Protokoll der Sitzung vom 16.05.2018

Meine Damen und Herren, zur rechtlichen Einordnung: Bundestag und Bundesrat haben im Sommer 2016 ein Gesetzespaket zum Fracking verabschiedet. Damit wurde die Mehrzahl der Forderungen des Niedersächsischen Landtags aus dessen Beschluss vom Juli 2015 aufgegriffen, es wurden neue Sicherheits- und Umweltstandards für den Einsatz der Frackingtechnologie in tiefliegenden Sandsteinlagerstätten - sogenanntes konventionelles Fracking, das im Übrigen in Niedersachsen seit den 60er-Jahren etwa 300-mal stattgefunden hat, ohne dass Umstände bekannt geworden wären, die Zweifel an der Sicherheit aufkommen lassen hätten - definiert.

Im Kern geht es dabei um folgende Punkte: Das Paket enthält ein grundsätzliches Verbot von Fra

ckingmaßnahmen in unkonventionellen Lagerstätten. So wurde es auch im Ausschuss dargestellt. Davon gibt es eine Ausnahme: Insgesamt dürfen vier Erprobungsmaßnahmen genehmigt werden, aber nur um die Auswirkungen auf die Umwelt, insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt, wissenschaftlich zu erforschen. Eine solche Ausnahmegenehmigung bedarf der Genehmigung der Landesregierung. Dabei ist stets zu beachten: Frackingmaßnahmen in Gebieten zur Gewinnung von Trinkwasser sind grundsätzlich auch heute schon nicht erlaubt.

Schickt man dies alles voraus, wird, wie ich finde, eines sehr deutlich - und ich appelliere an alle, wieder auf den Boden zurückzukommen -: Meine Damen und Herren, das ist aus meiner Sicht wirklich ein Sturm im Wasserglas, ein Orkan im Puppenhaus oder eine Phantomdebatte; was genau, sei einmal dahingestellt. Genaugenommen ist es eigentlich eine Debatte mit Windstille; denn die Landesregierung hat diese Rechtslage bereits in der Antwort auf die Frage 41 zur Fragestunde im Plenum am 1. März 2018 in der Drucksache 18/430 beantwortet.

Eine pauschale und unbegründete Ablehnung der genannten Erprobungsmaßnahmen in unkonventionellen Lagerstätten wäre rechtlich fragwürdig, eine Ablehnung bedürfte einer sorgfältigen Prüfung und Entscheidung der Landesregierung im Einzelfall. Dies ändere nichts daran, dass Frackingmaßnahmen in unkonventionellen Lagerstätten in Niedersachsen politisch nicht gewollt sind.

(Imke Byl [GRÜNE] meldet sich zu ei- ner Zwischenfrage)

Mehr ist dem nicht hinzuzufügen, und deswegen möchte ich auch keine Zwischenfrage zulassen. Es wird nämlich keine weiteren erhellenden Aspekte geben. Die Position ist klar.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann. - Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Moment! Es gibt doch noch eine Wortmeldung der Kollegin Byl; nach § 71 Abs. 3 GO LT, vermute ich. - Das ist die einzige Möglichkeit, die Sie haben.

(Imke Byl [GRÜNE]: Ich nutze jede Möglichkeit!)

Bitte, Frau Kollegin! Ich erteile Ihnen das Wort für anderthalb Minuten.

Auch wenn der Wirtschaftsminister versucht hat, das nicht ganz klar auszudrücken, hat er doch im letzten Satz wiederholt, dass er abrückt vom grundsätzlichen Verbot von Erprobungsmaßnahmen, egal ob wissenschaftlich oder wirtschaftlich. Ich habe mich auf der Internetseite der Bundesregierung umgeschaut. Da steht:

„Die Forschungsvorhaben werden nur unter strengen Auflagen und mit Zustimmung der jeweiligen Landesregierung erlaubt.“

- Soweit so klar!

„Hierdurch wird sichergestellt, dass in den Bundesländern, in denen Vorbehalte gegen das Fracking herrschen,“

- und dazu würde ich Niedersachsen tatsächlich zählen -

(Helge Limburg [GRÜNE]: In der Tat!)

„die Möglichkeit besteht, auf politischer Ebene die Erteilung von Erlaubnissen für unkonventionelle Frackingvorhaben zu verhindern.“

(Vizepräsident Bernd Busemann über- nimmt den Vorsitz)

Soweit zu neuen Erkenntnissen; denn genau das wurde auf Bundesebene damals aufgenommen, damit Länder wie Niedersachsen die Möglichkeit haben, solch ein pauschales Verbot zu genehmigen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Was hat Herr Althusmann denn erzählt?)

Insofern frage ich mich, warum die Landesregierung jetzt von dieser Linie abrückt, und das wurde nicht erklärt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Hill- mer [CDU]: Was haben Sie nicht ver- standen? - Unruhe)

Vielen Dank, Frau Kollegin.

(Zuruf von Christian Meyer [GRÜNE])

- Herr Kollege Meyer!

Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt respektive zu dieser Aktuellen Stunde liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich diesen Teil für heute schließen kann.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des niedersächsischen Datenschutzrechts - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/548 - b) Landesregierung darf nicht die Chance auf einen besseren Datenschutz verspielen! - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/352 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 18/854 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/901

Tagesordnungspunkt 5: Erste Beratung: Die Landesregierung gefährdet den Datenschutz in Niedersachsen - Antrag der Fraktion der FDP - Drs. 18/832

Zu Tagesordnungspunkt 4 empfiehlt Ihnen der Ausschuss, den Gesetzentwurf mit Änderungen anzunehmen und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen.

Der schriftliche Bericht über die Ausschussberatung zu Tagesordnungspunkt 4 a liegt Ihnen in der Drucksache 18/901 vor. Eine Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 4 b ist nicht vorgesehen.

Da der Antrag unter Tagesordnungspunkt 5 zunächst eingebracht werden muss, hat Kollege Oetjen von der FDP jetzt das Prä, bevor wir in die weiteren Beratungen einsteigen. Herr Oetjen, Sie haben sich - ahnend, dass es so ist - auch schon gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

Das war zu viel der Ehre, Herr Präsident. Geahnt habe ich es nicht. Ich glaube aber, dass wir es trotzdem so machen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die FDP-Fraktion hat einen Entschließungsantrag eingebracht, der das Ziel hat, dass in Niedersachsen ein neues Datenschutzgesetz auf den Weg gebracht wird. Denn: Ich bin seit 15 Jahren Mitglied des Niedersächsischen Landtags, aber in diesen 15 Jahren habe ich noch keine Gesetzesberatung miterlebt, die so unterirdisch gewesen ist wie die zu dem vorliegenden Gesetzentwurf.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, aber gleich in der ersten Beratung im Ausschuss sind drei Änderungsvorschläge der regierungstragenden Fraktionen mitverteilt worden.

(Belit Onay [GRÜNE]: Absurd war das!)

Dann hieß es: Wir wollen eine Anhörung durchführen, aber so klein wie möglich, und im Übrigen müssen wir den Gesetzentwurf schon im Mai - also nur fünf Wochen später! - beschließen. - Zu der Anhörung sind dann auch nur die LfD und die kommunalen Spitzenverbände zugelassen worden. In dieser Anhörung hagelte es Kritik an dem Gesetzentwurf.

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst sagte, er sehe sich nicht in der Lage, einen solch umfangreichen Gesetzentwurf binnen fünf Wochen ordnungsgemäß zu bearbeiten. - Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir Abgeordnete auch nicht! Ich sage das hier einmal so klar. Wir können einen solchen Gesetzentwurf nicht in einer so kurzen Zeit ordentlich beraten.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Was ist das Ergebnis? - Das Ergebnis ist, dass uns heute ein Gesetzentwurf vorliegt, der europarechtswidrig ist. Es ist europarechtswidrig, weil die JI-Richtlinie nur unzureichend umgesetzt wird. Ich nenne beispielhaft das Stichwort „Löschung personenbezogener Daten wegen unverhältnismäßigen Aufwands“. Das steht im Gesetzentwurf, ist aber von der JI-Richtlinie überhaupt nicht abgedeckt. - Das ist europarechtswidrig. So geht das nicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und SPD!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Mit der europäischen Datenschutz-Grundverordnung sollte eigentlich ein höheres Datenschutzniveau auf den Weg gebracht werden. Aber mit diesem Gesetzentwurf wird das Gegenteil erreicht.

Ich möchte deutlich darauf hinweisen, dass z. B. keine Löschpflichten oder Höchstspeicherdauern für personenbezogene Daten vorgesehen sind.

In dem Gesetzentwurf steht z. B. auch, dass Datenverarbeitungsinstrumente an den Start gehen können, ohne dass zuvor alle datenschutzrechtlichen Probleme abgearbeitet worden sind. Damit sind Sie ja schon einmal auf die Nase gefallen. Ich sage nur: TKÜ-Anlage Niedersachsen/Bremen.

Diese Anlage läuft heute noch. Das ist rechtswidrig, und das machen Sie durch dieses Gesetz jetzt zum Dauerzustand. So geht es nicht!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Dazu kommt: Die Landesdatenschutzbeauftragte bekommt keine wirksamen Instrumente an die Hand, um datenschutzrechtliche Probleme abzustellen. Es wird ihr nicht möglich sein, Sanktionen gegenüber nicht wirtschaftlich tätigen Institutionen zu erlassen. Durch das Gesetz ist klar geregelt, dass Staatsanwaltschaften und die Polizei von der Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragte zwar nicht ausgenommen sind, dass die Kontrolle dort aber nur sehr eingeschränkt möglich ist. Damit wird der Datenschutz gegenüber diesen Institutionen zum zahnlosen Tiger. Das ist nicht der richtige Weg, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Sebastian Lechner [CDU]: Völlig übertrieben!)

Sechs, setzen! Die Antwort kann eigentlich nur sein, das Ganze noch einmal zu machen. Aber die Datenschutz-Grundverordnung tritt am 25. Mai in Kraft. Deshalb haben Sie sich ja auch für dieses Verfahren im Schweinsgalopp entschieden.