(Klaus Wichmann [AfD] geht zum Präsidium - Dr. Stefan Birkner [FDP]: In Ihrer Ausgabe steht das nicht? - Björn Försterling [FDP]: Wollen Sie das erst ausdiskutieren?)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Populismus kann doch so einfach sein! In dieser Aktuellen Stunde: Bist du gegen Erdogan, bist du für die AfD, bist du gegen die AfD, bist du für Erdogan. - Aber so einfach ist das nicht. Denn bei genauerer Betrachtung erschließen sich dem geneigten Leser schon so manche komplexe Probleme.
Stichwort DITIB-Imame. In der Rede des Kollegen Bothe wurde kritisiert, dass sie von der Türkei finanziert werden. - Wenn man das nicht mehr will, müsste eigentlich die AfD die Partei sein, die die Staatsverträge mit DITIB voranbringt, um analog zu den christlichen und jüdischen Religionsgemeinschaften eine deutsche Finanzierung auch für die Moscheen in Niedersachsen sicherzustellen.
Ähnlich wird von der AfD immer wieder kritisiert, dass beispielsweise in den Moscheen für den Türkeifeldzug in Syrien geworben wird. - Ich habe dafür kein Verständnis. Ich habe aber auch kein Verständnis dafür, dass sich die AfD zwar dagegen verwahrt, dass aber gleichsam AfD-Politiker auf die Krim reisen und damit den Russlandfeldzug, der dort stattgefunden hat, und die aus meiner Sicht illegale Besatzung des Landes legitimieren wollen. Da kommen Sie in intellektuelle Schwierigkeiten!
Weil die Vorfälle mit „Kindersoldaten“ in NRW stattgefunden haben, hat unser dortiger FDPIntegrationsminister klipp und klar gesagt: Das hat in Deutschland nichts zu suchen.
eine Schlacht, in der die Armee des Osmanischen Reiches mit der kaiserlichen Marine den Briten eine herbe Niederlage zugefügt hat, ist umso erstaunlicher, als eigentlich Sie diejenigen sind, die mit Herrn Gauland an der Spitze sagen: Man darf die Verdienste dieser Soldaten nicht negieren.
Herr Gauland hat ja gesagt, man muss Wehrmachtssoldaten auch loben dürfen. Und trotzdem blicken Sie hier mit einer gewissen Kritik auf die kaiserliche Marine!
Vielleicht macht es ja doch einen Unterschied, ob die für Kaiser Wilhelm II. oder für Adolf Hitler gekämpft haben - ich weiß es nicht.
Völlig absurd wird es dann, wenn Sie auf den ehemaligen Kollegen Mustafa Erkan abzielen. Ehrlicherweise muss ich sagen: Ich glaube, keiner hier im Haus kann den so richtig nachvollziehen.
Aber wenn Sie von einer drohenden „Erdoganisierung“ ausgehen, weil Mustafa Erkan in der Türkei für die AKP kandidiert, dann will ich Ihnen eines sagen: Mustafa Erkan hat letztens im ZDF gesagt, wenn er dort nicht gewählt wird, dann kommt er nach Niedersachsen zurück.
Und das würde eigentlich bedeuten, dass Sie von der AfD jetzt noch mal richtig Wahlkampf machen müssten: für die AKP, um einen „Erdoganisierung“ in Niedersachsen zu verhindern.
Vielen Dank, Herr Kollege Försterling. - Meine Damen und Herren, bei aller Heiterkeit: Es möge jetzt Ruhe einkehren.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema, das wir in dieser Aktuellen Stunde behandeln, ist ein sehr ernstes Thema; denn es geht um den Einfluss eines Staatspräsidenten auf Bürger in Deutschland. Aber wie Herr Försterling klargemacht hat - und dafür zolle ich ihm großen Respekt - wird die Aktuelle Stunde der AfD diesem Thema nicht gerecht. Sie ist eigentlich Klamauk; das haben Sie eben ganz hervorragend dargestellt.
Ich will an einigen Beispielen klarmachen, dass wir eben doch eine Antwort auf die Herausforderungen haben, die damit einhergehen.
