Christos Pantazis

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Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wer von uns hätte zu Beginn dieses Jahres damit gerechnet, dass wir eine historische Wirtschaftskrise für unser Land erleben würden? Ausmaß und Dauer der Corona-Pandemie sind noch offen, befinden wir uns doch inmitten der zweiten Welle. Das sorgt für Unsicherheit unter den Verbrauchern und führt zu einer großen Konsumzurückhaltung. Unsere exportorientierte Wirtschaft spürt das täglich. Den jüngsten Prognosen zufolge wird die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr bei uns in Deutschland um 5 % bis 7 % schrumpfen. Der Absturz ist folglich tiefer als in der globalen Finanzkrise des Jahres 2009.
Die Corona-Pandemie belastet nicht nur unser Gesundheitssystem und verlangt den Bürgerinnen und Bürgern viel ab, sondern stellt auch unsere
Wirtschaft vor große Herausforderungen. Zahlreiche Betriebe im Land sind in wirtschaftlicher Schieflage. Unzählige Beschäftigte befinden sich in Kurzarbeit oder sehen sich mit Arbeitslosigkeit konfrontiert. Viele Existenzen stehen vor einer unklaren Zukunft.
Für die SPD-Fraktion erkläre ich, dass wir daher an der Seite all derer stehen, die in unserem Land Unterstützung benötigen, und zwar nicht nur in dieser Krise.
Zu den am schwersten betroffenen Branchen zählt beispielsweise die Tourismusbranche. Mithilfe der Bundesmittel sowie dem 120-Millionen-Euro-Paket für den Tourismus aus dem Corona-Sondervermögen werden wir dieser Branche auch im nächsten Jahr helfen.
Wir wollen die Qualität der touristischen Angebote und die Vermarktung weiter verbessern und alles dafür tun, dass wir nach Corona wieder zu alter Stärke zurückfinden.
Es ist jetzt unsere Verpflichtung, unter diesen besonders schwierigen Rahmenbedingungen mit dem Haushalt 2021, so gut es geht, die Weichen für Wachstum zu stellen und dazu beizutragen, dass die Arbeitslosigkeit in Niedersachsen so gering wie möglich ist.
Der vorliegende Einzelplan des Wirtschaftsministeriums sieht hierfür ein finanzielles Gesamtvolumen von ungefähr 2 Milliarden Euro vor. Bei genauer Betrachtung können wir unter den schwierigen Vorzeichen der Corona-Krise mit dem vorliegenden Einzelplan mehr als zufrieden sein. Selbst wenn gerade in Krisenzeiten gelten mag, dass nicht alles finanzierbar ist, so ist es doch gelungen, wesentliche Programme und Maßnahmen auf weiterhin hohem Niveau zu halten und sogar zu verstetigen. Schließlich gilt es auch in schwierigen Zeiten, wichtige und notwendige Investitionen in die Infrastruktur unseres Bundeslandes, den Wirtschaftsstandort Niedersachsen, zu tätigen, um unser Land weiterhin zukunftsfähig aufzustellen.
Auf gleichbleibend hohem Niveau sind beispielsweise die Gesamtausgaben für die niedersächsischen Straßen vorgesehen. Allein 110 Millionen Euro sieht der Landesstraßenbauplafond im kommenden Jahr vor. Davon entfallen u. a. 15 Millionen Euro auf die Sanierung von Ortsdurchfahrten sowie 20 Millionen Euro auf die Radwege in Niedersachsen. Rund 866 Millionen Euro sind für die Finanzierung des schienen- und straßengebunde
nen öffentlichen Personennahverkehrs vorgesehen. Im Vergleich zum Vorjahr stellt das sogar eine Erhöhung um 25 Millionen Euro dar. Das tun wir, weil ein gut ausgebautes Schienennetz, ob im Nah- oder Fernverkehr, einen wichtigen Beitrag zum Mobilitätsmix in Niedersachsen leistet und ferner einen wichtigen Anker im Kampf gegen den Klimawandel darstellt.
Trotz Corona enthält der vorliegende Entwurf ebenso wie die Mipla zahlreiche wichtige arbeitsmarktpolitische Projekte wie die Meisterprämie für das Handwerk oder die in diesem Jahr neu eingeführte Weiterbildungsprämie. Im Bereich Arbeit und Qualifizierung verstetigen wir ferner arbeitspolitische Instrumente vergangener Jahre, wie Qualifizierung und Arbeit, Förderung regionaler Fachkräftebündnisse sowie das Förderprogramm „Start Guides“. Auch die Förderung von Gründungsstipendien ist im kommenden Jahr abgesichert.
Erlauben Sie mir daher an dieser Stelle, meinen Dank an Sie und Ihr Haus, sehr geehrter Herr Minister Althusmann, für die Erarbeitung dieses Einzelplans sowie die kompetente Begleitung während der Haushaltsberatungen auszusprechen.
Als wirtschaftspolitischer Sprecher meiner Fraktion freut es mich, dass die politische Liste der Regierungsfraktionen nicht nur zusätzliche 1,5 Millionen Euro für den Landesstraßenbauplafond, sondern auch 1,5 Millionen Euro für das neue Fahrradmobilitätskonzept vorsieht. Wir wollen den Fahrradverkehr attraktiver machen. Schließlich soll Niedersachsen unserem Ansinnen nach Fahrradland Nummer eins werden. Unser Ziel ist es, die verkehrstechnische Infrastruktur in Niedersachsen für den Radverkehr auszubauen, den Radtourismus ansprechender zu gestalten und letztlich auch die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
Ich will auch das Thema Schüler- und AzubiBeförderung ansprechen. Wir verfolgen hier einen Drei-Bausteine-Ansatz, dessen erster Baustein, das landesweite U21-Ticket für unter 30 Euro pro Monat, bereits zum Fahrplanwechsel in der nächsten Woche in Kraft tritt. Uns ist dabei klar: Diesem Baustein werden weitere folgen müssen - keine Frage!
Mit dem abschließenden Dank an sämtliche Fraktionen für die konstruktiven Haushaltsberatungen
im Ausschuss bitte ich Sie daher: Lassen Sie uns mit dem hier vorliegenden Einzelplan morgen einen Haushaltsetat für das Jahr 2021 beschließen, mit dem wir unser Land souverän und krisenfest in die Zukunft führen und dafür sorgen, dass wir notwendige Investitionen tätigen und kommende Herausforderungen weiterhin meistern können!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Entschließungsantrag, Herr Kollege Schulz-Hendel, dessen Stoßrichtung Sie dem baden-württembergischen Koalitionsvertrag entnommen haben, greift den seit den 90er-Jahren u. a. von Sikora und Winkelmann entwickelten Themenkomplex der GemeinwohlÖkonomie auf.
Insbesondere nach der Finanzkrise des Jahres 2008 wurde diese durch illustre Autodidakten wie dem österreichischen Aktivisten Christian Felber überarbeitet; Sie hatten ihn gerade erwähnt. Er postuliert - wie Sie in Ihrem Antrag ausführen - medienwirksam eine umfassende Überarbeitung unseres gegenwärtigen Wirtschaftssystems. Zugegebenermaßen greift er die Kritik an den Auswüchsen des herrschenden Kapitalismus auf.
Die politischen Aktivisten um Felber propagieren die Vorstellung der Gemeinwohl-Ökonomie als möglichen dritten Weg zwischen kapitalistischer Marktwirtschaft und zentralisierter Planwirtschaft. Kein materielles Gewinnstreben mehr, keine bösen Finanzmärkte, kein Konkurrenzstreben, regionale Wirtschaftskreisläufe statt globalisierter Wirt
schaftsverflechtungen - so werden die Ideen einer Gemeinwohlwirtschaft medienwirksam in Szene gesetzt.
Auf der Homepage des von Felber 2010 hierzu gegründeten Vereins soll diese - ich zitiere - „der Aufbruch zu einer ethischen Marktwirtschaft“ sein, „deren Ziel nicht die Vermehrung von Geldkapital ist, sondern das gute Leben für alle“. In einem Gemeinwohl-Bericht sollen Unternehmen die Umsetzung der Gemeinwohl-Werte erklären und eine Bewertung vornehmen. Bericht und Bilanz sollen extern überprüft und veröffentlicht werden. - So weit zur Theorie. Und frei nach dem österreichischen Wirtschaftstheoretiker Popper: der Versuch, den Himmel auf Erden zu verwirklichen.
Aber was theoretisch lobens- und unterstützenswert klingen mag, trägt in der Praxis - die Geschichte mahnt uns - häufig den Teufel im Detail. Ökonomen bewerten die Idee der GemeinwohlÖkonomie äußerst kritisch, sprechen dieser Theorie sogar die Wissenschaftlichkeit ab, greift diese doch massiv in die Selbstbestimmungsrechte der Menschen ein, insbesondere in Eigentums- und Freiheitsrechte.
Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen. Niemand unterstellt den Verfechtern der Gemeinwohl-Ökonomie einen Eifer im jakobinischen Sinne. Der Begriff „Gemeinwohl“ bedarf aber einer Definition, sodass das offenkundige Missbrauchspotenzial eingegrenzt werden muss.
Ferner - und das ist fundamental - kritisiert die Gemeinwohl-Ökonomie Wettbewerb und Konkurrenz grundsätzlich und möchte diese Mechanismen abschaffen. Wettbewerb und Konkurrenz sind aber wesentliche Kennzeichen unserer sozial-ökologischen Marktwirtschaft. Gemeinwohl-Ökonomie und Marktwirtschaft schließen sich daher gegenseitig aus - ganz abgesehen von dem damit einhergehenden immensen bürokratischen Aufwand, da für jedes einzelne Unternehmen festgestellt werden muss, inwieweit es die Gemeinwohlziele erreicht hat und welche rechtlichen und finanziellen Vorteile diesem gewährt bzw. welche Nachteile ihm auferlegt würden.
Ich würde sehr gerne ausführen, Herr Präsident.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Abgesehen von der hier dargestellten Kritik gebe ich in dieser ersten Beratung zu bedenken, dass niedersächsische Unternehmen bereits jetzt in vielfältiger Weise gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Diese zeigen auch die in Niedersachsen etablierten Social-Responsability-Projekte und Nachhaltigkeitsberichterstattungen von Unternehmen.
Durch die Verabschiedung des Gesetzes zur Umsetzung der CSR-Richtlinie auf Bundesebene im Jahr 2017 hat die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zusätzliche Impulse erhalten. So sind Unternehmen verpflichtet, über die Risiken und Folgen unter ökologischen, sozialen und mitarbeiterrelevanten Aspekten zu berichten. Zur Umsetzung der Agenda 2013 mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen werden auf Bundesebene bereits jetzt kommunale Nachhaltigkeitsstrategien unterstützt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich fasse daher abschließend zusammen: Auch wenn stets argumentiert wird, dass eine Theorie eine äußerst praktische Angelegenheit sein kann, wirft der vorliegende Antrag erhebliche Fragen und Kritikpunkte auf, die es in der anstehenden Ausschussberatung, auf die ich sehr gespannt bin, zu klären gilt.
Aktuell, zum jetzigen Zeitpunkt, bleibt mir daher nicht mehr übrig, als mit den Worten Joschka Fischers zu antworten: Excuse me, I am not convinced.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die niedersächsische Wirtschaft, die niedersächsischen Unternehmen und Beschäftigten haben unter den massiven Auswirkungen der Corona-Pandemie, die Ende Februar Niedersachsen erreichte, zu leiden. Keine Frage!
Einhergehend mit einem zu erwartenden drastischen Einbruch des niedersächsischen Inlandsprodukts von fast 17 % befinden sich mehrere Tausend Beschäftigte aktuell in Kurzarbeit oder sehen sich auch mit Arbeitslosigkeit konfrontiert. Laut einer jüngeren Umfrage der IHK Niedersachsen rechnet mehr als die Hälfte der Unternehmen auf Jahressicht mit einem Umsatzrückgang von über 25 %, ein Viertel sogar mit über 50 %.
Zweifellos sind das alles Anzeichen einer - wie in dieser Aktuellen Stunde thematisierten - pandemiebedingten Wirtschaftskrise. Zwar hat Niedersachsen mit der bisherigen Umsetzung des niedersächsischen Stufenplans Schritte aus dem
Shutdown eingeleitet, und es mehren sich auch Anzeichen dafür, dass die niedersächsische Wirtschaft langsam an Fahrt aufnimmt. Doch bis zur Normalität ist es noch ein langer Weg.
Um dem pandemieinduzierten Verlust von Arbeitsplätzen sowie der Zunahme möglicher Insolvenzen entgegenzuwirken, bedarf es daher zum einen niedrigschwelliger, aber auch nachhaltiger Investitionen in Betriebe wie auch in die Infrastruktur und in die Digitalisierung. Selbstverständlich spielen auch Fragen wie beispielsweise die Entbürokratisierung eine große Rolle. Nötig sind Konjunkturimpulse durch Investitionsplanung und Zukunftsvorhaben quer durch die für Niedersachsen prioritären Wirtschaftsbereiche.
Zum anderen ist die Innovationskraft der niedersächsischen Wirtschaft - und damit auch die Leistungsfähigkeit des Landes - mittel- und langfristig zu erhalten und zu stärken, damit Niedersachsen schnell und gestärkt aus der Krise herauskommt.
Für uns ist dabei klar: Investitionen und Innovationen sind Konjunkturstützen, aber nicht nur. Gerade sie stärken vor allem langfristige Wachstumspotenziale und sorgen für Stabilität auf dem Arbeitsmarkt. Aber genau das, Herr Bode, haben wir mit der Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts 2020, mit dem niedersächsischen - ich füge jetzt eine weitere Begrifflichkeit hinzu - Kraftpaket gegen die Corona-Krise und ihre folgenschweren Auswirkungen beschlossen. Im Rahmen der vom Landtag für die niedersächsische Wirtschaft zur Verfügung gestellten Mittel im Einzelplan 08 von rund 1,4 Milliarden Euro wurden Anfang September die ersten sechs Förderrichtlinien durch das Wirtschaftsministerium bereits veröffentlicht. Weitere werden folgen.
Mit niedrigschwellen Investitions- und Innovationshilfen sowie weiteren Sonderprogrammen und Soforthilfen sollen diese insbesondere unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen unterstützen sowie wichtige Zukunftsinvestitionen im Bereich der Infrastruktur und der Nachhaltigkeit tätigen. Beispielgebend hierfür sind Innovationshilfen für KMU mit 410 Millionen Euro, Start-up-Förderung mit 100 Millionen Euro - wir hatten gestern allenthalben die Debatte hierzu -, Breitbandausbau mit 150 Millionen Euro und die Ladesäuleninfrastruktur für Elektromobilität mit 40 Millionen Euro. Damit sollen Branchen, Unternehmen und Beschäftigte gezielt hinsichtlich der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie unterstützt und wirksame
Impulse für einen wirtschaftlichen Neustart in Niedersachsen gesetzt werden.
Verehrter Herr Kollege Bode, vor diesem Hintergrund kann ich den von Ihnen in Ihrem Antrag zur Aktuellen Stunde konstruierten Widerspruch zwischen finanzieller Zuwendung und wirtschaftlicher Zukunftsfähigkeit absolut nicht nachvollziehen.
Mit den dringend notwendigen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unseres Landes verfolgen wir bereits jetzt das Ziel, „mit Fortschritt und Modernisierung Niedersachsen aus der pandemiebedingten Wirtschaftskrise“ zu „führen“, um den Titel Ihres Antrages zur Aktuellen Stunde zu zitieren.
Abschließend hege ich allerdings die Hoffnung, dass die von SPD und CDU beantragte eingehende Beratung der Richtlinien im Wirtschaftsausschuss für ausreichend Aufklärung sorgen könnte und wird.
In diesem Sinne freue ich mich auf die anstehende Ausschussberatung und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Der größte Erfolg beginnt mit einer guten Idee“ lautet der erste Satz der hier zur abschließenden Beratung vorliegenden Beschlussempfehlung. Aber gute Ideen bedürfen passender Rahmenbedingungen, damit diese durch Gründerinnen und Gründer in die Tat umgesetzt werden können.
In Niedersachsen haben wir den Anspruch, ein Land von Gründerinnen und Gründern zu sein;
denn Gründungen von Unternehmen sind nicht nur für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung von grundlegender Bedeutung; sie schaffen auch und insbesondere die Arbeitsplätze von morgen. Gründungen und insbesondere Start-ups sind folglich für die Zukunftsfähigkeit einer Volkswirtschaft von grundlegender Bedeutung.
Die Landesregierung hat dieses Zukunftspotenzial bereits unter Minister Olaf Lies 2017 richtig erkannt und hierzu eine wegweisende Start-up-Strategie mit fachlicher Begleitung durch einen Beirat in Angriff genommen.
Hauptbestandteile dieser Initiative waren und sind die Betreuung und Förderung von Start-ups in der Seed-Phase durch Start-up-Zentren, eine Vernetzung der Akteurinnen und Akteure untereinander sowie die Bereitstellung von Risikokapital.
Für diese Strategie gebührt der Regierung und Herrn Minister Lies auch weiterhin Dank; denn auch die hier vorliegende Beschlussempfehlung baut auf die im Jahr 2017 gestartete Start-upInitiative auf.
