Protokoll der Sitzung vom 22.08.2018

Deswegen bin ich davon überzeugt, dass der Klimaschutz - das gilt aber bitte auch für die Folgen des Klimawandels - als wichtiger Baustein in der Verfassung verfestigt wird. Damit wird das Problem nicht gelöst, aber es findet eine Sensibilisierung statt. Wir werden damit der Verantwortung gerecht, die wir für Hunderte von Jahren für die Menschen nach uns haben. Deswegen halte ich das für eine richtige Entscheidung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Bode zu?

Ja, klar.

Bitte, Herr Bode!

Vielen Dank, Herr Minister. - Vor dem Hintergrund, dass Sie gerade ausgeführt haben, dass Sie sich für die Reduzierung der Erderwärmung einsetzen wollen, möchte ich von Ihnen - dabei beziehe ich mich auf den Brief, den Sie als Energieminister mit anderen Landesministern an die Kohlekommission geschrieben haben - gerne wissen, welche Position Sie für die Landesregierung in der Kohlekommission zum Kohleausstieg vertreten und ob die Grünen eventuell einen strategischen Fehler gemacht haben, indem sie Sie dorthin gehen lassen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bode, ich glaube, das steckt in der Botschaft. Wenn Sie gelesen haben, was die Länderminister von sich gegeben haben, haben Sie natürlich erkannt, dass die Länderminister in Verantwortung für einen ganz starken Braunkohletagebau eigentlich wollen, dass er noch über

Jahre hinweg fortgesetzt wird, weil sie an die Beschäftigung denken.

Es gibt da eine ganz klare Zielsetzung. Auch ich bin übrigens ganz klar der Meinung: Natürlich steigen wir aus der Kohle aus, und natürlich werden wir auch ohne Kohle eine gesicherte Stromversorgung haben. Das geht aber nicht von heute auf morgen, sondern wir brauchen einen Prozess, mit dem wir beides schaffen, nämlich den Ausstieg aus der Verwendung fossiler Energieträger und die konkrete Umsetzung des Einsatzes erneuerbarer Energien.

Vielleicht steckt sozusagen der Ansatz des Ingenieurs dahinter, zu sagen, es gibt nicht nur schwarz oder weiß. Wir brauchen vielmehr einen schrittweisen, geregelten und konsequenten Ausstieg aus fossilen Energieträgern sowie einen konsequenten Ausbau der Erneuerbaren. Meine Damen und Herren, wir haben gerade beim Thema ENERCON schon ganz klar gesagt, dass wir sogar die Grundlagen dafür haben, das auch sicherzustellen und weltweit zu bauen. Das muss, glaube ich, die Botschaft sein, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Ich will noch etwas dazu sagen, warum ich gerade das Thema „Folgen des Klimawandels“ für etwas durchaus Bedenkenswertes halte. Mehr kann ich als Impuls nicht geben; entscheiden wird das Parlament.

Die Frage des Verfassungsranges ist bedenkenswert. Wir haben dort den Naturschutz geregelt. Glauben Sie mir, es gibt viele Punkte, die konträr laufen. Bei denen ist es schon schwierig, die Naturschutzfrage und die Klimaschutzfrage zusammenzubringen. Die Naturschutzfrage und die Frage der Folgen des Klimawandels sind aber noch schwieriger in Einklang zu bringen.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Das steht da nicht drin! Natürliche Lebensgrund- lagen!)

- Genau! Das ist, glaube ich, auch ein Stück weit der Naturschutz.

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Der Klima- wandel!)

- Nein, eben nicht. Ich will gerne die Diskussion zulassen, ob es der Klimaschutz ist. Aber die Folgen des Klimawandels sind es definitiv nicht.

Deswegen liegt es in unserer Verantwortung, einen solchen Impuls zu setzen und darüber eine Diskussion zu führen. Denn ich glaube, dass der Klimareport mit seinen darin aufgezeigten deutlichen Auswirkungen des Klimawandels und auch die Vorstellung davon, was wir beim Klimaschutz erreichen können, für uns Verpflichtung sein müssen. Wir müssen die Verpflichtung definieren, aber nicht, um das zu relativieren, was in diesem Report steht - in keinster Art und Weise. Aber die Form dessen, was darin steht, macht den Stellenwert des Klimaschutzes und den Stellenwert der Notwendigkeit, den Folgen des Klimawandels zu begegnen, relativ deutlich. Deswegen halte ich es für richtig, auch diesen Schritt konsequent zu gehen, mit all den Diskussionen, die wir bis dahin führen.

