Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Bitte! - Wer hat eine Frage?

Herr Kollege Pancescu, bitte!

Vielen Dank, Herr Kollege Schünemann, dass ich Ihnen eine Fachfrage stellen darf.

Sie haben vorhin behauptet, dass Kanada beim Thema Einwanderung nach Deutschland guckt. Ist Ihnen bekannt, dass der kanadische Botschafter Dion im Handelsblatt-Wirtschaftsclub gesagt hat, Deutschland soll ein bisschen mehr Gelassenheit beim Thema Einwanderung an den Tag legen und dem kanadischen Modell folgen? Ist Ihnen das bekannt?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aus welchen Quellen haben Sie - vielleicht können Sie uns das noch einmal sagen -, dass Kanada bei diesem Thema nach Deutschland guckt und das deutsche Vorbild übernehmen will?

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe den Vorsitzenden des Migrationsrates, Thomas Bauer, zitiert.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Ist der Kanadier?)

Der hat klar gesagt, dass das Punktesystem aus Kanada nicht den Erfolg erzielt hat, den wir uns wünschen.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Das ist doch eine deutsche Bewertung!)

Es gibt durchaus Stimmen aus Kanada, die sagen, dass es nicht richtig ist, dass man ohne einen Arbeitsvertrag über ein Punktesystem pauschal eine Zuwanderung ermöglicht, weil man anschließend Probleme hat, diejenigen tatsächlich in Arbeit zu vermitteln.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Welche denn? Nennen Sie doch mal welche!)

Insofern gibt es durchaus Signale aus Kanada, dass sich dieses System nicht bewährt hat. Ich glaube, wenn Wissenschaftler, die die Entwicklung beobachten, zu dieser Ansicht kommen, sollten wir uns das zu Herzen nehmen und nicht einfach auf

ein Punktesystem setzen, das sich schon längst überholt hat.

(Beifall bei der CDU)

Das war die Antwort, Herr Kollege Schünemann. Jetzt folgt noch der angekündigte letzte Satz.

Ein Fazit, meine Damen und Herren: Wir brauchen klare Regeln, wir brauchen eine Informationskampagne, aber wir dürfen auch keine falschen Anreize setzen. Denn ich glaube, wir sind uns alle in diesem Hause einig, dass wir diesen grausamen Schlepperbanden das Handwerk legen müssen. Wir dürfen ihnen nicht auch noch Anreize und falsche Argumente liefern. Das wäre fatal.

Deshalb, meine Damen und Herren: Lassen Sie uns über diese sechs Punkte endlich handeln! Wenn wir das tun, werden wir auch diejenigen aus den Parlamenten heraushalten, die wir dort nicht haben wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank. - Für die AfD-Fraktion hat nun das Wort Herr Abgeordneter Wichmann. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erst einmal vielen Dank an Herrn Schünemann! An dem, was Sie gesagt haben, war viel Wahres dran, aber einige Punkte waren auch ein bisschen unklar.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Lob von der AfD für Herrn Schünemann!)

- Ja, ich lobe sogar die Grünen gelegentlich, wenn sie ab und zu mal was Vernünftiges sagen.

(Anja Piel [GRÜNE]: Nee, danke!)

Ich habe Ihnen eingangs gesagt: Schlagen Sie was Unvernünftiges vor, dann unterstützen wir Sie nicht. - Darin haben Sie ja Übung.

Es gibt Themen, die einen zunächst irritieren. Da beantragt die Fraktion der Grünen eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Für ein modernes Einwanderungsgesetz: Arbeitsmarkt öffnen - Spurwechsel jetzt!“ Ich dachte zunächst: Oh, da hat aber jemand

Probleme mit Überschriften; denn darin verstecken sich ja drei, mindestens aber zwei Themen.

Zum einen das Thema eines Einwanderungsgesetzes - wobei man bei entsprechenden Initiativen der Grünen wohl kaum mehr erwarten kann, als dass die illegale Migration einfach für rechtmäßig erklärt werden soll.

(Belit Onay [GRÜNE]: Welche illegale Migration denn?)

Zum anderen das Thema „Spurwechsel“ - ein Thema, das wohl eher in der Verkehrserziehung anzusiedeln wäre,

(Helge Limburg [GRÜNE] lacht)

- Herr Limburg, lachen Sie gerne ausgiebig! - wenn nicht eine Frau Nahles von der früheren Volkspartei der SPD u. a. im Rahmen einer sommerlichen Laune die Einbürgerung von Menschen, die sich in diesem Land illegal aufhalten, als Mittel gegen Fachkräftemangel, als eben diesen „Spurwechsel“ bezeichnet und für ein solches Vorgehen geworben hätte. Inhaltlich ist das also ein Vorschlag, der die Menschen wegbringen soll vom Asylrecht hin zum Einwanderungsrecht.