Meinen Dank möchte ich an dieser Stelle - Herr Schulz-Hendel hat das gerade schon angesprochen - auch im Namen meiner Kollegin Frau Dr. Liebetruth, die heute krankheitsbedingt nicht vor Ort sein kann, insbesondere an die Fraktionsfachsprecher des Hauses - Frau Wulf, Herrn Grascha und Herrn Schulz-Hendel - für die konstruktive Zusammenarbeit und Kompromissbereitschaft auf dem Weg hin zu der hier nun vorliegenden gemeinsamen Beschlussempfehlung zum Ausdruck bringen. Ich halte das für ein starkes parteiübergreifendes Signal an unsere heimische Gründungsszene insbesondere zu Corona-Zeiten.
Gerade jetzt in Corona-Zeiten ist es wichtig, für die Zukunft unserer niedersächsischen Wirtschaft auf Innovation und eine Gründungsinitiative zu setzen. Unbestritten ist, dass die Pandemie die deutsche Gründungslandschaft in ihrer gesamten Vielfalt und Breite trifft. Insbesondere Gründungen stehen vor enormen wirtschaftlichen Herausforderungen, da diese selten auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen können. Das deutsche Start-up-Ökosystem befindet sich folglich in einer akuten Problemlage, die entschlossenes und schnelles Handeln erfordert.
Als Landtag haben wir mit dem zweiten CoronaNachtragshaushalt schon wichtige Voraussetzungen für die Start-up-Förderung geschaffen, indem wir insgesamt 100 Millionen Euro für die Start-up
Förderung bereitgestellt haben. Das ist ein guter Ansatz und sinnvoll, da auf dieser Basis insbesondere neue Gründungen zu den Themen Life Science, Medizintechnik, Robotik, Smart Production, Food und Agrar sowie zu digitalen Geschäftsmodellen landesweit entstehen können. Das leuchtende Beispiel des Braunschweiger Biotechnologie-Start-ups YUMAB in der antikörperbasierten Bekämpfung des Coronavirus kann hier exemplarisch herangezogen werden.
Trotz dieser vielfältigen Aktivitäten kann Niedersachsen noch gründungsfreundlicher werden. Das wollen wir mit der hier nun vorliegenden gemeinsamen Beschlussempfehlung aller vier Fraktionen erreichen. Er gibt jetzt Rahmen und Richtung für ein gründungsfreundliches Niedersachsen vor, in dem Start-ups und andere Gründungen nachhaltig und noch aktiver gemacht werden können und sollen.
In einem 15 Punkte umfassenden Forderungskatalog wollen wir die bedarfsgerechte Weiterentwicklung der 2017 gestarteten erfolgreichen Start-upStrategie der Landesregierung vollumfänglich und zielgerichtet begleiten und unterstützen. Wir wollen das Gründen von Unternehmen weiter vereinfachen, digitalisieren und entbürokratisieren.
Wie soll das mit der hier vorliegenden Beschlussempfehlung geschehen?
Erstens: durch eine bessere Bündelung aller Gründungsaktivitäten der verschiedenen Ressorts der Landesregierung und eine Einbeziehung der Gründungsoffensive in die Strategie Niedersachsens zur Digitalisierung, zur Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts, zur Regionalentwicklung sowie zur Bekämpfung des Klimawandels.
Zweitens: durch einen weiteren Ausbau der Finanzierungsmöglichkeiten für Gründerinnen und Gründer in Pre-Seed-, Seed- und Growth-Phase. Diese sind weiterhin nachhaltig aus- und aufzubauen. Unter anderem sind ein neuer Venture-CapitalFonds aufzulegen sowie ein den regionalen Wirtschaftsschwerpunkten entsprechendes Fondsmanagement sicherzustellen.
Drittens: durch eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Start-up-Zentren und den Hochschulen und Forschungseinrichtungen.
Schließlich stellt der Wissens- und Technologietransfer neben Forschung und Lehre ein zentrales Handlungsfeld der niedersächsischen Hochschulen dar.
Viertens: mit einem Aktionsplan Female Entrepreneurship, damit die Potenziale Niedersachsens noch besser genutzt werden, und zwar durch eine Förderung von weiblichen Gründungen, die bis dato in technologieorientierten Branchen unterrepräsentiert sind. Wir wollen Frauen ermutigen, zu gründen oder ein bestehendes Unternehmen zu übernehmen sowie selbst zu entscheiden und zu gestalten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich fasse daher abschließend zusammen: Niedersachsen verdient eine Gründerkultur, die mutige Menschen, die für ihre Ideen brennen, auch und gerade in der Corona-Pandemie stärker unterstützt. Mit der hier vorliegenden gemeinsam getragenen Beschlussempfehlung leisten wir hierzu alle unseren Beitrag und zeigen den Mut, den ein gründungsfreundliches Niedersachsen braucht.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unbestritten, die COVID-19Pandemie, die Niedersachsen Ende Februar erreichte, hat die Gastronomie schwer getroffen. Durften Restaurants zunächst noch unter Auflagen öffnen, war ab dem 20. März 2020 nur noch der Außer-Haus-Verkauf zugelassen. Betriebe, die auch einen Liefer- und Abholservice anboten, konnten wenigstens einen Teil ihres Geschäfts aufrechterhalten. Andere versuchten, ihr Geschäftsmodell entsprechend anzupassen.
Zwar hat Niedersachsen mit der bisherigen Umsetzung des niedersächsischen Stufenplans unter strikter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln inklusive Gästedatenerhebung Schritte aus dem Lockdown eingeleitet, doch bis zur Normalität ist es noch ein langer Weg. Die gastronomische Branche gehört folglich zu denen, die seit dem Beginn und noch immer mit Einschränkungen zu kämpfen haben. Die Branche beklagt - Sie haben es auch angesprochen - im Zeitraum von Januar bis Juli durchschnittliche Umsatzverluste von bis zu 40 %.
Das sind Zahlen, die uns sicherlich nicht kaltlassen können, geht es hier doch auch um Existenzen und Lebensentwürfe. Wir befinden uns hier allerdings in einem Spannungsfeld zwischen den wirtschaftlichen Interessen und dem allgemeinen Gesundheitsschutz, und aufgrund des volatilen Infek
tionsgeschehens gilt es hier, Maß und Mitte zu halten und nicht in Extreme zu verfallen.
Ich will daher nicht bestreiten, dass die Gastronomiebranche in der aktuellen Lage Hilfe benötigt, und zwar - und das hat der Kollege Hillmer allumfassend ausgeführt - wie sie von Bund und Land zur Verfügung gestellt worden ist. Sie benötigt aber auch das im Zweiten Nachtragshaushalt des Landes vorgesehene Sonderprogramm für Tourismus und Gastronomie in Höhe von 120 Millionen Euro, das es nun schnell und unbürokratisch umzusetzen gilt. Ich will nicht verhehlen, dass ich mir in dieser Festlegung von Personengrenzen im gastronomischen Bereich auch bundeseinheitliche Regelungen gut vorstellen kann, um grenznahe Verwerfungen zu vermeiden.
Was die Gastronomie in ihrer aktuellen Situation allerdings mitnichten gebrauchen kann, ist ein vermeintlicher Rettungsanker einer sogenannten Alternative, die sich nun ganz im Sinne des Präventionsparadoxons anschickt, mit dieser Aktuellen Stunde den Corona-Bußgeldkatalog außer Kraft setzen zu wollen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Infektionsgeschehens würde man mit diesem vermeintlichen Rettungsvorschlag die Axt an die Wurzel dieser Branche legen. Es käme einem gesundheitlichen Vabanquespiel gleich, da er nicht nur die Allgemeinheit gefährden, sondern - so wie es der Kollege Hillmer gesagt hat - auch das Verbrauchervertrauen in die Gastronomiebranche untergraben würde.
Die Gastronomen aber wollen nicht Risiko spielen, weder mit ihren eignen Existenzen noch mit der Gesundheit ihrer Gäste. Sowohl durch die Einhaltung der Hygiene- und Abstandsregeln als auch durch die Gästedokumentation wollen sie vielmehr ihren Beitrag leisten, das Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu halten. Sie wollen, dass die wenigen, die das Infektionsrisiko vergrößern und das Verbrauchervertrauen verspielen, stärker zur Kasse gebeten werden.
Aber genau das Gewollte konterkarieren Sie mit Ihrer Forderung nach der Aussetzung des CoronaBußgeldkatalogs. Wollen Sie durch Ihre Forderung etwa verantwortungsloses Handeln flankieren? Waren die Geschehnisse im Landkreis Leer und verschiedene andere Beispiele, die auch Herr Kol
lege Limburg gerade angesprochen hat, etwa nicht Lehre genug?
