Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

gibt viele Themenfelder, bei denen Sie auch noch nacharbeiten könnten - habe ich gehört.

(Beifall bei der FDP, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir wünschen uns ein System nach kanadischem Vorbild, das auf zwei Säulen basiert. Die eine Säule ist das Thema Blue Card, also das Anwerben von Arbeitskräften, die in Deutschland einen Arbeitsplatz suchen, aus dem Ausland, die dann zu uns kommen. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass die Verdienstgrenzen abgesenkt werden, damit wir nicht nur die High Potentials über diesen Weg anwerben können, sondern auch in anderen Bereichen Arbeitskräfte anwerben können. Zweitens müssen wir das Job-Seeker-Visum, das es auch schon gibt, zu einer Möglichkeit ausbauen, um auf den Arbeitsmarkt einzuwandern und hier bei uns Arbeit zu suchen.

An dieser Stelle kommt dann das Thema Spurwechsel in die Diskussion. Ich möchte an dieser Stelle noch einmal sagen, dass wir als Freie Demokraten 2014 ein Konzept in diesen Landtag eingebracht haben,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: So ist es! Und wer hat damals dagegen ge- stimmt?)

das den Spurwechsel beinhaltet hat, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Joachim Stamp hat im Oktober 2017 das Thema Spurwechsel in die Jamaica-Verhandlungen eingebracht.

Ich möchte noch einmal sagen: Es ist für uns eine der Lehren aus der Flüchtlingskrise um den Jugoslawien-Krieg, dass Menschen zu uns gekommen sind, aber keine Chance hatten, sich bei uns zu integrieren, weil sie nicht arbeiten durften und weil ihnen keine Sprachkurse angeboten wurden. Für uns ist es wichtig, dass wir aus diesen Fehlern lernen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wir müssen es deswegen ermöglichen, dass man den Rechtskreiswechsel tatsächlich hinbekommt.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD - Helge Limburg [GRÜNE]: Sehr gut!)

Lieber Herr Kollege Pantazis, deswegen ist es auch völliger Kappes, mit einem Stichtag zu arbeiten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der FDP - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Denn es wird auch weitere Krisen geben, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, bei denen Menschen aus ihrer Heimat flüchtend zu uns kommen, bei uns aufgenommen werden und für zwei, vier, sechs oder acht Jahre - wer weiß, wie lange das in Syrien dauert, sehr geehrter Herr Kollege - nicht in ihre Heimat zurückkehren können und dann anfangen, bei uns Fuß zu fassen. Das finden wir doch richtig. Wir finden es doch richtig, dass sie Deutsch lernen. Wir finden es doch richtig, dass sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren wollen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN - Helge Limburg [GRÜNE]: Richtig!)

Wenn sie sich in unsere Gesellschaft integriert haben und sich an unsere Regeln und Gesetze halten, dann muss man ihnen die Möglichkeit geben - wenn sie es denn wollen -, dauerhaft bei uns zu bleiben, weil sie dadurch, dass sie hier Arbeit gefunden haben und ihre Familie selber ernähren, unser Land reicher machen, verehrte Kolleginnen und Kollegen. Diese Menschen sind ein Gewinn für unser Land.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Uns liegt jetzt das Eckpunktepapier der CSU vor. Ich sage ganz ehrlich, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen: Wenn man das liest, hat man den Eindruck, dass die das, was derzeit in Berlin verhandelt wird, eigentlich gar nicht wollen. Deswegen hege ich da keine großen Hoffnungen.

Ich sage aber sehr deutlich: Es gibt auch Möglichkeiten, auf Landesebene zu handeln. Wartet nicht darauf, dass in Berlin irgendetwas beschlossen wird! Ich glaube noch nicht daran, dass das bis zum Ende dieses Jahres durch ist.

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Deswegen sage ich - und komme damit zum Schluss -: Gestalten Sie die 3+2-Regelung für Auszubildende konkret aus, so wie das Joachim Stamp in Nordrhein-Westfalen getan hat! Sorgen Sie über einen Abschiebestopp dafür, dass Menschen, die Arbeit gefunden haben, nicht mehr aus

gewiesen werden, bis wir eine Chance haben, sie über den Spurwechsel dauerhaft hierzubehalten!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weisen Sie nicht immer mit dem Finger nach Berlin, sondern handeln Sie hier bei uns in Hannover!

(Beifall bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Für die CDU-Fraktion folgt nun Herr Kollege Schünemann.

(Beifall bei der CDU)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für die CDU-Fraktion sind bei der aktuellen Diskussion um Zuwanderung und Asyl sechs Punkte entscheidend:

Erstens. Wir brauchen eine gesteuerte und qualifizierte Zuwanderung in den deutschen Arbeitsmarkt. Dazu bietet das aktuelle Aufenthaltsgesetz vielfältige Möglichkeiten. Allerdings ist es kompliziert und unübersichtlich. Deshalb kann ein modernes, zusammengefasstes Zuwanderungsgesetz hier hilfreich sein.

