte tatsächlich konkret ausgestaltet werden könnten, ohne dass ein Missbrauch oder ein Lahmlegen von Regierung oder Gericht zu befürchten ist. Ich halte dieses Argument für übertrieben. Wir wollen uns aber gerne der Diskussion stellen und sind natürlich gespannt - - -

Sie müssen jetzt leider zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. - Wir sind natürlich gespannt auf den Entwurf einer solchen Vereinbarung; denn ich habe durchaus Zweifel, wie hier schon angesprochen wurde, dass das am Ende durchsetzbar ist und die gleiche Qualität wie eine Verfassungsregelung hat.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention auf diesen Beitrag hat sich Herr Kollege Jens Nacke für die CDU-Fraktion gemeldet.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Birkner, eine Anmerkung vorweg: Nein, eine Vereinbarung, sollte sie zwischen diesen Parteien getroffen werden, wird nicht die gleiche Qualität wie eine Verfassungsänderung haben. Den Anspruch haben wir auch nicht. Es wäre eine politische Vereinbarung, die die Qualität einer Koalitionsvereinbarung hat. Von gleicher Qualität wie eine Verfassungsänderung oder ein Gesetz wird eine solche Vereinbarung nicht sein.

Ich habe mich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet, weil ich etwas ansprechen möchte, was mir schon einmal aufgefallen ist und was Sie in Ihrer Rede wieder getan haben. Das, worüber wir jetzt diskutieren, sind Minderheitenrechte, d. h. Rechte, die in einer Verfassung oder einer Geschäftsordnung ausdrücklich einer Minderheit zugewiesen sind, die in diesem Parlament keine Mehrheit hat. Sie aber verknüpfen damit, dass Mehrheitsrechte mit einer Art Welpenschutz angewandt werden sollen, wenn die Minderheit so klein ist, wie Sie es z. B. in Bezug auf Anhörungen im Ausschuss angesprochen haben. Ja, ich kann nachvollziehen, dass die FDP-Fraktion einen Gesetzentwurf einbringt - ich glaube, dabei ging es um das Kita-Gesetz oder um das Schulgesetz -, weil sie weiß, dass die Regierung demnächst etwas vorlegt, weil sie eigene Initiative und besonderes Engagement zeigen will und weil sie sich natürlich wünschen würde, dass über diesen Gesetzentwurf, der aus der Feder der Opposition kommt, gesondert gesprochen wird. Das ist politisch legitim. Das ist vielleicht sogar ganz geschickt. Trauen Sie uns aber auch das Geschick zu, so etwas abzulehnen.

Jede Mehrheit in diesem Parlament ist in all den Jahren immer wieder so verfahren, dass sie solche Anhörungen unterbunden hat, um auf das eigene Gesetz zu warten, damit das „echte“ Gesetz besprochen wird. Man kann zwar jetzt sagen, dass man sich da hätte anders verhalten müssen. Sie aber vermischen Mehrheitsrechte mit Minderheitsrechten. Das sollte in dieser Debatte nicht passieren.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Herr Dr. Birkner möchte jetzt auch antworten.

(Minister Olaf Lies [MU] bespricht sich an der Regierungsbank mit Ministerin Havliza [MJ])

- Bei der Gelegenheit möchte ich aber, da es sich um eine Beratung handelt, die eigentlich nur die Abgeordneten zu interessieren hat, darum bitten, etwas leiser zu sein.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Nacke, zunächst einmal vielen Dank für die Aufklärung, dass Sie nicht davon ausgehen, dass wir mit Vereinbarungen am Ende

bei einer gleichen Qualität wie bei Verfassungsänderungen landen; denn das ist neu. Bisher habe ich die Argumente in der politischen Diskussion aus Sicht der Regierung und der Regierungsfraktionen immer so verstanden, dass diese die Oppositionsfraktionen so stellen wollten, als gebe es eine Verfassungsänderung. Ich teile nämlich die Einschätzung, dass eine solche Vereinbarung nicht die gleiche Qualität wird erreichen können. Insofern war Ihr Beitrag ein Beitrag zur Aufklärung der Debatte und sozusagen zur Klärung der Gefechtslage. Wir sind gespannt. Wir werden erst dann, wenn entsprechender Vorschlag vorliegt, beurteilen können, wie weit das geht. Ich meine aber, dass das ein wichtiger Punkt ist, um einmal eine gemeinsame Grundlage zu finden.