Wissen Sie, in der Krise beweist sich der Charakter, hat einst ein weiser Sozialdemokrat gesagt. Mit dieser Aktuellen Stunde haben Sie wieder eindrucksvoll unter Beweis gestellt, welch hohes Maß an Verantwortungslosigkeit Sie in der Corona-Krise an den Tag legen, und letztendlich, wes Geistes Kind Sie dem Grunde nach sind.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bode, es freut mich, dass ich Sie im Sommer glücklich machen durfte. Aber weil wir gerade über mobile Arbeit und Homeoffice sprechen, haben mein Kollege Watermann und ich uns eben gefragt, ob Sie die Zeitung aufgeschlagen haben oder ob Sie ein E-Paper gelesen haben.
Dass die Corona-Pandemie unser aller Leben und damit auch unser aller Arbeitsleben bereits massiv verändert hat und weiter verändern wird, ist sicher kein Geheimnis. Wir alle haben in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt und - je nach
eigener Vorkenntnis - in Form eines quasi erzwungenen Großversuchs erlernen müssen, dass sich die beruflichen Anforderungen oft auch gut von zu Hause oder in Videokonferenzen erledigen lassen. Auch Sie haben das eben angesprochen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Entwicklung auch nach Corona Bestand haben und sich noch ausweiten wird. Homeoffice wird Teil einer Post-Corona-Normalität werden, ein Fakt, der sich auch nach Corona kaum zurückdrehen lassen wird. Die aktuellen Umfragen und jüngst veröffentlichten Studien von IGES, forsa und der DAK belegen: Über 70 % der Beschäftigten, die erst seit der Corona-Krise regelmäßig von zu Hause arbeiten, möchten dies zumindest teilweise beibehalten.
Die Corona-Pandemie hat infolgedessen bereits jetzt bei vielen Arbeitgebern zu einem Umdenken geführt. Auch auf kommunaler Ebene und in unserer Landesverwaltung ist diese Entwicklung aufgenommen und umgesetzt worden. Auch das haben Sie eben angesprochen. In einzelnen Bereichen wird bereits heute an zwei Tagen in der Woche daheim gearbeitet. Die Erfahrungen damit sind durchweg positiv.
Dass es daher richtig ist, bereits heute über die Arbeitswelt von morgen zu sprechen, steht außer Frage. Die Frage ist jedoch - damit komme ich zu dem hier in erster Beratung vorliegenden Entschließungsantrag -, welche politischen Schlüsse wir aus dieser neuen Situation ziehen möchten. Da liegen unsere Prioritäten und Schwerpunkte vielleicht etwas auseinander.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat es im Zusammenhang mit seiner bereits im Juli angekündigten Bundesinitiative zum Umgang mit
Homeoffice bereits richtig gesagt: Wir brauchen keine Pflicht zum Homeoffice, sondern ein Recht auf Homeoffice. Wir dürfen niemanden ins Homeoffice zwingen. Wir brauchen vielmehr klare Regeln, wie der Arbeitsschutz im Homeoffice zukünftig ausgestaltet werden soll.
In Ihrem Antrag, lieber Herr Bode, fordern Sie tatsächlich einige Regeln. Nur dienen diese größtenteils nicht dem Arbeitsschutz, sondern betreffen die Frage, wie das Homeoffice am besten dazu genutzt werden kann, Steuervorteile zu erzielen. Ich will das gar nicht negieren. Darüber lässt sich diskutieren. Beim Homeoffice geht es uns aber nicht allein und auch nicht zuallererst darum. Es ist ein Digitalisierungsschub eingetreten, der weiter an Fahrt gewinnt und gewinnen muss. An erster Stelle stehen optimaler Arbeitsschutz, optimale techni
sche Ausstattungen und feste Vereinbarungen zur Arbeitszeiterfassung.
Es mag der Fokussierung Ihrer Partei geschuldet sein, dass Sie den Schwerpunkt setzen, den Sie in Ihrem Antrag gesetzt haben. Hier kommt es allerdings auch zu Ungerechtigkeiten. Denn in vielen Berufsfeldern ist Homeoffice gar nicht praktikabel. Nicht jeder kann somit von den von Ihnen angepriesenen Steuervorteilen profitieren. Sie argumentieren daher aus meiner Sicht etwas einseitig und vergessen dabei insbesondere das produzierende Gewerbe und das Handwerk, das Rückgrat unserer Wirtschaft.
Auch wird aus Ihrem Antrag nicht deutlich, wie es aus Ihrer Sicht zukünftig mit dem Arbeitsschutz aussehen soll. Ich zitiere: Sie möchten die Regelungen des Arbeitsschutzes an „die üblichen Gegebenheiten im privaten Umfeld“ anpassen. Wäre es nicht besser, zu schreiben, dass es eine strikte Trennung von Privatem und Arbeit braucht?
Auch wenn die von mir eingangs zitierte Statistik klar aufzeigt, dass Homeoffice in der Bevölkerung auf eine positive Resonanz stößt: Es wäre blauäugig, zu glauben, dass nicht jeder von uns auch schon Situationen erlebt hat, in denen die Arbeitszeit im Homeoffice dann doch etwas weiter ausgelegt wurde als im Büro.
Wenn wir also über ein Recht auf Homeoffice diskutieren, dann doch bitte auch und zuvorderst über die dazugehörige arbeitsrechtliche Ausgestaltung! Denn wir wollen daran arbeiten, den Beruf mit der Familie vereinbar zu machen und nicht die Familie mit dem Beruf. Dazu findet sich in Ihrem Antrag leider wenig.
Lassen Sie uns daher diese einseitige Fokussierung beiseitelegen! Ich bin mir sicher, wir erzielen im Ausschuss - vielleicht fraktionsübergreifend - eine gute Entscheidung.
In diesem Sinne freue ich mich auf die Ausschussberatungen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Solange es nicht „Pangasius“ ist, komme ich damit klar. Herzlichen Dank, Frau Präsidentin!
Verehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir leben derzeit in jeder Hinsicht in bewegten Zeiten, in denen das Coronavirus diejenigen, die in Bund und Land Verantwortung tragen, dazu zwingt, auf Sicht zu fahren, weil niemand von uns seriös sagen kann, wie sich die Fallzahlen in den nächsten Wochen und Monaten durch die nun eingeleitete Öffnungsstrategie entwickeln werden, wie unser Ministerpräsident gestern richtig angemahnt hat.
Bemerkenswert ist aber, dass die AfD in Bund und Land mittlerweile eine ganz eigene Art entwickelt hat, auf Sicht zu fahren. Das haben wir eben gerade auch erleben dürfen. Denn hatte die Parteispitze zu Beginn der Pandemie - völlig zu Recht übrigens - für strenge Hygieneauflagen und einen Shutdown geworben, vollzieht sie nun eine dramatische Kehrtwende und trommelt auf einmal für die sofortige Wiederaufnahme des wirtschaftlichen Lebens. Aktuell schlingert sie durch die politische Landschaft, offenbar ohne Kompass und getrieben von einer einzigen Angst, die ganz offensichtlich nicht medizinisch verantwortungsvoller Natur ist.
Machen wir uns daher nichts vor: Die AfD geriert sich hier und heute nicht als Anti-Shutdown-Partei, weil sie wirklich davon überzeugt ist oder gute Gründe dafür benennen kann. Sie tut dies auch nicht, weil sie die Sorgen der Menschen in diesem Land wirklich umtreibt. Sie hat diese Aktuelle Stunde einzig und allein deshalb einberufen, weil ihr als völkischer Bewegung schlichtweg der Kontakt zur Straße verloren gegangen ist, weil Umfragewerte sinken und weil der Partei ihr Lebenselixier abhandengekommen ist - eine auf Aufmerksamkeit und Angst ausgerichtete Opfer- und Widerstandsrhetorik.
Deshalb ist man rechts außen offenbar bereit, bar jeglicher Fakten jede noch so krude Stimmung von selbst ernannten Widerständlern und Verschwörungstheoretikern zu bedienen. Man fährt auf Sicht und ändert seine Meinung, so wie es die Stimmungslage gerade hergibt. Mit Verlaub: Das ist durchschaubar. Das ist plump. Das ist gelebter Populismus, und der ist lebensgefährlich.
Uns ist doch bewusst, dass der im März eingeleitete Shutdown erhebliche negative Wirkungen auf Wirtschaft und Arbeitsmarkt hatte. Seitdem ist allerdings nicht nur die Wachstumsrate der bestätigten Infektionsfälle erheblich gesunken.
