Protokoll der Sitzung vom 13.12.2018

Tagesordnungspunkt 45: Mitteilungen der Präsidentin

Die Reihen sind gefüllt. Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Wir beginnen die heutige Sitzung mit dem Tagesordnungspunkt 46, das sind die Dringlichen Anfragen. Anschließend behandeln wir die beiden für die Fragestunde eingereichten Anfragen. Danach kommen wir zu den Abstimmungen im Rahmen der Haushaltsberatung. Die heutige Sitzung soll gegen 16 Uhr enden.

Die mir zugegangenen Entschuldigungen teilt Ihnen nunmehr die Schriftführerin Frau Eilers mit. Bitte!

Hillgriet Eilers, Schriftführerin:

Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für heute haben sich entschuldigt: von der Landesregierung Sozialministerin Frau Dr. Carola Reimann und von der Fraktion der AfD Herr Stefan Henze ab 11 Uhr.

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 46: Dringliche Anfragen

Es liegen drei Dringliche Anfragen vor. Die für die Behandlung Dringlicher Anfragen geltenden Geschäftsordnungsbestimmungen setze ich als allgemein bekannt voraus.

Ich weise, wie üblich, besonders darauf hin, dass einleitende Bemerkungen zu den Zusatzfragen nicht zulässig sind.

Um dem Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich rufe nun auf

a) Wie und bis wann will die Landesregierung die Arbeitszeit der Lehrkräfte rechtssicher gestalten? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/2316

Zur Einbringung erteile ich das Wort Frau Kollegin Hamburg. Bitte!

(Unruhe)

- Und ich darf alle um Aufmerksamkeit bitten! Wir haben heute noch einen anstrengenden Tag vor uns.

Bitte, Frau Hamburg!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie und bis wann will die Landesregierung die Arbeitszeit der Lehrkräfte rechtssicher gestalten?

Als Konsequenz aus dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 9. Juni 2015 zur Arbeitszeit von Lehrkräften hat die Landesregierung ein Expertengremium „Arbeitszeitanalyse“ damit beauftragt, Vorschläge zu Kriterien, Instrumenten und Verfahren für eine rechtssichere Bemessung und Bewertung der Arbeitszeit von Lehrkräften, Schulleiterinnen und Schulleitern zu entwickeln.

Am 22. Oktober 2018 hat das Expertengremium „Arbeitszeitanalyse“ seine Empfehlungen vorgelegt. Grundlage für diese Empfehlungen war u. a. die von der Georg-August-Universität Göttingen erstellte und 2016 vorgelegte Arbeitszeitstudie „Lehrkräfte an öffentlichen Schulen 2015/2016“. Diese Studie hatte deutlich gemacht, dass die in § 60 Abs. 2 NBG vorgesehene Obergrenze der Wochenarbeitszeit von der Mehrheit der Lehrkräfte nicht eingehalten werden kann.

Das Expertengremium „Arbeitszeitanalyse“ hat als Konsequenz daraus als kurzfristig umzusetzende Maßnahmen u. a. vorgeschlagen, den Gymnasien, Gesamtschulen und Grundschulen Entlastungsstunden für die zielgerichtete Entlastung von Lehrkräften zur Verfügung zu stellen, das Unterrichtsdeputat an Grundschulen von 28 Wochenstunden auf 27 Wochenstunden abzusenken und in der gymnasialen Oberstufe die durchschnittlichen Kursgrößen abzusenken.

Die Braunschweiger Zeitung hat am 29. November 2018 berichtet, dass Kultusminister Tonne erklärt habe, dass er der Empfehlung der Arbeitszeitkommission nicht folgen wolle, die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte an Grundschulen um eine Wochenstunde zu senken. Diese Empfehlung sei für ihn nicht nachvollziehbar.

Von den Verbänden der Lehrkräfte kommt Kritik an der bisherigen Reaktion des Kultusministers auf die Empfehlungen des Expertengremiums „Arbeitszeitanalyse“. Die GEW erklärte in einer Presseinformation vom 29. November, mit seiner offenkundigen Festlegung, die Unterrichtsverpflichtung an Grundschulen nicht senken zu wollen, gefährde der Kultusminister den von ihm vorgeschlagenen Runden Tisch. Stattdessen forderte die GEW tatsächlich ergebnisoffene Gespräche und zeitnah konkrete Schritte zur Entlastung der Lehrkräfte. Auch der Philologenverband Niedersachsen erklärte trotz der angekündigten Einführung von Korrekturtagen in einer Pressemitteilung vom 28. November, dass den Gymnasiallehrkräften „jedes Verständnis für das Ausbleiben längst überfälliger grundsätzlicher Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen fehle“.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Mit welchen Maßnahmen und in welchen Zeiträumen will die Landesregierung darauf hinwirken, dass die Arbeitszeit der Lehrkräfte rechtssicher berechnet, gestaltet und die im NBG vorgegebene Arbeitszeit eingehalten wird?

