Vielen Dank, Frau Kollegin Wulf. - Die Antwort der Landesregierung folgt sofort. Herr Dr. Althusmann, bitte sehr!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf die Vorbemerkungen verzichte ich und verweise hierzu auf meine soeben in der Aktuellen Stunde dargestellten grundsätzlichen Positionen zum „Masterplan Digitalisierung“.
Zu 1: Welche Hemmnisse sieht die Landesregierung beim Breitbandausbau und bei der Schließung von Lücken im Mobilfunknetz in Niedersachsen?
Niedersachsen ist hinsichtlich des geförderten Breitbandausbaus auf einem guten Weg. Der Ausbau wird an verschiedenen Stellen allerdings immer wieder erschwert. Diese Hemmnisse wirken sich zum Teil auch auf den eigenwirtschaftlichen Breitbandausbau der Landkreise und kreisfreien Städte aus.
Eine Umfrage des Landes unter den Kommunen zeigt, dass insbesondere der bürokratische Aufwand den Breitbandausbau hemmt. Ein Aspekt sind hier die sehr aufwendigen Förderantrags- und Umsetzungsverfahren inklusive der teilweise euro
paweiten Ausschreibungen sowie die nachgelagerten Verwendungsnachweise. Den Zeitverlust durch Antrags- und Genehmigungsverfahren führen sowohl die Landkreise, die im Betreibermodell arbeiten, als auch die Telekommunikationsunternehmen, die ein Wirtschaftlichkeitslückenmodell umsetzen, als wesentliches Hemmnis an.
Beschleunigungspotenziale bei den Genehmigungen gibt es nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern auch auf Bundes- und Landesebene. Zu nennen ist hier beispielsweise das Genehmigungsverfahren für Bahnquerungen, das sich in der Vergangenheit regelmäßig als äußerst aufwendig und zeitintensiv erwiesen hat. Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung hat diesbezüglich im Mai dieses Jahres bereits ein erstes Gespräch mit der Deutschen Bahn AG geführt. Seitens der Kommunen werden aber auch Genehmigungsverfahren bei Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen sowie bei der Querung von Gewässern erster Ordnung als zeitkritisch beschrieben.
Der flächendeckende Mobilfunkausbau unterliegt technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Restriktionen. Funk verhält sich bekanntlich anders als eine kabelgebundene Kommunikation. Er ist nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort verfügbar. Innerhalb weniger Zentimeter bzw. Sekunden schwankt der empfangene Signalpegel aufgrund der Überlagerung unterschiedlicher Signalwege zum Teil stark. Ob und mit welcher Qualität im Einzelfall eine Mobilfunkverbindung zustande kommt, kann von unterschiedlichen Faktoren abhängen. So hat die Beschaffenheit des Versorgungsgebietes einen großen Einfluss darauf.
Wälder, Hügel oder Gebäude verringern die Reichweite dieser Funkwellen. Gerade bei den großen Funkzellen in ländlichen Gebieten schatten kleine Erhebungen unter Umständen große Gebiete ab. Weiterhin können natürlich auch Witterungsbedingungen wie Niederschlag Funksignale schwächen. Abhängig von der Frequenz kann jedoch auch die Versorgung innerhalb von Gebäuden variieren. Je niedriger die Frequenz ist, desto besser ist die Gebäudedurchdringung. Die Dämpfung beschränkt sich jedoch nicht nur auf Gebäude. Je nach Frequenz kann bereits das Laub an Bäumen tatsächlich dämpfend wirken.
Auch bei einer Versorgung der Verkehrswege ist zu beachten, dass die Nutzer durch die Konstruktion des Zuges oder des Pkws abgeschirmt werden. Hier kann die Verbindung durch Außenantennen
an den Fahrzeugen verbessert werden. In diesem Fall muss das Signal über ein Kabel in den Fahrgastraum weitergeleitet und dort erneut abgestrahlt werden. Insbesondere für die Versorgung von Verkehrswegen ist die Geschwindigkeit der Fahrzeuge relevant. Je höher die Geschwindigkeit ist, desto schlechter wird die Qualität einer Mobilfunkverbindung, da das Signal verzerrt wird - Dopplereffekt. Zudem kann es durch ein fehlerhaftes „Handover“ zum Abbruch der Verbindung kommen.