Was ich aber für falsch halte - auch das will ich ganz offen sagen -, wäre, die Hälfte dessen, was ich gesagt habe, mal eben als Gesetzentwurf einzubringen mit dem Ziel, eine politische Debatte loszutreten, die am Ende nur zu einer Diskussion hier im Parlament führt. Stattdessen sollten wir diese Debatte, weil in unserem Land das Klimagesetz diskutiert wird - deshalb verstehe ich übrigens auch die Entschließung nicht -, nutzen, um an dieser Stelle - das ist der Ansatz - auch eine konkrete Diskussion über Sinn, Zweck und Umsetzungschancen einer Verfassungsänderung zu führen. Das, meine Damen und Herren, wäre ein sachgerechter Umgang.

Herr Minister, Herr Dr. Birkner möchte eine Zwischenfrage stellen. Darf Herr Dr. Birkner noch?

Ja, gerne.

Vielen Dank. - Herr Minister, vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen, dass Sie die Aufnahme des Klimaschutzes als Staatsziel in die Niedersächsische Verfassung begrüßen, frage ich Sie, ob diese Position von der Landesregierung gemeinsam getragen wird.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nein, das ist keine in der Landesregierung abgestimmte Position. Vielmehr ist das eine Position, die der Umweltminister in seiner Ressortver

antwortung als richtigen Weg beschrieben hat. Im Übrigen beschließt darüber nicht die Landesregierung, sondern das Parlament. Hier gibt es eine Mehrheit oder nicht. Dieser Ansatz löst eine Diskussion aus, die wir hier führen müssen. Ich werbe sehr dafür, dass wir hier eine Mehrheit für die Aufnahme des Staatsziels „Klimaschutz und Klimafolgen“ in die Niedersächsische Verfassung bekommen.

Herr Minister, noch einmal: Auch die Kollegin Byl möchte Ihnen eine Zwischenfrage stellen.

Ja, gerne.

Im Paket. Ich weiß nicht, ob Sie mit Ihrer Antwort schon fertig waren. Sie fassen es aber eh zusammen. Bitte!

Vielen Dank. - Vor dem Hintergrund, dass Sie gerade das Klimagesetz erwähnt haben, frage ich Sie: Wann können wir endlich mit dem Entwurf der Großen Koalition rechnen? Wann werden wir die Ehre haben, diesen Entwurf im Umweltausschuss endlich diskutieren zu dürfen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Miriam Staudte [GRÜNE]: Herr Bäumer blo- ckiert wahrscheinlich noch!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir haben uns darauf verständigt, dass darüber im Ausschuss diskutiert wird, dass sich die Fraktionen dazu eine ganz klare Position bilden werden und dass aus der Mitte des Parlaments heraus genau diejenigen Punkte definiert werden, die in einem Klimagesetz geregelt werden sollen. Glauben Sie mir: Daran werden sich die Landesregierung, vor allem aber auch das Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz intensiv beteiligen.

Das halte ich für einen klugen Weg. Denn er führt zu einer breiten Diskussion, zu der Sie eine Reihe von Anregungen gegeben haben, zu der auch ich, glaube ich, eine Reihe von Anregungen gegeben habe, zu der aber auch die Fraktionen hier im Par

lament mit Sicherheit eine Menge beitragen können. Das ist der Weg - den haben wir auch schon beim letzten Mal beschrieben -, den wir gehen müssen, bis eine Entschließung mit Punkten auf dem Tisch liegt, die inhaltlich richtig sind.

Den Glauben zu erwecken - das noch kurz an dieser Stelle -, dass man dann, wenn man in der Opposition ist, vergessen kann, dass man auch einige Jahre in der Regierung war und Verantwortung getragen hat, greift meines Erachtens ein bisschen kurz. Auch das gehört meines Erachtens mit zur Wahrheit dazu. Das sollten Sie bei Ihrer Argumentation nicht vergessen.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von den GRÜNEN)

- Übrigens gemeinsam!

Meine Damen und Herren, die wichtige Botschaft dabei ist, dass wir dieses Thema im Parlament in den Ausschüssen diskutieren. Darauf lege ich sehr viel Wert.