2. In welchem Zeitrahmen will die Landesregierung welche vom Expertengremium „Arbeitszeitanalyse“ vorgelegten Empfehlungen umsetzen?

3. Welche weiteren Maßnahmen will die Landesregierung zur Umsetzung des Urteils des OVG Lüneburg und zur Entlastung der Lehrkräfte wann ergreifen?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Für die Landesregierung antwortet Herr Kultusminister Tonne. Bitte!

(Beifall bei der SPD)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Abschlussbericht des Expertengremiums „Arbeitszeitanalyse“ haben wir in dem Prozess um

die Verbesserung der Bedingungen am Arbeitsplatz Schule einen wichtigen Meilenstein erreicht. Wir haben damit in Umsetzung der Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg die Grundlage für eine rechtssichere Bemessung und Bewertung der Arbeitszeit von Lehrkräften und Schulleitungen erhalten. Niedersachsen nimmt damit eine absolute Vorreiterrolle ein. Kein anderes Land hat bisher einen vergleichbaren Prozess initiiert und so umfassend die Arbeitszeit der Lehrkräfte analysieren und auch interpretieren lassen.

Meine Damen und Herren, nach einer ersten Befassung mit den Inhalten des Berichtes lässt sich festhalten, dass die sich eng an die Datenlage der Göttinger Studie zur Arbeitszeit der Lehrkräfte haltenden Empfehlungen des Gremiums, beispielsweise mit Blick auf die hohe Belastung der Teilzeitlehrkräfte und Schulleitungen, durchaus überzeugen. Auch der Vorschlag des Gremiums, den Schulen Stunden zur zielgerichteten Entlastung zur Verfügung zu stellen, erscheint angesichts der Datenlage als ein nachvollziehbares Mittel - ein nicht unproblematisches Mittel in der Umsetzung, aber ein nachvollziehbares Mittel.

Die Ergebnisse zeigen aber auch eine große Streubreite bei der Arbeitszeit der Lehrkräfte. Daher erscheint eine gezielte zeitliche Entlastung für einzelne besonders belastete Lehrkräfte geeignet, Abhilfe bei besonders hohen Belastungen zu schaffen. Auch die Empfehlung zur Reduktion der durchschnittlichen Kursgröße in der Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe überzeugt.

Einige andere Schlussfolgerungen, wie z. B. die Deputatsabsenkung an der Grundschule, können jedoch anhand der vorgelegten Daten aus dieser Studie nicht nachvollzogen werden. Ausweislich der Zahlen überschreiten in Vollzeit beschäftigte Lehrkräfte an Grundschulen ihre Arbeitszeit im Durchschnitt um neun Minuten. Nimmt man aus dieser Gruppe noch die Schulleitungen heraus, ergibt sich sogar eine Unterschreitung der wöchentlichen Arbeitszeit von 26 Minuten. Inwieweit dann dieses Ergebnis der Studie - darauf haben wir uns bezogen - eine Absenkung des Deputats von einer Unterrichtsstunde rechtfertigen soll, erschließt sich mir daher nicht - das Argument, dass davon auch die besonders belasteten Teilzeitbeschäftigten profitieren, ebenfalls nicht, da teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte ihr Deputat selber bestimmen.

Sie würden daher „lediglich“ finanziell profitieren. Das ist im Sinne einer Gerechtigkeitsfrage natürlich wichtig, aber bezogen auf die Frage, wie ich die Arbeitsbelastung steuere, ist es nicht das überzeugende Argument. In Anbetracht des Lehrkräftemangels an Grundschulen und des nur geringen Nutzens dieser vorgeschlagenen Entlastungsmaßnahme für die stark belasteten Gruppen ist diese Maßnahme daher nicht vorrangig zu verfolgen.

Meine Damen und Herren, stattdessen müssen jetzt Maßnahmen ergriffen werden, die zu einer Entlastung der nach der Erhebung eben besonders belasteten Gruppen - dazu gehören beispielsweise Teilzeitlehrkräfte und ältere Lehrkräfte - beitragen. Mit Blick auf die Befunde des Expertengremiums wird an einer Novelle der Arbeitszeitverordnung gearbeitet. Zudem wird die Umsetzung des sogenannten Teilzeiterlasses evaluiert. Dies sind jedoch Maßnahmen, die eben einen gewissen Zeitraum erfordern. Das kriegt man nicht binnen weniger Wochen, auch nicht binnen weniger Monate hin.