Bewegt sich der Nutzer während der Verbindung von einer Funkzelle in die nächste, so muss die neue Funkzelle die Verbindung übernehmen. Dies geschieht in der Regel, ohne dass der Nutzer dies bemerkt. Bei hohen Geschwindigkeiten wird jedoch eine Vielzahl von Zellen durchfahren, wobei immer wieder ein „Handover“ erforderlich wird. Dies erhöht das Risiko von Verbindungsabbrüchen. Um dieses Risiko zu verringern, wird eine größere Dichte an Mobilfunkstationen benötigt.
Zu 2: In welcher Form ist eine weitere Zusammenarbeit von Land, Kommunen und kommunalen Spitzenverbänden bei der Realisierung des Masterplans Digitalisierung geplant?
Beim Ausbau der digitalen Infrastruktur setzt sich die Landesregierung im Masterplan wahrlich ambitionierte Ziele. Bis 2025 alle Haushalte in Niedersachsen mit gigabitfähigen Anschlüssen zu versorgen, ist ein solches Ziel. Gleichzeitig sollen bis 2021 alle Gewerbegebiete, die niedersächsischen Seehäfen, aber auch die niedersächsischen Schulen, Universitäten und Hochschulen gigabitfähig versorgt werden. Ein wesentlicher Baustein zum Gelingen ist die Schaffung von Verbindlichkeit und von Verlässlichkeit im Ausbau. Dazu brauchen wir klare Absprachen zwischen den Telekommunikationsunternehmen, den Landkreisen, den kreisfreien Städten und dem Land Niedersachsen. Eine aktive Zusammenarbeit aller beteiligten Partner ist daher essentiell und wird durch regelmäßige Treffen vorangetrieben.
Für das Handwerk, den Mittelstand und die Industrie fokussiert die Landesregierung die systematische Transformation auf digitale Prozesse und Produkte in allen Branchen. Ziel ist es, den nationalen Benchmark beim Digitalisierungsgrad in kleinen und mittelständischen Unternehmen umzusetzen. In einem neuen Strategierat, bestehend aus den Kammern, den Innungen, den Verbänden, den Unternehmen sowie dem Land, sollen diese gemeinsamen Schritte auf dem Weg zur Zielerreichung entwickelt und begleitet werden. Wir sind
bereits dabei, ein Save-the-Date-Schreiben herauszuschicken, in dem wir die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, zahlreiche Wirtschaftsverbände, die Gewerkschaften und andere zu einer weiteren Erörterung einladen. Die Sitzungen des Strategierats, der eingerichtet wird, werden regelmäßig stattfinden. Die erste, die konstituierende Sitzung wird noch in diesem Jahr stattfinden.
Zu 3: Welche Rolle spielen die Leuchtturmprojekte bei der Umsetzung des Masterplans in den einzelnen Ressorts?
Der „Masterplan Digitalisierung“ enthält eine Vielzahl von Maßnahmen, die national wie international neue Akzente setzen sollen. Neben dem flächendeckenden Ansatz, der grundsätzlich im Masterplan verfolgt wird, existieren auch Projekte, die auf die regionalen Stärken Bezug nehmen, z. B. in den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft einer spezifischen Branche. Der Standort dieser Projekte ist daher regional verortet mit dem Ziel, einen Impuls auf das gesamte Landesgebiet zu erzeugen und darüber hinaus in seiner Wirkung auf das Bundesgebiet auszustrahlen. Exemplarisch seien die nachfolgenden Projekte unterschiedlicher Ressorts aus dem „Masterplan Digitalisierung“ angeführt. Dabei handelt es sich nur um einen kleinen Ausschnitt.