Ich werbe sehr dafür, dass wir die Bedeutung der Definition dieses Staatsziels sehr ernst nehmen, und zwar - ich will es noch einmal betonen - nicht nur vor dem Hintergrund des Klimaschutzes, sondern auch vor dem Hintergrund der Anpassung an die Klimafolgen. Mit Blick auf das, was in den nächsten Jahren möglicherweise auf uns zukommt, will ich nur einmal daran erinnern, was es bedeuten würde, wenn es zu diesem Anstieg des Meeresspiegels kommen würde. Sehr wohl sind wir in Deutschland, in Niedersachsen in der Lage, einen wesentlichen Beitrag zu leisten. Der besteht nicht nur darin, CO2 einzusparen, sondern vor allem darin, Lösungen zu definieren und zu liefern, mit denen es uns gelingen kann, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Meine Damen und Herren, wir alle - zumindest der allergrößte Teil - kennen die zentrale Bedeutung des Klimaschutzes und vor allem die damit verbundene Notwendigkeit, uns auch an die Folgen des Klimawandels anzupassen; denn wir wissen schon heute, dass wir nicht alles lösen und in den Griff bekommen können.

Das, meine Damen und Herren, ist die Verantwortung, die wir auch für nachfolgende Generationen haben. Als Staatsziel in der Verfassung ist dies Auftrag an den Gesetzgeber, den Klimaschutz und die Anpassung an die Klimafolgen bei all seinem Tun zu beachten.

Wenn wir Klimaschutz ernst meinen und entsprechend handeln wollen, dann wird das auf jeden Fall eine Jahrhundertaufgabe sein, die nicht mit wenigen einzelnen Entschließungen und wenigen einzelnen Punkten zu lösen sein wird. Wenn dies eine Jahrhundertaufgabe ist, muss diese Aufgabe Verfassungsrang haben - als Mahnung, als Richtschnur für unser Handeln als verantwortungsbewusste Vertreter des Volkes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Lies. - Die FDP - namentlich Herr Dr. Birkner - hat um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung gebeten. Der Minister hat seine Redezeit etwas überzogen. Ich würde einmal sagen: Ich gebe Ihnen 1:30 Minuten.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister, ich finde, Ihre Ausführungen haben eben noch einmal sehr deutlich gemacht, dass Sie der Ernsthaftigkeit des Themas Klimaschutz nicht gerecht werden.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Sie haben auf der einen Seite gesagt, dass dieses Thema so herausragend ist, dass man es in die Verfassung aufnehmen muss. Sie haben es zu Recht als Jahrhundertaufgabe usw. beschrieben. Gleichzeitig werfen Sie aber den Grünen vor, dass sie hier einen Gesetzentwurf eingebracht haben, der genau Ihre Forderungen aufgreifen würde, und attackieren die Grünen, indem Sie sagen, dass das hier nur instrumentalisiert werde. Andererseits haben Sie innerhalb der Landesregierung aber gar keine Mehrheit für Ihr eigenes Vorhaben. Gerade ist doch deutlich geworden, dass zumindest die Kollegen von der CDU Ihrem Vorhaben eher skeptisch bzw. klar ablehnend gegenüberstehen und dass Sie innerhalb der Landesregierung für das zentrale Thema, das Sie als Jahrhundertaufgabe beschrieben haben, nicht einmal eine abgestimmte Position herbeigeführt haben.

Wie ernst meinen Sie es eigentlich, wenn Sie sich nicht einmal die Mühe machen, mit Ihren Kabinettskollegen darüber zu reden und zu streiten, damit dieser wichtige Punkt vorangebracht wird? - Das ist doch ein klares Anzeichen dafür, dass Sie

dieses Thema oberflächlich abhandeln und nur eine reine Show betreiben. Sie können zum Klimaschutz nichts substanziell Konkretes vorweisen, sondern Sie wollen hier nur symbolhaft agieren und sagen: Jetzt müssen wir es in die Verfassung aufnehmen, dann wird alles gut! - In Wahrheit tun Sie nichts. Keine konkreten Vorschläge, die sich von unseren Vorschlägen oder von den Vorschlägen der Grünen unterscheiden! Wir würden die Klimafolgenbewältigung in den Mittelpunkt stellen. Darum können Sie sich konkret kümmern. Stattdessen aber führen Sie eine Scheindebatte über eine Aufnahme in die Landesverfassung, die am Ende nichts bewegen wird.

Ich bin gespannt: Sie als Landesregierung haben ein Initiativrecht; das wissen Sie. Selbstverständlich können Sie eine Gesetzesinitiative ergreifen. Der Gesetzentwurf der Grünen wird voraussichtlich abgelehnt. Ich bin gespannt darauf, wann Ihr Gesetzentwurf oder der Gesetzentwurf der SPDFraktion kommt. Das muss ja demnächst passieren.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Ich erwarte hier eine klare Positionierung dahin gehend, dass Sie sich um den Klimaschutz kümmern, statt hier immer nur diese symbolhaften und oberflächlichen Debatten zu führen. Dafür ist dieses Thema viel zu wichtig.