Protokoll der Sitzung vom 19.06.2018

- Gegenrede: formal.

Dann lasse ich über diesen Antrag ebenfalls abstimmen. Es geht darum, die Tagesordnung heute um eine Gedenkminute zu erweitern. Wer der Erweiterung der Tagesordnung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag der AfD-Fraktion auf Erweiterung der Tagesordnung mit großer Mehrheit abgelehnt.

Weitere Wortmeldungen sehe ich an dieser Stelle nicht, sodass ich aufrufen kann den

Tagesordnungspunkt 2: Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über die Feiertage - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 18/827 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 18/1092 - dazu: Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 18/898 - dazu: Änderungsantrag des Abgeordneten Christian Calderone (CDU) und 13 weitere Mitglieder des Landtages - Drs. 18/1089 - Schriftlicher Bericht - Drs. 18/1129 - dazu: Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Dörte Liebetruth (SPD) und zehn weiterer Mitglieder des Landtages - Drs. 18/1132

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Landesregierung mit Änderungen anzunehmen und den in die Beratungen einbezogenen Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen.

Wie Sie wissen, hat der Gesetzentwurf der Landesregierung das Ziel, den Reformationstag am 31. Oktober als neuen Feiertag einzuführen.

Der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt darauf ab, den Internationalen Frauentag am 8. März und den Europatag am 9. Mai als neue Feiertage einzuführen.

Darüber hinaus liegt der Änderungsantrag des Abgeordneten Calderone und 13 weiterer Mitglieder des Landtages vor, der darauf gerichtet ist, den Buß- und Bettag als neuen Feiertag einzuführen.

Außerdem liegt ein Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Liebetruth und zehn weiterer Mitglieder des Landtages vor, mit dem die Einführung des Tages des Grundgesetzes am 23. Mai als Feiertag angestrebt wird.

Ich eröffne nun die Beratung und erteile Herrn Kollegen Watermann, SPD-Fraktion, das Wort. Bitte, Herr Kollege!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute, also relativ schnell, in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs zur Einführung eines zusätzlichen Feiertages. Diese

Debatte hat im Vorfeld des Landtages schon sehr viele bewegt und auch zahlreiche Argumentationen des Für und Wider mit sich gebracht.

Wie man in der Anhörung feststellen konnte, gibt es grundsätzlich viele - sie sind auch durchaus ernst zu nehmen -, die gesagt haben: Der zusätzliche Feiertag ist eine Belastung und darf gar nicht eingeführt werden. - Wir haben auch etliche, die argumentieren, dass die Zielsetzung des Feiertages für sie wichtig ist und im Mittelpunkt steht.

Nachdem ich die Anhörung und auch die begleitende Debatte verfolgt habe, bin ich fest davon überzeugt, dass es in Deutschland keinen weiteren Feiertag gibt, der mit so viel Energie diskutiert und erläutert worden ist. Wir können wohl feststellen, dass wir alle uns sehr intensiv mit diesem Feiertag auseinandergesetzt und das Für und Wider fair miteinander diskutiert haben.

Es gibt sicherlich eine Mehrheit dafür, dass ein zusätzlicher Feiertag in Niedersachsen nötig ist, um auch im Vergleich mit anderen Bundesländern einen Ausgleich herzustellen. Für sie ist es entscheidend und wichtig, dass dieser Feiertag auch familienfreundlich ist. Deshalb ist eine Argumentation über das Für und Wider, ob man einen weltlichen oder einen kirchlichen Feiertag einführen sollte und, wenn es ein kirchlicher Feiertag sein soll, für welchen man sich entscheidet, zwar ein wichtiges Element. Für ein noch wichtigeres Element halte ich aber die Frage, wie ein solcher Feiertag denn für Familien umgesetzt wird.

Wir haben in den norddeutschen Ländern - bisher außer Niedersachsen - eine Einigung auf den 31. Oktober erreicht. Das ist gut für diejenigen, die in den Randgebieten von Bremen und Hamburg, aber auch von Schleswig-Holstein leben, weil wir, wenn wir einen einheitlichen Feiertag wählen, diesen Familien ermöglichen, wirklich frei zu haben. Das ist ein wesentliches Element dessen, was der Gewerkschaftsbund gefordert hat. Er war derjenige, der diesen Feiertag angeregt hat. Ich glaube, dass man auch diesen Aspekt berücksichtigen sollte.