- in meinem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung: das Testfeld Niedersachsen, das ich vorhin erwähnte und das wir im Frühjahr kommenden Jahres auf den Weg bringen wollen
- im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz: u. a. das Experimentierfeld digitale Landwirtschaft und Digitaler Stall der Zukunft
- im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt: der Bereich Quartierswärmeversorgung, also alles, was mit Smart Energy zu tun hat
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Althusmann. Ihre Annahme ist richtig. Es gibt deutlich über 20 Wünsche nach einer Zusatzfrage. Es können noch welche hinzukommen. Vielleicht kann man aber auch ein wenig abwarten, was ohnehin schon gefragt wird, damit es nicht zu Doppelungen kommt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor dem Hintergrund, dass der „Masterplan Digitalisierung“, der von Minister Bernd Althusmann der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, große Anerkennung und Zustimmung findet, frage ich die Landesregierung: Es gibt viele kleine Dinge, aber welche großen Projekte sieht die Landesregierung beim „Masterplan Digitalisierung“ vor?
Dem Grunde nach lassen sich die 850 Millionen Euro im Masterplan entsprechend „ablesen“. Dabei macht der Bereich des Infrastrukturausbaus - Breitbandausbau, Glasfaserausbau, gigabitfähige Infrastruktur, Mobilfunkversorgung und WLAN in allen öffentlichen Gebäuden als die Grundlage für alle darauf aufbauenden Projekte - den entscheidenden Anteil aus.
Wir haben zahlreiche finanzielle Vorhaben. Deren Volumen im Einzelnen hervorzuheben, würde die Plenarsitzung jetzt möglicherweise doch zu stark zeitlich belasten. Ich will mich deshalb auf die wesentlichen und großen Projekte konzentrieren.
Bis 2022, also bis zum Ende der Legislaturperiode, sollen erstens 500 Millionen Euro für den Bereich Breitband-/Glasfaserausbau aufgewendet werden. Lassen Sie mich an dieser Stelle hinzufügen: Sowohl der Bund als auch das Land Niedersachsen werden in Zukunft kein Kupferkabel-Vectoring mehr fördern. Das ist ein wesentlicher Schritt.
Diese Einsicht zu gewinnen, hat beim Bund zwar fünf Jahre gedauert. Das richtet sich auch nicht gegen ein einzelnes Telekommunikationsunternehmen. Aber irgendwann muss man erkennen, dass die Leistungssteigerung auf Kupferkabeln
durch Vectoring schlicht ein Zwischenschritt war, um Übertragungsraten von 100 Mbit zu erreichen. Aber die Experten in der Telekommunikationsindustrie sprechen von Gigabit, manche inzwischen aber auch schon von Übertragungsvolumina, für die Terabit-Geschwindigkeiten in den nächsten Jahren notwendig werden. Denken Sie an den großen Bereich der Telemedizin, denken Sie an den Bereich Telematik usw.! 500 Millionen Euro sind also für den Breitbandausbau als Voraussetzung vorgesehen, um die nächste Generation - 5G-Standard, bis hin zum autonomen Fahren - überhaupt umsetzen zu können.
Zweitens. Für den 4G-Mobilfunkausbau sind 20 Millionen Euro vorgesehen. Daran mag Kritik berechtigt sein: Reicht das aus? Kommt das hin? - Wir können das im Moment nur vermuten, weil wir nicht wissen, was die Telekommunikationsunternehmen selbst bereit sind zu investieren. Wir kennen deren Wirtschafts- und Finanzpläne für Niedersachsen nicht; denn es wird jetzt ja ein hartes Ringen darum geben, wo eine Wirtschaftlichkeit noch gegeben ist, wo ein Ausbau zwingend notwendig ist und was sie selbst bereit zu investieren sind. Welche Rendite erhoffen sie sich aus diesen Investitionen? Und was kostet das alles insgesamt? Am Ende wird eine Lücke bleiben, für die wir im Moment eine Reserve von 20 Millionen Euro vorgesehen haben. Sollte sie notwendigerweise ausgeweitet werden, dann kann ich nur davon ausgehen, dass wir im Rahmen der nächsten Haushaltsberatungen - 150 Millionen Euro fehlen ja noch, sind noch nicht eingestellt; 850 Millionen Euro sind vorhanden - nachsteuern müssen. Gerade der Mobilfunkausbau ist die Grundlage, um die Ziele im Bereich der Digitalisierung zu erreichen.
