Protokoll der Sitzung vom 23.08.2018

Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. - Das Wort hat jetzt die Landesregierung. Es spricht der Fachminister Herr Dr. Bernd Althusmann. Bitte sehr, ich erteile Ihnen das Wort.

(Minister Dr. Bernd Althusmann ver- ändert die Höhe des Mikrofons)

Es geht aufwärts.

(Detlev Schulz-Hendel [GRÜNE]: Aber nur das Mikrofon!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Masterplan zur Digitalisierung unseres Bundeslandes ist aus meiner Sicht, aus der ganz überwiegenden Sicht der Experten dieses Landes, aus der Sicht der großen Mehrheit der politisch Verantwortlichen in diesem Land, aus der Sicht der die Regierung tragenden Fraktionen, aus Sicht des gesamten Landeskabinetts, aus Sicht zahlreicher Vertreter aus Behör

den, Verwaltungen, Wirtschaft und sogar Verbänden ein echter Meilenstein. Er ist ein echter Fortschritt. Wir haben hier eine klare Strategie vorgelegt, klar festgelegt, wer wann was zu tun hat.

Und natürlich ist es ein Risiko eines Ministers, erstmalig klar zu sagen: Bis 2019 werden wir diese Maßnahme ergreifen. Bis 2021 werden wir den 4G-Standard/LTE-Standard in Niedersachsen erfüllt haben. Bis 2025 wollen wir das gesamte Land, in allen Teilen, auch den ländlichen Raum, gigabitfähig aufstellen. - Natürlich ist das ein Risiko. Aber ich verspreche Ihnen eines: Wer sich diese Ziele nicht setzt, wird am Ende im Wettbewerb der Bundesländer und im internationalen Wettbewerb verlieren. - Deswegen haben wir diese Aufgabe mutig und entschlossen aufgegriffen und nicht zögerlich oder hasenfüßig.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Schulz-Hendel, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Ihre Pressemitteilung und Ihre Stellungnahmen dazu schon vor Wochen oder Monaten fertig waren. Die mussten Sie dem Grunde nach nur aus der Schublade ziehen, weil Sie nicht bereit waren, zu akzeptieren, dass hier etwas wirklich ernsthaft durchdacht wurde, dass wir alle Landkreise analysiert haben, dass wir die Städte eingebunden haben, dass wir die kommunalen Spitzenverbände in die Entstehung des digitalen Masterplans eingebunden haben, dass wir zahlreiche kommunale Vertreter mit Teilabordnungen für die Erarbeitung ins Ministerium geholt haben, um diejenigen, die am nahesten dran sind, nämlich die Kommunen, einzubinden.

Das alles hat Ihnen offensichtlich nicht gepasst. Aber wenn Sie uns eine naive Technikgläubigkeit vorwerfen, die dazu führe, dass wir uns womöglich nicht auf die Arbeitswelt 4.0 oder 5.0 vorbereiteten und die Risiken nicht sähen, darf ich Ihnen sagen: Selbstverständlich sehen wir das Risiko. Natürlich wird sich die Arbeitswelt verändern, natürlich werden wir mit dem DGB und anderen Gespräche über die Veränderungen von Arbeitszeiten, die durch Digitalisierungsprozesse entstehen, führen. Aber wir sollten vielleicht auch einmal die Chancen sehen.

Wer einmal einen kurzen Blick in die USA geworfen hat, der hat festgestellt, dass dort zur Digitalisierung der Krankenhäuser eine intensive Debatte dahingehend geführt wurde, dass durch die digitale Ausstattung und Verbesserung der Grundinfrastruktur der dortigen Krankenhäuser vermutlich Hunderttausende, wenn nicht gar Millionen von

Arbeitsplätzen wegfallen würden. Wir haben gerade gestern Abend mit Vertretern der Metropolregion Braunschweig-Hannover darüber gesprochen. Das Gegenteil war der Fall. Die Digitalisierung hat am Ende zu einem breiten Ausbau auch neuer Qualifikationen im Bereich der Medizin und der Medizininformatik geführt.

Herr Schulz-Hendel, wir laden auch die Grünen ein, jetzt mit uns gemeinsam einen Weg zu beschreiten.

(Zuruf von der CDU: Nein!)

- Auch wenn von dieser Seite gerade „Nein!“ gerufen wird, wünschte ich mir, dass wir einen breiteren politischen Konsens erreichten; denn ich glaube, dass nicht alle Ziele auf Ihrer Seite richtig sind.