Das Für und Wider der einzelnen Tage ist durchaus angemessen gewürdigt worden. Ich fände es gut, wenn wir in der heutigen Debatte das, was der Kollege Nacke beim letzten Mal eingefordert hat, beherzigen würden: dass wir für Tage werben und uns nicht gegen Tage positionieren. Es sei denn, man ist der Auffassung, dass es überhaupt keinen weiteren Feiertag geben soll. Dann kann man diese Position sicherlich auch deutlich machen.

Ich finde, dass man daran, wie wir an die Diskussion um den Reformationstag herangegangen sind, sehen kann, dass man eine ganze Menge an Punkten aufgreifen kann. Wenn dieser Tag eingeführt wird - ich votiere dafür, dass das Gesetz so, wie es eingebracht worden ist, umgesetzt wird -, heißt das, dass wir heute alle Debatten, die wir geführt haben, noch einmal vor Augen bekommen - Debatten, die sicherlich auch wichtig und notwendig sind und die auch geführt worden sind, als der Tag im letzten Jahr als Feiertag begangen wurde, und die dazu geführt haben, dass die Religionsgemeinschaften diesen Tag als Einigung angesehen haben.

Ich bin katholisch, und ich bin stolz darauf, dass es die Reformation gegeben hat, weil sie auch meine Kirche weitestgehend geprägt, verändert und weiterentwickelt hat. Deshalb sage ich ganz deutlich: Ich stehe zu diesem Feiertag, und ich werde auch für ihn stimmen. Ich hoffe, wir werden eine angenehme Debatte führen. Dass heute alle anwesend sind, zeigt, wie wichtig dieses Thema ist. Schenken wir den Niedersächsinnen und Niedersachsen einen freien Tag noch in diesem Jahr!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Watermann. - Nun hat das Wort Frau Abgeordnete Frau Dr. Liebetruth.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin der Landesregierung dankbar, dass sie unsere heutige Debatte um einen neuen Feiertag für Niedersachsen angestoßen hat. Denn die Beschäftigten in Niedersachsen haben einen neuen Feiertag verdient.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Gemeinsam mit einer fraktionsübergreifenden Gruppe von Abgeordneten werbe ich um Unterstützung, den Tag des Grundgesetzes, den 23. Mai, als neuen gesetzlichen Feiertag vorzusehen.

Der Tag des Grundgesetzes wäre ein Feiertag für alle. Er wäre ein Feiertag, der Brücken baut.

Am 23. Mai 1949 wurde unser Grundgesetz verkündet. Aus der Erfahrung des Nazi-Terrorstaates garantiert diese unsere Verfassung die Grundrechte, allen voran die Würde des Menschen. Das Grundgesetz garantiert die Gleichstellung der Ge

schlechter sowie die Freiheit der Religionen und Weltanschauungen. Es setzt auf unsere europäische Einigung.

Als gesetzlicher Feiertag birgt der Tag des Grundgesetzes Chancen, die Bedeutung unserer Verfassung für alle Menschen in unserem Land in den Mittelpunkt zu rücken. Wie das gehen kann, zeigten letztes Jahr engagierte Bürgerinnen und Bürger, darunter Jugendliche, in Achim bei Bremen. Sie haben den Tag des Grundgesetzes genutzt, um ganz unterschiedliche Menschen, die in Achim leben, zusammenzubringen, und sind bei einer Open-Air-Veranstaltung öffentlich für unsere Demokratie und für Europa eingetreten.

Sehr geehrte Damen und Herren, der Tag des Grundgesetzes wäre ein Feiertag, der Brücken baut und der Orientierung gibt. Beides brauchen wir angesichts der heutigen Vielfalt von Kulturen, Religionen und Weltanschauungen bei uns im Land - gerade jetzt, wo eine Minderheit Hass und Hetze sät.

In der Anhörung des Innenausschusses wurde der Tag des Grundgesetzes von mehreren Verbänden vorgeschlagen.

Bevor ich zum Schluss komme, eine praktische Bemerkung:

Bremen hat über seinen gesetzlichen Feiertag noch nicht entschieden, sondern will die niedersächsische Entscheidung abwarten. Bisher wurde nur ein Meinungsbild abgegeben. Da das Grundgesetz bundesweite Bedeutung hat, könnten andere Bundesländer einer niedersächsischen Entscheidung für diesen gesetzlichen Feiertag folgen.