Meine zweite Anmerkung gilt der Frage nach den Minderheitsrechten in Ausschüssen. Mein Appell bleibt bestehen. In diesem Kontext kann nicht immer alles sozusagen juristisch dogmatisch getrennt werden, sondern am Ende geht es darum, wie die Zusammenarbeit im Parlament und die Ausübung der parlamentarischen Rechte gelebt und die Diskussionen im Zusammenspiel zwischen Opposition und Regierung geführt werden.

Dabei spielt natürlich auch eine Rolle, mit welchem Fingerspitzengefühl eine Regierungsmehrheit damit umgeht. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Wie er damit umgeht, muss am Ende jeder für sich selbst entscheiden. Manche Dinge sind eigentlich unproblematisch zu machen. Insofern geht der Appell dahin, auch in Zukunft weiterhin im Blick zu haben, dass die Frage, wie effektive Opposition ausgeübt werden kann, auch davon abhängt, wie solche Dinge im Ausschuss gehandhabt werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Dr. Birkner. - Es liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

Wir kommen nunmehr zur Ausschussüberweisung.

Federführend beraten werden sollen diese Anträge im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen. Wer für diese Ausschussüberweisung ist, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Das ist nicht der Fall. - Gibt es Enthaltungen? - Das ist auch nicht der Fall. Somit haben Sie einstimmig beschlossen.

Wir kommen nun zu dem

Tagesordnungspunkt 7: Abschließende Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zur dauerhaften Fortsetzung der Förderungen nach dem Gesetz über Zuwendungen des Landes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Niedersächsisches Gemeindeverkehrsfi- nanzierungsgesetz - NGVFG) - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/128 - b) Entwurf eines Gesetzes zur dauerhaften Fortsetzung der Förderungen nach dem Gesetz über Zuwendungen des Landes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (Niedersächsisches Gemeindeverkehrsfi- nanzierungsgesetz - NGVFG) - Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU - Drs. 18/245 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung - Drs. 18/657neu - dazu: Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/670neu - Änderungsantrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/706 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/696

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU mit Änderungen anzunehmen.

Den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Fraktion in der Drucksache 18/626 zurückgezogen, sodass insoweit sich eine Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschusses erübrigt.

Die beiden Änderungsanträge in den Drucksachen 18/670neu und 18/706 zielen auf jeweils unterschiedliche Abweichungen von den Beschlussempfehlungen hinsichtlich der §§ 1 und 6.

Zunächst hat sich für die CDU-Fraktion der Kollege Karsten Heineking zu Wort gemeldet.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein gutes, ein wichtiges, ein richtiges Signal für unsere Kommunen, für die Pendler und Gewerbetreibenden und für die Verkehrssicherheit in Niedersachsen. Mit der Erhöhung der Mittelansätze für den kommunalen Straßenbau und für den ÖPNV, den

öffentlichen Personennahverkehr, um insgesamt 26,5 Millionen Euro auf dann zukünftig 150 Millionen Euro pro Jahr tragen wir dem hohen Bedarf angemessen Rechnung.

Mehr als 362 Millionen Euro umfassen die bereits heute angemeldeten Straßenverkehrsprojekte, die auf Wunsch der Kommunen realisiert werden sollen. Ohne eine substanzielle Erhöhung der Ansätze wäre dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Daher stellen wir die Mittel nicht nur für 2018 und 2019 zur Verfügung, sondern sichern dieses Volumen auch über das Jahr 2019 hinaus ab. Damit schaffen wir dauerhaft Sicherheit und Planbarkeit.

Mit der künftig gleichberechtigten Verteilung der Mittel zwischen dem Straßen- und Radwegebau sowie dem öffentlichen Personennahverkehr bzw. dem Schienenpersonennahverkehr werden beide Bereiche zukunftsfest aufgestellt. Eine 50:50Verteilung der Mittel ist aus Sicht von SPD und CDU gut geeignet, um dem Investitionsbedarf auf beiden Feldern angemessen Rechnung zu tragen. Wichtig war dabei aber auch, dass die Mittelsteigerung im Straßenbau nicht zulasten des ÖPNV geht. Dies ist gelungen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Die Mittel des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes finden in vielfältiger Weise Verwendung: für den Ausbau bestehender Straßen, für den Neu- und Ausbau von Radwegen, für die Erneuerung von Brücken, für Kreisverkehre, sichere Bahnübergänge, die Beseitigung von Unfallschwerpunkten, also für vielfältige Maßnahmen, die das Ziel verbindet, die Mobilität der Menschen in Niedersachsen zu stärken und ihre Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.