Als Land Niedersachsen haben wir auch eine bemerkenswerte Solidarität gezeigt. Über 111 000 Anträge auf Soforthilfe wurden von der NBank bisher bewilligt. Knapp 855 Millionen Euro wurden unbürokratisch und schnell ausgezahlt. 693 Millionen Euro flossen bisher an Soloselbstständige und Kleinunternehmer, und damit an diejenigen Unternehmer und Unternehmen, die von der Krise mit am härtesten getroffen sind. Denn natürlich sind es Selbstständige und Kleinstunternehmen, die oft über wenig Liquidität verfügen und die quasi wie in der Sanduhr betrachten können, wie ihre Existenzgrundlage zerrinnt.
Das ist ein unglaublicher Kraftakt, den wir geleistet haben, der aber genau dort ankommt, wo er gebraucht wird. Dafür gilt mein Dank insbesondere dieser Landesregierung.
Erlauben Sie mir noch eine kleine politische Bemerkung zur gestrigen Regierungserklärung unseres Ministerpräsidenten. Sie ist auch insofern bemerkenswert, als Stephan Weil eindeutig vermitteln konnte, dass er ein klares Konzept verfolgt. Während andere Ministerpräsidenten auf dem Rücken der Krise ihre Hahnenkämpfe in Sachen Kanzlerkandidatur austragen, kann Stephan Weil mit Fug und Recht unterstellt werden, stets ausschließlich nach bestem Wissen und Gewissen und im Sinne der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger gehandelt zu haben.
Es wurden schmerzhafte Einschnitte beschlossen, als sie dringend nötig waren. Aber es wurden auch Lockerungen verfügt, sobald sie vertretbar waren.
Niedersachsen ist wie kaum ein anderes Land von der Krise betroffen. Wir sind ebenso geprägt vom Tourismus wie von der Industrie und vom Handel. Wir haben Landwirte in der Fläche und sind Weltmarktführer in der Automobilindustrie. Sie alle durch die Krise zu manövrieren, ist eine Turboherausforderung. Das ist unserer Landesregierung aber mit typisch norddeutsch kühlem Kopf gelungen.
Wie es dagegen überhaupt nicht geht - damit komme ich zum Schluss -, zeigen derzeit auf dramatische Art und Weise die Populisten weltweit - Ihre Freunde, wenn ich es einmal so titulieren darf. Die USA erleben unter dem selbst ernannten Dealmaker Trump die größte Arbeitslosenwelle seit der letzten großen Depression. In Brasilien müssen mittlerweile Massengräber ausgehoben werden. In Großbritannien irrlichterte Boris Johnson zwischen der Verharmlosung medizinischer Tatsachen und der Intensivstation.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von rechts außen, was passiert, wenn Ihresgleichen Verantwortung trägt, kann man leider täglich nur zu schlecht in den Nachrichten studieren. Lassen Sie uns daher weiter den erfolgreichen besonnenen niedersächsischen Weg gehen, und zwar souverän und krisenfest.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Niedersachsen ist das zweitgrößte Flächenland unserer Republik mit ganz vielfältigen Regionen, mit Küste, Mittelgebirge oder Heidelandschaft. Die Entwicklung unserer niedersächsischen Regionen mit dem Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse zu ermöglichen, stellt einen Schwerpunkt unserer Politik dar.
In den letzten Jahren hat die regionale Entwicklung hervorragende Arbeit geleistet. Das Land ist mit den Ämtern für regionale Landesentwicklung nach Jahren der Abstinenz wieder in der Fläche präsent. Beispielsweise das Südniedersachsenprogramm hat gegriffen, und die drei Metropolregionen sind neu aufgestellt.
Dem politischen Anspruch gleichwertiger Lebensverhältnisse folgend, haben wir uns in unserer Koalitionsvereinbarung darauf verständigt, insbesondere die nicht hinreichend von den bestehenden Förderprogrammen adressierten Klein- und Mittelstädte im ländlichen Raum durch ein vom Land finanziertes Programm gesondert zu unterstützen. Wir zollen dem Umstand Rechnung, dass viele dieser Städte mit einer Einwohnerzahl ab 10 000 eine wichtige Ankerfunktion für den ländlichen Raum haben; denn diese Räume sind für uns Heimat, aber auch Zukunft zugleich. Es sind unsere Zukunftsräume in Niedersachsen.
Klein- und Mittelstädte übernehmen hierbei Versorgungsfunktionen für ihr Umland und fungieren als Motoren der regionalen Entwicklung. Infolge des demografischen Wandels sehen diese sich allerdings diversen Herausforderungen gegenüber. Genau da soll und will das von uns politisch initiierte Förderprogramm ansetzen und bedarfsgerechte Projekte mit nach Finanzkraft gestaffelten Zuschüssen fördern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Sprecher meiner Fraktion für regionale Entwicklung bleibt für mich als Ergebnis dieser Fragestunde festzuhalten: Das Förderprogramm „Zukunftsräume Niedersachsen“ ist ein voller Erfolg und kann sich sehen lassen.
Ich möchte daher Lob und Dank gegenüber unserem Regionalministerium sowie den vier Ämtern für regionale Landesentwicklung aussprechen. Sehr geehrte Frau Ministerin Honé, Ihre gelungene Operationalisierung dieses politischen Projekts zeigte sich bereits in der erfreulichen Rückmelderate der ersten Runde 2019. Über 70 Interessenbekundungen in kürzester Zeit und letztlich der Eingang von über 30 Vollanträgen bei den Ämtern für regionale Landesentwicklung sprechen eine deutliche Sprache. Eine Förderlücke ist entdeckt und wird geschlossen.
Im November und Dezember 2019 konnten die ersten zwölf Zuwendungsbescheide in den vier Ämtern für regionale Landesentwicklung durch Frau Ministerin Honé überreicht werden. Für die Übersicht der geförderten Projekte in 2019 lässt sich dabei festhalten: In den ländlichen Regionen unserer Heimat steckt viel Zukunft. - Erfreulich war in diesem Zusammenhang auch die Resonanz bei der ersten Netzwerkkonferenz im Rahmen des Programms „Zukunftsräume Niedersachsen“ am 14. Januar in Hannover.
Über 130 Vertreterinnen und Vertreter der Kommunen und Fachwelt nutzten nicht nur die Gelegenheit der Beratung und Förderung, sondern auch der Vernetzung untereinander. Der Tenor war dabei einhellig: Mehr davon! Mehr für die regionale Entwicklung unseres Landes, unserer ländlichen Regionen, unserer Heimat und letztendlich unserer Zukunftsräume in Niedersachsen!
Als Sprecher meiner Fraktion kann und will ich mich diesem Wunsch und Anliegen der kommunalen und fachlichen Familie nicht verschließen. Auch für mich und meine Fraktion gilt daher: Mehr davon!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten abschließend den Einzelplan 16 für das Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung.
Die Konstruktion dieses Ministeriums ist in
Deutschland einzigartig, erstrecken sich doch die Zuständigkeiten von der regionalen Ebene auf die des Landes und von hier über den Bundesrat über die des Bundes bis zur europäischen Ebene. Erkenntnisse, die hier gewonnen werden, können bis in die unterschiedlichsten Ebenen weitergegeben werden. Eine einmalige Chance, weil alle Ebenen miteinander verknüpft sind und sich sinnvoll ergänzen. Das generiert einen echten Mehrwert.
Dieser Ansatz macht das MB beispielsweise für die regionale Entwicklung unseres Flächenlandes so wertvoll, bietet es doch die besten Möglichkeiten, den Förderanforderungen bei kleinen und mittleren Unternehmen sowie Kommunen - und hier insbesondere den finanzschwachen - gerecht zu wer
den. Seine Errichtung bedeutet eine Aufwertung insbesondere der Regionalentwicklung und schafft die Voraussetzung für den Erfolg bei der Weiterentwicklung und dem Ausbau.
Umso erstaunter bin ich über den vorliegenden Änderungsvorschlag zum Einzelplan 16 insbesondere der FDP und die medial inszenierte Begleitmusik, mit der Sie das Ressort erneut aufgewärmt rückabwickeln wollen.
Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eines unmissverständlich klarstellen: Mit Ihrer unqualifizierten und despektierlichen Äußerung gegenüber dem Ministerium und der Ministerin haben Sie mangelnden politischen Anstand sowie fehlende fachliche Expertise exzellent unter Beweis gestellt.
Ihnen ist offenkundig entgangen, dass weite Teile Niedersachsens dem ländlichen Raum zugeschrieben werden können. Birgit Honé und ihr Ministerium haben jedoch gerade in den letzten Wochen untermauert, dass die Unterstützung der sozialen Daseinsvorsorge neben der Fortführung des erfolgreich angelaufenen Projekts „Zukunftsräume Niedersachsen“ wichtige Bestandteile der regionalen Entwicklung in unserem Flächenland sind.