Sehr geehrte Damen und Herren, nächstes Jahr, am 23. Mai 2019, jährt sich die Verkündung unseres Grundgesetzes zum 70. Mal. Das wäre ein wunderbarer Zeitpunkt, um den Tag des Grundgesetzes in Niedersachsen zum ersten Mal mit einem gesetzlichen Feiertag zu würdigen. Mit Ihrer Unterstützung ist das möglich!

(Beifall bei der SPD und Zustimmung von Christian Meyer [GRÜNE])

Vielen Dank, Frau Kollegin. - Nun hat das Wort Herr Abgeordneter Kirci. Bitte!

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! In was für Zeiten leben wir mittlerweile? Weil ich mich für

den Internationalen Frauentag als gesetzlichen Feiertag einsetze, werde ich auf meine Herkunft reduziert. Wenn eine inhaltliche Diskussion über einen zusätzlichen Feiertag von der Vereinspostille WohnArt des Immobilienverbandes Haus & Grund dazu genutzt wird, um Vorurteile gegen mich aufgrund meiner türkischen Wurzeln zu schüren, zeigt das eine rassistische Grundhaltung.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Verehrte Damen und Herren, auch wenn ich mich für den Internationalen Frauentag als gesetzlichen Feiertag einsetze, bin ich nicht gegen christliche Feiertage. Wer das behauptet, der ist populistisch. Trotzdem ändert das nichts an den Tatsachen; denn die Gleichstellung der Frau ist in unserer Gesellschaft noch nicht erreicht. Für die Initiative unserer Landtagspräsidentin möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Mit dem Internationalen Frauentag als offiziellem Feiertag würde Niedersachsen ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung und Solidarität setzen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

An diesem Tag gilt es, die bisherigen Errungenschaften für Frauen zu feiern, ihr Engagement zu würdigen und weitere Verbesserungen anzumahnen. Es geht auch darum, die tagtäglichen Leistungen der Frauen zu würdigen. Für Gleichstellung müssen wir kämpfen; denn wer Macht hat, gibt sie freiwillig selten ab. Freundlichkeit und Fleiß aber reichen hier leider nicht aus. Wir brauchen Hartnäckigkeit, wir brauchen Durchsetzungskraft, wir brauchen auch die Bereitschaft zum Konflikt - gerade bei diesem Thema.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen vor allem Solidarität gerade der emanzipierten Männer, die verstanden haben, dass Gleichberechtigung von Männern und Frauen am Ende auch ihnen und damit der Gesellschaft nutzt. Das ist mir, gerade weil nicht nur rechte Gruppierungen Stimmung gegen Frauenrechte machen, wichtiger denn je.

Bei meiner Fraktion möchte ich mich ausdrücklich für ihre Solidarität bedanken, auch wenn wir hier unterschiedlicher Meinung sind.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kirci. - Nun hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, da haben Sie nun Ihren Reformationstag, den Feiertag, den Sie immer haben wollten, den Feiertag allerdings - auch das gehört zur Wahrheit -, der nicht allen so viel Freude machen wird wie Ihnen. Mit der Nordländerkonferenz zu Beginn des Jahres haben Sie klargemacht, dass der Reformationstag neuer Feiertag in Niedersachsen werden soll, weil Sie das so mit Ihren Kolleginnen und Kollegen dort entschieden haben.

Dieser Feiertag hätte eine große Chance sein können. Er hätte eine Chance sein können, Menschen in Niedersachsen an einer solchen politischen Entscheidung teilhaben zu lassen - eine Entscheidung, die sie alle betrifft, und eine Chance, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen und sich ihre Argumente und ihre Ideen anzuhören; diese Chance wurde achtlos vertan. Stattdessen ist im Hinterzimmer eine Entscheidung für einen Tag getroffen worden, mit dem ein Großteil der Menschen in Niedersachsen nichts anfangen kann und - ich finde, es ist sehr wichtig, das an dieser Stelle auszusprechen - der für manche von Ihnen ein Affront sein wird.

Die katholische Kirche hat darauf hingewiesen, dass die Reformation für die Spaltung des Christentums steht und daher für sie wahrlich kein Grund zum Feiern ist.