(Beifall bei der CDU)

So müssen bis zum Jahr 2030 bundesweit rund 10 000 kommunale Brücken mit einem Investitionsvolumen von bis zu 16 Milliarden Euro ersetzt werden. Auf der anderen Seite geht es um einen modernen öffentlichen Personennahverkehr. Mit den jährlichen 75 Millionen Euro können wichtige Investitionen im Nahverkehr finanziert werden: der Bau von Straßen- und Untergrundbahnlinien, die Anschaffung von Bussen und Schienenfahrzeugen, der Bau von Bushaltestellen, von Fahrradstellplätzen und die Anschaffung von Verkehrstelematik, um nur einige zu nennen.

Meine Damen und Herren, aus Sicht der CDU besteht in Niedersachsen gerade im Bereich der Verkehrsinfrastruktur ein erheblicher Investitions

bedarf. Dies betrifft nicht nur den Substanzerhalt, sondern auch und gerade den Ausbau des verfügbaren Streckennetzes.

Mein besonderer Dank gilt Herrn Verkehrsminister Dr. Bernd Althusmann und seinem Haus, dass wir in so kurzer Zeit die notwendige Erhöhung der Mittel realisieren konnten. Mein Dank gilt auch den Verbänden, die sich an der Anhörung im Wirtschaftsausschuss beteiligt haben. Aus ihren Stellungnahmen ist meines Erachtens sehr deutlich geworden, dass das Vorgehen der Koalition auf breite Zustimmung stößt.

Kritisch äußern sich die Verbände vor allem zu zwei Aspekten, die ich kurz beleuchten möchte. Zum einen geht es um den Punkt Dynamisierung des Mittelansatzes. Mir ist sehr bewusst, dass einzelne Verbände eine konkrete Festlegung auf eine jährliche Dynamisierung um 2 % oder gar 4 % gerne gesehen hätten. Dazu ist anzumerken, dass wir bewusst von mindestens 150 Millionen Euro sprechen und damit eine etwaige Dynamisierung sehr wohl aus dem Gesetzentwurf herauszulesen ist. Eine konkretere Formulierung ist gegenwärtig wenig sinnvoll, solange die künftigen Bundesmittel nach 2019 noch einer Klärung bedürfen. Mit der Festlegung auf mindestens 150 Millionen Euro über das Jahr 2019 hinaus ziehen wir aber bereits heute einen Mindestsockel auf beeindruckendem Niveau ein.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Intensiv diskutiert wurde auch, die Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz künftig nicht mehr aus zwei, sondern aus drei Töpfen heraus vorzunehmen.

Neben ÖPNV und kommunalem Straßenbau sah der Gesetzentwurf der Grünen einen 10-prozentigen Anteil exklusiv für den Radwegeverkehr vor. Der ADFC rechnete gar vor, dass gute Gründe für einen 15-prozentigen Anteil des Radverkehrs sprechen. Die CDU ist jedoch davon überzeugt, dass eine höhere Förderung des Radverkehrs auch in den bewährten Strukturen erreicht werden kann. Gleichwohl ist uns bewusst, dass die bisherigen Ansätze für den Radverkehr nicht ausreichen, um Sanierung und Neubau von Radwegen, insbesondere von Radschnellwegen, zu realisieren. Es ist daher meine klare Erwartung, dass ein signifikanter Anteil der zusätzlichen Mittel auch im Radwegebau Verwendung findet. Ganz aktuell haben wir das bei uns auch im Landkreis Nienburg, zumindest in einem Projekt. In der Gemeinde

Warmsen an der K 20 ist mit diesen 26,5 Millionen Euro zusätzlicher Mittel eben auch ein Radweg an Kreisstraßen zu finanzieren.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf von SPD und CDU verschafft den Kommunen den dringend benötigten finanziellen Handlungsspielraum. Er sichert eine ausreichende Finanzausstattung über das Jahr 2019 hinaus ab und ordnet die Verteilung der Mittel zwischen kommunalem Straßenbau und ÖPNV neu. Es würde mich daher freuen, wenn wir den Gesetzentwurf mit breiter Mehrheit verabschieden würden.