Damit investieren wir in den Grundstein für die Zukunft und - auch wenn es der FDP fremd sein mag - in den Zusammenhalt im ländlichen Raum. Das ist übrigens genau das, was Herr Birkner in der gestrigen Generaldebatte an der Landesregierung kritisiert hat, den Zusammenhalt.
Mit Ihren hier vorliegenden Änderungsanträgen beweisen Sie aber das absolute Gegenteil: Zukunftsräume Niedersachsen auf null, Ablösung und Zentralisierung der Landesbeauftragten für regionale Landesentwicklung - eine regionalpolitische Bankrotterklärung sondergleichen! Oder mit Ihren Worten ausgedrückt: absolut überflüssig.
Sie müssen sich langsam mal entscheiden, wohin die Reise gehen soll. Im Ausschuss loben Sie die Arbeit und das Ministerium an sich, medial kritisieren Sie es.
Dem bereits erwähnten Lob und Dank möchte ich mich daher auch im Namen meiner Fraktion gegenüber Ihnen und Ihrem Haus, Frau Ministerin Honé, ausdrücklich anschließen.
Nicht nur in schwierigen europäischen und regionalpolitischen Sachfragen, sondern auch in den Haushaltsberatungen haben wir uns durch Sie und durch Ihr Haus sehr gut betreut gewusst.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der hier vorliegende Haushalt der SPD-geführten Landesregierung für den Bereich Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung wird für das Jahr 2020 massiv aufgestockt und umfasst zukünftig über 41 Millionen Euro.
Ein wichtiger Schwerpunkt liegt dabei neben der Fortführung des erfolgreich angelaufenen Projekts „Zukunftsräume Niedersachsen“ - letztjährig über die politische Liste mit 2,5 Millionen Euro und jetzt auch über die Mipla abgesichert - im neuen Ansatz in der sozialen Daseinsvorsorge im ländlichen Raum.
In ländlichen Regionen werden Probleme der Daseinsvorsorge in erreichbarer Nähe schon jetzt sichtbar. Das Thema nimmt zunehmend einen großen Raum in den Medien und den Diskussionen über politische Prioritäten ein. Menschen, die in ländlichen Räumen leben, fühlen sich zunehmend im Stich gelassen. Die letzten Landtagswahlen in Ostdeutschland haben übrigens einiges über die Folgen gefühlter Geringschätzung gezeigt. Dieser Entwicklung gilt es entschieden entgegenzutreten.
Mit dem neuen Ansatz verfolgen wir das klare Ziel, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen niedersächsischen Regionen zu ermöglichen, und investieren daher in die Stärkung der sozialen Daseinsvorsorge auf dem Land. Diese ist der Grundstein für die Zukunft und eben den Zusammenhalt im ländlichen Raum. Das ist eine Politik, die direkt bei den Menschen ankommt.
Mit den nun über die politische Liste der Regierungsfraktionen bereitgestellten Zusatzmittel in Höhe von 3,75 Millionen Euro wird es möglich sein, soziale Dienstleistungen durch Einrichtungen integrierter, regionaler Versorgungskonzepte im ländlichen Raum zu sichern und der Abwanderung in Städte mit attraktiven Versorgungsstrukturen entgegenzuwirken.
Danke sehr, Frau Präsidentin.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein weiterer Schwerpunkt wird daher ab 2020 die Richtlinienverantwortung und die Administration der EU-Kofinanzierungshilfen sein, die verantwortlich im Bundes- und Europaministerium liegen werden.
So werden die künftigen Kofinanzierungshilfen für finanzschwache Kommunen mittelfristig zu einem regionalpolitischen Förderinstrument abseits der gesetzlichen Vorgaben des Niedersächsischen Gesetzes über den Finanzausgleich ausgebaut. Hierfür stehen in den kommenden Jahren bis 2023 jeweils 6 Millionen Euro zur Verfügung. Zusammengenommen sind das insgesamt 24 Millionen Euro.
Die Ämter für regionale Landesentwicklung spielen in diesem Prozess eine zentrale Rolle bei der Beratung und Umsetzung. Die Gelder können für Projekte zur Herstellung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in bedürftigen Regionen eingesetzt werden. Dabei orientiert sich die Unterstützung neben der geringen Steuereinnahmekraft an den regionalpolitischen Zielsetzungen einer Region.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, jüngste Entwicklungen wie aktuell die Gefährdung des Karfreitags-Abkommens in Nordirland durch den Brexit führen uns sehr deutlich vor Augen, dass nichts selbstverständlich ist und mühevoll erkämpfte europäische Errungenschaften schnell wieder verloren gehen können.
Aufgrund erkennbar europafeindlicher und rechtspopulistischer Tendenzen auf europäischer Ebene kommt der Vermittlung des Europagedankens aus unserer Sicht eine hohe Bedeutung zu. In allen Lebensbereichen - von der Schule bis zur Umweltpolitik - gibt es zahlreiche Beispiele, warum es dringend notwendig ist, die europäische Integration zu vertiefen und sich für Niedersachsen in Europa starkzumachen.
Die Regierungsfraktionen räumen daher dem europäischen Jugendaustausch eine hohe Priorität ein. Als europapolitischer Sprecher meiner Frakti
on freut es mich daher sehr, dass wir getreu unserem Entschließungsantrag „Europa - Chancen für alle!“ die Teilhabemöglichkeiten nicht nur über den Kultusetat mit 100 000 Euro fördern, sondern auch im Haushalt des Europaministeriums 250 000 Euro zur Schaffung digitaler Plattformen für den Austausch junger Menschen zur Verfügung stellen.
Die bestehenden Angebote sollen mittels einer App bzw. Website mit Informationen und Erfahrungen zu Europa - Chancen für junge Menschen - gebündelt präsentiert werden. Das alles soll durch einen auf Teilhabe ausgerichteten Ideenwettbewerb entstehen. So wird Europa auch für junge Menschen erlebbar.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, abschließend möchte ich die Gelegenheit ergreifen, mich bei fast allen Mitgliedern des federführenden Ausschusses für die ausgesprochen gute und kollegiale Zusammenarbeit im nun endenden Jahr zu bedanken. Trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen eint uns alle die europäische Idee, das erfolgreichste Friedensprojekt in der Menschheitsgeschichte.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe Festtage und danke Ihnen herzlich für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Natürlich könnte wohl jeder von uns die heutige Aussprache über die anstehende Zeitumstellung mit einer persönlichen Anekdote verbinden. Ich selbst befand mich zufällig einmal in einem Nachtzug, als die Zeit zurückgestellt wurde. So hielt mein damaliger Zug am Bahnhof in Würzburg um Punkt 2 Uhr nachts genau für eine Stunde an, um dann - die Zeit war zurückgestellt - nach einstündigem Aufenthalt pünktlich um 2 Uhr weiterzufahren. Ein Kuriosum für sich, wenn auch eine charmante Möglichkeit für die Bahn, ihre Pünktlichkeitsquote zu verbessern.
16 Fernverkehrszüge wird dieses Schicksal bei der anstehenden Zeitumstellung an diesem Wochenende ebenfalls ereilen. Dies hat die Deutsche
Bahn mitgeteilt. Das ist eine nette Reiseanekdote für die betroffenen Zugfahrer, aus medizinischer Sicht aber ein deutlich komplexerer Vorgang. Denn der menschliche Körper ist es nicht gewohnt, wenn ihm „händisch“ Schlafzeit genommen wird. Eine solche Umstellung bedeutet jedes Mal auch eine geistige und körperliche Belastung und begünstigt Schlafstörungen, auch über den Tag der Zeitumstellung hinaus. Natürlich sind auch Müdigkeitserscheinungen die Folge.
Deshalb war es richtig, dass sich in einer Umfrage - Konsultation - der EU-Kommission im Sommer 2018 84 % der Befragten, allen voran wir Deutsche, für die Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen haben. Sie hat ausgedient - aller Romantik zum Trotz.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, so sehr man das Votum der Bürgerinnen und Bürger und die dann folgenden Beschlüsse der EU-Kommission und des EU-Parlaments begrüßen mag, so kompliziert gestaltet sich derzeit leider die jetzige Umstellung. Statt schon in diesem Jahr die Zeitumstellung abzuschaffen, muss jetzt wohl von einer Abschaffung im Jahr 2021 ausgegangen werden - was misslich ist, aber im Sinne eines klug durchdachten Prozesses nicht vermieden werden kann; denn die Umstellung muss im Einklang aller europäischer Mitgliedstaaten verlaufen. Stückwerk oder ein Klein-Klein auf nationaler Ebene darf es nicht geben. Dies wäre Gift für unsere europäischen Zulieferketten und würde dem Geiste eines gesamteuropäischen Votums zuwiderlaufen.