Allerdings sollten wir nicht von dem Grundsatz abweichen, dass man, wenn man nach Deutschland gekommen ist, auf Dauer nur hierbleiben kann, wenn man einen Arbeitsplatz vorweisen kann und einen Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen geschlossen hat. Es ist nämlich nicht wahr, dass sich das Punktesystem in Kanada bewährt hat. Der Vorsitzende des Migrationsrates, Thomas Bauer, hat erst kürzlich gesagt: Dieses Punktesystem hat sich nicht bewährt, und Kanada blickt mittlerweile auf das System in Deutschland.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen allerdings - und da haben Sie recht, Herr Oetjen - bei der Visaerteilung durchaus liberaler werden. Dass man sich hier einen Job sucht, darf nicht nur für Akademiker gelten, sondern das muss natürlich auch für Mangelberufe geöffnet werden. Wir müssen auch ausreichend Zeit geben. Und wir sollten die Zeit, wenn sie hier sind, nutzen, damit die Ausbildungsabschlüsse in Deutschland anerkannt werden. Das wäre meiner Ansicht nach der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen in Niedersachsen schon nachdenklich werden, dass wir an den jetzt gesteuerten Zuwanderungsmöglichkeiten nur mit 5 % beteiligt sind. Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen nutzen das zu 80 %. Deshalb bin ich dem Wirtschaftsminister Dr. Bernd Althusmann sehr dankbar, dass er gemeinsam mit den Verbänden den kleinen und mittelständischen Unternehmen aktiv hilft, damit die Anwerbung im Ausland erfolgreich ist und diejenigen, die wir hier brauchen - nämlich die Qualifizierten -, auch nach Niedersachsen kommen. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens. Eine Zuwanderung in Sozialsysteme ist zu vermeiden.

Drittens. Wer im Herkunftsland verfolgt wird, muss auf Dauer in Deutschland sicher leben können. Das Asylrecht ist ein hohes Gut. Es muss ein separates Recht bleiben und darf nicht mit anderen Zielen verwässert werden.

Viertens. Wer kein Asyl bekommt, der muss unser Land auch wieder verlassen. Deshalb ist es notwendig, dass wir die Asylverfahren beschleunigen und Rückführungshindernisse beseitigen. Dazu haben wir als CDU-Fraktion mit unserem VierSäulen-Konzept bei den Ankerzentren einen wichtigen inhaltlichen Beitrag geliefert.

Es hilft nichts, so etwas in eine Koalitionsvereinbarung zu schreiben. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass wir jetzt die Probleme lösen. Deshalb lassen Sie uns die Ankerzentren mit diesem Inhalt auch tatsächlich umsetzen! Das wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Fünftens. Geduldete mit einem Ausbildungsvertrag und mit einer langfristigen Beschäftigungsperspektive müssen auf Dauer in Deutschland bleiben können - ohne Frage. Und da wundert mich die Diskussion; denn wir haben das in den letzten Jahren doch längst geregelt: Es gibt die Ausbildungsduldung über § 60 a Aufenthaltsgesetz. Sie haben einen Rechtsanspruch über § 18 b Aufenthaltsgesetz. Und dann haben wir über § 8 Aufenthaltsgesetz den Ausländerbehörden die Möglichkeit gegeben, eine weitere Duldung auszusprechen.

Ich habe gestern mit der Handwerkskammer Hannover gesprochen und gefragt: Brauchen Sie da jetzt noch gesetzliche Veränderungen? - Die Ant

wort lautete: Nein, wir wollen, dass die Ausländerbehörden die vorhandenen gesetzlichen Regelungen unbürokratisch nutzen und umsetzen. Wir wollen Sicherheit, dass der § 8 Aufenthaltsgesetz auch angewandt wird.

Ich bin ganz sicher, dass unser Innenminister in Dienstbesprechungen oder in einem Erlass dafür Sorge trägt, dass diese qualifizierten Geduldeten auf Dauer in Deutschland bleiben können. Das wäre genau der richtige Weg. Das können wir hier in Niedersachsen lösen.

(Beifall bei der CDU)

Sechstens. Den Geduldeten, die keine Qualifizierung haben, dürfen wir nicht die Motivation auf Weiterbildung und Qualifikation nehmen. Wenn sie nur einen kurzen Arbeitsvertrag haben, z. B. in einer Pizzeria, wäre es völlig falsch, ihnen eine Perspektive, z. B. über einen Stichtag, zu nennen und sie dann nicht weiterzubilden.

Die Handwerkskammer Hannover hat mir gesagt: Wir brauchen keine Zugewanderten oder Geduldeten, die nicht qualifiziert sind, für die haben wir gar keine Arbeitsplätze. - Das würde mich auch wundern; denn wir haben 2,1 Millionen junge Menschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren, die keinen Abschluss haben. Da brauchen wir eine Bildungsoffensive.

(Glocke der Präsidentin)

Aber diejenigen, die geduldet sind, die sich weiterqualifizieren wollen, die einen Ausbildungsplatz anstreben, auch mit 30 Jahren, gehen genau den Weg, den ich gerade aufgeführt habe. Das ist der richtige Weg: denjenigen, die geduldet sind, Perspektiven aufzuzeigen. Das ist wichtig. Und eine Aufklärungskampagne umzusetzen, ist meiner Ansicht nach genauso wichtig.

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Schünemann, abgesehen davon, dass die Redezeit beendet ist, bittet der Kollege Pancescu darum, eine Frage stellen zu dürfen. Lassen Sie diese zu?

Gerne, wenn ich dann noch einen letzten Satz als Fazit anschließen darf.

Das dürfen Sie.

Bitte! - Wer hat eine Frage?