An die FDP gewandt, die ja diese Aktuelle Stunde beantragt hat: Vielen Dank für das manchmal auch wohltuende Lob,

(Dr. Stefan Birkner [FDP]: Gerne!)

das ja nicht immer erwartet wird, auch wenn Sie zu Recht einige kritische Punkte aufgreifen. Herr Kollege Bode hat gefragt: Was macht ihr denn mit der Aufgreifschwelle? - Wir haben mit dem Bund verhandelt. Zum 1. September wird die Aufgreifschwelle der Vollversorgung von 30 Mbit für Gewerbegebiete und für alle Schulen in Niedersachsen fallen, und es wäre sinnvoll, dass sie auch für alle Krankenhäuser und für unsere Universitätsklinken fiele, damit wir dort den notwendigen Breitbandausbau voranbringen, damit wir ein höchstmögliches medizinisches Niveau in Niedersachsen erreichen. Das ist unser Ziel.

(Beifall bei der CDU)

Zum 1. September wird die neue Richtlinie in Kraft treten, und wir werden mit der EU und mit dem Bund darüber zu verhandeln haben, die Aufgreifschwelle generell wegfallen zu lassen. Sie ist überflüssig. Sie muss mindestens auf 250 Mbit angehoben werden; dann ist die Grundlage Glasfaser, und dann kommen wir endlich davon weg, dass 30 Mbit im Zeitalter von Gigabit als Vollversorgung gelten. Ich meine, es ist zwingend notwendig, dass wir diesen Weg gehen. Hier können wir nur an die Bundesregierung appellieren, jetzt endlich einmal Konsequenzen zu ziehen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

20 Millionen für den Mobilfunk sind in der Tat eine gegriffene Zahl, Herr Kollege Bode. Wir können im Moment nicht ermessen, wo wir am Ende als öffentliche Hand gefordert sein werden, in den entlegensten Winkeln unseres Landes gegebenenfalls mit einem Kofinanzierungsprogramm einzugreifen. Aber richtig bleibt: Zunächst einmal gilt, wie Kollegin Wulf es gesagt hat: Markt vor Staat. Zunächst gilt es, mit den Telekommunikationsunternehmen die Defizite, die wir heute haben, zu beseitigen.

Die Mobilfunkbetreiber haben sich verpflichtet, bis Ende 2019 97 % bzw. 98 % aller Haushalte zu versorgen. Der Mobilfunkgipfel hat gesagt: bis Ende 2020 99 %. Es wird immer eine Lücke bleiben. Nur, die Mobilfunkbetreiber, die ich auch herzlich einlade mitzutun, müssen sich an dieser Stelle auch bewegen; denn die Mobilfunklöcher sind in Niedersachsen viel zu groß, als dass wir heute von einer guten Versorgung ausgehen.

Die Versorgung muss besser werden, weil wir wissen, dass autonomes Fahren, das wir im Dreieck Wolfsburg-Salzgitter-Braunschweig ab Anfang 2019 pilotieren wollen, nur möglich ist, wenn wir dem Grunde nach in Niedersachsen flächendeckend zu einem 4G- und 5G-Modell kommen.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist dieser Masterplan - das sage ich sehr grundsätzlich - inhaltlich so konkret, mit festgelegten Daten, Zahlen, Haushaltszahlen, Zielerreichungszahlen. Wir werden es evaluieren. Wir werden nach einem Jahr prüfen, wie weit wir gekommen sind und was noch zu tun ist.

Ich glaube, letztendlich sagen zu können, dass wir in Deutschland generell einmal darüber sprechen sollten, ob wir es uns in der Politik leisten können, immer nur hinterherzurennen. In Zeiten, in denen Experten über exponentielles Wachstum sprechen, sind wir, quasi linear ansteigend, immer im Hintertreffen. Ich sage Ihnen eines: Für Niedersachsen ist eigentlich die Zeit der Modellprojekte, in der wir etwas ausprobieren, längst vorbei. Wir müssen es einfach einmal machen. Das ist die Strategie der Niedersächsischen Landesregierung. Wir müssen einfach einmal anfangen. Wir müssen es umsetzen. Dafür ist dieser Masterplan eine gute Grundlage.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Wir investieren erstmalig 1 Milliarde Euro eigenes Landesgeld. Schon in diesem Jahr werden die Kommunen 100 Millionen Euro, die größte Summe die es jemals gegeben hat, zur Verfügung gestellt