In der nun hier vorliegenden geeinten Beschlussempfehlung der Fraktionen der SPD, der CDU und der Grünen, für die ich den beteiligten Fraktionen nochmals meinen herzlichen Dank aussprechen möchte, findet genau diese Forderung ihren Niederschlag. In dieser Beschlussempfehlung bitten wir die Landesregierung - hier respektive Frau Ministerin Honé -, sich auf Bundes- und Europaebene für eine mit allen Staaten der Europäischen Union abgestimmte Verfahrensweise in Bezug auf die Abschaffung der Zeitumstellung einzusetzen und somit eine baldige Umsetzung zu ermöglichen.
Die Wirtschaft, aber insbesondere die Menschen, werden es uns danken. In diesem Sinne: Es ist höchste Zeit!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, mir geht es nicht allein so, dass wir bei den von Ihrer Fraktion angemeldeten Aktuellen Stunden von der Thematik und Terminologie her nicht immer genau wissen, wohin die sprichwörtliche Reise gehen soll.
War es letztmalig noch ein Nestbau, der sich bei genauerer Recherche als Bundesaufnahmeprogramm für 500 traumatisierte Flüchtlinge entpuppte, das Sie im Rahmen der Plenardebatte öffentlichkeitswirksam zu ächten suchten, so soll die aktuelle Reisestunde heute in das Golfemirat Katar gehen.
Nun fragt sich der geneigte Bürger: Was hat das schwerreiche Golfemirat in einer Aktuellen Stunde des Niedersächsischen Landtags verloren? - Streng genommen reichlich wenig - Sie haben es hier angesprochen -, wenn nicht eine vom Ministerpräsidenten höchstpersönlich angeführte hochkarätige Wirtschaftsdelegationsreise, der auch einige unserer Kolleginnen und Kollegen angehören werden, in das besagte Golfemirat für Ende dieses Monats anstehen würde.
Was liegt dann näher, als diese Reise im Sinne der Aufmerksamkeitsökonomie - einer Technik, die Sie hier im Hause bis zum Exzess betreiben - im Vorfeld zu skandalisieren? Das tun Sie, indem Sie diese Reise und damit der gesamten Delegation - ich zitiere - „meinungsflexibles“ Reisen vorwerfen - ein Adjektiv, das erstmals als Charakteristikum des zurückgetretenen DFB-Präsidenten Reinhard
Grindel im Umgang mit Mesut Özil herhalten musste.
Nur dass wir uns hier nicht falsch verstehen: Der gesamten Delegation soll damit mangelnder Anstand und mangelnde Haltung in strittigen Fragen rund um das Golfemirat, z. B. bei Lohn- und Arbeitsbedingungen, oder der internationale Terrorismus vorgeworfen werden - Vorwürfe, denen sich Katar nunmehr seit der Katarkrise 2017 durch Mitglieder des Golfkooperationsrates aus Gründen
der politischen und wirtschaftlichen Rivalität ausgesetzt sieht.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang unmissverständlich klarstellen, dass der von Ihnen geäußerte Vorwurf der mangelnden Haltung in strittigen Fragen gegenüber dem Ministerpräsidenten, aber auch den teilnehmenden Kolleginnen und Kollegen hier in unseren Reihen jeglicher logischer Grundlage entbehrt.
Weder ist der Ministerpräsident noch sind Frau Lesemann, Herr Bode und Herr Schünemann, die allesamt an der Reise teilnehmen, meinungsflexibel reisend in Katar unterwegs. Ganz abgesehen davon ist sowohl die bundesdeutsche als auch die niedersächsische internationale Politik mitnichten meinungsflexibel, sondern seit jeher werteorientiert und interessengeleitet.
Als Exportland Nummer eins leben Deutschland und Niedersachsen von ihrer Offenheit und Vernetzung. Es gilt daher, die Chancen der Globalisierung zu nutzen und ihre Risiken zu minimieren. Um die Globalisierung nach verbindlichen Regeln zu gestalten, werden neue Themen wie Rohstoffsicherheit, Klimaschutz, Wasserfragen, Migration und Internetfreiheit in den Blick genommen.
Auch wenn Europa und die transatlantische Partnerschaft die Grundpfeiler unserer internationalen Politik bleiben, müssen wir uns auch auf den Auf- und Ausbau von Partnerschaften mit den neuen Kraftzentren konzentrieren. Neben China und Indien steht hierfür beispielhaft das Emirat Katar. Seit vielen Jahren unterhalten wir gute Beziehungen mit dem Emirat und arbeiten in zahlreichen unterschiedlichen Feldern eng zusammen. Die wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder sind vielfältig. Immer mehr Deutsche leben und arbeiten in Katar. Deutsche Firmen eröffnen Niederlassungen in Doha, und katarische Institutionen haben erhebliche Investitionen in deutsche Unternehmen, wie die Deutsche Bank, Hochtief oder Volkswagen, getätigt. Dieses Engagement sichert auch deutsche Arbeitsplätze.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich will aber nicht verhehlen: Elementarer Bestandteil einer wertorientierten internationalen Politik stellt das selbstbewusste Werben für Menschenrechte und
würdige Arbeitsbedingungen dar. Das gilt auch und insbesondere für das Golfemirat Katar.
Dieses stetige Werben hat dazu geführt, dass sich das Emirat den offenkundigen Missständen gestellt hat. Als erster Golfstaat überhaupt hat es sich beispielsweise gegenüber der ILO, der Internationalen Arbeitsorganisation, verpflichtet, den
Rechtsstatus sowie die Arbeitsschutz- und Sozialstandards der Arbeiter zu verbessern und zu kodifizieren.
Dieser Wandel wäre ohne den stetigen Dialog nicht möglich gewesen. Das ist mitnichten meinungsflexibel, sondern folgt einer politischen Handlungsmaxime, die am Montag dieser Woche ihren 50. Jahrestag gefeiert hat. Sie lautet schlicht „Wandel durch Annäherung“, weil wir ein Volk der guten Nachbarn sein wollen, im Innern und nach außen. Das ist von Willy Brandt. Aber mit dem haben Sie reichlich wenig zu tun. Hauptsache, Sie können mit ihm während der Wahlkämpfe plakatieren.
Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit über 760 Millionen Menschen soll das Mercosur-Abkommen die größte Freihandelszone der Welt werden. Als die Europäische Union und die vier Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay nach 20 Jahren ihre Verhandlungen Ende Juni erfolgreich beendeten, sprach Kommissionspräsident Juncker sogar von einem - ich zitiere - historischen Moment. Inmitten internationaler Spannungen in den Handelsbeziehungen sendeten die Verhandlungspartner ein starkes Signal, dass diese für einen regelbasierten Handel stehen.
Es mag wichtig sein, dass die EU als erste Wirtschaftsregion überhaupt Zugang zum abgeschotteten südamerikanischen Markt erhält. Fast noch wichtiger erscheint mir, dass wir den brasilianischen Präsidenten, einen erklärten Gegner nicht nur von Freihandelsabkommen, einbinden konnten.
Das Abkommen soll im Wesentlichen den EUMarkt für Produkte aus den Mercosur-Staaten öffnen und im Gegenzug die Zölle für Industriegüter aus Europa abschaffen. Bei Autos fielen Zölle beispielsweise in Höhe von 35 %, bei Pharmaprodukten in Höhe von 40 % weg.
Insgesamt 4 Milliarden Euro an Zöllen könnten die EU-Staaten laut Kommission einsparen.
Sehr geehrte Kollegen, nach der anfänglichen Euphorie fraßen sich dann im Sommer allerdings immer mehr Feuer durch den Regenwald am Amazonas. Die Kollegin Staudte hat es eben gerade erwähnt. Es folgten bizarre Auftritte des brasilianischen Präsidenten bis hin zu Schuldzuweisungen an Umweltschützer für die Brände. Es ist zu vermuten, dass diese bewusst von Agrarunternehmen - politische Unterstützer des Präsidenten - gelegt wurden, um die Fläche wirtschaftlich für den Sojaanbau nutzbar zu machen.
Zwei Monate später bleibt daher festzuhalten: Der Euphorie ist einer Ernüchterung, ja Entsetzen gewichen. Ich kann daher für meine Fraktion erklären, dass wir Ihre Sorgen und Bedenken ausdrücklich teilen. Wenn unser Haus brennt, wie Macron richtig konstatiert hat, können wir nicht tatenlos zusehen, erst recht keinem Abkommen unter diesen Umständen zustimmen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, angesichts aktueller US-Handelsblockaden ist es für die EU geostrategisch allerdings unerlässlich, Handelsabkommen abzuschließen, um die Globalisierung im Sinne europäischer Werte zu gestalten. Schließlich sind wir nicht nur Wertegemeinschaft, sondern Friedens- und Handelsmacht. Diese Macht lässt sich sehr wohl im Guten einsetzen. Es ist daher richtig, dass EU-Handelsverträge wie das Mercosur-Abkommen neben Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) umfassende und verbindliche Nachhaltigkeitskapitel enthalten müssten.
