Der notwendigerweise breite Ansatz dieser ländlichen Entwicklungspolitik - kurz gesagt: der zweiten Säule - kommt auch in den sechs Handlungspriori
Diese Prioritäten spannen das Handlungsfeld von der wirtschaftlichen Entwicklung, der Armutsbekämpfung und der sozialen Inklusion in ländlichen Gebieten über die Verarbeitung von Lebensmitteln, den Schutz von Ökosystemen und den Klimaschutz bis zum landwirtschaftlichen Betrieb. Wir wissen, dass wir in den ländlichen Räumen vielfältige Probleme angehen müssen. Mit dieser zweiten Säule haben wir aber ein breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung, das wir auch nutzen.
Lassen Sie es mich auf den Punkt bringen: Eine gute Entwicklung dieser Räume wäre ohne diese Fördermöglichkeiten kaum vorstellbar, zumindest aber sehr erschwert. Für die ländlichen Räume in Niedersachsen ist diese zweite Säule ein Segen und ein enorm wichtiger Baustein im Gesamtpaket der EU-Förderung für unser Land.
Umso weniger nachvollziehbar ist es für uns alle, dass die EU-Kommission gerade hier eine besonders markante Kürzung vorgeschlagen hat. Wie sieht diese Kürzung nun konkret aus?
Gemeinsam mit unserem Partnerbundesland Bremen fördern wir die ländlichen Räume mit unserem Entwicklungsprogramm PFEIL. Dieses ist seit Sommer 2015 von der EU-Kommission genehmigt und hat eine Laufzeit bis zum Ende des Jahres 2023. Das Programm wird laufend fortgeschrieben und aktualisiert. Derzeit erwarten wir täglich eine Kommissionszustimmung zu einer im vergangenen Jahr erfolgten Programmänderung.
PFEIL umfasst derzeit 30 Fördermaßnahmen, die die eben angesprochene inhaltliche Bandbreite der ELER-Prioritäten voll ausschöpfen. Uns allen dürfte klar sein, dass die anstehenden Aufgaben gewaltig sind. Ein Programm wie PFEIL kann sie deshalb selbstverständlich nicht allein lösen. Trotzdem setzt es viele positive Impulse und gibt uns dabei eine wertvolle Unterstützung.
Vielen Dank, Frau Ministerin. - Die nächste Zusatzfrage aus der CDU-Fraktion im Rahmen der Dringlichen Anfrage stellt Dr. Frank Schmädeke. Bitte!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Frage lautet: Teilt die Landesregierung die Sorge, dass die Kappung der Direktzahlungen durch eine Betriebsteilung großer Betriebe umgangen werden könnte und damit die Vorteile für kleine bäuerliche Betriebe verpuffen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kommission schlägt eine verpflichtende Kürzung der Direktzahlungen, also eine Kappung, oberhalb von 60 000 Euro und 100 000 Euro vor. Kalkulatorische Lohnkosten, Gehälter, Sozialabgaben und Steuern können jedoch gegengerechnet werden. Dies führt dazu, dass kaum noch Betriebe von dieser Regelung betroffen sein werden. Die tatsächlich betroffenen Betriebe werden sich teilen, so wie auch Sie das vermuten. Der Vorschlag der Kommission ist deshalb in meinen Augen nicht zu Ende durchdacht. Die Kommission - und auch wir - will kleine und mittlere Betriebe stärken. Das geht mit der vorgesehenen Umverteilungsprämie deutlich besser als mit dieser Kappung.
Meine Kolleginnen und Kollegen, die Agrarministerinnen und Agrarminister bei uns im Bund, sehen das genauso. Deswegen erwarte ich mit Spannung die Beratungen am 10. Juli in Brüssel zu den Vorschlägen, die vor uns jetzt auf dem Tisch liegen.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich frage die Landesregierung: Gibt es eine Deadline, was das Streichprogramm der EU im Bereich Landwirtschaft und ländlicher Raum in der ersten und zweiten Säule angeht? Es ist von 5 % in der ersten Säule die Rede und von 25 % in der zweiten Säule. Es ist aber auch die Rede davon, dass es in der ersten Säule 30 % sein könnten, weil man den
Brexit nicht einberechnet hat. Gibt es eine Deadline? Gibt es einen Zeitpunkt, an dem sich entscheidet, wie viel aus dem Agrarbereich umverteilt wird oder welche zusätzlichen Mittel in den Topf getan werden müssen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die in den Medien verbreiteten Zahlen sind in der Tat sehr verwirrend. Über den Vorschlag von Kommissar Oettinger zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU gehen die Meinungen teilweise weit auseinander. Auch die EU-Mitgliedstaaten haben sich sehr unterschiedlich positioniert. Ein Vergleich des Mehrjährigen Finanzrahmens 2014 bis 2020 mit den Vorschlägen für die neue Förderperiode 2021 bis 2027 wird natürlich durch den Brexit erschwert.
Sie können den Haushalt für eine EU 28 nicht mit dem Haushalt für eine EU 27 vergleichen. Hinzu kommt das Thema Inflationsausgleich. Weil hier über sehr lange Zeiträume gesprochen wird, wird in manchen Veröffentlichungen quasi ein Kaufkraftverlust mit berücksichtigt. 100 Euro im Jahr 2014 haben nicht den gleichen realen Wert wie 100 Euro im Jahr 2024.