bekommen. Wir erwarten aus der Frequenzversteigerung des Bundes eine Milliarde Euro für Niedersachsen. Für den Ausbau im Bereich der Schulen wird der Bund - wir sind gerade dabei, die entsprechenden Antragsunterlagen mit dem Bund abzustimmen; wir hoffen, dass das schnell geht - dem Land Niedersachsen aus dem Digitalpakt 340 Millionen Euro zusätzlich zur Ausstattung und Investition in die Schulen zur Verfügung stellen. Wir reden am Ende über fast 2,5 Milliarden Euro, über die größte Summe, die in Niedersachsen jemals für die digitalen Ausbaustrukturen des Landes investiert worden ist. Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Zu guter Letzt: Wir werden entgegen mancher Behauptung die zahlreichen Beratungsstrukturen zur Digitalisierung, die wir haben, in der Digitalagentur bündeln. Ich meine, dass das der richtige Weg ist. Vieles läuft noch nebeneinander her. Am Ende werden wir auch einen echten Benchmark für die mittelständischen und kleinen Unternehmen in unserem Bundesland setzen. Wir werden in Zusammenarbeit mit Kammern, Innungen, Verbänden und Unternehmen einen Strategierat einrichten. Die Digitalagentur wird bündeln, und wir werden den Digitalbonus von 15 Millionen Euro insbesondere für Investitionen im Mittelstand und im Handwerk zur Digitalisierung von Dienstleistungs- und Betriebsprozessen und zur Einführung von ITSicherheitssystemen auf den Weg zu bringen.

Ich glaube, dass dieser Masterplan zur Digitalisierung in Niedersachsen, den wir jetzt vorgelegt haben, eine echte Chance ist. Wir sollten uns vielleicht darum bemühen, nicht jedes Haar in der Suppe zu suchen, das eventuell noch zu finden wäre. Das Schlimmste wäre, wir würden es jetzt zerreden. Packen wir lieber an, krempeln wir die Ärmel auf. Genau da wollen wir hin. Bis 2022 werden wir gemeinsam eine Menge erreichen können. Sie sind eingeladen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann. - Meine Damen und Herren, zu diesem Tagesordnungspunkt und damit insgesamt zur Aktuellen Stunde liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich Tagesordnungspunkt 13 schließen kann.

Wir haben gestern Vormittag beschlossen, Tagesordnungspunkte zu tauschen und die jetzt eigentlich folgenden Tagesordnungspunkte 14 a und 14 b - Dringliche Anfragen - erst morgen zu behandeln.

Somit komme ich nun zu

Tagesordnungspunkt 24: Fragestunde - Drs. 18/1400

Gestern haben wir die Geschäftsordnung zum Gegenstand der Fragestunde geändert. Sie wissen, dass wir heute die Fragestunde letztmalig in der Ihnen bekannten Form durchführen. Nächstes Mal wird dann alles ganz anders.

Die für die Fragestunde geltenden Regelungen unserer Geschäftsordnung setze ich unverändert als bekannt voraus.

Um uns im Präsidium den Überblick zu erleichtern, bitte ich wie immer darum - es geschieht auch schon -, dass Sie sich schriftlich zu Wort melden, wenn Sie eine Zusatzfrage stellen möchten.

Ich stelle fest: Es ist 10.58 Uhr.

Wir beginnen mit

Frage 1: Masterplan Digitalisierung

Sie wird von der Abgeordneten Mareike Wulf vorgetragen. Frau Wulf, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte sehr!

In der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU für die 18. Wahlperiode des Landtages haben die Koalitionspartner die Digitalisierung als „zentrale Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen“ bezeichnet. Wichtiges Instrument für eine koordinierte Umsetzung der Digitalisierung soll der „Masterplan Digitalisierung“ sein. Dieser soll sich sowohl den infrastrukturellen Herausforderungen in den Bereichen Breitbandausbau, Mobilfunk und WLAN widmen als auch anhand beispielhafter Projekte die Umsetzung der Digitalisierung in den einzelnen Ressorts und allen Lebensbereichen in Niedersachsen skizzieren.

Bis 2022 soll laut Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU die Summe von einer Milliarde Euro aus Landesmitteln für die Beschleunigung der Digitalisierung in Niedersachsen bereitgestellt werden. Bis 2025 soll ein landesweites gigabitfähiges Glasfasernetz verfügbar sein, um den digitalen Wandel in Niedersachsen zu unterstützen. Im Rahmen eines Sondervermögens hat der Landtag hierfür bereits 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Zu den Fragen:

1. Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung beim Breitbandausbau und bei der Schließung von Lücken im Mobilfunknetz in Niedersachsen?

2. In welcher Form ist eine weitere Zusammenarbeit von Land, Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden bei der Realisierung des Masterplans Digitalisierung geplant?

3. Welche Rolle spielen Leuchtturmprojekte bei der Umsetzung des Masterplans in den einzelnen Ressorts?

Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. - Die Antwort der Landesregierung folgt sofort. Herr Dr. Althusmann, bitte sehr!