Ich glaube, dieser Vorschlag zäumt das Pferd von hinten auf. Sie sollten nicht fragen, wie Sie den hier illegal Eingewanderten zur Legalität verhelfen, sondern Sie sollten beim Thema Einwanderungsgesetz - das ein bisschen größer ist als dieses kleine Problem - fragen: Welche Menschen wollen wir hier haben? Welche Menschen können wir hier gebrauchen?

Eine solche Fragestellung passt natürlich nicht in ein grünes Weltbild. Danach haben Sie allen Menschen auf dieser Welt zu helfen, und zwar erstens, weil der Westen schon immer Schuld an allem war, und zweitens, weil Sie sich dann besser fühlen.

(Beifall bei der AfD)

Deswegen haben ja auch nur solche rechtspopulistischen - man möchte sagen: neofaschistischen - Diktaturen wie Kanada und Australien ein Einwanderungsgesetz, welches man durchaus restriktiv nennen kann und welches, im Falle Kanadas, etwa - wir haben es schon gehört - einen Punktekatalog vorsieht. In diesem Punktekatalog spielen Faktoren eine Rolle, die etwas darüber aussagen, ob der Bewerber dem Land einen Nutzen bringt.

Wer in Kanada 67 von 100 Punkten erreicht, darf einwandern. Wenn Sie ein Punktesystem einführen würden, dann würden zur Einwanderung drei

Punkte reichen, und die bekäme man beim Grenzübertritt auch noch persönlich überreicht: Welcome Refugees, eins, zwei, drei!

(Beifall bei der AfD)

Sie verstecken sich hier hinter dem diffusen Titel „Arbeitsmarkt öffnen“ und suggerieren damit, dass wir in einem geschlossenen Arbeitsmarkt leben würden. Diese Behauptung könnte falscher gar nicht sein.

Wir haben zunächst in Europa die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Jeder Arbeitnehmer eines EU-Mitgliedstaates kann überall in der EU Arbeit annehmen. In Europa leben übrigens 600 Millionen Menschen, aber das reicht ja offenbar nicht.

Darüber hinaus gibt es übrigens Regeln für die Einreise - wir haben es schon gehört - akademisch ausgebildeter Fachkräfte, die mit zu den liberalsten weltweit gehören. Und das sage nicht ich! Das sagt der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration. Man hört es schon am Namen: Das sind natürlich alles Rechtsextreme und Rassisten - ganz klar!

(Julia Willie Hamburg [GRÜNE]: Da- rum geht es doch gar nicht!)

Dieselben Experten warnen übrigens davor, die Auswirkungen eines auch noch so moderat gestalteten Einwanderungsgesetzes zu überschätzen. Denn ein solches Gesetz wird eben kaum mehr Einwanderung qualifizierter Kräfte bewirken, als es heute bereits der Fall ist.

Aber wenn diese Experten von einem Einwanderungsgesetz kaum praktische Auswirkungen erwarten, warum wird dann hier so getan, als sei ein Einwanderungsgesetz die ultimative Lösung aller Probleme? Ihnen geht es hierbei doch ganz offensichtlich nur um den Symbolcharakter eines solches Gesetzes.

(Vizepräsident Bernd Busemann übernimmt den Vorsitz)

So, wie frühere Bundesregierungen - auch das haben wir heute schon gehört - ein Einwanderungsgesetz abgelehnt haben, weil sie befürchteten, dass daraus ein Bild von Deutschland als Einwanderungsland abgeleitet werden könnte, wollen Sie ein solches Einwanderungsgesetz, weil Sie hoffen, dass dann mehr Menschen gerade in Deutschland es als eine Gesetzmäßigkeit hinnehmen, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. Das ist durchschaubar; das ist erkennbar.

Und wenn schon Ihre eigenen Experten sagen, dass ein solches Gesetz keinen nennenswerten Zuwachs an qualifizierten Einwanderern bringt, dann bleibt ja nur eine Antwort übrig: Sie möchten noch mehr unqualifizierte Einwanderung. Mit diesem Wunsch dürften Sie beim Volk aber nicht auf sehr viel Gegenliebe stoßen. Und weil Sie auch das wissen, fertigen Sie einfach eine verwirrende Überschrift und hoffen, dass Sie damit durchkommen.