Gerade im Hinblick auf die Brände am Amazonas ist es von größter Bedeutung, dass sich die Vertragsparteien zur wirksamen Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens verpflichten.
Dies ist umso wichtiger, als Bolsonaro zuletzt einen Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen erwogen hatte. Unsere Handlungsmaxime muss dabei sein, dass Exportinteressen keine größere Rolle als der Schutz des Klimas oder von Sozialstandards spielen dürfen. Wir dürfen daher den Gesprächsfaden nicht abreißen lassen.
Zugleich werden wir weiterhin daran arbeiten müssen, die Nachhaltigkeitsstandards noch besser durchzusetzen. So sieht das Mercosur-Abkommen noch keine Sanktionsmöglichkeiten, sondern lediglich Streitschlichtungsmechanismen vor. Es besteht daher ein erheblicher Nachverhandlungsbedarf.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die endgültige Fassung des Mercosur-Abkommens liegt noch nicht vor. Als gemischtes Abkommen kann es nicht allein von der EU und dem Europäischen Parlament abgeschlossen werden, sondern bedarf der Zustimmung aller 28 Mitgliedstaaten. Das CETAAbkommen mit Kanada hat gezeigt, wie steinig dieser Weg sein kann, und beim MercosurAbkommen stehen wir erst am Anfang. Ich bin daher der festen Überzeugung, dass, wenn wir den Anspruch haben, die Globalisierung im Sinne europäischer Werte nachhaltig zu gestalten, wir uns diese Zeit zur Nachverhandlung nehmen müssen, insbesondere dann, wenn die Lunge unserer Erde in Flammen steht - eine zweite besitzen wir schlichtweg nicht.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Heute in zehn Tagen ist Europawahl. Über 6 Millionen Bürgerinnen und Bürger Niedersachsens sind dazu aufgerufen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und die neue Zusammensetzung des Europäischen Parlaments für die kommenden fünf Jahre zu bestimmen. Uns allen ist bewusst: Diese Wahl ist anders, richtungsentscheidend, geht es doch um nichts weniger als die europäische Idee als solche. Dabei spielt mehr denn je ein starkes und handlungsfähiges Parlament eine bedeutende Rolle.
Aber was ist das für eine Idee? - Die Europäische Union hat innerhalb von nur einer Generation etwas geschafft, das wohl niemand in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Europa für möglich gehalten hätte. Aus erbitterten Feinden, die sich nicht nur einmal an Kriegsfronten gegenüberstanden, sind Freunde geworden. Damit ist die Europäische Union zu Recht Trägerin des Friedensnobelpreises.
Dieser Prozess der Integration war nicht konfliktfrei und manchmal holprig, aber es gab immer einen gemeinsamen Grundkonsens. Es herrschte Einigkeit über die immense Wichtigkeit der EU als Friedensprojekt, als Instrument der Aussöhnung, aber auch als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung und den Wohlstand aller Mitgliedstaaten.
„Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr.“
Diese Worte des französischen Präsidenten bringen das Dilemma der Europäischen Union in ihrem derzeitigen Zustand auf eine griffige Formel.
In den letzten Monaten und Jahren mussten wir beobachten, dass über nationale Grenzen hinweg europaskeptische bis europafeindliche Kräfte erstarkt sind, die an diesem Grundkonsens rütteln und den Zusammenhalt infrage stellen. Als prominentestes Beispiel dafür lässt sich der Brexit anführen. Eine knappe Mehrheit entschied sich in einem Referendum dafür, den Zusammenhalt und die Idee der Europäischen Union zugunsten eines vermeintlichen Zuwachses an nationalstaatlicher Souveränität aufzugeben. Bis heute sind die Folgen des Brexits für die gesamte EU, aber auch für uns Niedersachsen und insbesondere für die Briten selbst völlig unkalkulierbar. Erstmals hat Europa damit in letzter Konsequenz vor Augen geführt bekommen, welchen verheerenden Einfluss ein europafeindlicher Populismus auf eine Nation und ihre Volkswirtschaft haben kann.
Vergleichbare Strömungen, die den Zusammenhalt in der Europäischen Union untergraben wollen, existieren mittlerweile in einem Großteil der Mitgliedstaaten. Die politischen Entwicklungen in Ungarn und Polen, aber auch in Italien sind in höchstem Maße alarmierend. Deswegen stehen wir hier im Niedersächsischen Landtag für den Zusammenhalt. Wir stehen für eine Vision von einem demokratischen, rechtsstaatlichen, friedlichen und vereinigten Europa. Wir stehen für die Fortsetzung des erfolgreichsten Friedensprojektes in der Menschheitsgeschichte.
Wir haben gerade darüber diskutiert: Die Antworten auf die Herausforderungen unserer Zeit können nicht im nationalstaatlichen Klein-Klein gefunden werden. In einer globalisierten, digitalisierten und immer stärker vernetzten Welt können internationale Konflikte sowie die damit verbundenen Migrationsbewegungen nur international angegangen werden. Kein Nationalstaat allein kann den Schutz des Weltklimas oder die gerechte Besteuerung von global agierenden Konzernen mit ihren hoch mobilen Kapitalströmen beeinflussen. Nur eine starke und handlungsfähige Europäische Union kann diesen Herausforderungen begegnen. Deswegen ist es wichtig, dass wir dem Europäischen Parlament den Rücken mit einer hohen Wahlbeteiligung stärken.
Allerdings lag diese in den Jahren 2004 und 2009 in Niedersachsen bei gerade einmal 40 %. 2014 hat sie sich deutlich erhöht: Mit 49,1 % lag sie sogar einen Prozentpunkt über dem Bundesdurchschnitt. Das ist aber kein Grund, sich auszuruhen; denn das bedeutet, dass 2014 auch nur jeder Zweite sein Wahlrecht genutzt hat.
Wir alle sind daher gefordert und entschlossen, uns dafür einzusetzen, dass die Demokratie und das Parlament durch eine hohe Wahlbeteiligung gestärkt werden. Gerade und erst recht im Hinblick auf die Bedeutung der diesjährigen Wahl ist es wichtig, sich entschieden für Europa einzusetzen.
Aus diesem Grund begrüßen wir ausdrücklich, dass sich das Land in dieser Frage klar positioniert. Die Neugründung des Ministeriums für Bundes- und Europaangelegenheiten und Regionale Entwicklung hat ein klares Signal für Europa nach innen und nach außen gesetzt. Dazu hat das Land das Bündnis „Niedersachsen für Europa“ gemeinsam mit weiteren Initiatoren ins Leben gerufen. Die Anzahl und die gesellschaftliche Bandbreite der Bündnismitglieder sprechen für sich und zeigen, dass Völkerverständigung und internationale Zusammenarbeit im gesamten Land hochgehalten werden.
Auch wir setzen uns für die gemeinsamen Werte der Europäischen Union und dafür ein, dass die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte nicht rückgängig gemacht werden. Erst im letzten Plenum haben wir mit dem Entschließungsantrag „Europa - Chancen für alle!“ den Jugendaustausch gestärkt. Auch in diesem Plenum wollen wir das Thema Europa im kultuspolitischen Bereich stärken.
Darum fordern wir alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen auf: Gestalten Sie Europas Zukunft mit! Gehen Sie am 26. Mai zur Europawahl! Machen Sie Gebrauch von dem Recht, das Ihnen zusteht! Stimmen Sie für ein Europäisches Parlament, das die Erfolgsgeschichte der Europäischen Union fortschreibt!
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Pancescu, uns liegt heute ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, die Landesregierung darum zu bitten, sich auf Bundesebene sowohl für eine deutsche Unter
zeichnung als auch für eine Ratifizierung des UNVertrages über das Verbot von Atomwaffen einzusetzen. Weiterhin sollen sämtliche Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden.
Sie beziehen sich in der Begründung - Sie haben das gesagt - auf den Beschluss des Abgeordnetenhauses von Berlin, das vor ein paar Tagen eben dies beschlossen hat, nämlich den Einsatz des Senats auf Bundesebene für die deutsche Unterzeichnung und Ratifizierung des UNVertrages.
Sie hoffen sicherlich, dass Niedersachsen nun dem Berliner Beispiel folgt und sich ebenfalls dafür einsetzt.
Erlauben Sie mir, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, zunächst einmal eine Frage, bevor ich auf den Inhalt des Antrages eingehe. Wäre es denn nicht sinnvoller, den direkten Weg zu wählen und einen solchen Antrag durch Ihre Fraktion im Bundestag einzubringen?