Wir haben 50 Millionen Euro für 5G-Pilotregionen vorgesehen. Ich will mal nur eine wichtige Pilotregion nennen. Das ist die Region Wolfsburg. Alle anderen sind auch wichtig, aber ich nehme jetzt Wolfsburg als Beispiel, und zwar nicht nur, weil ich vor Kurzem dort war, sondern auch, weil #WolfsburgDigital tatsächlich der Versuch sein wird, eine komplette Stadt zu digitalisieren: vom ÖPNV bis hin zur Onlineplattform für Verwaltungsdienstleistungen usw. Die gesamte Region wird davon profitieren.
Das autonome Fahren und das autonome Anliefern von Produkten werden in den nächsten Jahren nur funktionieren, wenn Mobilfunk im 5GStandard zur Verfügung steht. Von daher wird das Thema des 5G-Standards gerade mit Blick auf
Wolfsburg, aber auch auf andere Regionen, schnellstmöglich auf den Weg gebracht werden müssen. Auch hierfür brauchen wir den Bund. Ohne ihn wird es nicht gehen, weil er gerade darüber entscheidet, welche Regionen die Pilotregionen Deutschlands sein werden. Da plädiere ich - neben anderen Regionen - für den Bereich Wolfsburg.
Zum Ausbau der digitalen Verwaltung kann der Ministerkollege Herr Pistorius noch mehr als ich sagen, nämlich über die Details dessen, was im Innenministerium geplant ist. Da will ich mich nicht einmischen. Wir haben dafür mindestens 200 Millionen Euro vorgesehen. Die Fragen des Bürgerservices, der Kundenorientierung, der ZurVerfügung-Stellung von Anträgen im Internet und der digitalen Antragsbearbeitung bis hin zu Themen meines Ressorts - dazu kann ich dann etwas guten Gewissens sagen - sind hier zu nennen.
Herausgreifen möchte ich das Building Information Modeling: Wenn wir uns über Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren unterhalten, werden wir an diesem Thema in den nächsten Jahren nicht vorbeikommen, um die Planungsprozesse zu beschleunigen, um schneller voranzukommen und um die Bürger besser und transparent einzubinden. Darauf wird es ankommen. Deshalb wird der Ausbau der digitalen Verwaltung 200 Millionen Euro umfassen.
Für das Kompetenzzentrum Digitalisierung sind 5 Millionen Euro im Haushalt bzw. im Digitalisierungsmasterplan vorgesehen.
Vielen Dank, Herr Minister. - Weiter geht‘s mit der CDU-Fraktion: Thomas Ehbrecht! Herr Kollege, bitte! - Sie können auch das Saalmikrofon verwenden.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie kann das Antragsverfahren zwischen Kommunen, Bund und Ländern bei Digitalisierungsvorhaben weiter beschleunigt werden, damit noch mehr Tempo, als
Das Antragsverfahren wird nach wie vor umfangreich sein. Aber wir haben durch Einflussnahme auf die neue Bundesrichtlinie dafür gesorgt, dass z. B. die sehr aufwendige Erstellung von Wirtschafts- und Finanzplänen, wie es bisher bei Anträgen auf Bundesförderung von Projekten notwendig war, die wir dann mit Landesmitteln kofinanziert haben, zukünftig entfällt. Bei der Antragstellung verlässt man sich zukünftig auf die Angaben einer kommunalen Ebene bei einer entsprechenden Einschätzung. Die konkrete Summe wird am Ende über die Verwendungsnachweise und über die Überprüfung in das Verfahren einfließen.