Protokoll der Sitzung vom 19.04.2018

Vor dem Hintergrund der hohen Flüchtlingszahlen ab 2015 und der damit verbundenen Ausnahmesituation erfolgte im Rahmen eines politischen Kompromisses die Aussetzung des Familiennachzuges bis März 2018. Diese Ausnahmesituation ist aber nun nicht mehr gegeben.

Durch die nun zwischen den Fraktionen von SPD, CDU und CSU auf Bundesebene gefundenen kontingentierten Kompromiss - 12 000 pro Jahr zuzüglich wirksamer Härtefallregelung - wird der Familiennachzug für subsidiär Geschützte ab August wieder ermöglicht. Und so viel gehört zur Wahrheit auch dazu: Diese Regelung geht übrigens auch über das hinaus, was die Jamaika-Sondierungen vorgesehen hatten.

In diesem Zusammenhang möchte ich nochmals ausdrücklich betonen, dass der in der Koalitionsvereinbarung auf Bundesebene festgehaltene Kompromiss für uns alle Gültigkeit hat. Daher gehört es sich nicht, das Thema Flüchtlingsnachzug von rechts zu bespielen, wie es Bundesminister Seehofer und die CSU derzeit tun - insbesondere nicht vor einem Landtagswahlkampf in Bayern.

Entsprechend ist es aber ebenso verkehrt, die Vorfälle in Duma nun nutzen zu wollen, um diese Regelung so infrage zu stellen, wie Sie es hier versuchen. Denn das Konzept einer Aufweichung - ich möchte hier nicht falsch verstanden werden - des Familiennachzuges verfolgt in der Denkweise einen grundsätzlich falschen Ansatz. Wir brauchen eine Lösung auch für die Menschen in Syrien. Gerade nach den schrecklichen Vorfällen von Duma muss endlich ein Weg gefunden werden, die Fluchtursachen vor Ort zu bekämpfen, indem den Syrern in ihrer Heimat eine Friedensperspektive und den bereits Geflüchteten eine Rückkehrperspektive aufgezeigt werden kann.

Und wissen Sie, wie man dieses hehre Ziel erreichen kann, liebe Frau Piel? - Nicht, indem man nur Forderungen aufstellt, die das eigene Wählerklientel in der Zeitung vermutlich gerne liest,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Hey!)

sondern mit einem realistischen, verantwortungsvollen Blick auf die Lage.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Sie sollten Ihre Reden nicht von Herrn Schüne- mann gegenzeichnen lassen!)

Das mag nicht immer attraktiv und befriedigend sein, aber ich halte es - frei nach Helmut Schmidt und Willy Brandt - so, dass ich lieber 100 Stunden verhandele, um, dem Wesen der Demokratie folgend, wirklich etwas zu erreichen: einen tragfähigen Kompromiss, so, wie wir ihn auf Bundesebene beschlossen haben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Pantazis. - Das Wort hat nun Herr Kollege Ahrends, AfD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der AfD lehnt den Vorstoß der Grünen ab.

(Ulrich Watermann [SPD]: Ach nee!)

- Überraschung!

Es ist nicht die Aufgabe der Bundesrepublik Deutschland, sich um die Flüchtlinge in aller Welt zu kümmern. Das, meine Damen und Herren, ist die Aufgabe des UNHCR, der Weltflüchtlingshilfe der Vereinten Nationen, und des WFP, des World Food Programs, das sich um diese Menschen kümmert.

Diese Organisationen finanziell zu unterstützen, sind wir selbstverständlich gerne bereit. Das halten wir für angebracht. Deshalb ist es uns auch völlig unverständlich, warum Deutschland und - außer den Niederlanden - alle anderen EU-Staaten 2015 ihre Zahlungen an den UNHCR reduziert haben. Deutschland hat sie damals von 301 Million Euro auf 143 Millionen Euro reduziert. Gleichzeitig waren wir bereit, 50 Milliarden Euro für die Menschen auszugeben, die in unser Land gekommen sind.

Der Krieg in Syrien wäre möglicherweise schon vorbei, die Terroristen besiegt und das Land be

friedet, wenn der Westen Syrien endlich in Ruhe lassen würde. Hat doch der syrische Präsident Assad bereits im Mai 2017 dazu aufgerufen, nach Syrien zurückzukehren.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist Ihr neuer Freund, ne?)

So wurde dort im August 2017 eine große Wirtschaftsmesse abgehalten, auf der 1 562 Wirtschaftsunternehmen aus 43 Ländern ihre Produkte angeboten haben, um den Wiederaufbau von Syrien zu unterstützen. Man spricht von Hunderttausenden Besuchern. Warum hat die Presse eigentlich nie darüber berichtet?

(Christian Meyer [GRÜNE]: Die AfD ist der Freund des Diktators Assad? Sie waren ja da! - Weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Glocke der Präsidentin)

- Sie sollten zuhören. Vielleicht lernen Sie was!

Unlängst war eine Delegation der AfD in Syrien und hat das Land bereist: Damaskus, Homs, Aleppo, Latakia - all diese Städte wurden besucht. Und - welch Wunder - unsere Delegation ist wohlbehalten wieder nach Deutschland zurückgekehrt.