Erstens. Wir dulden keine öffentliche Propaganda in Deutschland! Ich weiß, dass es Politiker gibt, die darüber nachdenken, Auftritte türkischer Politiker wieder zuzulassen. Aber Sie müssen sich einmal anschauen, wie türkische Politiker in der Türkei Wahlkampf betreiben. Ich will es einmal schildern: Erdogan tritt mit einem kleinen Mädchen, das ein Barett trägt und salutiert, auf die Bühne und deklariert es als Märtyrer. Wenn man solche makabren Bild vor Augen hat, ist für uns alle hier im Hause klar: So etwas wollen wir in Deutschland nicht sehen. Deswegen ist es gut, dass die Bundesregierung die Auftritte türkischer Politiker verboten hat.
vereine werden über das Diyanet, das türkische Amt für Religionswesen, finanziert. Alle Imame sind im Staatsdienst der Türkei. Und der Regionalattaché des Generalkonsulats hat die Fachaufsicht über die DITIB. Das alles ist uns bewusst, und wir wissen auch, dass in vielen dieser Moscheen ganz aktiv Wahlkampf für Erdogan betrieben wird. Leider haben wir auch den hässlichen Höhepunkt von Kriegsrhetorik erlebt. - Das ist in deutschen Moscheen nicht tolerierbar, und wir werden uns ganz entschieden dagegenstellen!
Deswegen ist es auch gut, dass die Bundesregierung die Mittel für die DITIB um 80 % gekürzt hat. Wenn Sie mich fragen: Es wäre auch gut, wenn wir die Finanzierung ganz einstellen.
Es ist auch gut, dass wir darüber nachdenken, ob man die Auslandsfinanzierung solcher Tätigkeiten, die aus unserer Sicht keine Religionsausübung, sondern staatlichen Einfluss darstellen, nicht untersagen kann.
Ganz klar sagen möchte ich auch, Herr Försterling: Ein Staatsvertrag mit Muslimen ist wünschenswert. Aber ich bin sehr froh, dass wir keinen Staatsvertrag mit der DITIB geschlossen haben.
Drittens. Wir suchen die Partnerschaft mit den Muslimen und wollen, dass die Religionsausübung unabhängiger gemacht wird, insbesondere auch von Imamen aus dem Ausland. Deswegen haben wir 2010 die Imam-Ausbildung in Osnabrück eingeführt. 100 Absolventen gibt es dort schon. Wir stärken auch, lieber Herr Kultusminister Tonne, den Islam-Unterricht in Niedersachsen. Ich finde das im Übrigen richtig. Denn mir ist es lieber, dass die jungen Menschen in einer staatlichen Einrichtung in einem liberalen Islam unterrichtet werden als eventuell durch DITIB oder sogar durch den Salafismus. Insofern ist das ein richtiger Vorstoß.
Wir gehen natürlich gegen all die Bestrebungen, die Sie geschildert haben, und die Gruppen - da danke ich unserem Innenminister - mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln vor. Wenn es hier um Ausspionierung türkischer Mitbürger, wenn es hier um Sabotage oder wenn es hier um Bedro
hung geht, dann werden wir in Niedersachsen mit allen unseren rechtsstaatlichen Mitteln reagieren. Wir werden das unterdrücken, und wir werden dagegen mit all dem, was uns zur Verfügung steht, vorgehen.
Letzter Punkt. Das will ich Ihnen aber auch sagen: Wir stärken auch diejenigen, die eben nicht diesem Gebaren hinterherlaufen, sondern es gehört zur Wahrheit: Es ist betrüblich, dass in Deutschland 60 % bei einer Wahl zum Staatspräsidenten der Türkei Erdogan wählen. Aber wen Sie vergessen, sind die anderen 40 %. Ich finde, wir reden viel zu wenig über gute Beispiele, die wir auch herausstellen müssen, über all diejenigen, die in der Türkei in der Opposition dagegen arbeiten, über all diejenigen, die sich hier in Deutschland für die Demokratie einsetzen.
ein Emre Can, den ich wirklich respektiere, der sich nicht neben Erdogan hat fotografieren lassen, oder eben auch ein Parlamentarier wie Deniz Kurku mit türkischem Hintergrund, der sich hier hinstellt und eine ganz hervorragende erste Rede hält. Das sind gute Beispiele, denen wir den Rücken stärken müssen.