Um schnelle Entlastungen zu erzielen - das ist auch der politische Auftrag aus dem Abschlussbericht -, sollen die Lehrkräfte und Schulleitungen in ihren außerunterrichtlichen Aufgaben entlastet werden, etwa durch die Reduzierung von Dokumentationsvorgaben und vergleichbaren Aufgaben. Derzeit wird im Ministerium intensiv an einer Streichliste gearbeitet, welche Tätigkeiten den Schulen von den Schultern genommen werden können. Hierbei geht es insbesondere um Dokumentationen, hierbei geht es insbesondere um sogenannte unterrichtsferne Tätigkeiten. Zudem haben wir einen Katalog von Musterkonzepten und Beispielen guter schulischer Praxis in Vorbereitung. Hiermit werden die Schulen, insbesondere auch Schulleitungen, bei der Entwicklung von Papieren und Konzepten entlastet.

Von beiden Maßnahmen - Streichen von Aufgaben, bessere Unterstützung bei Konzeptarbeit - versprechen wir uns erste, auch deutliche Arbeitserleichterungen für Lehrkräfte und Schulleitungen, die so schnell wie möglich erfolgen sollen. Auch dem von dem Gremium festgestellten weiteren Forschungsbedarf wird nachzugehen sein, auch in gemeinsamen Gesprächen. Dabei sind nicht nur die Schulformen, für die keine repräsentativen Daten vorliegen, in den Blick zu nehmen, sondern eben auch Maßnahmen, die seit dem Erhebungszeitpunkt der Göttinger Studie 2015/2016 vom Kultusministerium zur Entlastung der Lehrkräfte und Schulleitungen ergriffen worden sind. Zu nen

nen sind hier vor allem neue Regelungen für Teilzeitbeschäftigte und die Verlagerung von Aufgaben der Schulleitungen auf die Niedersächsische Landesschulbehörde. Deren Auswirkungen sind naturgemäß bei den vorliegenden Ergebnissen noch nicht berücksichtigt. Ob wir dafür weitere Studien benötigen, werden wir zunächst mit den betroffenen Verbänden besprechen.

Meine Damen und Herren, in Bezug auf die weiterführenden Anregungen des Expertengremiums überzeugt der Vorschlag, die Bemessung und Regelung der Arbeitszeit der Lehrkräfte im Rahmen eines ganzheitlichen Ansatzes sukzessive zu realisieren. Schon aufgrund der haushaltsmäßigen Rahmenbedingungen, aber insbesondere der Auswirkungen auf die Unterrichtsversorgung können Änderungen in der Arbeitszeit nicht isoliert betrachtet werden. Auch ist zu berücksichtigen, dass viele Maßnahmen, die unmittelbar keine Regelungswirkung in Bezug auf die Arbeitszeit entfalten, dennoch mit Auswirkungen auf diese verbunden sind.

Im Ministerium tagt seit September eine Steuerungsgruppe, welche die drei Bausteine Besoldung, Arbeitszeit und Entlastungen zu einem tragfähigen Gesamtkonzept zusammenbinden soll. Diese Vorschläge sollen wiederum mit Gewerkschaften und Verbänden diskutiert werden. Wir werden dieses Gesamtpaket konsequent abarbeiten und nicht auf die lange Bank schieben. Aber es kann auch nicht mit einem Fingerschnippen umgesetzt werden.

Der nächste Schritt ist nun das gemeinsame Gespräch mit den Beteiligten Anfang 2019. Die daraus abzuleitenden Schritte - sowohl in zeitlicher wie auch in inhaltlicher Hinsicht - können damit logischerweise zum heutigen Tage nicht abgeschätzt werden. Parallel wird an einer Überarbeitung der Niedersächsischen Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten an öffentlichen Schulen gearbeitet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1. Mit dem Bericht des Expertengremiums „Arbeitszeitanalyse“ hat die Landesregierung in Umsetzung der Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg die Grundlage für eine rechtssichere Bemessung und Bewertung der Arbeitszeit von Lehrkräften und Schulleitungen erhalten. Auf der Basis dessen können die in der Vorbemerkung dargestellten Maßnahmen ergriffen werden, um Lehrkräfte und Schulleitungen so zu

entlasten, dass der von § 60 NBG vorgegebene Arbeitszeitrahmen eingehalten wird.

Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, sollen die Lehrkräfte und Schulleitungen zeitnah in ihren außerunterrichtlichen Aufgaben entlastet werden. Andere Maßnahmen, wie die Überarbeitung der Arbeitszeitverordnung Schule und die Durchführung der Evaluation des Teilzeiterlasses, werden etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.

Zu Frage 2. Es wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.

Zu Frage 3. Es wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.