(Beifall bei der AfD - Lachen bei den GRÜNEN)

Nach Aussage von Dr. Blex, der dem Landtag Nordrhein-Westfalen angehört und die Delegation geleitet hat, gibt es ausreichend Gebiete in Syrien, in denen ein friedliches Leben möglich ist. Die Supermärkte sind voller Lebensmittel, Wasser und medizinische Versorgung sind vorhanden. Die Bilder und Videos dieser Reise können Sie im Internet abrufen.

Von 185 000 km² Gesamtfläche war unlängst nur noch das Gebiet Ost-Ghuta umkämpft; das umfasst ca. 200 km². Auch dort haben die syrischen Truppen die Rebellen, bestehend aus Al Kaida und Al Nusra - die übrigens von den USA unterstützt werden -, in der Zwischenzeit besiegt, sodass auch diese Gebiete jetzt befriedet sind. Im Übrigen verfügen auch diese Terroristen über C-Waffen. Überlegen Sie bitte einmal für sich im stillen Kämmerlein zu Hause, wem ein C-Waffen-Angriff - der übrigens nicht bewiesen wurde - mehr nutzt! Die UN hat am 10. April gesagt, dass ein C-WaffenEinsatz immer noch nicht nachgewiesen ist.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist menschenverachtend!)

Wenn die Sanktionen eingestellt würden und die medizinische Versorgung verbessert würde, könnte der Wiederaufbau beschleunigt werden. Wenn die Türkei endlich aufhören würde, im Norden die Kurden zu töten, und die USA, England, Israel und Frankreich Syrien einfach mal in Ruhe lassen würden, wäre Syrien wahrscheinlich schon wieder ein friedliches Land,

(Johanne Modder [SPD]: Oh, oh, oh! Assad soll weitermachen, jawohl!)

in dem Schiiten, Sunniten, Christen und Alewiten friedlich nebeneinander leben könnten, so wie das damals der Fall war, bevor geplant wurde, eine Pipeline durch das Land zu ziehen.

(Beifall bei der AfD - Dr. Christos Pantazis [SPD]: Was ist denn mit Russland?)

Man hört von syrischen Flüchtlingen, die aus Deutschland nach Syrien fliegen, um dort Urlaub zu machen und Verwandte zu besuchen, dann aber nach Deutschland zurückkehren, wo sie einen Flüchtlingsstatus genießen. Hier bekommen sie finanzielle Unterstützung und können kostenlos wohnen. Das ist verständlich. Aber Armut ist kein Asylgrund, und Asyl ist eine zeitlich begrenzte Maßnahme.

(Johanne Modder [SPD]: Das ist uner- träglich!)

Vielleicht versuchen Sie lauter zu reden als ich. Aber ich glaube, ich werde Sie besiegen.

(Heiterkeit und Beifall bei der AfD - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Einen Moment, bitte, Herr Kollege Ahrends! - Wir setzen die Beratung erst fort, wenn im Plenarsaal wieder Ruhe eingekehrt ist.

Vielen Dank, Frau Präsidentin - - -

Moment, bitte! Ich setze die Sitzung fort.

Danke schön.

Eine durchschnittliche syrische Familie -

Moment, bitte! Herr Kollege!

- umfasst ca. sieben Personen, nicht selten auch zehn bis zwölf. Diese Zahlen kommen aus Kanada. In Deutschland leben aber auch Familien aus Syrien mit über 20 Personen. Wie die Niedersächsische Landesregierung auf Nachfragen zugeben musste, ist ihr völlig unklar, wie viele Personen tatsächlich nach Deutschland kommen würden, weil sie nicht weiß, wie viele Anträge gestellt würden. Außerdem kann ein Verwandtschaftsverhältnis ohne gültige Dokumente nicht nachgewiesen werden.

Der Wohnraum, der vorhanden ist, wird zusätzlich benötigt. Vorhandener Wohnraum wird also umso teurer. Sozialleistungen in Millionenhöhe und Milliardenhöhe würden zusätzlich auf uns zukommen. Unsere Sozialkassen halten diesem Druck nicht stand, lebt doch jetzt schon jedes fünfte Kind von Hartz IV, und die Rentner sammeln Flaschen, um über die Runden zu kommen.

(Beifall bei der AfD)

Es würden sich noch mehr Parallelgesellschaften bilden. Und ganz abgesehen davon erleben wir leider auch Terroranschläge, oder wir erleben, dass mit Messern auf Menschen eingestochen wird, so wie jetzt in Burgwedel. Abdallah M. ist übrigens aus Syrien und lebt mit seiner Familie schon fünf Jahre hier.

Aus diesen genannten Gründen sind wir gerne bereit, eine finanzielle Unterstützung des UNHCR mitzutragen. Einen Familiennachzug, dessen Umfang und dessen Kosten völlig unklar sind, lehnen wir jedoch ab.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. - Nun hat das Wort für die CDUFraktion Herr Kollege Calderone. Bitte, Herr Kollege!

(Zustimmung bei der CDU)