Wenn man die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik betrachtet, also die Mittel für die erste und die zweite Säule der GAP, sieht man, dass dieser Oettinger-Vorschlag - also alles ohne Großbritannien - eine Kürzung der Direktzahlungen auf EU-Ebene von rund 2 % und eine Kürzung von rund 15 % bei dieser zweiten Säule vorsieht. Unter Berücksichtigung der Inflation geht das Europäische Parlament von einer Kürzung in Höhe von 11 % bei den Direktzahlungen und von 28 % bei dieser zweiten Säule aus.
Herr Grupe, Sie hatten nach einer Deadline gefragt. Der Verhandlungsprozess hat begonnen. Ich glaube, zum heutigen Zeitpunkt eine Deadline zu setzen, ist einfach zu früh. Die endgültigen Zahlen liegen nicht auf dem Tisch.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Vor dem Hintergrund, dass auch Sie, Frau Ministerin - nicht nur ich -, die Vorschläge als teilweise verwirrend betrachten, frage ich Sie: Wie bewertet die Landesregierung die zunehmende Bürokratie und die neu erfundenen Zielvorgaben in der Landwirtschaft? Und sind Sie der Meinung, dass diese Entwicklung die Belastung der Landwirtschaft neben einer Kürzung der ersten Säule nicht noch deutlich verschärfen würde?
Frau Präsidentin! Lieber Hermann Grupe, ich sagte es anfangs: Brüssel hat vor, nicht mehr die Größe einer jeden Hecke eines landwirtschaftlichen Betriebs festzustellen.
Wir bekommen eine Strategie vorgegeben. Die einzelnen Länder haben Strategiepläne aufzustellen. Ich betrachte das mit Sorge; denn wenn man eine Strategie aufstellt, um ein vorgegebenes Ziel verpflichtend zu erreichen - das Ziel setzt Brüssel -, muss diese Strategie, also der Weg zum Ziel, kontrollierbar sein. Wir haben bislang erlebt, dass alles, was mit Kontrollen zu tun hat, eben auch mit Bürokratie zu tun hat.
Deswegen betrachte ich das mit Sorge. Ich werde ein Auge darauf haben, was letztendlich unterm Strich bei der Aufstellung der Strategiepläne, bei deren Vorstellung, herauskommt. Ich sage es noch einmal: Am 10. Juli findet in Brüssel eine Bund/Länder-Besprechung mit Herrn Hogan statt. Dort werden wir all diese Dinge besprechen. Er wird uns vorstellen, wie seine Entbürokratisierungspläne aussehen. Ich bin gespannt.
Frau Präsidentin! Gestatten Sie mir vorweg vielleicht eine einleitende Bemerkung. Der zweite Name meines Nachnamens wird mit M wie „Meta“ geschrieben, also „Dammann-Tamke“. Und unsere Ministerin heißt Otte-Kinast und nicht Künast. - Dies bitte vorweg.
Herr Helmut Dammann-Tamke, das nehme ich gerne zur Kenntnis. Aber dann bitte ich auch darum, zukünftig das Janssen und das Kucz korrekt auszusprechen.
Frau Präsidentin! Ich frage die Landesregierung: Ist durch die Kürzung in der ersten Säule die Basisabsicherung der landwirtschaftlichen Betriebe gefährdet?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die vorgeschlagene Kürzung der Mittel für die erste Säule ist natürlich schmerzlich, aber auch noch keine beschlossene Sache. Sollten die Kommissionsvorschläge wirklich 1 : 1 umgesetzt werden, dann würden die Direktzahlungen in Deutschland und Niedersachsen spürbar sinken. Damit würde die Basisabsicherung noch nicht infrage gestellt. Aber man muss darüber hinaus berücksichtigen, dass die sogenannte Auflagenbindung - oder eben neu die Konditionalität - für die Direktzahlungen ausgeweitet werden soll. Die Kommission hat weitreichende Produktions- und neue Umweltauflagen vorgeschlagen. Derartige Auflagen kosten den Landwirten schon jetzt schlichtweg Geld, und in Zukunft werden sie ihnen noch mehr Geld kosten.
Wenn die Basisabsicherung letztendlich keine mehr ist, dann steigen die Betriebe aus diesem Fördersystem aus oder geben im schlimmsten Falle ganz auf. Das wollen wir eben nicht! Berücksichtigen sollten wir in dieser Diskussion, dass die
Einkommenssicherung europaweit eines von mehreren konkreten Zielen ist, die in einem wirklich ausgewogenen Verhältnis stehen sollten.
Meine Damen und Herren, Landwirte und ihre Familien sind die tragenden Säulen in unseren Dörfern. Das dürfen wir bei dieser Diskussion nicht vergessen: Ohne Bauer stirbt das Dorf.
Vielen Dank, Frau Ministerin Otte-Kinast. - Die dritte Zusatzfrage für die CDU-Fraktion: Dr. Marco Mohrmann, bitte!
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast, im Rahmen der nächsten GAP-Runde soll ja ein sogenanntes Delivery Model der EU eingeführt werden, um Umwelt- und Klimaschutzziele zu erreichen, Stichwort „weniger Compliance“. Wie ist Ihre Einschätzung? Führt das denn nun tatsächlich auch zum Abbau von Berichtspflichten und Bürokratie für die Landwirte?